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Vom Chaos wach geküsst
Vom Chaos wach geküsst
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Ebook316 pages4 hours

Vom Chaos wach geküsst

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About this ebook

Lorelei, eine junge Laborantin, führt ein tristes Leben. Sie flüchtet sich in ihre Arbeit und verschließt die Augen vor der Vergangenheit. Alles läuft nach ihrem Interesse, bis sie vier Wochen Urlaub auf einmal machen muss. Aus schierer Verzweiflung nimmt sie mit ihrer besten Freundin Vicki an einem Eingliederungsprojekt teil und betreut einen Häftling der kurz vor der Entlassung steht.
Dessen Rückkehr wird allerdings von der russischen Mafia bereits erwartet.
Lorelei und Vicki schlittern in ein ungewolltes Abenteuer und bangen letztendlich um ihr Leben...
LanguageDeutsch
Release dateDec 11, 2014
ISBN9783738666175
Vom Chaos wach geküsst
Author

Linda Maria Roth

Linda Maria Roth wurde 1988 in Bautzen geboren. Nach einer Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau beginnt sie sich auf ihrer berufliche Karriere zu konzentrieren. Zur Zeit besucht sie im Studiengang Public Management die Staatliche Studienakademie in Bautzen. Seit ihrer Teenager-Zeit schreibt sie Kurzgeschichten und Gedichte. Die Leidenschaft für das geschriebene Wort flammt also schon lange in ihr.

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    Book preview

    Vom Chaos wach geküsst - Linda Maria Roth

    Anfang

    So eine Scheiße – Urlaub

    Jeder Mensch würde sich auf seinen Urlaub freuen. Nur bei Lorelei war dies etwas anders. Seit Monaten wehrte sie sich freie Tage an zu nehmen, oder verschob ihren Urlaub immer wieder. Es gab etliche Debatten mit ihrer Chefin. Sie sträubte sich so sehr dagegen, dass sie auch einfach auf Arbeit auftauchte, als man ihr den Urlaub ohne Wahl in den Plan legte. Dies hatte eine hitzige Diskussion zur Folge, welche durch das gesamte Labor schepperte.

    Dabei war es schon mehr als ein halbes Jahr her das Chris sie betrogen und sitzen gelassen hatte. Ihr Schmerz saß einfach noch viel zu tief um sich mit sich selbst zu beschäftigen.

    Sie war mit einem tollen Äußeren gesegnet. Doch das verhüllte sie in weiten Klamotten um nicht aufzufallen. Sie hatte sich gänzlich von der Welt abgekapselt. Das letzte was sie brauchen konnte, war Nähe zu einem Mann, der sie ablenken und wieder aus der Bahn werfen würde. Es würde nur wieder das selber dabei heraus kommen.

    Bis Chris in ihr Leben getreten war, hatte sie nie Probleme gehabt Männer zu finden und sie zu halten. Meistens war sie diejenige welche den Männern den Laufpass gab. Nur Chris hat sie so verletzen können. Er hatte sie seit mehreren Wochen belogen. Hatte ihr erzählt, das die Firma für die er arbeitet keinen Lohn zahlen könne. Er war einer der hellen Köpfe, welcher in der Marketingabteilung eines Softwareunternehmens saß. Er bezog ein fantastisches Gehalt. Davon konnte Lorelei nur träumen zwischen den Laborkitteln und Schutzbrillen.

    So hielt sie ihn aus. Teilte ihr Geld mit ihm, das ohnehin schon recht knapp war. Er erzählte er müsse Überstunden machen, und so wartete sie bis er heim kam. Und brachte Verständnis dafür auf, dass er für Zweisamkeit und Nähe keine Kraft mehr hatte. Seit Wochen steckte sie ihre Bedürfnisse zurück um ihm das Leben so ertragbar wie möglich zu machen.

    Eines späten Nachmittages brach sie auf Arbeit zusammen. Sie hatte schon längere Zeit mit einem grippalen Effekt zu kämpfen. Zusätzlich wurde sie immer von der Angst begleitet, es könne vielleicht irgendwann schief gehen mit Chris. Sie hatte schlicht und ergreifend ein zunehmend schlechteres Gefühl, was ihren Partner anbelangte. Der ausschlaggebende Faktor für ihren Zusammenbruch, waren die chemischen Dämpfe von Phosphor und Schwefel und sie trat weg.

    Als sie wieder zu sich kam, hockte der Notarzt neben ihr und fühlte ihren Puls. Er bemerkte, dass sie bei Bewusstsein war und leuchtete ihr mit einer kleinen Lampe in die Augen. Er legte ihr ans Herz sich abholen zu lassen und sich einige Tage zu Hause auszuruhen. Es war ihr höchst unangenehm, Chris zu benachrichtigen. Es war ihr schon unangenehm, dass sie auf dem Boden lag und alle um sie herum standen. Jeder hatte sie so hilflos gesehen. Und es war ihr am unangenehmsten, dass sie noch für ein paar Tage ausfiel. Aber Chris… Sie wollte ihm keinesfalls noch mehr Stress machen, als er so schon hatte. Dennoch wählte sie seine Nummer. Nach etlichen unbeantworteten Freizeichen, legte sie wieder auf. Sie überlegte kurz und wählte dann die Nummer seiner Arbeitsstelle. Es klingelte zweimal bis sich Mary, die Sekretärin, meldete. Dabei musste sie lächeln und überlegte ob denn alle Sekretärinnen Mary hießen. Aber sie war nett und immer wahnsinnig einfühlsam gewesen. Sie war immer pünktlich und immer hilfsbereit. Sie fiel nicht auf, war aber dennoch die gute Seele des Hauses. Lorelei war sich sicher, dass man erst dann merken würde was Mary alles leistete, wenn sie nicht mehr da wäre. „Ja hallo? Lorelei? Mary riss Lorelei aus den Gedanken, verlegen antwortete sie „ Oh tut mir leid, war grad wo anders. Sag mal Mary könntest du mich mit Chris verbinden? Es ist wichtig.

    Am anderen Ende verbreitete sich betretenes Schweigen. Dann ein Räuspern. „Ähm Lorelei… Ich weiß nicht wieso du es noch nicht weißt, aber Chris arbeitet nicht mehr hier. Schon seit vier Monaten nicht mehr. Lorelei`s Gedanken rasten „Wieso, aber er ist doch… aber er geht doch… er steht doch jeden Morgen auf und verlässt das Haus. Aber wo geht er dann… warum? Warum arbeitet er denn nicht mehr bei euch?

    Mary tat die Sache leid. Es war herzzerreißend sich das mit an zu hören, deshalb beschloss sie Lorelei etwas auf zu muntern und ihr gut zu zu reden, auch wenn ihr nur allzu bewusst war, wie wenig Hoffnungen das wahrscheinlich hatte. Offenbar hatte Mary selbst eine Antwort darauf, welche sie nicht äußerte. Stattdessen sagte sie „Vielleicht arbeitet er schon in einer neuen Firma und hatte nur Angst dich damit zu konfrontieren. Er ist gekündigt worden. Tut mir Leid"

    „Aber weshalb?" Lorelei klang verzweifelt, als stände sie grade vor einem riesen Scherbenhaufen.

    „Ich darf dir das eigentlich nicht erzählen, aber was soll es. Er kam immer unpünktlicher, und unregelmäßiger. Er hatte etliche Gespräche mit John, aber keins davon hat gefruchtet. Er kassierte eine Abmahnung nach der anderen bis er dann schließlich die Kündigung bekam. Aber er fasste das so wesensverändert auf. Als wäre er nicht er selbst, beschimpfte John und das obwohl sie früher wie Brüder waren."

    Lorelei konnte es nicht glauben. John war sein Chef. Er war ein toller Mensch. Wahnsinnig verständnisvoll und sehr offen. Sie musste zurück denken an die Weihnachtsfeiern, die Barbecues, die Firmenfeiern… Er war immer so großzügig gewesen. Andere Chefs waren lange nicht so tolerant. Jeder würde sich so einen Chef wünschen und ausgerechnet ihr Chris benimmt sich so daneben? Wenn es überhaupt noch ihr Chris war. Ein seltsames Gefühl breitete sich in ihr aus und eine dunkle Vorahnung, was er die ganze Zeit über trieb. Sie erkannte ihn nicht wieder. Die Tatsache, dass er so leichtfertig seinen doch sehr gut bezahlten Job aufgab und sich kündigen ließ war schon sehr schwer für sie zu verkraften, aber dass er seinen Chef außerdem noch beschimpfte, das übertraf alles. Was war da los?

    „Es tut mir so leid!" Und das stimmte. Es tat Mary wirklich Leid.

    Stunden nach diesem erschütternden Telefonat, kam Chris nach Hause. Inzwischen hatte sie sich von Nick, einem ihrer guten Freunde abholen lassen. Sie konnte noch nicht darüber reden, nicht so lange sie selbst nicht wusste was sie da dachte. Also erzählte sie Nick nichts.

    Sie saß eine ganze Weile nur zu Hause vor dem gemachten Abendbrot und dachte nach. Sollte sie jetzt wirklich drauf los fragen, was er tut in der ganzen Zeit? Es würde nichts ändern. Irgendwann in der Woche, in der sie nun zu Hause sein würde, würde sie ihn darauf ansprechen.

    Aber die ersten Tage kam es nicht dazu. Immer ging Chris früh aus dem Haus und kam spät heim. Wie sonst auch. Er hatte es noch gar nicht mitbekommen das sie daheim war. Im Normalfall war es immer so gewesen, dass er das Haus eher verließ als sie und durch die vermeintlichen Überstunden später nach Hause kam. Als sie am Mittwoch früh einkaufen fuhr und gegen Mittag wieder kam sah sie in der Auffahrt ein Wagen stehen, den sie noch nie zuvor gesehen hat. Ein schöner Wagen. Es war ein neuerer roter Mustang. Lorelei empfand diese kantigen Autos als sehr schön. Sie hätte gern einmal so einen Wagen besessen. Ihr Magen krampfte ein wenig, wenn sie daran dachte, wie viel Geld die letzten Monate drauf gegangen waren.

    Doch die letzten paar Monate hat sie ihre gesamten Ersparnisse aufbrauchen müssen weil die Firma Chris keinen Lohn mehr zahlen konnte. Falsch… weil Chris nicht mehr arbeiten ging…

    Viel schlimmer noch war, dass sie erst vor anderthalb Jahren einen Kredit aufgenommen hatte um das Dachgeschoss auszubauen, denn irgendwann sollten ja Kinder folgen. Sie hatte das Thema ausführlich mit Chris besprochen und er war begeistert von der Idee.

    Ist es vielleicht doch alles nur Zufall und ich traue ihm hier ungeheuerliche Dinge zu, und am Ende tue ich ihm totales Unrecht?

    Sie schloss also auf und ihr schlug eine lachende Frauenstimme entgegen. Ein süßlich säuerlicher Duft erfüllte die Luft. Es roch nach Kerzen und… was war das für ein Duft? Er war dezent aber wahrnehmbar. Auf einmal wieder dieses Kichern. Aber es war eine andere Frau. Nicht die die gerade eben noch gelacht hatte.

    Sie legte ihren Schlüssel auf der Garderobe ab. Und hängte ihre Jacke auf. Stellte die Einkäufe im Flur ab und beschloss den Gästen „Hallo" zu sagen.

    Ein seltsames Knarren durchzuckte die Luft. War das ihr Bett? Sie lief die ersten drei Stufen der Treppe rauf und hörte ein Schnauben. Es klang wie Chris. Sie hatte schon fast vergessen wie Chris klang wenn er… . Sie schlich die Treppen hinauf und späte durch die offen stehende Tür. Da war er. Und die zwei Frauen. Ihr stockte der Atem. Sein Gesicht war verborgen im Schoß einer Rothaarigen und seine Hand streichelte den Schritt eines blonden Mädchens, welche gleichzeitig an seinem erregten Glied saugte. Sie ächzte und stöhnte und die Rothaarige wand sich unter der zärtlichen Berührungen seiner Zunge. Er bahnte ihr den Weg zum Gipfel und sie bebte auf und streckte Chris ihren Busen entgegen bis das Gefühl des Höhepunktes in ihr verebbte.

    Es riss ihr beinahe das Herz raus. Ihn so zu sehen, mit diesen zwei Flittchen. Ihre Knie schienen weich zu werden und ihr ganzer Körper bebte. Ihr gingen die vielen „Ich liebe dich!" durch den Kopf und die Zärtlichkeiten, welche sie sich einst geschenkt hatten. Dies war ihre Chance nun aufrecht in dieses Zimmer zu gehen und ihn zu Rede zu stellen, aber ihre Füße bewegten sich nicht. Ihr ganzer Körper schien wie versteinert und diese Wut die tief in ihr zu brodeln begann, stieg ins Unermessliche.

    Die drei Personen in ihrem Bett bewegten sich und vollzogen einen Stellungswechsel. Wie hatte sie sich danach gesehnt. Sie hatte es so vermisst und sie hatte darauf verzichtet. Aber wofür? Für das? Nach ewig andauernden Minuten konnte sie sich lösen. Sie ging langsam in das Zimmer auf die drei zu die sie gar nicht gleich bemerkten. Das blonde Mädchen schaute zuerst auf. Sie war niedlich. Ein hübsches Ding mit makellosen Zügen und sie war jung. Sie fragte sich ernsthaft ob dieses Mädchen denn schon volljährig war. Aber das interessierte sie irgendwie immer weniger. Ein weiterer Gedanke drängte sich in ihr Bewusstsein. Beide Mädchen hatten überhaupt keine Ähnlichkeit mit ihr. Während sie dunkle Locken hatte, waren die beiden Liebhaberinnen mit glatten Haaren gesegnet. Beide hatten helle Haut und standen damit im völligen Gegensatz zu ihr. Und der größte Unterschied lag wohl in der Figur. Während Lorelei weibliche Rundungen hatte, waren die beiden Frauen viel eher mit Brettern vergleichbar. Beide waren so dünn, dass Lorelei befürchtete die Mädchen würden jede Minute gleich abbrechen.

    Erst als sich das blonde Mädchen merklich verspannte, blickten Chris und das rothaarige Mädchen auf. Er schien kurz verunsichert zu sein. „Was machst du denn hier? Nach einer kurzen Zeit fing Chris an zu grinsen. Offensichtlich hatte er seine gemeinen und selbstbewussten Charakterzüge wieder gefunden. Sie war fassungslos, als er sie fragte „Willst du mit machen? Dann zieh dich aus und leg dich zu uns, wenn nicht dann verschwinde!

    Sie war erschüttert. Welch unsagbare Arroganz aus diesem einst ihr so teueren Freund strömte, war unglaublich.

    Es reichte ihr und das Maß war völlig ausgereizt als er sein Becken wieder bewegte und sein Gesicht wieder in den Schritt der Blonden sinken ließ.

    Er dachte wohl, nur weil sie immer lieb und verständnisvoll und immer ruhig und diszipliniert war würde sie niemals widersprechen und ausbrechen. Aber der Bogen war überspannt. Sie ging auf die Drei zu und packte zuerst die Rothaarige an den Haaren und zerrte sie aus dem Bett, durch die Tür, wobei sie mit der Hüfte gegen den Türrahmen stieß. Sie ließ sich nicht aufhalten sie schleifte das Mädchen weiter durch das Haus die Treppen herunter und schmiss sie, nackt wie sie war, raus. Sie knallte ihr die Tür vor der Nase zu und stampfte böse die Treppen wieder rauf. Als sie oben ankam war das blonde, junge Ding schon dabei ihre Sachen zu schnappen und wäre höchstwahrscheinlich auch von alleine gegangen, doch Lorelei sorgte dafür, dass sie es auch wirklich tat. Sie schubste sie grob vor sich her und warf sie raus.

    Jetzt war er dran. Sie sagte kein Wort ging rauf und stellte sich ihm gegen über. Er verhielt sich scheinheilig und faselte irgendwas. Sie sah wie sich seine Lippen bewegten, doch es kam nicht ein Wort daraus. Sie war wie taub und hörte nichts von dem was er da von sich gab. Sie nahm die Nachttischlampe und riss den Stecker mit einem Ruck aus der Steckdose. Eine Weile ruhte ihr Blick auf dem Gegenstand in ihrer Hand, dann sah sie zu ihm auf. Sie ging auf ihn zu. Sie hatte keine Kontrolle mehr über sich selbst. Alles was passieren sollte geschah auch, ohne dass sie hätte sich selbst daran hindern können.

    Er schaute abschätzend auf sie hinab, als wäre er sich sicher, dass sie das nicht tun würde. Er schnaubte verächtlich. Dann hörte er es nur knallen, um ihn wurde alles schwarz und er spürte noch den dumpfen Aufprall auf den Boden.

    Sie hatte ihn tatsächlich nieder geschlagen. Sie zog für ein paar Tage zu Nick und suchte fleißig eine Wohnung die sie sobald wie möglich beziehen konnte, um Nick nicht auf der Tasche liegen zu müssen. Ein paar Tage gingen ins Land bis sie eine bezugsfertige Wohnung hatte. Sie schlug sofort zu bei dem Angebot, damit endlich der Tag kommen konnte an dem sie nun den Anfang ihres neuen Lebens antreten konnte und endlich etwas Ruhe einkehren konnte. Ihr war klar, dass sie hätte nur ihre Eltern fragen müssen und sie hätte sofort Unterstützung bekommen. Aber zum einen wollte sie sich nicht die Blöße geben und zum anderen wollte sie sich nicht mehr abhängig machen von den beiden. Auch wenn ihr Dad ein milliardenschweres Unternehmen führte und somit genug Geld und Einfluss besaß um es ihr einfacher zu machen, wählte sie für sich lieber den härteren Weg um nicht auf die Gunst ihrer Eltern angewiesen zu sein. Auf irgendeine Art und Weise liebte sie ihre Familie, aber andersrum wurde sie erdrückt. Lorelei`s Hass wollte über die Zeit einfach nicht erlöschen und so nahm sie ihm alles was er hatte. Nicht dass es viel gewesen wäre. Sie ließ ihm nur das Bett. Aber darauf legte sie nicht den geringsten Wert.

    Sie räumte alles aus. Verhökerte alles was sie nicht brauchen konnte. Alles was sie in Geld umgesetzt hatte floss in die Abbezahlung des Kredites, den sie nun nicht mehr brauchen würde. Dummerweise, stand ihr alleiniger Name im Kredit und sie konnte diese Altlast nicht an ihn übertragen, da er ja selbst nichts mehr hatte. Mit dem Verkauf aller Wertsachen konnte sie zwei Drittel des Kredites tilgen. Und das restliche Drittel würde sie auch bald getilgt haben. Jeder Cent den sie nicht für Lebensmittel, Fahrzeug, Miete und Laster, wie Zigaretten, ausgab floss in die Tilgung des Fremdkapitals. Sie ging nicht weg. Sie verbrachte viel Zeit bei Nick und ihrer besten Freundin Vicki. Sie heulte sich viel bei ihren zwei besten Freunden aus und redete bis es nichts mehr zu sagen gab.

    Und seit einem halben Jahr ging alles seinen Gang und sie lebt allein. Alles schien gut, indem sie jeden Tag arbeiten konnte und den Haushalt machen konnte. Sie hatte einen erfüllten Tag ohne Zeit zu haben, um über sich nachzudenken. Tag für Tag schob sie etliche Graustunden, deren Bezahlung Ablenkung war.

    Aber jetzt … Urlaub.

    Sie hatte am Anfang des Jahres nur eine Woche Urlaub genommen, die sie eigentlich mit Chris auf den Kanaren verbringen wollte. Das hat er aber abgewiegelt und ihr erzählt, er müsse auf Arbeit. So stornierte sie die Reise mit der sie ihn überraschen wollte und bezahlte ein kleines Vermögen dafür dass sie nicht in den Urlaub flogen. Diese Woche verbrachte sie allein zu Hause. Nun hatte sie vier Wochen Urlaub vor sich und keine Ahnung, wie sie den füllen könnte. Dieser Urlaub war die reinste Folter.

    Eine Beschäftigung muss her!

    Es war Samstagmorgen, als Lorelei erwachte, auf die Uhr blickte und diesen Urlaub zum ersten Mal verfluchte. Sie lag da und stierte die Decke an. Es war zum verrückt werden - sie hatte gerade seit noch nicht mal vierundzwanzig Stunden Urlaub und war bereits überfordert mit der neu dazu gewonnenen Freizeit. Es war fünf vor sieben und am Wochenende sowie im Urlaub viel zu früh um aufzustehen.

    Aber müde war sie auch nicht mehr. Hunger hatte sie keinen, Durst auch nicht und ihre Morgentoilette hatte sie bereits erledigt als der Wecker schon mal 4:37 Uhr angezeigt hatte. Sie hatte keine Ahnung was sie bis zu ihrem Treffen mit Vicki tun sollte.

    So ein Mist! Und das soll ich noch vier Wochen durch halten? Ich war so blöd. Hätte ich doch wenigstens hin und wieder mal einen Tag Urlaub gemacht. Da hätte ich jetzt keine vier Wochen vor mir. Vier Wochen!

    Sie stand auf. Schlafen konnte sie eh nicht mehr. Also ging sie als erstes unter die Dusche. Da ließ sie sich ewig Zeit. So fühlte es sich zumindest an. Als sie das nächste Mal auf die Uhr schaute, war gerade erst mal eine viertel Stunde rum. Sie hätte verzweifeln können.

    Es war 7:25Uhr als ihr der Gedanke kam Vicki an zu rufen um sie zu fragen ob man das Treffen nicht vorverlegen könne.

    Wie wär es mit jetzt sofort? Ich geh hier krachen. Hoffentlich macht sie das mit.

    Aber nein. Sie hatte erst ab um zwei Zeit, also fragte sie Vicki was sie mit der ganzen Zeit machen solle. Vicki fiel nichts Besseres ein als ihr den Tipp des Putzens zu geben. Lorelei, die begeistert war von dem Geistesblitz ihrer besseren Hälfte, machte sich sofort nach dem auflegen, ganz euphorisch daran alle Putzutensilien zusammen zu suchen.

    Als sie fertig war stand sie da mitten in ihrer 17m ² Stube und überlegte wo sie anfangen sollte. Dabei fiel ihr auf das es nicht viel zu putzen gab. Sie hatte am Vorabend als sie halb acht nach Hause kam gekehrt, gewischt, Decken zusammen gelegt, Geschirr abgewaschen (obwohl sie einen Geschirrspüler hatte), Wäsche gewaschen, getrocknet und gebügelt.

    Ja! Wäsche legen – das kann ich machen. Mist, hab ich ja gestern auch schon erledigt. Wann bin ich eigentlich ins Bett gegangen?

    So putzte sie Fenster, wie die Woche zuvor und die Woche davor auch schon.

    Ich muss wohl die saubersten Fenster der Stadt haben… stellte sie bitter fest und bemerkte das sie wohl einen seltsamen Spleen hatte.

    Danach wischte sie ihre Möbel aus und stellte erleichtert fest dass inzwischen zwei ein halb Stunden vergangen waren, seit sie Vicki angerufen hatte.

    Ein kleiner Hunger machte sich in ihr breit und so schleuderte sie sich ein Scheibe Knäckebrot hinein ohne es zu bestreichen.

    Kurzerhand rief sie wieder Vicki an, die am anderen Ende der Leitung schon die Augen verdrehte.

    „Los Vicki sag schon! Gib mir einen Tipp! Ich habe keine Ahnung mehr was ich machen soll. Zu putzen gab es nicht viel. Hab ich wohl alles schon gestern Abend gemacht."

    Vicki entgegnete genervt „Mensch Lorelei! Du bist doch keine zehn Jahre alt. Geh einkaufen oder so was!"

    Obwohl sie wirklich kurz darüber nachdachte sagte sie zu Vicki „ Nein das geht nicht. Ich brauch das Geld!"

    „Und wozu? brach es aus Vicki noch genervter heraus. Als Lorelei den Satz mit „Um … begann, beendete Vicki ihn für sie „…in schlechten Zeiten nicht hungern zu müssen und um immer etwas auf der hohen Kante zu haben… bla, bla, bla! Merkst du denn selber nicht wie scheinheilig diese Ausrede ist? Mensch Lorelei. Du verpasst dein ganzes Leben, wenn du auf alles verzichtest, was Spaß macht."

    Dies entpuppte sich zu einer reißenden zehn Minuten langen Diskussion über den Umgang mit Geld und dem Einkugeln in einer Welt die von einer Mauer aus Beton und Steinen umgeben war- ihre Wohnung.

    Also waren weitere zehn Minuten dieses gottverdammten Tages um. Zum ersten Mal bemerkte sie, noch Vicki am Ohr, was es bedeutet richtig lange Weile zu haben. Vicki brachte dann den entscheidenden Tipp mit dem sie dann die nächste Stunde bis anderthalb den Tag füllen konnte. Sie holte ihre Sportkleidung vom Boden aus einer Kiste und stellte fest das diese sehr schmutzig und verstaubt war.

    Wie lange ist es denn jetzt überhaupt her dass ich euch an hatte? Ach Kurz-Wäsche und Trockner und dann los.

    Nach dem sie sich 34 Minuten vor den Waschautomaten gesetzt hatte und der Maschine beim Waschen zugesehen hatte stopfte sie die feuchten Klamotten in den Trockner und ließ sie zehn Minuten trocknen.

    Was für eine Energieverschwendung für eine Sporthose, ein T-Shirt und eine Joggingjacke den Trockner anzuschalten.

    Ja, die Jacke war toll. Sie erinnerte sich als sie sie mal gekauft hatte. Sie war Wind- und Wasserdicht. Hatte zusätzlich Reflektoren dran. Sie war atmungsaktiv und war unheimlich angenehm zu tragen. Sie war leicht und innen ganz weich. Ein unbedingtes Must have für Sportskanonen. Nur wurde sie irgendwie nie zu einer Sportskanone. Sie überlegte kurz ob die Jacke überhaupt für den Trockner geeignet war, aber inzwischen war es eh zu spät. Sie wirbelte schon fünf Minuten im Trockner. Als sie sie rausholte waren die Sachen noch klamm und Lorelei beschloss das zu ignorieren und einfach los zu joggen. Als sie vor die Tür trat bekam sie fast einen Kälteschock und entschied sich um. Also noch mal zehn Minuten Trockner und nun waren die Sportklamotten schön warm.

    Sie lief los und lief und lief. Sie hatte ihren MP3 – Player vergessen und so joggte sie die zwei Kilometer wieder zurück und holte ihren MP3 – Player. Sie lief los und überlegte während sie sich die Stöpsel ins Ohr schob wie lange sie den auch nicht mehr benutzt hatte und stellte fest, dass erschreckender Weise, natürlich – wie konnte es auch anders sein? – die Batterien leer waren. Noch im Laufen focht sie einen inneren Kampf mit sich. Denn es wäre Geldverschwendung gewesen sich neue Batterien zu kaufen, wo sie noch genug zu Hause hatte, die durch das herum liegen auch nicht besser wurden.

    Kurz danach dachte sie wieder an die Diskussion mit Vicki.

    Vielleicht hat sie ja Recht und ich verpasse wirklich mein Leben wenn ich mir nichts gönne. Ach… Scheiß drauf! Ich stürze mich jetzt ins Leben! Ich kaufe mir Batterien!

    Also lief sie einen Kilometer in die andere Richtung wo sie sich ein paar Batterien kaufen wollte. So gerne sie sich nun diesem neuen Mut hingegeben hätte, wurde ihr dieses Vergnügen verwehrt, da sie ohne Geld los gelaufen war.

    Also wieder zurück und Geld holen. Aber… wenn ich einmal zuhause bin kann ich doch gleich von zu Hause welche nehmen… Ach ich lass es sein. Irgendwie stehen alle Sterne heute nicht auf meiner Seite.

    Sie beschloss eine größere Runde durch den Park zulaufen und dann auf zuhören. Sie lief und lief und auf einmal sah sie John Hostings auf sich zukommen. Chris` ehemaliger Chef. Sie überlegte kurz in welche Richtung sie abbiegen sollte um ihm aus dem Weg zu gehen, aber es gab gerade jetzt keine Möglichkeit zum Abbiegen und zu allem Übel hatte er sie schon gesehen und gegrüßt. Er hatte eine weite, dunkle Hose an und ein weites helles Langarm- Shirt. Seine dunklen Haare funkelten in den ersten Sonnenstrahlen und er war dafür, dass es Dezember war unglaublich braun. Ob er wohl im Urlaub war? Seine Sportschuhe hinterließen auf dem Parkboden ein scharrendes Geräusch und er kam immer näher. Um diese kurze Konversation würde sie wohl nicht herum kommen.

    Sie begrüßte ihn und versuchte weitestgehend seinem Blick aus zu weichen. Er war noch so nett wie damals. So offen und hatte diesen freundlichen warmen Blick. Ach seine Frau konnte sich glücklich schätzen.

    „Hey Lorelei! Wie geht’s dir denn? Wir haben uns schon so lange nicht mehr gesehen. Gut schaust du aus!" Lorelei wollte irgendwas Tolles und Selbstbewusstes sagen, aber sie sank nur zusammen und blickte betreten zu Boden. John hatte immer schon Taktgefühl.

    „Hey willst du mit mir Mittag essen? Wir gehen gleich zum Chinesen, würde ich sagen."

    Lorelei schüttelte den Kopf und entgegnete „Tut mir Leid. Ich hab kein Geld dabei und aus diesem Grund bin ich auch ewig weit mit leeren Batterien im Mp3 – Player gejoggt."

    „Ich lad dich ein! Ich geb dir einen aus!"

    Obwohl ihr sehr unwohl bei der Sache war, stimmte sie zu und schlenderte ein paar hundert Meter an seiner Rechten zum Chinesen.

    Sie redeten lange und auch wahnsinnig intensiv. Sie wälzten viele Themen, unter anderem auch die heikle Sache was Chris anbelangte. Er hatte ein offenes Ohr für sie und einen warmen mitfühlenden Blick. Sie klagte ihm sein Leid bis auf einmal Lorelei`s Handy klingelte. Als sie ran ging hörte sie eine aufgelöste Vicki, die sich beschwerte, dass sie versetzt wurde. In ihrer Stimme klang

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