Chawa kommt zur rechten Zeit
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Morgen schon.
Auch am Strand ist etwas anders. Dinge bewegen sich wie von allein. Dahinter stecken die Sandtrolle, die in der Tiefe des Strandes leben, entdeckt Chawa. Von ihnen erhält sie eine Maske, die die Verbindung zum Reich der Trolle herstellt. Und von ihnen erfährt sie, dass die Trolle um Opas Probleme wissen, weil sie auch die ihren sind. Sein Haus und Garten sowie der ganze Strand sollen einem neuen Gebäude weichen. Man müsse sich gemeinsam wehren, sagen die Trolle.
Inzwischen ist Opa, der das Haus streichen will, vom Gerüst gestürzt. Chawa und Opas Freunde müssen ihn pflegen. Er scheint machtlos.
Sollen die Zerstörer des Strandes etwa gewinnen?
Roland Schreyer
Roland Schreyer, 1943, aufgewachsen in Süddeutschland, Studium in Berlin und Hannover, lebt in Barsinghausen und schreibt Lyrik, Prosa und Theaterstücke. Veröffentlichungen Dazwischen Unruhe (1980) Einbruch (1987) Ohne Nachricht aus Amsterdam (1987) Flug (1990) Verwerfungen oder Nun lache wieder, Sophie! (1992) Harry Voss. Minutiöse Romane (1998) Im Windflug Worte (1998) Das Ich im freien Fall (2008)
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Book preview
Chawa kommt zur rechten Zeit - Roland Schreyer
Antje Stemme hatte an einem Strand der Costa Blanca den Einfall, unter dem Sand könne sich der Lebensraum von Trollen befinden. Ich bin ihr dankbar, dass sie mir diese Idee geschenkt hat. Dank gilt ihr auch für weitere Anregungen zu dieser Geschichte.
Inhaltsverzeichnis
Erstes Kapitel
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel
Viertes Kapitel
Fünftes Kapitel
Sechstes Kapitel
Siebtes Kapitel
Achtes Kapitel
Neuntes Kapitel
Zehntes Kapitel
Elftes Kapitel
Zwölftes Kapitel
Personen der Erzählung
Erstes Kapitel
„Estamos aqui. Wir sind da", sagte die Stewardess zu ihr, als das Flugzeug gelandet war. Chawa hätte einen Luftsprung machen können. Die Stewardess würde endlich aufhören, sie wie ein Kleinkind zu verhätscheln. Als ob sie das nötig gehabt hätte! War sie doch schon im vergangenen Sommer allein geflogen. Und da war sie erst acht. Allein von Stockholm bis nach Spanien, zu ihrem Opa.
Wie verabredet wartete Herr Platon. Ein alter Freund Opas. Er brachte sie nach Sant Arno Pescador. Auf dem Parkplatz hätte sie wieder einen Luftsprung machen können. Wegen der Sonne, wegen des blauen Himmels, wegen der Wärme. Und das Ende Mai. Zu Hause hatten alle noch Pullover an. Hier war Sommer.
Herr Platon hatte Kisten voll Gemüse und Obst auf dem Pickup geladen. Alles für die Küche des Hotels Palace. Dort war er angestellt.
Sie fuhren durch eine leuchtend grüne und rote und gelbe Landschaft. Obst- und Tomatenplantagen. Herr Platon hatte ein zerfurchtes Gesicht. Chawa hielt ihren Rucksack auf den Knien fest, dass er nicht runterfiel. Im Auto war es sehr schmutzig.
Sie freute sich auf Opa Wolfgang, den alle hier El Lobo nannten, den Wolf. Aber nicht, weil er wild wie ein Wolf war. Opa musste man liebhaben. Opa hieß Wolfgang.
Als das Auto sein Ziel erreichte, erkannte sie alles wieder. Ein bisschen war es, als komme sie nach Hause. Sie fuhren die Strandstraße entlang, wo sich Hotels aneinanderreihten. Zwischen dem Palace und dem Bonalba hielten sie, direkt vor Opas Häuschen mit dem großen Garten, dem einzigen weit und breit.
„Señorita Chawa, estamos aqui", sagte auch Herr Platon. Sie kletterte aus dem Schepperauto und machte ein paar Schritte mitten hinein in das wuchernd grüne Paradies voller Vogelrufe und Düfte, als auch schon mit großen Sprüngen Rollo auf sie zuflog und sie fast umwarf, so freute er sich. Ihm folgte Opa. Er war dünn und sonnenverbrannt wie immer. Seine langen grauen Haare waren hinter die Ohren geklemmt. Alles schlotterte an ihm, das Hemd und die Hose. Und die Hals- und Armketten aus bunten Holzkugeln. Opa war barfuß, wie immer. Und als sie ihn umarmte und ihre Nase in den Hemdfalten versank, roch er nach Tausenderlei, am meisten nach seinen Ziegen. Das mochte sie.
„Meine Lütte", brummte er gerührt.
Nach der Begrüßung richtete sie sich in der kleinen Dachkammer ein, in ihrem Zimmer, wie Opa betonte. Rollo wich nicht von ihrer Seite. Danach sah sie nach den Ziegen in ihrem Verhau aus geflochtenem Reisig. Auch sie drängten heran, als würden sie sie wiedererkennen. Ein sehr junges Zicklein machte hohe Sprünge und hatte ein weiches Fell.
Dann saßen sie hinter dem Haus auf der wackligen Bank, die Opa selbst gebaut hatte, wie alles im Haus, aber das war schon lang her, und sie sahen durch eine Buschlücke, über den Strand hinweg, hinaus aufs Meer. Rollo, der Irgendwasmischling, der Opa zugelaufen war, hatte es sich auf einer sonnenbeschienenen Stelle bequem gemacht. Manchmal wiegte Opa den Kopf und stieß die Luft aus. Fast klang das wie Seufzen. Das hatte er früher nie getan. Rings um sie und überall in dem urwüchsigen Garten spazierten Hühner und kratzten und scharrten. Spatzen suchten unter dem Tisch nach Futter. Schwalben umkreisten das Haus und landeten an ihren Lehmnestern unter dem Dachvorsprung. Man roch das Meer.
Sie holte mehrmals tief Luft, als ob sie davon zu Hause nicht genug bekommen hätte.
„Erzähl schon!, forderte Opa sie auf, „wie war der Winter, was hast du erlebt, wie geht es deiner Mutter, meinem Blumenkind, meiner Bella?
Sie erzählte und biss dazwischen in eine süße Mango, die Opa ihr geschält hatte, und löfelte in aufgewärmtem Nussbrei. Und sie bemerkte, dass der Abschiedsschmerz von Mama sich abgeschwächt hatte. Bestimmt, weil sie sich hier so wohlfühlte. Als sie das dachte, lehnte sie sich an Opa, und er legte