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Wettlauf gegen die Zeit
Wettlauf gegen die Zeit
Wettlauf gegen die Zeit
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Wettlauf gegen die Zeit

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About this ebook

Bei Ausgrabungen in Mexiko machte man tief unter einem Tempel eine erschreckende und todbringende Entdeckung, die das Ende der Menschheit bedeuten würde. Eine geheime Organisation, die unentdeckt bleiben möchte, scharte Wissenschaftler und Techniker um sich, um Gegenmaßnahmen gegen die drohende Katastrophe zu finden. Bald hatte man eine Maschine entwickelt, die am Tage des Jüngsten Gerichtes die Katastrophe verhindern sollte, doch irgendwas oder irgendjemand war in die Vergangenheit gereist und hatte die Vorahnen der fünf Wissenschaftler, die diese Maschine gebaut hatten, getötet. Nach und nach verschwanden die Wissenschaftler, sowie die Maschine. Das Ende der Menschheit war gewiss. In einer letzten Möglichkeit sandte nun auch die geheime Organisation einen Zeitreisenden in die Vergangenheit, um die Vorahnen zu schützen, damit die Zukunft wieder so werden sollte, wie sie einmal war.

Während Caspar van Horn, der Zeitreisende versucht, die Zukunft zu beschützen, begab sich Joshua Parker, ein Journalist auf die Suche nach der Geschichte seines Lebens. Durch einen Tipp hat er von der Existenz der Maschine erfahren, denn sie birgt ein schreckliches Geheimnis in sich, dass nicht nach außen dringen durfte.

Wird es Caspar van Horn schaffen, auch nur einen Vorahnen in Sicherheit zu bringen? Schafft es Joshua Parker die ganze Wahrheit zu erfahren und es allen mitzuteilen? Und was ist mit uns allen? Woher stammen wir und wird das Artefakt, das seit Jahrtausenden in der Erde schlummert, das Ende der Menschheit bringen? Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt.
LanguageDeutsch
Release dateNov 13, 2014
ISBN9783738683134
Wettlauf gegen die Zeit

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    Wettlauf gegen die Zeit - Thomas Schultheis

    fallen.

    KAPITEL I.

    DIE FÜNF WISSENSCHAFTLER, DIE MASCHINE UND DIE VISION

    1.

    Feuer:

    17.12.2012: 08:34 Uhr Edinburgh:

    Philip Mac Dowell saß an seinem Schreibtisch und schaute zum wiederholten Male die Pläne an. Mit seinem Finger glitt er über die Zeichnung und murmelte leise in sich hinein, dann nahm er einen Bleistift und schrieb einige Zahlen auf ein leeres Papier. Nach einigen Sekunden hatte er die Berechnung vollendet.

    „Ja, so müsste es gehen", sagte er, dann stand er auf. Als er vor drei Jahren von der VOLG über die herannahende Katastrophe unterrichtet wurde, hatte er sich sofort in die Arbeit gestürzt. Mit seinen vier anderen Kollegen hatte er ununterbrochen an der Fertigstellung der Maschine gearbeitet und, sie hatten es tatsächlich geschafft. In einem Bergwerk in Halifax/Kanada, das mehr einem unterirdischen Bunker glich, stand sie einsatzbereit. Nur wenige wussten davon, die Bekanntgabe, dass eine Katastrophe biblischen Ausmaßes über die Menschheit hereinbrechen würde, wurde streng geheim gehalten. Die Gefahr einer Hysterie und Panik sollte dadurch vermieden werden.

    Übermorgen würden sie ihn abholen, dann mit einem Flugzeug nach Kanada bringen und dann würden sie sich alle vorbereiten. Am 21.12.2012 um 19:27 Uhr würde das Ereignis beginnen, dann musste die Maschine, die sie SALUS tauften, zeigen, ob sie tatsächlich funktionierte. In Gedanken malte er sich das Ereignis aus. Wenn er mit seinen Kollegen den Knopf drückte, würde SALUS Welle für Welle in den Erdkern senden, damit die drohende Katastrophe verhindert werden konnte. So hoffte er es zu mindestens.

    Er kehrte wieder in die Realität zurück und nahm wieder auf seinem Schreibtischstuhl Platz. Wieder nahm er den Bleistift in die Hand und schrieb einige Zahlen auf ein Papier. Er wollte gerade die Berechnung zu Ende führen, als er plötzlich ein Stechen in seinem Nacken spürte, das sich brennend und heiß anfühlte. Er nahm seine Hand und kratzte sich genau an der Stelle, dann verschwand das Gefühl wieder. Er beugte sich wieder über das Blatt Papier und wollte gerade weiter rechnen, als er das gleiche Gefühl wieder spürte, diesmal aber in seiner Magengegend. Er nahm seine Hand, rieb sich über seinen Bauch und in Sekundenbruchteilen war auch dieses Gefühl wieder verschwunden.

    Komisch, dachte er.

    Zum wiederholten Male griff er sich den Bleistift, als er plötzlich in seiner Brust dieses Brennen vernahm.

    „Was zum Teufel?", sagte er und nahm seine Hand und kratzte sich leicht. Diesmal jedoch verschwand dieses Gefühl nicht. Nein diesmal wurde es umso heftiger, je mehr er sich kratzte.

    „Verdammt nochmal, was ist denn das?", fragte er sich und stand auf. Das Brennen breitete sich über seine ganze Brust aus und wanderte langsam an seinem Rücken hinauf, bis es kurz vor seinem Nacken stehenblieb. Dann, als es dort angekommen war, durchfuhr ihn ein glühender Schmerz, der ihm fast den Atem nahm. Er musste sich kurz festhalten, dann rannte er in die Küche. Er nahm ein Geschirrtuch, machte den Wasserhahn auf und befeuchtete es. Als es triefnass war, legte er es sich auf seine Stirn. Wohltuend spürte er das kühlende Nass auf seiner Haut und für einige Sekunden linderte es die bohrenden Schmerzen, die er an seinem ganzen Oberkörper hatte. Er setzte sich auf den Boden, zog seinen Pullover aus und legte ihn achtlos zur Seite.

    Schweißperlen liefen an seinem Gesicht hinab und mit seiner Hand, wischte er sie notdürftig ab. Er schloss gerade die Augen und konzentrierte sich auf den Schmerz, als er ein leises Zischen hörte. Schlagartig machte er wieder die Augen auf und als er auf seine Füße blickte, sah er, wie kleine Nebelschwaden aus seinen Socken hervor kamen. In der gleichen Sekunde begann ein neuer Schmerz: der Schmerz von Verbrennungen. Er schrie panisch auf, dann langten seine Hände nach unten. Mit einem Ruck entledigte er sich seiner Strümpfe und was er dann sah, ließ ihn erschaudern. Seine Füße waren rot angelaufen und kleine Erhebungen, die wie Brandblasen aussahen, waren bis an seinen Knöcheln zu erkennen. Er stemmte sich wieder auf, nahm ein Glas, das neben dem Ablauf stand und füllte es mit Wasser auf, dann schüttete er den gesamten Inhalt auf seine Füße. Als das Wasser auf die Füße traf, zischte es erneut und weitere Nebelschwaden stiegen davon empor.

    Was in Gottes Namen? dachte er noch, als er einen weiteren Stich verspürte. Diesmal schien sich das Phänomen, das ihn heimsuchte, an seinen Haaren vergriffen zu haben. Trotz der Schmerzen, die ihn an seinem Oberkörper und Füßen befallen hatte, hatte er noch den Verstand und die Empfindung, zuerst den komischen Geruch wahrzunehmen, der von seinem Kopf kam; er roch verbranntes Haar. Für einen Moment kam ihm in den Sinn, dass dies alles nur ein Alptraum war, dann spürte er auch an dieser Stelle einen peinigenden und quälenden Schmerz. Er nahm seine Hand und führte sie nach oben. Als er auf seine Haare langte, fühlte er sofort die Hitze und die Glut, die dort herrschte. Er sprang nach oben, drehte sich um und öffnete sofort den Wasserhahn. Als das kalte Wasser in den Ablauf lief, presste er seinen Kopf unter den Hahn, doch er war zu groß dafür. Nur ein Bruchteil des Wassers ergoss sich auf seinen Haaren. In dem Stadium, in dem er sich nun befand, brachte auch das Wasser keine Kühlung oder Linderung mehr. Sein Verstand, der noch immer aktiv war, suchte nach einer Lösung.

    „Feuerwehr", schrie er hinaus.

    Er rannte, so gut er es mit seinen verbrühten Füßen tun konnte, zum Telefon. Als er mit seiner rechten Hand danach greifen wollte, sah er plötzlich aus seinen Fingern kleine Flammen auflodern. Irrsinnig kreischte er auf, als seine Fingernägel anfingen, sich schwarz zu verfärben. Er riss seine Hand zurück und führte sie an seinen Mund, dann fing er an, wie wild zu pusten. Doch es war vergebens. So wie man eine Glut anfacht, so fingen seine Finger immer mehr Feuer, bis die ganze Hand brannte. Wie ein Verrückter starrte er sie an, dann fing auch seine andere Hand zu brennen an. Noch hatte sein Verstand nicht endgültig realisiert, was mit ihm geschah, denn als er seine Hände nahm und sie vor sein Gesicht führte, lachte er hysterisch auf. Für einen kurzen Moment kam ihm nochmals der Wasserhahn in Erinnerung. Er stolperte die Schritte zurück und streckte seine Hände aus, dann verlor er das Gleichgewicht. Hart schlug er auf dem Steinboden auf, dann verlor er für einige Sekunden das Bewusstsein. Als er kurze Zeit später wieder erwachte, brannten schon seine beiden Arme. Er richtete sich trotz der Schmerzen auf, die nun seinen ganzen Körper befallen hatten und versuchte ein letztes Mal zum Telefon zu gelangen. Als er es tatsächlich schaffte, wieder auf seinen Füssen zu stehen, fiel sein Blick auf seine Beine. Zuerst schoss eine kleine Flamme durch die Hose an seinem linken Oberschenkel, dann eine zweite unterhalb seines Knies. In einem rasanten Tempo fraßen sich die Flammen immer weiter, bis sie an seinen Genitalien anlangten. Er schrie erneut auf. Dann, gleich wie ein Feuerball, loderte auch sein anderes Bein. Diesmal stürzte er zu Boden. Er krallte sich an den Boden fest, kroch über den Steinboden und wälzte sich vor wahnsinnigen Schmerzen gepeinigt immer wieder um seine eigene Achse. Aber es war vergeblich, denn egal, was er auch tat, der Feuersturm wütete auf ihn und ließ sich nicht ersticken. In den letzten Sekunden seines Lebens spürte er plötzlich den Schmerz nicht mehr, dann als es zu Ende ging, rief er noch etwas hinaus:

    „Salus".

    Seine flammende Hand griff ein letztes Mal nach oben, dann brach er tot zusammen. Wie eine brennende Fackel lag er völlig eingehüllt von den Flammen am Boden, bis er plötzlich explodierte. Seine Kleidung, die noch nicht von dem Feuer verbrannt war, stob in alle Himmelsrichtungen beiseite, dann folgte Sekundenbruchteile später sein verbranntes Fleisch. Wie kleine Geschosse prallten die Fleischfetzen an die Wand und fielen dann mit einem schmatzenden Geräusch auf den Boden. Zurück blieb nur noch sein rauchendes und dampfendes Skelett.

    2.

    Wasser:

    18.12.2012: 09:02 Uhr Tokio:

    Die E-Mail, die er seinem Kollegen gestern geschrieben hatte, war noch nicht beantwortet. Er wunderte sich ein wenig, denn normalerweise bekam er von ihm sofort eine Rückmeldung. Er probierte es vor einer Stunde auf seinem Festnetz, aber da meldete sich nur sein Anrufbeantworter. Vor fünf Minuten hatte er es noch auf seinem Handy probiert, aber auch hier hatte er kein Glück, denn dort meldete sich nur seine Mailbox.

    Komisch, du bist doch sonst so zuverlässig, dachte er, dann ging er in die Küche und machte sich einen Kaffee. Kurze Zeit später war er schon fertig. Er nahm sich etwas Milch, zwei Stück Zucker und ging dann mit der dampfenden Tasse an das Fenster. Von seiner Wohnung aus, die im 12. Stock lag, hatte er eine wunderschöne Aussicht auf seine Stadt, die er so liebte. Verhältnismäßig früh hatte es schon Minusgrade gegeben, auch heute zeigte das Thermometer unter 0 Grad an und ihn fröstelte ein wenig.

    Drei Tage noch, dann war alles vorbei.

    Er hoffte, dass alles gut gehen würde. Nur einmal wurde sie getestet. Als er daran zurück dachte, erschauderte er. Er hoffte inständig, dass es dann diesmal funktionieren würde, denn, wenn sie versagten, wäre alles verloren und er und die gesamte Menschheit würde von einem Moment auf den anderen nicht mehr existieren. Er schüttelte leicht den Kopf, atmete tief durch und hörte plötzlich, dass er eine Mail empfangen hatte.

    Na, also, da bist du ja endlich, dachte er.

    Er stellte die Tasse ab und ging an den Wohnzimmertisch, wo sein Laptop stand. Mit schnellen Bewegungen auf dem Touchpad seines Computers öffnete er sein Postfach und stellte überrascht fest, dass es nicht eine Nachricht von seinem Kollegen war, sondern eine von der VOLG. Als er sie öffnete und dann kurz überflog, verstand er zunächst nicht, was sie von ihm wollten. Als er aber dann nach unten scrollte und die gesamte Nachricht las, verstand er auf einmal.

    Wichtige Nachricht an Professor Masahiro Okazaki:

    Sofortige Abreise unabdinglich. Alle notwendigen Unterlagen sofort zusammenfassen und auf weitere Instruktionen warten. Verlassen sie nicht das Haus, lassen sie keinen Fremden sowie Bekannte in ihre Wohnung. Äußerste Gefahr! Nehmen sie keine Anrufe, sowie Mitteilungen per SMS, Video, Skype oder über ihren privaten E-Mail Empfang entgegen.

    Verschließen sie die Tür, lassen sie die Rollos an ihren Fenstern herunter und verhalten sie sich ruhig. In weniger als einer Stunde werden sie abgeholt. Ein Mitarbeiter wird ihnen folgende Zahlenfolge als Beweis für seine Autorisierung mitteilen: 3,9,27,4,16,64. Ihr Passwort bzw. Zahlenfolge lautet: 5,25,125. Erst wenn sie sicher sind, öffnen sie. Sollte Gefahr bestehen, wählen sie sofort den Notruf.

    Gestern Morgen, MEZ 08:45 Uhr verstarb Philip Mac Dowell. Laut Feuerwehr war die Todesursache: Verbrannt bei Wohnungsbrand bis zur Unendlichkeit. Genauere Untersuchungen, wie es zu dem Brand kommen konnte, sind noch nicht abgeschlossen. Weitere Ergebnisse sind im Laufe der Woche noch zu erwarten.

    Da wir nicht genau wissen, ob es sich um einen Unfall oder um einen Terrorakt handelt, haben wir uns entschlossen ihre Abreise vorzuziehen. Sie werden deshalb noch heute an ihren Einsatzort gebracht. Unterzeichnet:

    VOLG/Henry Sparks

    Er war tot.

    Kein Wunder, dass er sich nicht gemeldet hatte, dachte er und merkte im gleichen Moment, wie unsensibel er war. Als die VOLG vor fast zwei Jahren Kontakt mit ihm aufgenommen hatte, hatte er die anderen Wissenschaftler kennengelernt. Er verstand sich mit allen recht gut, doch mit Philip hatte er sich besonders gut verstanden. Vor allem in den letzten Monaten wurde daraus sogar eine Freundschaft, die weit über dem hinausging, was sie geschäftlich miteinander verband.

    Verbrannt. Oh, wie schrecklich, aber warum nur? dachte er kurz und starrte weiterhin unablässig auf die E-Mail, die er vor wenigen Sekunden erhalten hatte. Er brauchte noch einige Minuten, dann löste er sich aus seiner Erstarrung. Er stand auf, raste in sein Arbeitszimmer und schnappte sich seine Papiere, die weit verstreut auf seinem Schreibtisch verteilt waren. Als er sie alle zusammen hatte, steckte er sie hastig in eine Ledertasche, die neben dem Schrank lag. Er nahm sie und hastete weiter in sein Schlafzimmer. Als er dort angekommen war, legte er die Tasche auf sein Bett, dann holte er den Koffer hervor und öffnete seinen Kleiderschrank.

    Was brauche ich eigentlich? dachte er beiläufig, hatte aber schon einige T-Shirts, Pullover und eine Hose in den Koffer geschmissen. Er wollte gerade aus dem oberen Fach noch etwas Unterwäsche holen, als er bemerkte, dass er unheimlich schwitzte. Sein T-Shirt, das unter seinem leichten Pullunder war, fühlte sich tropfnass an, ebenso seine Hose. Er hielt kurz inne, schnaufte kurz durch und wischte sich den Schweiß ab, der sich auf seiner Stirn und seinem Gesicht befand. Ein anderes Gefühl, das nicht gleich kam, sondern sich langsam und quälend an ihn heranschlich, war der Durst. Zuerst bemerkte er, dass seine Zunge und sein Mundraum sich trocken an fühlte, dann kroch das Gefühl an seiner Kehle hinab, bis es seinen ganzen Körper befiel.

    Durst, dachte er nur, dann ließ er alles liegen und raste aus seinem Schlafzimmer hinaus in Richtung der Küche. Als er im Flur war, floss der Schweiß bereits in Strömen an ihm herab. Er rannte weiter und zog sich im Laufen den Pullunder vom Leib und warf ihn achtlos zu Boden. Als er endlich in der Küche war, riss er die Kühlschranktür auf und nahm sich ein Mineralwasser, das in der Seitentür war. Er öffnete rasch den Schraubverschluss und setzte dann die Flasche an den Mund. Die kühle und nasse Flüssigkeit ergoss sich in seine Kehle und für Sekunden linderte es ihm den Durst. Als er die Flasche fast zur Hälfte leer getrunken hatte, fiel er keuchend zu Boden. Er schloss die Augen und versuchte sich zu beruhigen. Tatsächlich fühlte er sich ein wenig besser, bis sich das Gefühl des zu verdursten müssen wieder leise anschlich. Erst in kleinen, dann in immer schneller werdenden Schritten erfasste es wieder seinen Körper und er setzte erneut die Flasche an. Er leerte den Rest in einem Zug und hoffnungsvoll erwartete er Labsal für seinen ausgetrockneten Körper, doch dieses Gefühl kam nicht. Stattdessen strömte weiterhin Wasser aus allen Poren seines Körpers. Schweißgebadet riss er sich das T-Shirt vom Leibe, dann zerrte er hastig seine Hose von sich, um ein wenig Erleichterung zu erhalten. Doch auch diesmal täuschte er sich. Er raffte sich mühsam empor und griff wieder in den Kühlschrank hinein, um eine weitere Flasche des kühlen Nasses zu holen, doch er war leer.

    „Scheiße, warum nur?", schrie er aufgeregt hinaus, doch keiner konnte ihm eine Antwort geben. Er mühte sich auf, dann, als er einigermaßen stehen konnte, schlurfte er mehr oder weniger zur Spüle. Er war nur noch einen Schritt von dem Wasserhahn entfernt, als plötzlich eine Wasserfontäne aus seiner Nase spritzte. Für einige Sekunden bekam er keine Luft mehr, dann verschluckte er sich mehrmals und hustend fiel er wieder zu Boden. Er wollte gerade schreien, als ebenfalls Wasser aus seiner Kehle auf den Boden spritzte und dort eine große Lache hinterließ. Er hielt sich den Mund zu, doch der Druck war stärker. Um nicht zu ersticken, setzte er sich senkrecht auf und ließ es über sich ergehen. In seinen Gedanken fragte er sich, was er hatte. Hatte er sich eine Infektion geholt oder hatte er eine seltsame Krankheit, von der er nichts wusste? Er hatte keine Ahnung und er hatte auch keine Zeit, darüber viel nachzudenken, denn plötzlich bemerkte er, dass auch aus seinen Ohren eine Flüssigkeit schoss. Für einen Moment kam er sich wie ein Clown vor, der lachend und hüpfend im Zirkus herumtollte und der aus dem Mund und den Ohren die kleinen Kinder nass spritzte. Doch der Vergleich verschwand schnell, denn plötzlich hörten die Ausflüsse auf. Nur noch einzelne Tropfen kamen aus seiner Nase und auch aus dem Mund hörte der unaufhörliche Schwall von seiner eigenen Körperflüssigkeit auf. Das Durstgefühl blieb zwar, doch für einige Sekunden fühlte er sich wohl. Er probierte es noch einmal und tatsächlich schaffte er es, unter Mühen und Qualen, wieder aufzustehen. Wackelig und entkräftet stand er mit zitternden Beinen vor dem Wasserhahn. Er machte ihn auf und als das Wasser in das Spülbecken floss, schob er seine Hand darunter. Mit zaghaften Bewegungen befeuchtete er seinen Mund, bis er gierig und wahnsinnig nach dem Wasser lechzte. Zu guter Letzt hielt er seinen Mund unter den Strahl und sog ungestüm das lebensnotwendige Wasser in sich hinein. Er wusste nicht, wie lange er unter dem Wasserhahn lag, erst als er so viel Wasser getrunken hatte, das ihm sein Bauch spannte, hörte er auf. Er keuchte und atmete heftig nach Luft, dann rutschte er erschöpft an der Spüle hinab, bis er den Boden berührte. Er rülpste und für einen Moment dachte er, er müsste kotzen, doch er hielt alles in sich. Er schaute an sich hinunter und erschrak. Völlig ausgemergelt und in sich eingefallen sah sein Körper aus. Überall standen die Knochen unter seiner Haut empor und er musste an die Bilder der völlig abgemagerten KZ-Insassen denken, die er in Filmen und Fotos gesehen hatte. Wieder einmal stellte er sich die Frage, was mit ihm los war.

    Was ist das nur? dachte er in Gedanken, dann spannte sich auf einmal sein Körper.

    Wie von Fieber gepackt, wälzte er sich auf den Boden und schrie mehrmals undeutlich Worte in den leeren Raum, dann krümmte er sich vor Schmerzen. Er wusste nicht, wie lange dieses Stadium gedauert hatte, doch auf einmal spürte er einen immensen Druck in seinem Bauch. Die Schmerzen ließen für einen kurzen Moment nach, dann brachen sie wieder überfallartig über ihn ein. Als er auf seinen Bauch sah, wusste er tief in seinem Innersten plötzlich, dass es bald zu Ende ging. Sein Bauch wölbte sich nach außen, dann wieder nach innen, dann wiederholte es sich im gleichen Rhythmus wieder und wieder. Unter Schmerzen schrie er ein letztes Mal hinaus, dann verlor er für wenige Sekunden das Bewusstsein. Als er noch einmal erwachte, fiel sein Blick auf seine Füße. Er sah auf einmal, wie aus seinen Zehen plötzlich Wasser in kleinen Strömen herausfloss. In einer seiner letzten Handlung hob er seine Hand und griff nach unten, da sah er auch, dass aus seinen Finger ebenfalls Wasser heraussickerte. Lachend senkte er seine Hand und ließ sie neben sich liegen. In diesem Stadium bemerkte er die Schmerzen nicht mehr, die das unaufhörliche Auf- und Absenken des Bauches an seinen Nerven forderte, nein, er war eigentlich nur froh, wenn nun alles vorbei sein würde. Der Gefallen wurde ihm bald gemacht, denn kaum hatte er seine Hand niedergelegt, explodierte sein Bauch. Ein Gemisch aus Blut, Wasser und Eingeweiden spritze daraus hervor und ergoss sich in der ganzen Küche, dann hauchte er ein letztes Mal aus. Mit offenen Augen und einem Lachen im Gesicht, starrte er leer in den Raum, während das letzte Quäntchen Flüssigkeit langsam und träge aus seinem Körper herausrann.

    Als er seinen letzten Atemzug getan hatte, klopfte es an die Tür. Der Mitarbeiter stand da und wartete, dann als er nichts gehört hatte, klopfte er erneut. Einige Sekunden vergingen, ohne dass er etwas vernahm. Aufgeregt und verunsichert klopfte er noch einmal, in der Hoffnung, dass ihn doch bitte diesmal jemand aufmachen würde, doch er wurde erneut enttäuscht. Er war noch nicht lange bei der Organisation, eigentlich war es sein erster Auftrag und er wollte sie nicht enttäuschen, doch was sollte er jetzt tun. Laut Handbuch müsste er jetzt Verstärkung rufen, doch er traute sich nicht.

    Was sollen denn die anderen von mir denken? dachte er, mein erster Auftrag und schon mache ich alles falsch.

    Er presste sein Ohr an die Tür und hoffte, so etwas im Inneren zu hören. Doch auch diesmal schien ihm das Glück nicht hold zu sein.

    Vielleicht hatte er mich nicht gehört, das konnte ja sein, dachte er ein weiteres Mal. Ich werde jetzt einfach den Autorisierungscode sagen, dann werde ich sehen, was passiert.

    Er presste wieder seinen Kopf gegen die Tür und flüsterte leise die Zahlen.

    „3,9,27,4,16,64,5,15,125".

    Er lauschte wieder.

    Nichts.

    Verzweifelt wiederholte er die Zahlen noch einmal, doch wieder antwortete er ihm nicht. Jetzt blieb ihm nichts anderes übrig, als die Zentrale zu verständigen. Er überwand seine Zweifel und nahm sein Handy, überlegte kurz, dann drückte er die Taste. Sekunden später war sein Vorgesetzter am Apparat.

    „Sir, es öffnet keiner", sagte er leise.

    „Treten sie die Tür ein, sofort, schrie sein Vorgesetzter, dann fügte er noch hinzu, „los, und bleiben sie am Apparat. Er nickte, dann ging er einen Schritt zurück und trat die Tür mit einem Stoß ein. Er taumelte in den Raum und als er den Wissenschaftler am Boden sah, musste er plötzlich quieken. Mit seiner anderen Hand, die nicht das Handy umschloss, umschlang er seinen Mund. Mit aufgerissenen Augen und einer Übelkeit im Bauch, drehte er sich schlagartig um, dann, als das Gefühl des Unwohlseins nicht abklang, kotzte er sich die Seele aus dem Leib. Das Handy, das er die ganze Zeit in seiner Hand hielt, fiel nach unten.

    Als das Handy am Boden scheppernd aufprallte, hörte der Mitarbeiter noch, wie sein Vorgesetzter schrie, dann fiel er in Ohnmacht.

    „Was ist da los? Mann, he, melden sie sich".

    3.

    Erde:

    19.12.2012: 10:02 Uhr Lyon:

    Er wachte gerade auf und im ersten Moment, wusste er nicht, wo er war. Nur schemenhaft konnte er sich an die vergangene Nacht erinnern. Eigentlich wusste er nur noch, dass er in einem Club im wahrsten Sinne des Wortes die Sau rausgelassen und sich maßlos betrunken hatte. Mehr wusste er nicht, vor allem nicht, wie er hier her geraten war. Er bückte sich auf und hielt sich dann seinen Kopf, der ihm tierisch wehtat.

    „Oh Mann, was habe ich gestern nur wieder getan?", sagte er und rieb sich mit seinen Fingern in den Augen. Als er einigermaßen sehen konnte, schaute er nach links und sah dort eine Frau liegen. Für einen Moment war er überrascht, als er die nackte Blondine neben sich liegen sah.

    „Verdammt, wer bist du denn?", sagte er leise, dann kamen die Erinnerungen vage wieder. Als er gestern Abend auf seinem I-Phone die Nachrichten las, die ihm die VOLG geschrieben hatte, war er nicht sonderlich bestürzt.

    Nun gut, dachte er, sie sind beide tot, aber dafür kann ich auch nichts. So ist es halt eben.

    Die Wörter „Sensibel, „Einfühlsam oder gar „Gefühlvoll" waren Fremdwörter für ihn. Er konnte damit nichts anfangen. Schon Zuhause oder in der Schule, auch später dann, als er auf der Universität studierte, war er immer ein Rebell gewesen. Ihn interessierte nur eins: das Leben. Er, Jerome Petin, war Franzose, durch und durch. Und er genoss sein Leben. Deshalb ignorierte er auch die Aufforderung der VOLG, sofort zur Verfügung zu stehen und sich dann nach Paris aufzumachen, wo man ihn schon gestern Abend hätte abholen sollen. Er schob den Befehl lässig zur Seite, rief dann einig Kumpels an, - die Erinnerung kam jetzt immer mehr und mehr zu Tage – und dann ließen sie es so richtig krachen. Dass er gestern, oder war es heute Morgen, jemanden aufgerissen und Sex gehabt hatte, krönte seine Entscheidung.

    Ich habe wieder mal alles richtig gemacht, dachte er und stand auf.

    Der Alkohol musste raus und deshalb ging er ins Badezimmer. Als er dort angekommen war, hob er den Toilettendeckel und urinierte in die Schüssel hinein. Er atmete kräftig aus, als der Urin aus seinem Penis kam. Erleichtert zog er die Spülung, dann ging er zum Waschbecken, um seine Hände zu waschen. Als er sich im Spiegel sah und die Ränder unter seinen Augen entdeckte, musste er zum wiederholten Male feststellen, dass er alt geworden war. Gut, er war erst 45 Jahre alt, andere würden sagen, 45 Jahre jung, aber er wusste, dass sein Lebensstil ihn altern lassen hatte und ihn irgendwann auch umbringen würde. Aber das war es ja auch, was er eigentlich wollte. Natürlich nicht sterben, vor allem nicht so früh. Nein, er wollte ein Leben führen mit all seinen Vorzügen und nicht so ein Spießerdasein fristen, wie viele seiner Kollegen. Vor allem nicht, nach der Nachricht, die er vor knapp zwei Jahren bekam.

    Das Ende der Menschheit, pah, hatte er damals gedacht, na und?

    Er hatte gelebt und danach hatte er umso heftiger und ausgiebiger gelebt. Trotz seiner Einstellung hatte er sich bereit erklärt, ihnen zu helfen, schließlich war er Fachmann auf dem Gebiet des Maschinenbaus. Denn insgeheim hoffte er, dass alles gut gehen würde, dann würde er nach erfolgreicher Abwendung der Katastrophe wieder richtig feiern gehen.

    Er senkte kurz seinen Blick, dann öffnete er wieder den Wasserhahn und hielt seine Hände darunter. Er nahm einen Schwall Wasser und benetzte sich damit sein Gesicht. Das kühle Nass legte sich wohltuend auf seine Hand und für einen Moment spülte es auch seine Kopfschmerzen weg. Er wiederholte das Ganze noch einmal, dann griff er zum Handtuch und trocknete sich ab. Als er wieder in den Spiegel sah, entdeckte er unter seinem linken Auge einen Kratzer, der vor wenigen Sekunden noch nicht da war. Er trat näher an den Spiegel heran und schaute es sich genauer an. Tatsächlich musste er sich verletzt haben, denn ganz deutlich konnte er unter dem Auge einen kleinen Riss in seiner Haut feststellen. Er nahm seinen Finger und tastete behutsam darauf, dann kratzte er ein wenig daran. Winzige Hautfetzen, die wie Staubflocken aussahen, rieselten an seinem Gesicht hinunter.

    Was ist denn das? dachte er und schüttelte mit dem Kopf, dann kratzte er weiter.

    Plötzlich fiel ein Stück Hautfetzen in der Größe einer Briefmarke nicht unweit von der Stelle, wo er sich gerade gekratzt hatte, in das Waschbecken. Verschreckt trat er einen Schritt zurück.

    „Was für eine Scheiße?", sagte er leise. Sein Herz fing jetzt an, vor Aufregung schneller zu schlagen. Er ging den Schritt wieder nach vorne und schaute sich wieder genauer im Spiegel an. Er traute sich schon gar nicht mehr, mit seinen Fingern im Gesicht zu hantieren, weil er Angst hatte, noch mehr würde passieren.

    Doch es blieb ihm nichts anderes übrig, denn plötzlich löste sich auf der anderen Seite, so wie wenn man eine Tapete von der Wand wegmacht, ein Stück Haut gleich neben der Nase ab. Wieder schreckte er zusammen, blieb aber stehen. Er wollte gerade wieder mit seiner Hand ins Gesicht fassen, als sein Blick auf seine Finger fiel. An seinem Zeige-, sowie seinem Mittelfinger löste sich ebenfalls Haut ab. Mit einem unverständlichen Blick führte er seine Hand direkt vor seine Augen, dann nahm er die Finger seiner anderen Hand und zog etwas daran. Leicht und ohne auf viel Widerstand zu stoßen, zog er sich die Haut vom Zeigefinger ab, bis er sie vollständig gelöst hatte. Entgeistert starrte er das Stück Haut an und in diesem Moment ahnte er, dass etwas nicht stimmte. Aber das traf nicht genau zu, denn im gleichen Augenblick spürte er auf seiner Brust ein Beklommenheitsgefühl, dass sich rasch über seinem ganzen Oberkörper ausbreitete. Er musste heftig atmen und ihm blieb die Luft weg, so als ob man ihm eine Zwangsjacke angezogen hätte, die immer enger gezogen wurde. Er stützte sich gerade mit den Armen auf dem Waschbecken ab, als er plötzlich ein Reißen und Zerren in seinem Gesicht spürte. Er traute sich nicht, in den Spiegel zu schauen, als es aber immer grässlicher und unangenehmer wurde, blickte er doch hinein. Augenblicklich blieb ihm das Herz stehen, als er mehrere quer über das Gesicht laufende tiefe Kerben und Risse erblickte, aus denen sanft und leicht Staub herausrieselte. Noch konnte er reagieren. Er machte den Wasserhahn wieder an, so als könnte dies die Lösung für sein Problem werden, und spülte sich das Gesicht ab, doch es wurde nur noch schlimmer. Als das Wasser auf die Haut traf, verklumpte sich der feingliedrige Staub und wurde zu einer festen, lehmartigen Masse.

    „Nein", schrie er heraus.

    Als er den Mund öffnete, stellte er erneut etwas fest, dass ihm Angst machte. Und Angst hatte er jetzt mehr, wie er ertragen konnte. Zuerst sah er nur die Staubwolke vor seinen Augen, als er das Wort hinausschrie, dann flogen winzige, aber doch sichtbare braune Flocken aus seinem immer noch vor Erstaunen geöffneten Mund heraus. Er bewegte seine Zunge und fühlte in seinen Mundraum. Mit Erschrecken stellte er fest, dass sich seine gesamten Zähne gelockert hatten und als er dachte, es würde nicht mehr schlimmer kommen, spürte er noch etwas viel Entsetzlicheres, als das, was er schon erdulden musste: er schmeckte Dreck. Sein Mund füllte sich langsam, aber stetig damit. Er spuckte es aus. Eine gelblich, braune Flüssigkeit, die sandig und nach Erde schmeckte, kam aus seinem Mund. Träge rann sie in den Abfluss hinab. Wieder öffnete er den Wasserhahn und obwohl er wusste, dass diese Entscheidung die Situation nur noch verschlimmerte, nahm er eine Handvoll Wasser und spülte damit seinen Mund aus. Als das Wasser in seinen Mundraum drang, verband es sich mit dem Staub und verklebte sofort. Im gleichen Moment bemerkte er seinen Fehler, denn plötzlich entdeckte er mit seiner Zunge die kleinen Dreckbollen, die sich dort gebildet hatten. Hustend spie er sie aus, dann brach er das erste Mal zusammen. Keuchend und nach Luft ringend, legte er sich der Länge nach auf den gefliesten Badezimmerboden. Für einige Sekunden gaben die kühlen Steinfliesen ihm Labsal, dann kehrte das beklemmende und einengende Gefühl wieder zurück. Er stand mühselig wieder auf. Als er einigermaßen wieder stand, kroch das Gefühl in seine Beine und in die Arme. Plötzlich konnte er sich nicht mehr richtig bewegen. Es war so, als ob er von einem unsichtbaren Kokon eingehüllt war, der starr und fest an ihm haftete und sich nicht löste. Panisch starrte er mit angsterfüllten Augen letztmalig in den Spiegel, dann brachen schlagartig seine Nase und sein rechtes Ohr von ihm ab und flogen nach unten. Als sie auf den Boden aufkamen und dort zersplitterten, blieben nur kleinste Teile davon übrig. Er wollte schreien, doch als er den Mund aufmachte, kam zum wiederholten Male nur eine Staubwolke heraus. Röchelnd drehte er sich, so gut er konnte um und wankte dann in Richtung der Tür. Sein ganzer Körper, von den Füssen bis zu seinem Kopf, fühlte sich schwer und bleiern an, aber er schaffte es tatsächlich, bis dahin zu kommen. Als er dort war und obwohl er keine Lösung wusste, versuchte er erneut zu schreien, doch es blieb beim Versuch, denn plötzlich zerplatzten seine Lippen und stoben in kleinste Partikel in das angrenzende Schlafzimmer. Erst jetzt und nach diesem Ereignis spürte er, dass er sterben würde. Ein letztes Mal noch raffte er sich auf, ging nochmals einen Schritt, so dass er im Schlafzimmer stand und versuchte dann, erneut zu schreien. Seine letzte Hoffnung war die Blondine, die er nicht kannte. Er wusste nicht einmal ihren Namen, aber das war egal, er würde ihn sowieso nicht aussprechen können.

    „Hiiöllvvfe", brabbelte er, dann erstarrte er ganz. Schlagartig wurde sein Körper fest und sein Atem verlangsamte sich. Sein Herz raste und als er sah, dass seine Bekanntschaft der letzten Nacht immer noch schlief und ihn nicht bemerkte, schwand seine Hoffnung für immer. Seine Augen, die er komischerweise noch immer bewegen konnte, rasten von einer Seite zur anderen. Eine Träne kam daraus empor und als sie langsam an seiner Wange herablief, wurde auch sie zu einer festen Masse. Obwohl er wusste, dass es keine Zukunft mehr für ihn gab, überlegte er dennoch, wie er aus dieser Situation wieder heraus kommen könnte. In einem wirren und aberwitzigen Gedanken stellte er sich vor, wie er im Krankenhaus lag und sie ihn untersuchten. Dann, nachdem sie eine Diagnose gestellt hatten, würden sie ihm eine einfach Spritze geben, woraufhin er bald wieder gesund werden würde. Ja, das wünschte er sich. Als dieser Gedanke durch seinen Kopf rauschte, blieb sein Herz ruckartig stehen und seine Augen blickten noch einmal auf die Blondine, die auf einmal wach wurde. Das letzte, was er in seinem Leben sah, war eine wunderschöne, nackte Frau, die sich gerade in ihrem Bett umdrehte und ihn ansah, erst da wich das Leben für immer aus ihm.

    Als die Frau ihn erblickte, wusste sie im ersten Moment nicht, was da vor ihr war. Zuerst dachte sie, irgendjemand hätte eine braune Statue in ihr Zimmer gestellt, dann dachte sie, ihr Liebhaber der letzten Nacht, Jerome oder so ähnlich, hätte sich braun angemalt und wollte sie erschrecken. Immer noch schläfrig stand sie auf und ging auf ihn zu.

    „Hallo, Süßer, was machst du denn für Sachen", säuselte sie und ging an ihm vorbei. Kurz darauf roch sie ungeahnt diesen ekelhaften Geruch von Dreck und Lehm. Sie blieb stehen, drehte sich um und erst da merkte sie, dass etwas nicht in Ordnung war. Langsam schlich sie wieder zu ihm zurück und als sie genau vor ihm stand und in seine leeren Augen sah, erst da verstand sie. Noch schrie sie nicht. Ihr Herz pochte ihr bis an ihre Kehle und nach Atem ringend, flüchtete sie hinter das Bett zurück. Als sie dort Schutz gesucht hatte, fing unerwartet das nach Lehm und Dreck stinkende Ding, wie sie es in ihren Gedanken nannte, zu vibrieren an. Sie spürte förmlich, wie zuerst der Boden zitterte, dann kurze Zeit später das ganze Zimmer. Sie musste kurz aufkreischen, dann verstummte sie wieder. Sie wusste nicht, wie lange das Zittern dauerte, doch plötzlich sah sie, wie die Luft um das Ding zu flimmern begann. Sie kroch noch weiter zurück und da überkam sie erstmalig die Angst. Mit dem Rücken an der Wand kreischte sie leise auf, dann, im gleichen Moment hörte das Beben auf. Für eine Sekunde herrschte Ruhe, dann zersprang das Ding in tausend Stücke. Als die Teile an die Wand, auf das Bett und auch auf sie fielen, öffnete sie vor Schrecken und Angst ihren Mund. Erst aber, als sie auf ihrer nackten Haut ein Auge erkannte, da begann sie zu schreien.

    4.

    Luft:

    20.12.2012: 07:23 Uhr Über dem Atlantischen Ozean:

    Sie sprachen kein Wort miteinander, nun schon eine Stunde lang. Als man sie gestern Abend abgeholt und in die jeweilige Zentrale gebracht hatte, erst da, wurden sie vom Tod der anderen unterrichtet. Bestürzt nahmen sie die Nachricht auf, dann setzte man sie sofort ins Flugzeug. Während Frank Schulland aus Stuttgart nach London geflogen wurde, hatte man Roger Banks, der sich gerade in Rom befand, ebenfalls in ein anderes Flugzeug nach London geschickt. Kurz nach 23:00 Uhr trafen beide fast gleichzeitig am Flughafen Heathrow in London ein. Als sie gelandet waren, holten sie Mitarbeiter der Organisation ab und verfrachteten sie sofort in die Maschine, die sie nach Halifax/Kanada bringen sollte. Als sie sich dann gegen Mitternacht das erste Mal sahen, hatten beide keine große Lust, miteinander zu reden. Sie mochten sich zwar leiden, aber große Freunde waren sie nicht. Zu unterschiedlich waren sie sich in Charakter und in ihre Ansichten.

    Es sah ganz danach aus, als würde der fast 10 stündige Flug zu einer recht ruhigen Angelegenheit werden, doch das es ganz anders kommen würde, wusste keiner von ihnen.

    Als der Morgen graute, wachte Frank als erster auf. Die ganze Nacht über hatte er kaum geschlafen, zu nah war ihm der Tod seines besten Freundes gegangen. Als er gestern von dem Mitarbeiter erfahren hatte, dass Philip in seiner Wohnung bei einem Brand ums Leben gekommen war, musste er sich erst einmal setzen. Dann, als er den Schock einigermaßen verdaut hatte, teilten sie ihm auch noch den Tod der anderen mit. Bestürzt und betroffen fragte er nach, was den passiert sei und was es mit dem allem auf sich hatte, doch man gab ihm keine Antwort. Stattdessen schickte man ihn sofort mit Roger nach Halifax, wo SALUS auf sie wartete.

    Er stand auf und streckte sich. Seine Knochen taten ihm weh und er musste dringend auf die Toilette. Als er seine Notdurft nur unbefriedigend erledigt hatte, ging er in die Küche und holte sich aus einem Automaten einen Kaffee. Er nahm einen Schluck von der heißen Brühe, die die Bezeichnung Kaffee nicht verdient hatte und kehrte auf seinen Platz zurück. Er wollte sich gerade setzen, als er hinter sich das Gähnen von Roger hörte. Er drehte sich um wollte ihm gerade einen Guten Morgen wünschen, da stand der schon auf und verschwand.

    Komisch, dachte er, so schlecht verstanden sie sich nun auch nicht, dass nicht einmal ein freundliches Wort aus ihm herauskam.

    Na, egal, macht mir nichts aus, dein Problem, dachte er weiter, dann setzte er sich hin und schaute aus dem kleinen Fenster hinaus auf den strahlenden, blauen Ozean. Kurze Zeit später kam ein Mitarbeiter und fragte ihn, was er denn gerne zum Frühstück hätte. Er wollte gerade antworten, als Banks ihm zuvorkam.

    „Drei Eier, Speck, Brötchen und etwas Käse", sagte er nur, dann ging er wieder zu seinem Platz. Der Mitarbeiter nickte, dann lachte er freundlich Frank an.

    „Und sie, Professor, was möchten sie gerne haben?".

    „Das gleiche, antwortete er lächelnd, dann sagte er noch. „Ach, und wenn sie vielleicht noch eine Cola hätten, wäre ich ihnen sehr dankbar.

    Der Mitarbeiter nickte wieder und verließ dann den Raum. Nach knapp einer Viertelstunde, in der er eine Illustrierte las, kamen auch schon das Essen und die Cola. Als es ihm auf den Tisch gestellt wurde, hörte er von hinten wieder, wie Banks etwas sagte.

    „Bringen sie mir auch eine Cola, aber kalt muss sie sein".

    Schmunzelnd und mit dem Kopf schüttelnd fing Frank an, sein Frühstück zu essen. Nach einer weiteren Viertelstunde war er damit fertig und erst danach fing er an, sich richtig Gedanken zu machen, was mit den anderen geschehen war.

    Plötzlich und ohne dass er viel nachdachte, kam es ihm in den Sinn. Er nahm aus seinem Aktenkoffer einen Papierblock, holte sich einen Kugelschreiber und schrieb dann die Namen der Toten auf eine Seite. Dann schrieb er dahinter die Todesursache. Als er auch damit fertig war, legte er den Kugelschreiber zurück und holte ein Buch aus seiner Tasche. Er brauchte nur einige wenige Momente, dann hatte er die Seite gefunden. Hastig las er sie durch, dann hieb er mit seiner Faust auf den Tisch.

    „Das ist es", sagte er laut. Er las noch kurz eine andere Stelle im Buch, dann klappte er es wieder zu.

    Ja, das ist es, dachte er nochmals im Stillen, dann drehte er sich zu Roger um.

    „Roger, haben sie einen Moment Zeit für mich?".

    Er schaute Banks fragend an, doch der antwortete ihm nicht, sondern starrte weiterhin gelangweilt in eine Zeitung, die er sich vor einigen Minuten geholt hatte.

    „Ich glaube, ich habe gerade herausgefunden, was mit unseren Kollegen passiert ist", sprach er trotzdem zu Banks weiter.

    „Und was?", antwortete der fragend, ohne ihn anzublicken. Frank ging von seinem Platz weg und setzte sich neben ihn hin.

    „Philip ist verbrannt und wenn man dem Mitarbeiter trauen kann, der Masahiro gefunden hat, ist er von innen heraus ertrunken. Wie sollte man sich das viele Wasser, das man neben seiner Leiche gefunden hat, sonst erklären. Und Jerome, na, wenn es stimmt, was die Nutte bei der Polizei ausgesagt hatte, ist er versteinert. Ich weiß, dass klingt verrückt, die Polizei hat ihr auch nicht geglaubt, aber Fakt ist, als man das Zimmer untersucht hatte, fand man in der Erde, die massenhaft dort herumlag, seine DNA. Selbst ein Auge hatte man gefunden".

    „Und was wollen sie damit sagen?", fragte Banks.

    „Na, sehen sie es nicht?", entgegnete er.

    „Nein, und ich weiß auch gar nicht, worauf sie hinaus wollen". Er vertiefte sich wieder in seine Lektüre. Frank ging auf seinen Platz zurück und holte seinen Papierblock, dann setzte er sich wieder zu ihm zurück.

    „Sagen ihnen die Elemente etwas?", fragte Frank.

    „Natürlich, was denken sie denn. Es gibt 4 Elemente. Wasser, Erde, Luft und Feuer", erklärte Banks.

    „Richtig".

    Er wartete einen Moment, dann fragte er weiter.

    „Und, fällt ihnen denn nichts auf?".

    „Nein, aber bitte, sagen sie mir doch endlich, was sie wollen, dann haben wir es hinter uns", meinte Banks genervt.

    „Also gut. Philip ist verbrannt. Das ist das Feuer. Masahiro ist ertrunken. Das ist das Wasser und Jerome, ja wenn man wie gesagt den Untersuchungsergebnissen traut, ist er irgendwie zu Dreck erstarrt. Das ist die Erde", erklärte er und lachte dann, nachdem er ihm seine Theorie erläutert hatte.

    Roger schaute jetzt etwas interessierter. Für einen Moment überlegte er, dann jedoch winkte er ab.

    „Ein dummer Zufall".

    „Zufall?, sagte Frank empört. „Ja sehen sie nicht, was da passiert? Irgendjemand oder irgendwer will uns umbringen und benützt dafür die Elemente.

    Roger hob wieder den Kopf und blickte ihn an, dann stand er auf.

    „Und wie soll er das nach ihrer Vorstellung bewerkstelligt haben? erklärte er, dann sprach er weiter, „gut, nehmen wir mal an, dass sie Recht haben. Wie sie aber sicherlich wissen und auch schon gesagt haben, gibt es aber nur vier Elemente, wir sind aber zu fünft, ich meine, wir waren es. Und was meinen sie damit, irgendjemand will uns umbringen? Das, was unseren Kollegen zu gestoßen ist, waren alles nur unglückselige Unfälle, mehr nicht.

    „Das glauben sie doch selber nicht, Roger, denken sie doch mal nach. Innerhalb von zwei Tagen sind sie getötet worden, und ich betone, getötet worden. Es waren keine Unfälle und vor allem war es kein Zufall".

    „Gesetz dem Fall, sie haben Recht und der oder die Mörder gehen nach einem bestimmten System vor, dann wären sie oder ich das nächste Opfer, stimmt das?". Frank nickte.

    „Gut, ein Element ist noch frei und das ist die Luft. Also wird sich einer von uns, wenn ich nach ihrer Theorie gehe, in Luft auflösen oder verschwinden. Was passiert aber dann mit dem anderen?. Er machte eine kurze Pause und schaute Frank an, dann sprach er weiter. „Einer von uns hat also einen Freifahrschein und kommt durch und der anderen krepiert, ist das richtig?.

    Frank überlegte, dann sprang er wieder auf seinen Platz zurück und holte ein Buch.

    Eifrig blätterte er ein paar Seiten durch und nur kurze Zeit später hatte er das gefunden, wonach er gesucht hatte. Er kehrte wieder zu ihm zurück und setzte sich wieder.

    „Das ist so nicht ganz richtig. Laut verschiedener Thesen gibt es mehr als vier Elemente. Die Chinesen zum Beispiel unterscheiden die Elemente in fünf Kategorien. Feuer, Wasser, Erde, Metall und Holz. In anderen Kulturen gibt es sogar noch viel mehr Elemente wie noch Hitze, Kälte oder Wind. In unseren Kreisen und ich auch persönlich glaube, das das fünfte Element etwas ganz anderes ist".

    „In ihren Kreisen vielleicht, nicht in meinen", sagte er barsch und rümpfte die Nase.

    „Gut, gut, also in meinen Kreisen hat man die Theorie, dass das fünfte Element die Zeit ist. Es gibt unzählige wissenschaftliche Abhandlungen darüber, die sich mit dem Thema beschäftigt haben und die meisten sind zu der Schlussfolgerung gekommen, dass es nur dieses sein kann. So wie die Elemente allgegenwärtig sind und uns zur Verfügung stehen, so tut dies die Zeit auch. Wir haben die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft, alle drei sind ständig in Bewegung und umgeben uns".

    „Was die vier Elemente angeht, widerspreche ich ihnen nicht, sagte Roger, „mag wohl sein, das das Feuer, die Luft, die Erde und auch das Wasser uns stetig umgeben und auch zur Verfügung stehen, aber was die Zeit betrifft, stimme ich ihnen in keiner Weise zu. Wir können zwar versuchen, die Zukunft in einem geringen Prozentsatz so zu formen, wie wir sie vielleicht gerne hätten, aber verändern oder gar so leiten, dass sie genauso zu trifft, wie wir es uns wünschen, funktioniert nicht. Und was die Vergangenheit betrifft, darauf haben wir gar keinen Einfluss. Das was geschehen ist, ist geschehen und kann nicht verändert werden. Selbst für die Gegenwart, also das heute und jetzt, können wir kaum eine eigene Entscheidung treffen. Zum Beispiel hatte ich nicht vor, mit ihnen über dieses Thema zu sprechen, doch sehen sie, was jetzt gerade passiert.

    Nachdem er seinen Vortrag gehalten hatte, drehte er sich von ihm weg, stand auf und ging in die Küche. Frank saß da und überlegte, dann folgte er ihm.

    „Sie haben wieder Unrecht, Roger, sagt ihnen der Begriff Zeitreisen etwas?". Roger drehte sich um und schaute ihn entgeistert an.

    „Sind sie noch Recht bei Trost?", fragte er ihn.

    Frank ignorierte seine Frage und erzählte weiter.

    „Nicht nur ich bin der Meinung, dass Zeitreisen möglich sind, auch andere haben sich mit diesem Thema beschäftigt. In der gesamten Literatur, ob dies nun Romane, Science Fiction oder wissenschaftliche Thesen sind, es gibt genügend Beispiele, dass dies schon mehrmals geschehen ist".

    „Sie meinen doch hoffentlich nicht solche Schundromane wie Die Zeitmaschine oder diese Science Fiction Serien wie Krieg der Sterne und dergleichen?", meinte er abwertend und verdrehte dabei seine Augen.

    „Natürlich nicht, aber ich kann ihnen einige Beispiele nennen, die wissenschaftlich und zeitlich nachweisbar sind. Haben sie schon von dem Mann in San Francisco, gehört, der im Jahre 1982 plötzlich am helllichten Tag auf einer Straße aufgetaucht ist?". Roger schüttelte gelangweilt mit dem Kopf.

    „Hören sie genau zu. Also, es war im Juli 1982, als ein Taxifahrer einen Mann anfuhr und ihm durch den Unfall das Bein gebrochen wurde. Nichts Besonderes, denken sie vielleicht, aber als der Notarztwagen kam und die Sanitäter sich um den Mann kümmerten, fiel ihnen da schon die eigenartige und altertümliche Kleidung auf. Der Mann war in einem schwarzen Anzug gekleidet und hatte auf seinem Kopf einen Zylinder. Vielleicht noch nichts Besonderes, erst im Krankenhaus kam dann aber die große Überraschung. Bis dahin hatte der Mann noch nichts gesagt, dann aber sprach er aufgeregt und verschreckt zu ihnen in fließendem Französisch. Sie mussten zuerst jemanden holen, der übersetzen konnte, damit sie ihn verstanden. Er erzählte ihnen, dass er gerade auf dem Nachhauseweg war, als ihn plötzlich ein Nebel umgab und er darin seltsame leuchtende Lichter sah. Für einen kurzen Moment wusste er nicht, wo er war, bis sich der Nebel, so schnell er gekommen war, wieder lichtete. Dann sah er sich auf einmal auf dieser Straße und diese komische Kutsche ohne Pferde hätte ihn angefahren. Man glaubte ihm natürlich nicht, auch die Polizei, die in der Zwischenzeit im Krankenhaus angekommen war und den Unfall aufnahm, schenkte ihm keine Beachtung. Erst als er fragte, wo er denn sei und man ihm dies erklärte, sagte er, er war gerade noch in Bastogne gewesen. Dort würde er nämlich wohnen. Aber das ungeheuerliche kommt noch. Man fragte ihn, ob er wüsste, dass er sich hier in den USA befände, woraufhin er sagte, er wäre noch nie

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