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PR-Texte: Unter Mitarbeit von Antonia Ebert
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PR-Texte: Unter Mitarbeit von Antonia Ebert

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About this ebook

In PR-Texte fließt Wissen aus unterschiedlichen Bereichen ein. Es kommt darauf an, die Ziele des Schreibers und die Erwartungen des Adressaten auszubalancieren und dabei alle Hilfen zu nutzen, um die komplexe Tätigkeit des Textens »in den Griff« zu bekommen.

Die Grundidee des Buches besteht darin, dass Schreiben deutlich einfacher wird, wenn man die relevanten Muster und Wirkungszusammenhänge von Sprache kennt und durchschaut. Textmuster sind Erzählen, Beschreiben, Begründen, Anweisen und Erklären. Textsorten sind beispielsweise Leitbilder, Newsletter, Unternehmensporträts oder Pressemitteilungen.

Alle in der internen und externen Kommunikation von Organisationen relevanten Textsorten werden in dem Buch nach einem einheitlichen Prinzip vorgestellt und mit vorbildlichen Beispielen illustriert. In weiteren Kapiteln geht der Autor auf PR-Texten als strategisches Handeln, die Arenen der PR-Kommunikation, die Textqualität, rhetorische Wirkungszusammenhänge und Techniken des Framings (»Rahmens« von Botschaften) sowie auf die besonderen Bedingungen des Textens für das Social Web ein.
LanguageDeutsch
Release dateDec 10, 2014
ISBN9783864964305
PR-Texte: Unter Mitarbeit von Antonia Ebert
Author

Helmut Ebert

Prof. Dr. Helmut Ebert lehrt Germanistische Linguistik an der Universität Bonn. Er ist zudem Lehrbeauftragter für Unternehmenskommunikation/PR an der Universität Bochum und an der Universität für Gesundheitswissenschaften in Hall/Tirol.

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    Book preview

    PR-Texte - Helmut Ebert

    Kalendergeschichte)

    PR-Texten ist von »benachbarten« Arbeitsfeldern gut abzugrenzen, auch wenn es in der Praxis Überschneidungsbereiche gibt. Wir erläutern im Folgenden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen PR-Texten, Werbetexten, journalistischem Texten, technischen Texten und Propagandatexten. Das Propagandatexten steht außerhalb dessen, was Menschen verbindet. Propaganda zielt darauf, aus Gründen des Machterwerbs und Machterhalts die Menschen zu trennen und die Entwicklung der Menschlichkeit zu blockieren. Technisches oder genauer »fachbezogenes Texten« (Technical Writing) hat mit der Produktion und Dokumentation von fachbezogenen Texten zu tun. Nicht jeder fachbezogene Text ist ein Fachtext. Viele Texte sind einem breiteren Adressatenkreis nur verständlich zu machen, wenn der Fachsprachlichkeitsgrad reduziert wird. Die Erstellung von Anweisungen, Dokumentationen und populärwissenschaftlichen Texten ist die Hauptaufgabe »fachbezogener Texter«. Journalistische Texte thematisieren alles, von dem angenommen wird, dass es für ein bestimmtes Publikum aktuell und relevant ist, wobei die Nachrichtenselektion auch unter wirtschaftlichem Druck erfolgt, was sich u. a. an Nachrichtenformaten mit weltweiter Verbreitung zeigt. Werbetexten steht im Dienste der Persuasion, d. h. der Überredung, wobei die Mittel der emotionalen Stimulation immer aufwendiger werden und die Inhalte zunehmend auf allgemeinste Gefühle und Bedürfnisse reduziert werden: Wohlfühlen, Sicherheit, Spaß. Der Adressat von Werbetexten ist eine aus der Masse herausdestillierte statistische Größe. PR-Texten hingegen hat Gruppen (Stakeholder) und Menschen zu Adressaten. Organisationsintern haben PR Stabsfunktion und sind hierarchisch eng an die Organisationsleitung angeschlossen. Mit PR-Texten ist die argumentative Hinwendung zu Gruppen verbunden, die für den Erfolg einer Organisation als relevant erachtet werden. Entsprechend arbeiten PR-Textende an dem jeweils angemessenen Grad der Anschlussfähigkeit zwischen einer Organisation und ihren Stakeholdern. Es gilt, sich für das zu interessieren, was die Stakeholder interessiert. Es gilt nach Gemeinsamkeiten auf der Ebene von Werten, Zielen und Interessen zu suchen bzw. solche Gemeinsamkeiten – auch über eine gemeinsame Sprache und Interaktionsgeschichte – herzustellen. PR-Texten erfordert Darstellungskompetenz (Komplexität reduzieren), soziale Kompetenz (Gruppen koalieren) und emotionale Kompetenz (Vertrauen generieren). PR-Texte sind in dem Maße erfolgreich, d. h. verständlich und akzeptabel, in dem sie das Ergebnis von (gemeinsamen) Lernprozessen zwischen einer Organisation und ihren Bezugsgruppen sind. PR-Texte sind immer als Antwort auf eine Situationseinschätzung zu verstehen, mit dem Ziel, die Situation im Sinne der Organisation günstig zu gestalten – und zwar immer mit den Bezugsgruppen und niemals gegen sie. Gelungene Kommunikation ist rar und kostbar und kann nicht ersetzt werden durch ein Management von Informationsprozessen und Kennzahlen.

    Kommunikatorspezifische Unterschiede zwischen Tätigkeitsfeldern von Textenden

    Nachrichtenspezifische Unterschiede zwischen Tätigkeitsfeldern von Textenden

    Adressatenspezifische Unterschiede zwischen Tätigkeitsfeldern von Textenden

    Unterschiede, die den Kommunikationsprozess betreffen

    Legitimationsrisiken

    Da neue Leitideen wie die gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen und die damit zusammenhängende Idee des Unternehmens als öffentliche Institution PR als Funktion in die Unternehmensführung integriert haben, muss auch das konzeptionelle und strategische PR-Texten als[15] Führungsaufgabe gesehen werden. Nicht nur Textkompetenz, auch Strategiekompetenz ist gefragt.

    »Ein Text muss immer einen Sinn im gesamten Kommunikationskonzept haben und einen hohen Integrationsgrad im Hinblick auf die Gesamtheit von Maßnahmen aufweisen, sodass z. B. die Botschaften des Textes den Kernbotschaften einer Kampagne entsprechen« (Femers 2011: 134).

    Texten ist kommunikatives Handeln in phasenverschobener Situation

    In der Schriftkommunikation erfolgen »Senden« und »Empfangen« zu unterschiedlichen Zeitpunkten und an unterschiedlichen Orten. Eine direkte Verstehenskontrolle ist nicht möglich. Das stellt besondere Anforderungen an die Kontrolle der Rezeptionsbedingungen. Hierfür spielen die Klarheit der Sprache und der Textsorte (Leitbild, Vision, Pressemitteilung etc.) eine ebenso wichtige Rolle wie die Kenntnis der Verstehensrahmen auf Seite der Rezipienten. Verstehensrahmen werden beispielsweise durch Sprachwissen, Vorwissen, Erwartungen, Relevanzsetzungen, Stimmungen und Werte geprägt. PR-Texte müssen auf diese Verstehensrahmen hin berechnet werden. Für jede Kommunikation gilt, dass nicht die Fakten wirklich sind, sondern die Deutungen der Fakten. Kein Mensch reagiert auf Fakten an sich, sondern Verhalten resultiert aus der Deutung von Fakten. Daraus folgt, dass ich meinen Kommunikationspartner nicht mit Fakten steuern kann, sondern einzig und allein dadurch, dass ich Einfluss nehme auf die Art und Weise, wie er die Fakten interpretiert.

    Texten als kommunikatives Handeln ist Steuerungshandeln

    Vielen Abhandlungen über Kommunikation liegt ein sog. Ausdrucksmodell von Kommunikation zugrunde. Das bekannteste Ausdrucksmodell ist das informationstheoretische Sender-Empfänger-Modell von Shannon/Weaver. Es beschreibt Kommunikation als Übertragung einer Nachricht von einem Sender zu einem Empfänger und erklärt das Zustandekommen von Verständigung durch einen Sender und Empfänger gemeinsamen Vorrat an Zeichen. Zur Erklärung menschlicher Kommunikation taugt das Modell jedoch nicht. Es verführt im Gegenteil zu fatalen Schlussfolgerungen. Beispielsweise geht dieses Denkmodell davon aus, dass die Nachricht[16] unverändert beim »Empfänger« ankommt und dass das »Empfangen« lediglich ein Dekodieren, d. h. Entschlüsseln von Zeichen sei, in die das Gemeinte »hineingelegt« worden sei. Dass diese Annahme falsch ist, beweist allein schon die Tatsache, dass alles Sprechen elliptisch ist, d. h. auf Ergänzung durch den Rezipienten und den Kontext angewiesen ist. Ein Sprecher handelt in dem Sinne kommunikativ, indem er einen Eindruck beim Hörer hervorbringt, den sich jedoch dieser

    »durch eigene Tätigkeit, durch kognitive Anstrengungen zu seinem Eindruck machen muss. Die kommunikative Sozialhandlung […] zerfällt nicht wie beim Ausdrucksmodell in partielle Individualhandlungen. Denn das Handlungsziel, der angeeignete Eindruck beim Hörer, ist das Ergebnis der auf dieses Ziel hin koordinierten Sprecher- und Hörerhandlungen« (Schmitz 1994: 15).

    Die Tatsache, dass nur wenige verstehen, dass Kommunikation eine Sozial- oder Gemeinschaftshandlung ist, erklärt die oft verzweifelten Bemühungen von Kommunikationsverantwortlichen, eine andere als die eigene Deutung als unzulässige Kritik oder absichtsvolle Fehldeutung ihrer Texte und Kampagnen entrüstet zurückzuweisen.

    Nicht zuletzt ist die ausdruckstheoretisch begründete Annahme, erfolgreiche Kommunikation setze generell Gemeinsamkeit des relevanten Sprach-, Situations- und Weltwissens voraus, unrealistisch,

    »denn diese Annahme verkehrt Ziel und Voraussetzung der Kommunikation. Wir kommunizieren nicht erst dann, wenn wir aufgrund von gemeinsamem Wissen eine Garantie für den Kommunikationserfolg haben, sondern wir riskieren Kommunikation auf der Basis unterschiedlicher Annahmen, Unterstellungen, Vermutungen und schaffen dadurch erst, soweit wir erfolgreich sind, geteiltes Wissen« (ebd.: 18).

    Professionalisierung der Kommunikation bedeutet also, systematisch die Risiken der Kommunikation zu minimieren, indem man das, was man sagen will, auf den Hörer berechnet. Kommunikation funktioniert nicht nach der Mechanik guter Absichten, sondern es kommt darauf an, den Kommunikationspartnern die richtigen Steuerungsanweisungen zu geben, die sie zu den vom »Sender« gewünschten oder erhofften Schlussfolgerungen kommen lassen. Daher liefern Texte Informationsgrundlagen für[17] Schlussfolgerungen, und eine Teilmenge von sprachlichen Zeichen fungiert explizit als Steuerungsanweisung, wie das folgende Beispiel zeigen soll:

    Zusammengefasster Lagebericht des Konzerns und der AG für das Geschäftsjahr 2013 […]. Konzernumsatz […] ausgebaut […]. XYZ erhöht den Auftragsbestand um 6.3 Prozent auf 13,4 Milliarden Euro. Strategische Neuausrichtung des Konzerns auf drei zentrale Wachstumsfelder ab 2014.

    Der bestimmte Artikel »des« (Konzerns) signalisiert dem Leser, dass der Konzern als Thema bekannt ist. Die Substantivbildung »strategische Neuausrichtung« ermöglicht den Verzicht auf ein finites Verb (»jemand richtet etwas auf«) und signalisiert, dass der Sender hier kein Urteil vornehmen möchte, um nicht auf die besonderen Umstände der Entscheidungssituation festgelegt zu werden.

    Das Eindrucksmodell der Kommunikation ist nicht nur der kommunikativen Wirklichkeit angemessener als das Ausdrucksmodell, es bietet auch den Vorteil, dass es besser vereinbar ist sowohl mit einem sozialpsychologischen als auch mit einem interaktionistischen Imagebegriff. Im sozialpsychologischen Sinn ist Image das Ergebnis eines öffentlichen Deutungsprozesses. Und dieser Deutungsprozess darf auf Dauer nicht negativ sein, will das Unternehmen am Markt überleben. Im systemtheoretischen Sinn ist Image diejenige Größe, welche die Interaktionsmöglichkeiten von Organisationen und ihren Bezugsgruppen bestimmt. Die optimale Gestaltung des Images einer Organisation ist dann gegeben, wenn deren Struktur zu derjenigen ihrer Stakeholder passt, d. h. wenn Strukturhomologie vorliegt. Das Image einer Organisation ist umso besser, je klarer die von einer Bezugsgruppe als relevant empfundenen Organisationsmerkmale erkannt sind und als Handlungsgrundlage dienen. Image im systemtheoretischen Sinn ist keine Wirkung, sondern »Ausdruck für die Qualität der Interaktion selbst« (Faulstich 2000: 74). Image-Management ist daher keine Pseudo-Interaktion im Sinne von Fassaden- und Darstellungsmanagement, sondern Image-Management ist die Auswahl und Gestaltung »real fundierter und als relevant bestimmter Struktur- und Sinnmomente« (ebd.). PR-Texten bedeutet demnach auch, die Voraussetzungen für gute Beziehungen und gelungene Interaktionen mitzugestalten.

    [18] Kommunikation ist eine betriebswirtschaftliche Steuerungsressource

    Unternehmen sind aus konstruktivistischer Sicht komplexe Systeme, die über kognitive Strukturen verfügen, über die sie eine bestimmte Vorstellung über die Umwelt aufbauen. Diese Vorstellung ist Grundlage für die Interaktion mit den Bezugsgruppen. Einfacher gesagt: Es macht einen Unterschied, ob sich ein Unternehmen als »Lampenhersteller« oder »Experte für Licht« definiert. Von einem solchen Selbstverständnis hängt z. B. ab, was als Markt wahr- oder angenommen wird, und welche von Wettbewerbern unterscheidbaren Kernkompetenzen aufzubauen sind, die die Existenz des Unternehmens sichern. Wichtig ist für uns die Hintergrundannahme der konstruktivistischen Sichtweise: Es geht immer auch um den Wettbewerb von Sehweisen unterschiedlicher Organisationen. Für PR-Textende ist wesentlich, dass Sehweise und Sprache nicht getrennt werden können. Ändere ich meine Sprache, ändere ich die Sehweise und umgekehrt. Nicht selten legt sich auch die Sprache quer und verstellt die Sicht auf neue Wirklichkeiten, so wenn wir versuchen, die Welt von morgen in Begriffen von gestern zu begreifen. Gewerkschaften, politische Parteien, Anwohner, Umweltschutzverbände – alle haben ihre Sicht auf das, was beispielsweise ein Energiekonzern tut oder nicht tut. Entscheidend ist, dass die Güte der von einem Unternehmen hervorgebrachten Wirklichkeitsvorstellung letztlich daran gemessen wird, ob das Unternehmen wegen oder manchmal auch trotz dieser Vorstellungen Gewinn erwirtschaftet.

    Da mittel- und langfristig gesehen Gewinne immer Kooperationsgewinne sind und auf Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil beruhen, ist der Zwang zu Austausch und Verständigung allgegenwärtig. Die Interaktionen zwischen einem Unternehmen und seinen Stakeholdern sind durch gemeinsame und konfligierende Interessen geprägt. Die Sehweisen und Handlungen mit denen der Stakeholder klug und am eigenen langfristigen Gewinn orientiert abzustimmen und zu koordinieren, ist eine Daueraufgabe des Managements, das lernen muss, mit einem Paradoxon umzugehen: Kein Unternehmen kann die Interessen und Erwartungen seiner Stakeholder ignorieren. Wer alle Interessen und Erwartungen seiner Stakeholder erfüllt, verliert die Grundlage für seine Existenz- und Leistungsfähigkeit.

    Um Wirklichkeitsvorstellungen zu erzeugen, die zumindest teilweise mit den Vorstellungen seiner Stakeholder übereinstimmen, benötigt ein Unternehmen Steuerungsressourcen, die ihm helfen, das Verhalten von Stakeholdern berechenbar zu machen. Nach Rolke (2005: 6 f.) ist Kommunikation eine solche Steuerungsressource, und zwar in dreifacher Hinsicht:

    [19]

    Kommunikation produziert Sinn und Orientierung. Beispiel: Markenund Identitätsbildung, »was nicht nur die Kundenbindung erhöht, sondern darüber hinaus auch die Erlösseite verbessert bzw. im Falle der Mitarbeitermotivation die Kosten senkt (Sachbezug)« (ebd.: 7).

    Kommunikation ermöglicht teilbare Wirklichkeitsvorstellungen. Erst durch Kommunikation können gemeinsame Interessen sichtbar gemacht werden: Entwicklungspartnerschaften können begründet werden und nicht erfüllte Erwartungen können für einen bestimmten Zeitraum in die Zukunft verschoben werden (Verträge) – beides Voraussetzungen für stabile Beziehungen (vgl. ebd.: 6 f.).

    Kommunikation schafft einen Wahrnehmungsvorsprung. Kritische Entwicklungen, aber auch Chancen, lassen sich besser einschätzen, »weil sich das Unternehmen im informationellen Austausch mit seinen Stakeholdern befindet (Beispiel: Issue Management). Bevor sich strategische Fehler zu Erfolgs- oder gar Liquiditätskrisen auswachsen, ermöglicht Kommunikation eine Frühwarnung (Zeitaspekt)« (ebd.: 7).

    Unternehmen müssen den Doppelcharakter von Leistungs- und Kooperationspartnerschaften verstehen. Nur dann können Beziehungen gewinnbringend entwickelt und Kundenbedürfnisse in entsprechendes Mitarbeiter- und Organisationsverhalten übersetzt werden und zur Wertschöpfung beitragen. Nur dann kann es glaubhaft den Geldgebern erklären, dass und warum eine hinreichende Chance auf Gewinnerzielung besteht. Nur dann kann es der Öffentlichkeit vermitteln, dass und warum das Renditemotiv nicht die Interessen des Gemeinwohls gefährdet.

    Mit dem Führungsanspruch von PR und PR-Texten ist letztlich die Abwendung von der Vorstellung verbunden, PR sei ein bloß reaktiv wirksames Instrument. Die Hinwendung zu einer vorwärtsgewandten PR wurde vor einiger Zeit von Wissenschaftlern um Charles J. Fombrun und Cees B. M. van Riel propagiert (vgl. Menz/Stahl 2008: 79).

    Der Ausdruck »Public Relations« ist wörtlich zu nehmen. Es geht um öffentliche Beziehungen. Unter Beziehung verstehen wir die Chance, dass ein auf angebbare Art »aufeinander gegenseitig eingestelltes Handeln und dadurch orientiertes Sichverhalten mehrerer« stattfindet (Max Weber 1972: 13). Ob die Chance genutzt wird, hängt von vielen Faktoren ab, von[20] Sympathie und Vertrauen, von gemeinsamen Erfahrungen, Wirklichkeitsdeutungen und Problemsichten und von einer gemeinsamen Sprache, die Missverständnissen vorbeugt und in dem Maße wächst, in dem die Kommunikation gelingt. Öffentliche Beziehungen können von ganz verschiedener Art sein und auf unterschiedlichen Bindungen beruhen, Anspruch, Vertrag, Vertrauen, Erfahrung mit Zusammenarbeit oder Konkurrenz etc.

    Da öffentliche Beziehungen von Menschen gestaltet werden, spielen auch Freundschaft, Bekanntschaft und Verwandtschaft eine Rolle. Nirgendwo lauern so viele Gefahren wie auf dem Gebiet der Beziehungen. Geschäftliche Beziehungen können auf der Basis von Vertrauen unter Freunden überhaupt erst möglich werden. Andererseits kann die Inszenierung von Freundschaft missbraucht werden, um geschäftliche Vorteile zu erlangen. Am Ende entscheiden stets Personen. Und diese müssen nicht nur Transparenzregeln beachten, um nicht in den Verdacht einseitiger Vorteilsnahme zu geraten, sondern auch zu Beobachtern ihrer selbst werden, um sich vor Ausbeutung zu schützen.

    Eine ganz besondere Herausforderung stellt die Paradoxie der Internet-PR dar. Im Internet sind nur schwache Beziehungen möglich, da die miteinander vernetzten Personen einander nicht wirklich kennen oder gar einander verstehen. Aber genau daraus resultiert die Stärke von schwachen Beziehungen, die darin besteht, dass die Sache in den Vordergrund rückt. Internetbasierte Beziehungen sind in Bezug auf gemeinsame Interessen reich an Informationen und schwach an personalen Verpflichtungen. Es gilt, mit dieser Paradoxie klug umzugehen.

    Es ist sogar vorstellbar, dass die Beziehung zwischen Unternehmen von gleichzeitiger Konkurrenz und Kooperation geprägt sein kann. Beziehungsmanagement ist ein Balanceakt. Es ist die angemessene Position zwischen Nähe und Distanz zu finden und sich in der Zone optimaler Kundennähe zu bewegen (vgl. Menz/Stahl 2008: 140 f.) Es bedarf der Fähigkeit zur positiven Selbstdarstellung, ohne in eine Show zu verfallen oder sie zum Bluff einzusetzen. Es kommt auf die Abstimmung zwischen der direkten Kommunikation mit den Stakeholdern und der medialen Arena an. Zur direkten Kommunikation zählen z. B. Kundenbriefe, Kundenzeitschriften und Newsletter. In der medialen Kommunikation wird den Stakeholdern das gesamte Spektrum der Medien angeboten, wobei diese nach Aufmerksamkeit und Interesse auswählen.

    Kommunikation vollzieht sich grundsätzlich auf zwei Ebenen, auf der Sachebene und auf der Stilebene. Bei der Sachebene geht es um Vollständigkeit, Klarheit und Richtigkeit von Informationen. Sie ist die instrumentelle, flüchtige Seite der Kommunikation. Flüchtig bedeutet: Ist das Textziel[21] erreicht, sind die Textmittel vergessen. Bei der Stil- oder Beziehungsebene geht es um die auf Dauer angelegte Kommunikationsseite. Hier entscheidet sich, ob und wie Wertschätzung, Selbstachtung und das soziale Klima zum Ausdruck kommen. Hier werden die »eigentlichen Verständigungsvoraussetzungen mit der Öffentlichkeit geschaffen« (Buss/Fink-Heuberger 2000: 133), zu denen Vertrauen, Nähe, Verständigung, Respekt, Kooperation, Bindung, Werte-Konsens, emotionale Bindung, historisch-zeitlose Bilder und die Bedeutung der Beziehung zur Öffentlichkeit zählen, welche durch Kommunikation zu unterstreichen ist. Fehler auf der Darstellungsebene bleiben lange im Gedächtnis der Öffentlichkeit haften, seien es die berüchtigten »Peanuts« (Hilmar Kopper, Deutsche Bank), der Versuch, sich mit fremden Federn zu schmücken (Karl Theodor zu Guttenberg), oder ganz allgemein der schlechte Stil.

    Der herkömmliche Corporate-Identity-Ansatz läuft Gefahr, Identität als Wesenskern eines Unternehmens zu verstehen, der im Verhalten der Mitarbeiter zur Entfaltung kommt. Eine solche Vorstellung ist nicht nur statisch, sondern auch unangemessen, da sich Identität im Wechselspiel von Erwartungen und Erwartungserwartungen interaktiv bildet und verändert. Eine Vorstellung von Corporate Identity als unveräußerliches Merkmal eines Unternehmens verführt zu narzisstischer Selbstbespiegelung, Uniformierung von Vielfalt und Instrumentalisierung von Mitarbeitern. PR-Textende dürfen daher nicht zu blinden Agenten sozialtechnischer Manipulationsversuche werden. Mit der erforderlichen Empathie können sie erkennen, dass z. B. ein Motto wie »Leistung aus Leidenschaft« intern wie extern und je nach Situation ganz unterschiedliche Reaktionen provoziert.

    Grundlage jeder Beziehung ist Vertrauen. Vertrauen gilt jedoch als »versteckte Variable«. Das bedeutet, dass Prozesse des Vertrauens und der Vertrauensgenerierung nicht notwendigerweise bewusstseinspflichtig sind. Die Frage, welche Textinformationen unter welchen Bedingungen in Texten als Vertrauens- oder Misstrauenssignale interpretiert werden, ist bis heute unerforscht. Vertrauen ist an Verständlichkeit gebunden. Die Fähigkeit, Vertrauen zu generieren und Beziehungen zu pflegen, wird zunehmend als kritischer Faktor für den langfristigen Unternehmenserfolg gesehen. Der schriftlichen Stakeholder-Kommunikation kommt eine bedeutsame Rolle für den Aufbau und den Erhalt von Vertrauensbeziehungen zu. Viele Unternehmenstexte behandeln das Thema Vertrauen sehr naiv. Dabei braucht man viel Fingerspitzengefühl, denn Vertrauensbeziehungen sind in Wirklichkeit äußerst fragile Beziehungen.

    Ist das soziale Gleichgewicht zwischen Unternehmen und Stakeholdern gestört, schadet sich ein Unternehmen letztlich selbst. Sind Stakeholder[22] zu »Opfern« einer Beziehung geworden, die auf Versklavung, Ausbeutung oder Erniedrigung beruht, so kann die Organisation nur dann geheilt werden, wenn sie ihr Unrecht oder ihr Versagen einsieht und einvernehmlich mit den Opfern nach einem Weg der »Heilung« der Opfer sucht. Echte Entschuldigungen sind nie einseitige verbale Akte, sondern stets Aktionen auf der Basis von Konsens.

    »Wir erwarten Taten, und wenn diese Taten nicht folgen, dann bleibt dies [d. h. die Entschuldigung des Pharmakonzerns Grünenthal bei den Contergan-Opfern] nur eine leere Hülse und ein PR-Gag« (Sprecherin des Bundesverbandes Contergangeschädigter; www.focus.de, 8.9.2012).

    Für die Gestaltung von Beziehungen in der PR-Praxis gehen wir von folgenden Grundsätzen aus:

    Mast (vgl. 2010: 114) unterscheidet drei Strukturierungskonzepte für Kommunikationsfelder:

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