Das barbarische Dreieck: 350 Jahre atlantischer Sklavenhandel - Spurensuche in Westafrika
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Diese Zusammenhänge sind im öffentlichen Bewusstsein des deutschsprachigen Raumes kaum präsent. Selbst gebildete Zeitgenossen können mit dem Begriff „Dreieckshandel“ oft nichts verbinden. Ein blinder Fleck…
Diese Lücke will die Journalistin Claudia Oberascher mit ihrer schonungslosen Reportage aus Westafrika füllen: Bei ihren Recherchen im Senegal und in Gambia stieß sie auf Nachfahren ehemaliger Sklaven und Sklavenhändler und fand in Ruinen die steinernen Zeugen eines 350 Jahre währenden Unrechts, das bis heute fortwirkt.
Claudia Oberascher
Journalistin. Pressesprecherin von UNICEF Deutschland (1981-1993). Freie Autorin u. a. für Amnesty International. Seit 2001 bei Greenpeace engagiert.
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Das barbarische Dreieck - Claudia Oberascher
54)
Vorwort
Der transatlantische Sklavenhandel und die jahrhundertelange Sklavenarbeit in den Kolonien der Europäer jenseits des Atlantiks bilden ein geschichtliches Phänomen, das wie kaum ein anderes die Entwicklung der Welt geprägt hat: Auf den Plantagen des amerikanischen Doppelkontinents und in der Karibik schufteten Sklaven aus Afrika unter unmenschlichen Bedingungen und schufen so die materiellen und ökonomischen Voraussetzungen für die ‚industrielle Revolution‘ in Europa, die schließlich die Vorherrschaft der westlichen Zivilisation in der Welt begründete. Afrika blieb dabei auf der Strecke.
Diese Zusammenhänge sind im öffentlichen Bewusstsein des deutschsprachigen Raumes kaum präsent. Selbst gebildete Zeitgenossen können mit dem Begriff „Dreieckshandel" oft nichts verbinden. Ein blinder Fleck…
Kriegshoven, im Oktober 2014
Wurzeln
Sie ist so groß, dass sie ihren Kopf nur tief gebückt unter dem Türbalken durchschieben kann. Im düsteren Raum ein Schemel. Sie setzt sich. Blickt umher, an den Wänden mit den vielen Zetteln entlang, auf denen frühere Besucher ihre Impressionen hinterlassen haben, Jean Cocteau zum Beispiel. Auf dem Boden liegen Handschellen. Sie nimmt sie auf und legt sich das schwere rostige Metall mit den klirrenden Ketten um die Handgelenke. Die Ellbogen auf ihre muskulösen Oberschenkel gestützt, starrt sie auf ihre Hände in Fesseln: eine schwarze Basketball-Spielerin von der Westküste der Vereinigten Staaten, Mitglied der US-Nationalmannschaft, zu Besuch im „Haus der Sklaven" auf der Insel Gorée vor der Westküste Afrikas.
Kein Interview. „Oh, no please! Nicht jetzt. – Sie sind alle still hier, die Schwarzen und Farbigen aus Amerika, die zwischen deutschen, französischen und japanischen Touristengruppen – dem Beispiel des Erfolgsautors Alex Haley („Roots
) folgend – hier nach ihren ‚Wurzeln’ suchen.
Das ‚Sklavenhaus’ auf der Insel Gorée: Winzige Zellen aus massivem Mauerwerk mit Gittern vor den kleinen Luftluken. Schießscharten. Düstere Gelasse, wo noch die Verankerung von Ketten erkennbar scheint. Ein dunkler Gang, an dessen Ende eine Pforte zum Meer: Gleißendes Licht trifft die Augen schmerzlich…
Auch die anderen sind still. Denn was der Gründer und Leiter dieses Museums, des ‚Sklavenhauses’ aus dem Jahr 1777, unermüdlich und mit unerschöpflicher Eindringlichkeit seinen Besuchern über die alten Mauern zu berichten weiß, lässt jeden erschauern.
„In diesem kleinen Bau", so Joseph N’Daye, „waren im Schnitt 150 bis 200