Holotropes Atmen: Reisen zum Selbst. Eine Einführung in das Holotrope Atmen.
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Unbewussten eröffnet. Diese besondere Atemerfahrung
fördert heilsame Prozesse, ermöglicht umfassende Selbsterkenntnis und ist somit ein Weg zu Wachstum und Entwicklung. Das vorliegende Buch bietet eine Einführung, indem folgende Fragen und Inhalte behandelt werden:
„Wozu Holotrop Atmen?“
„Was kann in einer Atemerfahrung erlebt werden?“
„Wie läuft ein Atemseminar ab, (was „passiert“ da)?“
„Welche Indikationen, Gefahren und typischen Ängste gibt es?“
„Was braucht es, um eine Holotrope Atemerfahrung gut zu verarbeiten?“
Zahlreiche Erfahrungsbeispiele veranschaulichen die Ausführungen.
Rainer Dirnberger
Mag. Rainer Dirnberger, Jg.1964, hat in Salzburg und Graz Psychologie studiert. Die Ausbildung zum Transaktionsanalytischen-Psychotherapeuten hat er bei Mag. Almut Rottenbacher und Dr. Jan Hennig absolviert. 1993 erfolgte die Eintragung in die Listen von Psychotherapie und Klinischer Psychologie des österreichischen Gesundheitsministeriums. Ein Jahr später legte er die Prüfung zum internationalen Abschluss als Transaktionsanalytiker (CTA) ab. Er ist als Psychotherapeut, Lehrtherapeut und Sachbuchautor in Österreich tätig und hat den 5. Dan (Schwarzgurt) in Aikido.
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Book preview
Holotropes Atmen - Rainer Dirnberger
Warum Holotrop Atmen?
Holotrop ist ein Wortspiel, das Stanislav Grof, der Entwickler dieser Methode, aus den griechischen Worten „holofür „Ganzheit
und „tropfür „auf etwas zubewegen
, gewählt hat. Dadurch kommt die Idee einer Bewegung in Richtung Ganzheit, die durch das Holotrope Atmen möglich wird, gelungen zum Ausdruck. Kernstück ist der holotrope – außergewöhnliche – Bewusstseinszustand. Um diesen speziellen Bewusstseinszustand zu erreichen, wird das Holotrope Atmen von anregender Musik unterstützt. Davon später mehr in diesem Buch.
Anmerkung: Im Text spreche ich gelegentlich von Atmen (großgeschrieben) oder Atemerfahrung als Synonym und Abkürzung von Holotrop Atmen oder Holotropen Atemerfahrungen.
Was aber ist ein holotroper – außergewöhnlicher – Bewusstseinszustand?
Aus der Alltagserfahrung ist bekannt, dass wir Menschen die Fähigkeit zu ganz unterschiedlichen Bewusstseinszuständen „besitzen". Bekannt und fundamental sind die Bewusstseinsunterschiede zwischen Traumschlaf, erinnerungslosem Tiefschlaf oder gar Bewusstlosigkeit (durch Narkose, Krankheit oder einen Unfall). Durch Konzentration, Aufmerksamkeit und Achtsamkeit können Bewusstseinsqualitäten ebenso verändert werden.
Ein Beispiel: Autofahren ist für viele von uns eine Routinetätigkeit, obwohl das Erlernen der vielen kleinen Hand- und Fußbewegungen bei gleichzeitigem Beobachten des Verkehrs anspruchsvoll ist. Mit voller Konzentration auf die Hebel und Schalter versucht der Fahrschüler, aufmerksam dem Verkehr zu folgen und achtsam die Anweisungen des Fahrlehrers zu befolgen. Die zitternden, unsicheren Feinmotorikbewegungen, der ruckartige, nervöse Blick und die verstärkte Schweißsekretion entgehen wohl dabei der eigenen Achtsamkeit, werden aber ziemlich offensichtlich von anwesenden Beobachtern bemerkt. Wenige Monate nach bestandener Fahrprüfung sitzt der neue Autofahrer selbstsicher hinter dem Steuer und unterhält sich angeregt mit seinen Beifahrern. Bis etwas Ungewöhnliches im Straßenverkehr geschieht und er wieder mit ganzer Aufmerksamkeit hinter dem Steuer sitzt.
Wir kennen dieses Bewusstseinsphänomen. Eben noch beim Fahren mit den Gedanken „wer weiß wo, ganz im „Inneren
, etwa der Planung des nächsten Urlaubes, etwas Unvorhergesehenes passiert im Außen und wir sitzen schlagartig hell wach und in voller Konzentration hinter dem Lenkrad.
Wir können unser Bewusstsein absichtsvoll durch Achtsamkeit und Konzentration lenken, manchmal wird es durch innere Prozesse, ein anderes Mal durch äußere Vorkommnisse verändert. Das ist ein ganz natürlicher Vorgang.
Sehr anschaulich lässt sich dies in unserer Wahrnehmung der Zeit verdeutlichen. Zeit ist in eindeutig definierte Einheiten eingeteilt, die wir mittels unserer Uhren bis in kleinste Intervalle exakt messen können. Eine Minute ist immer mit sechzig Sekunden gleich lange. Hätten wir Menschen nur einen Bewusstseinszustand, mit dem wir die Welt wahrnehmen könnten, so wäre unsere Wahrnehmung der Zeit, (z.B. einer Minute), immer unveränderlich konstant. Tatsächlich aber wissen wir alle, dass eine Minute sehr unterschiedlich von uns wahrgenommen wird, „verschieden lange sein kann".
Die Minuten im Wartezimmer des Zahnarztes, vor einer schweren Prüfung oder in Erwartung eines geliebten Menschen können zur „Ewigkeit werden, wohingegen Stunden bei lustvoller, interessanter Tätigkeit wie im Sport, Lesen, Zusammensein mit Freunden und Geliebten „wie im Flug
vergehen mögen. Es ist ein Zusammenspiel von innerer Haltung und äußeren Umständen, die diese Verschiedenheit von Zeitwahrnehmung bewirkt. Dabei befinden wir uns in jeweils unterscheidbaren Bewusstseinszuständen.
Beides, die Fokussierung der inneren Aufmerksamkeit und die Gestaltung des äußeren Umfeldes werden im Holotropen Atmen aktiv eingesetzt, um die erwünschte Veränderung des Bewusstseins, weg vom Alltag in Richtung holotrop, zu begünstigen. Durch die spezielle Atmung verschieben wir unsere Aufmerksamkeit auf unsere „Innenwelt. Musik, die Ausgestaltung des Raumes und die wohlwollende, unterstützende Begleitung fördern von „außen
die Veränderung unseres Bewusstseinszustandes. Dadurch wird ein sicherer Rahmen bereitet, der ein Erlebnisfeld öffnet, in dem entwicklungsfördernde und manchmal holotrope Erfahrungen möglich werden. In der Fachsprache wird das „therapeutisches Setting" genannt:
Ein sicherer, von Empathie getragener Rahmen, durch den Selbsterkenntnis und konstruktive Entwicklungsprozesse in intensiver Selbsterfahrung ermöglicht werden.
Untrennbar verbunden mit diesem therapeutischen Setting ist die dazu unabdingbar notwendige Qualität der Beziehung zwischen TeilnehmerInnen und TherapeutInnen. Diese „therapeutische Beziehung ist gekennzeichnet durch Wohlwollen, Aufrichtigkeit, Akzeptanz und Einfühlungsvermögen. Durch diese spezifische Kombination von Setting und Beziehungsgestaltung wird ein sicherer Arbeitsrahmen verwirklicht, charakterisiert durch Verschwiegenheit, Kompetenz, Verlässlichkeit, struktureller Klarheit und Transparenz. Das sind „allgemein gültige Standards
für seriöse, therapeutische Selbsterfahrungsangebote.
Jede Form von Selbsterfahrungsprozess ist (so gut wie immer) eine Verlagerung des Bewusstseins weg vom Alltag hin zu erkenntnisträchtigen „anderen bewusstseinsfördernden Zuständen". Eigentlich wäre es treffender, von Bewusstseinsdynamiken zu sprechen als von Zuständen. Zustand impliziert eher etwas Statisches und bildet daher die prozesshafte Dynamik verschiedener, in unserem Falle holotroper, Bewusstseinszustände nur unbefriedigend ab. Da sich aber der Begriff eingebürgert hat und gut verständlich ist, werde ich ihn auch im Weiteren beibehalten. Ein (holotroper) Bewusstseinszustand ist keine einheitliche, fixe, starre Größe sondern ein flexibles, sich veränderndes, vielgestaltiges, prozesshaftes Phänomen.
Worin besteht dann aber der Unterschied zwischen den verschiedenen Selbsterfahrungsmethoden und dem Holotropen Atmen?
Der wesentliche Unterschied besteht wohl in der möglichen Tiefe, die mit dem Holotropen Atmen erreicht werden kann. Natürlich wird nicht bei jeder Atemerfahrung eine außergewöhnliche Bewusstseinstiefe erreicht. Dafür gibt es weder eine „Garantie noch können wir diese mit irgendwelchen zusätzlichen Methoden oder „Psychotricks
erzwingen. Prinzipiell ist das Holotrope Atmen aber ein psychologisches Verfahren, das uns den Zugang zu sehr tiefen, außergewöhnlichen Bewusstseinsebenen öffnet. Diese Bewusstseinstiefe wird durch die spezielle Form der Atmung erreicht; indem bewusst intensiv (schnell und tief) ein- und ausgeatmet wird. Dieser Atemprozess wird durch spezielle (evozierende) Musik unterstützt.
Das Holotrope Atmen ermöglicht Selbsterforschung in Bewusstseinsdimensionen, die weit über die gängigen Entspannungsverfahren hinausgehen und auch mit erlebnisaktivierenden, psychotherapeutischen Methoden wie Imagination, Rollenspiel, Aufstellungsarbeit, Traumreise etc. kaum erreicht werden können. Ähnlich tiefe Bewusstseinszustände werden von schamanistischen Tranceerfahrungen und aus der Hypnose berichtet.
Der wesentliche Unterschied dieser beiden Verfahren zum Holotropen Atmen besteht darin, dass bei den ersten beiden die Verantwortung und Leitung des Erfahrungsprozesses bei der SchamanIn bzw. HypnotiseurIn liegt. Im Holotropen Atmen verbleibt die Autorität über den Erfahrungsprozess bei den Atmenden –bei mir, dem/der Erfahrenden, selbst. Der holotrope Zustand wird nicht von außen induziert, geleitet, vertieft oder geführt. Es erfolgen, wie etwa in