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Engel der Dämonen: Begegnung
Engel der Dämonen: Begegnung
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Engel der Dämonen: Begegnung

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About this ebook

Eigentlich ist Michael Mai ein ganz normaler Teenager, der an einem freien Schultag ausschlafen will, wäre da nicht der gefallene Erzengel aus der Hölle, der, oder besser die ihm eines Tages vor die Füße fällt. Von da an wars das mit dem normalen Leben, denn Camaela stellt nicht nur sein Leben auf den Kopf, sie verdreht ihm den auch gehörig. Ein auftauchender Ex-Freund aus der Hölle und eine himmlische beste Freundin, machen sein Chaos dann perfekt. Dumm nur, das der Teufel Camaela um jeden Preis zurückhaben will und wenn dabei die Welt untergeht…
LanguageDeutsch
Release dateFeb 4, 2015
ISBN9783738693126
Engel der Dämonen: Begegnung

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    Book preview

    Engel der Dämonen - Michael Dreher

    Danksagung

    1

    „Wir schreiben das Jahr 2050, die Erde ist ein fast toter Planet. Fast. Die letzten verbliebenen Menschen liefern sich ein unermüdliches Duell mit grausig entstellten Kreaturen.

    Mutiert durch radioaktive Strahlung, halb Mensch, halb Tier. Doch mit jedem Tag verschiebt sich das Kräftegleichgewicht mehr. Die Menschen drohen den Krieg zu verlieren." Hört sich doch gar nicht so schlecht an. Ich blätterte ein wenig aufgeregt durch meinen Aufsatz, den mir mein Lehrer, ein alter klischeebehafteter Mann mit grauem Haar, fast weißem Rauschebart und sehnigem Körper, soeben zurückgegeben hatte. Hmm ich hatte mein Geschreibsel irgendwie weniger… rot in Erinnerung. Schon entdeckte ich den Grund für das viele Rot am Ende des letzten Absatzes. Dick umrandet prangte die Sechs da.

    Verdammt. Sooooo schlecht war er doch wirklich nicht. Thema verfehlt stand noch zusätzlich in krakeliger Schrift darunter. Das Thema war Ausstieg aus der Atomenergie, Pros und Kontras. Ich hätte vielleicht doch noch ein Pro einbauen sollen. Ich ließ den Kopf hängen. Naja, was soll‘s, ist auch kein Weltuntergang. Mal sehen wie es bei den anderen so aussieht. Ich lugte durch meine, kinnlangen, schwarzen Haare hindurch nach links und reckte mich etwas. Augenblicklich wurde mein Mund trocken und die Sechs war vergessen. Meine Tischnachbarin, die zu meiner Linken saß, schüttelte gerade ihr langes kastanienbraunes Haar, wie in einer Shampoowerbung. Ein strahlendes Lächeln umspielte ihre Lippen, sicher war ihre Note besser ausgefallen. Das war sicher schon der vierte Aufsatz in diesem Schuljahr und die, …mal überlegen… vierte Sechs?

    Schule war sooooooo langweilig und so ätzend, aber ihr Anblick machte das Ganze etwas erträglicher. Gut gebaut, Haare bis zum Po, hübsches schmales Gesicht. Sarah hieß sie. Ehrlich gesagt wusste sie aber glaube ich nicht einmal, dass sie meinen Namen kannte, geschweige denn mich, trotz der Tatsache, dass wir seit zwei Schuljahren in einer Klasse waren. Ich wandte mich ab, seufzte leise und schaute verträumt zum Fenster hinaus, es war Herbst. Überall lagen rot gefärbte Blätter herum und der kühle Wind wehte heftig.

    Obwohl es noch recht düster war, konnte man schon erkennen, dass das Wetter heute schön werden musste. Die Sonne drängte sich allmählich durch dichten Wolkenbehang. Schon klingelte die Schulglocke und holte mich mit ihrem Lärm zurück in die reale Welt. Grausam dieses Geräusch. Dutzende von Schülern drängten sich wie Vieh durch die Türe hinaus auf den Flur, nur um auf dem Pausenhof dann wie Ölsardinen in der Büchse zusammengedrängt zu stehen. Ich war da etwas anders, hielt nichts vom Gruppenzwang, stattdessen blieb ich an meinem Platz sitzen und nippte lustlos an meinem Monster Energy, um ein wenig wach zu werden. Ich war nicht gerade ein Mensch der gern am alltäglichen Leben teilnahm. Viel mehr sonderte ich mich ein wenig davon ab, und das nicht nur durch meine Art mich zu kleiden. Schwarz. Egal ob Sommer oder Winter. Auch meine, von Natur aus, schwarzen Haare taten ihr Übriges. Zusätzlich führte ich ein stinklangweiliges Leben, so aufregend wie eine Talkshow am Nachmittag. Wobei eine Talkshow da doch noch einen Tick aufregender war. Ich wohne in einer großen Dachwohnung bei meinen Eltern, die ich mir mit einem Dutzend mongolischer Rennmäuse in einem halben Dutzend Aquarien teile. Habe die meisten meiner Wände schwarz angestrichen und zuviele Bücher, in zuwenig Regalen. Mal davon ganz abgesehen sieht es so normal aus wie bei jedem anderen Nichtnormalen auch. Halb nackte Succubi und Dämonenfrauen an den Wänden und den ein oder anderen Totenkopf im Regal. Dazu gehe ich ab und zu feiern, betrinke mich sinnlos und schiele den Mädchen hinterher.

    Das allerdings seit der Kindergartenzeit erfolglos. Also völlig normal. Da klingelte auch schon ein weiteres Mal die nervtötende Glocke. Wow, das waren aber mal wieder kurze zwanzig Minuten Pause. Ich war ein Tagträumer, wie meine Mutter immer zu sagen pflegte. Noch vier Stunden dann endlich raus hier. Diese vergingen, Dank meiner ausgeprägten Träumerei, wie im Flug. Ich glaube sogar ich habe sie verschlafen.

    Ich schulterte meinen (ebenfalls schwarzen) Schulranzen und schlenderte hinaus auf den Flur, auf dem ich sofort angerempelt wurde und einen der Schultergurte erneut hochziehen musste. Ja, ja, rempelt mich nur schön an, eines Tages bin ich der, der rempelt. Davon steht ihr dann aber nicht wieder auf. Ich strich mir gerade meine Hose glatt, als mir zufällig mein Kumpel entgegen kam. Gemütlich schlenderte er über den ausgetretenen Teppichboden, den camouflagefarbenen Rucksack lässig über die linke Schulter gehängt. Florian kannte ich schon seit dem Kindergarten. Er war einmal sitzen geblieben, so war er eine Klassenstufe unter mir, aber zum Glück nur zwei Klassenzimmer weiter rechts den Flur hinunter. Wir begrüßten uns mit einem lockeren Handschlag und einer Umarmung. Florian war nur wenig größer als ich, so etwa 1,80 Meter. Sportlich gebaut, mit kurz geschnittenen blonden Haaren und einem grünen Streifen in der Mitte. Er war ein Punk, das war unübersehbar mit seinen knallbunt angesprayten Springerstiefeln. Seine Tarnhose war zerrissen, mit Sicherheitsnadeln wieder geflickt und mit zig Buttons gespickt, von denen bestimmt die Hälfte mit dem Anarchielogo bedruckt waren. Unter seinem schwarzen Kunstledermantel trug er ein undefinierbares Stück Stoff. Er sah schon sehr verrückt aus, hatte jedoch immer ein Lächeln parat und war immer gut drauf. Ob das allerdings vom vielen Alkohol in seinem Blut kam, war nie klar. Er war unzuverlässig, stets angetrunken und mischte bei jeder Schlägerei mit. Kurzum, er hatte immer etwas zu erzählen, und hey ich hatte meist nicht unbedingt weniger Alkohol im Blut. Nur in der Schule ließ ich ihn weg. Manchmal. Ab und zu. Na gut, selten. Wir hingen oft zusammen herum und tranken einen über den Durst.

    „Jo Micha, was geht?" Wie immer, und wie eigentlich jeder, kürzte er meinen Namen ab. Der Vollständigkeit halber sei er aber mal nebenbei erwähnt. Michael Mai. Ich weiß, ganz schön langweilig, aber mir gefällt er ganz gut. Und ist wenigstens nicht so schlimm wie Kevin, oder gar Justin.

    „Servus Flo, nix geht, nur meine Beine gehen…nach Hause."

    „Aha soso. Heut noch Lust was zu machen?"

    „Nee du sorry, hab gestern zu lang gemacht, ich bin fertig für heut." Zugegeben das war gelogen, ich hatte nur keine Lust, ich wollte nur noch heim und mich meinem PC widmen. Etwas enttäuscht schlug er mir noch auf die Schulter.

    „Ok, bis Montag, hau rein." Ich hatte nicht einmal Zeit mich zu verabschieden, da war er schon eine Treppe weiter in der Masse untergetaucht. Er war schon ein komischer Vogel, aber ich mochte ihn. Mit ihm konnte man immer quatschen, auch wenn es meistens nur Quatsch war. Ich lies mich von der breiten Masse die Treppen hinunter und durch die Eingangstüre schieben. Drückend schlug mir die Luft entgegen, schon seit Tagen war es so ungewöhnlich warm für die vergangenen zwei Herbstwochen. Sogar Schwimmbäder und Eisdielen hatten noch geöffnet und das mit Spitzenumsätzen (laut der Zeitung). Ja es gab noch Schüler, die lasen (glaubte ich zumindest, mal von mir abgesehen). Große braunrote Blätterhaufen säumten den Weg zum Bushäuschen. Der Bürgersteig quoll fast über vor Schülern, ich wunderte mich jeden Tag aufs Neue, das bisher niemand vom Bus überrollt worden war. Wie Frauen bei einem Sonderangebot drängten sie sich durch die enge Bustür, als wäre es der Letzte. Da ich eher zu den gemütlichen Menschen zählte, presste ich mich aber meist in den zweiten der drei Busse. Die Chance dort einen Sitzplatz zu ergattern war deutlich höher, auch wenn man hier ebenfalls durch die Türe gequetscht wurde, als gäbe es keinen Morgen mehr. Innerhalb weniger Minuten standen sie dicht an dicht gedrängt. In jeder Kurve (es gab viele Kurven) und bei jeder schärferen Bremsung hatte man irgendeinen Schulranzen samt Schüler im Gesicht oder sogar auf sich liegen. Nach einer geschlagenen halben Stunde in stickiger, von Schweiß und Parfüm erfüllter Luft, musste ich dann auch noch einmal umsteigen. Mit einer gigantisch großen Portion Glück konnte ich dann auch noch den Anschlussbus erreichen. Natürlich nicht um vorher 100 Meter Sprint in Olympiamanier hin gelegt zu haben. Keuchend und schweißgebadet erreichte ich den Bus noch, nur um festzustellen das es keine freien Sitzplätze mehr gab und ich mit tonnenschwerem Ranzen auf den Schultern eine weitere halbe Stunde stehen durfte. Sicher hätte ich ihn gerne abgenommen, nur schwamm der glatte Kunststoffboden förmlich vor Dreck und das wollte ich ihm dann doch nicht antun. Dann hätte ich auch noch fast den festen Boden unter meinen Füßen geküsst, als wir ankamen.

    Nicht, weil ich froh war, draußen zu sein, nein, weil ich unsanft von irgendeinem Idioten aus der Tür gestoßen wurde. Offenbar musste es da jemand sehr eilig gehabt haben. Ich rappelte mich wieder auf, zog meinen Kapuzenpullover mit Leichenmotiv zu Recht und schlenderte dann gemütlich die fünfzig Meter zu meinem Haus. So, oder so ähnlich sah bei mir ein ganz normaler Schultag aus. Nicht wirklich toll aber man konnte damit leben. Zumindest bis zu jenem verhängnisvollen Tag im Oktober, der mein Leben von Grund auf veränderte. Im Übrigen, keine Sorge das mit dem Jahr 2050 hab ich mir nur ausgedacht, in Wirklichkeit haben wir das Jahr…ach keine Ahnung. Schaut einfach selbst im Kalender nach.

    Es war Freitag glaube ich, als ich so um die Mittagszeit herum von einem merkwürdigen, knisternden Geräusch aus dem Bett geschreckt wurde und mir den Kopf an der Dachschräge anstieß. Ich biss knirschend die Zähne zusammen und rieb mir die Stirn, bevor ich mich wieder zurückfallen ließ. Das Geräusch wurde lauter, klang jetzt dumpf und brachial, wie Donnerschläge, die in kurzer Abfolge hintereinander zuckten. Doch durch das Rollo drang helles Tageslicht an meine verschlafenen Augen, das mich blinzeln ließ. Ich war ja schon viele Geräusche gewohnt, die bei einem Dachstuhlumbau so anfielen, aber dieses klang definitiv nicht nach Umbauarbeiten. Ich rieb mir die Augen, um klarer sehen zu können, und starrte auf den Wecker. Elf Uhr mittags. Wer oder was weckt mich an einem freien Tag so früh? Ich setzte mich wieder auf und schlug die Decke zurück. Wir hatten einen Tag schulfrei bekommen, da die Lehrer auf einer Fortbildung waren.

    Fortbildung, ahja, als ob die sich bilden würden, ich tippe da eher auf eine wilde Orgie mit Sex und Drogen. Bei dem Gedanken musste ich kichern und zugleich ekelte es mich.

    Da schien dieses seltsame Donnergrollen lauter zu werden, oder näher zu kommen. Um mir Gewissheit zu verschaffen, schob ich einen der Dachfensterrollos ein paar Zentimeter nach oben und linste hindurch auf die Straße. Nichts Ungewöhnliches war zu sehen, ein paar Jugendliche, etwa in meinem Alter schlenderten die Straße hinauf und unser Nachbar mähte den Rasen in seinem Vorgarten. Ich gähnte, drehte mich um und begann aufzustehen, als mich plötzlich etwas grellblau Blitzendes blendete und ich zurück auf mein Bett fiel. Der Bettrahmen knarzte, als wollte er sagen, hey, pass doch auf, sonst breche ich noch und dann hast du den Salat. Mein Herz begann wie wild zu pochen, als wollte es mir aus der Brust springen. In meinen Ohren hämmerte es laut und unaufhaltsam. Benommen rieb ich mir die Augen und Ohrmuscheln, sah aber nur verschwommen. Langsam tastete ich mich wieder an den Rand des Bettes heran. Was zur verdammten Hölle war das? Auf einmal hörte ich ein weiteres Geräusch, sehr dumpf, als wäre etwas oder jemand auf den Boden gefallen. Die Gedanken überschlugen sich in meinem Kopf. Was war das für ein Licht, ein Blitz? Woher kam dieses dumpfe Geräusch, war ich das etwa? Bin ich zu Boden gefallen? Oder schlafe ich etwa noch und habe gerade einen verrückten Traum? Ich presste meinen Körper vom Bett aus an die Wand. Hmm, also ich war es nicht der umgefallen ist und für einen Traum fühlt es sich viel zu real an. Nur langsam kehrte mein Augenlicht wieder. Da drang ein merkwürdiger Geruch in meine Nasenlöcher. Es roch irgendwie… verbrannt! War etwa ein Blitz ins Haus eingeschlagen? Nein, am helllichtem Tag wohl kaum. Etwas anderes schwang in dem verbrannten Geruch mit, es roch nach etwas Angebratenem. Grillt da etwa jemand, oder hat sich da wer einen Scherz mit mir erlaubt? Flo wäre es zuzutrauen. Dann sah ich wieder klar. Ich krabbelte übers Bett und stellte mich auf.

    „Hallo?", rief ich zaghaft in den Raum hinein, erhielt jedoch keine Antwort. Angespannt wie eine Bogensehne vor dem Abschuss des Pfeils, begann ich mich vorwärts zu bewegen, zwischen meinem Terrarium und dem Aquarium hindurch.

    Als mich etwas straucheln ließ. Ich konnte gerade noch sehen, was es war, als ich hart auf dem Laminatboden aufschlug. In meinem Kopf dröhnte es, gleichzeitig konnte ich aber auch die Stimme meiner Mutter in Gedanken hören.

    „Das kommt davon, dass du nie aufräumst", wetterte sie.

    Ich war über meinen Staubsauger gestolpert, den ich tags davor einfach stehen gelassen hatte, anstatt ihn wegzuräumen. Ich rieb mir die Stelle an meinem Kopf, an der, wie ich vermutete, die Beule auftauchen würde, und ging langsam in die Hocke. War mir vielleicht schwindelig.

    Ich starrte wie gebannt auf den kleinen Staubsauger, den ich am liebsten sofort getreten hätte. Ich registrierte erst mal gar nicht, dass sich rechts neben mir etwas bewegte. Hatte total vergessen, weshalb ich überhaupt aufgestanden war. Ganz langsam drehte ich schließlich meinen Kopf doch noch in Richtung Tür. Extra vorsichtig, denn der Schmerz in meinem Kopf brachte ihn fast zum Explodieren. Meinen Blick etwas nach oben geneigt sah ich die kleinen Rauchschwaden und das glühende Holz des Dachbalkens.

    Das Dach schien heil zu sein. Was war es dann, wenn es kein Blitz war? Ein Scherz konnte es auch nicht gewesen sein, längst hätte man schallendes Gelächter hören müssen.

    In Zeitlupentempo neigte sich mein Kopf in Richtung Boden. Mein Herz begann so laut zu pochen, dass es sogar die Straße von draußen übertönte. Ich wusste zunächst nicht, was ich denken oder tun sollte, ich stand starr vor Angst oder Schreck oder beidem da, war wie gelähmt. Etwa drei Meter vor mir lag, ich weiß nicht, wie ich es beschreiben sollte, eine Art von Dämon oder Succubus. Ja richtig gelesen vor mir lag, wirklich echt ein Ding, das man am besten mit einem Teufel vergleichen konnte. Große fledermausartige Schwingen lagen da auf dem Laminat wie zwei große Tagesdecken. Ein langer, locker zwei Meter langer Schwanz mit zwei knochigen Stacheln am Ende ragte dazwischen hervor. Auch zu sehen waren ein paar Beine mit katzenähnlichen Pfoten und langen gebogenen Krallen an deren Enden. Minutenlang stand ich vor diesem Ding und starrte es an. Die Haut schien glatt und weich zu sein und besaß einen sanften ockerfarbenen Ton. Unerwartet begann der Schweif plötzlich hin und her zu schwingen, sich zu drehen und zu winden, wie eine Schlange. Die Stacheln am Ende entpuppten sich als eine Schere, wie die eines Krebses oder eines Skorpions. Mehrmals klappte sie auf und zu, und schlug auf den Boden, als wolle sie den Untergrund auf seine Beschaffenheit hin prüfen. Dann zog er sich zurück unter die riesigen Flughäute. Erschrocken war ich ein paar Schritte zurückgewichen, hielt mich mit einer Hand an der Kante eines Aquariums fest. Kurz darauf kam Leben in den leblosen Körper, oder viel mehr in die Flügel, die sich schwerfällig anhoben und wieder sanken, ein leises Stöhnen ertönte darunter. Ein Stöhnen, das sich irgendwie so gar nicht bedrohlich oder nach einem Monster anhörte (es sei denn man hielt ein Mädchen für ein Monster). Viel mehr hörte es sich nach etwas Weiblichem an, einer Frau oder eben einem Mädchen, das die Nacht durchgezecht hatte und am Morgen danach mit einem ordentlichen Kater aufwachte. Nicht dass ich das schon oft gehört hatte, aber aus eigener Erfahrung wusste ich, wie ich mich anhörte und das klang ziemlich ähnlich.

    „Willst du da nur rumstehen und mich angaffen oder hilfst du mir? Mensch?! Ja ich hab Flügel, ja ich komm aus der Hölle, ist aber kein Grund so unhöflich zu sein!" Tönte es plötzlich lautstark und ziemlich abwertend zwischen den, inzwischen zur Hälfte zusammen gefalteten Flügeln hindurch. Perplex, überrascht, erfreut und irgendwie verängstigt, schreckte ich auf und trat lieber noch ein paar Schritte zurück. Ich hatte ja vieles erwartet, wenn man in so einer Situation etwas erwarten kann, aber nicht unbedingt eine klare junge Mädchenstimme, die nur etwas aufgebracht klingt. In Gedanken versuchte ich das Geschehene gerade zu verarbeiten, als es erneut tönte.

    „Halloho?"

    Erst jetzt begann ich wieder zu atmen, was ich vor Schreck wohl vergessen hatte, und schwindelte, in meinem Kopf drehte sich alles. Mein Blick war verschwommen und unscharf. Mein Gehirn vollkommen leer.

    „Heilige Scheiße, oh Pardon, verfluchte Scheiße wo bin ich denn hier gelandet?" Die Kreatur schnaubte und knirschte mit den Zähnen.

    „Ähm, auf der Erde?" Brachte ich leicht stotternd hervor und meine Finger verkrampften sich um das Glas des Aquariums. Auf der Erde? Wie bescheuert war das denn? „Schlaumeier, das weiß ich selbst, der Himmel ist das nun wirklich nicht." Dann herrschte kurz Stille, sie, oder es schien wohl zu überlegen.

    „Ok, gut,… oh verdammt! Hey du da, ich frag dich das jetzt nur ungern,… wo wir uns gerade erst kennengelernt haben und so, aber hättest du mir freundlicherweise ein Tuch oder etwas zum Anziehen? Irgendwas? Meine Klamotten sind irgendwie beim Übergang in deine Welt zu Asche verbrannt."

    „Äh, ähm, ich begann zu stammeln, „klar doch, Moment.

    Meine Augen wirbelten im Zimmer herum und mein Körper torkelte mit. Treffer. Ich riss meine Tagesdecke, mit dem weißen Tigerkopf darauf, vom Bett und warf sie ihr vor die Füße. Die ich besser nicht angesehen hätte. Erneut floh mir jeder Gedanke aus dem Kopf und es lief mir eiskalt den Rücken herunter. Monströse Klauen, die locker mit einem Velociraptor mithalten konnten. Aber auch schlanke, sehr weibliche Fesseln.

    „Danke", zwitscherte sie freudig und begann sich offenbar in die Hocke aufzurichten, da sich die Flügel mit ihr bewegten.

    „Dreh dich um." Ihre Stimme war ziemlich hoch, was mir erst jetzt auffiel.

    „O, okay." Sie schnappte sich die Decke vom Boden und begann in den Stand überzugehen. Sie wirkte trotz ihrer, erhobenen Ferse ziemlich klein. Ihre Flügel nun vor sich zusammengeklappt als Sichtschutz, stand sie schließlich mit ihren geschätzten 1,70 Metern vor der Tür. Und versperrte mir damit jeglichen Fluchtweg, würde ich einen brauchen.

    „Wenn du kuckst, beiß ich dich, ist das klar?" Irgendwie konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Was war das denn für ein Dämon?

    „Nein, nein, mach dir keine Sorgen", rief ich zurück. Und merkte dann, dass es doch etwas zu vorschnell geantwortet war. Ich musste einfach hinsehen, doch meine Furcht war größer als meine Neugier. Was wenn sie das mit dem Beißen ernst meinte? Ich kämpfte innerlich. Verlor jedoch und drehte meinen Kopf in ihre Richtung. Konnte jedoch vor Angst die Augen nicht öffnen. Wer weiß, was die für Fangzähne hat, vielleicht hat die ja gar kein Gesicht, eventuell besteht ihr Kopf nur aus Kiefern, mit Zentimeter langen Rasiermessern? Die Gänsehaut auf dem Rücken, begann sich über den kompletten Körper auszubreiten.

    „Ok. Jetzt darfst du kucken, wenn du dich traust," tönte sie oder es mit einer Art von ironischem Unterton in der Stimme, zu mir herüber. Hastig drehte ich mich wieder um, um mich langsam zu ihr drehen zu können. Ich platzte vor Neugier fast, auch wenn ich Angst hatte, was mich da erwarten würde. Langsam entfalteten sich die riesigen Schwingen aus Haut und Knochen zur Seite wie zwei gewaltige Vorhänge. Dünne Äderchen zeichneten sich nun, im Licht eines halb geöffneten Fensters, auf der dünnen pergamentartigen Flughaut ab. Recht schnell stießen sie an die schrägen Wände und Decke der Dachwohnung. Mit leicht wippendem Gang schritt das Wesen etwas in meine Richtung und klappte sie sorgsam nach hinten weg.

    Unbeschreiblich war der Anblick, der mir geboten wurde.

    Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.

    „Zwick mich mal", sagte ich zu ihr völlig benebelt und total weggetreten. Wie ein Kerl eben, der vor dem hübschesten Mädchen steht, das er je gesehen hat. Aus den Augenwinkeln sah ich noch, wie ihr Schweif hinter meinem Rücken verschwand. Konnte mich aber nicht rühren, zu gelähmt war ich. Ein Zwicken durchfuhr meine rechte Pobacke.

    „Au, wofür war das denn?"

    „Du hast gesagt, zwick mich, also hab ich’s getan, außerdem wollte ich schauen, ob du knackig bist."

    „Äh, ähm, hm ok, hab ich wohl vergessen."

    Ob ich wohl ihren Vorstellungen von knackig entsprach? Na hoffentlich meint sie nicht knackig, im Sinn eines Apfels. Ich tastete verstohlen meinen Hintern ab. Joa fühlt sich gut an, hat sich das viele Rad fahren doch bezahlt gemacht.

    Ein breites Grinsen zierte ihr hübsches Gesicht, schöner als alles, was ich bisher in meinem Leben gesehen hatte.

    Offenbar dachte sie das Gleiche wie ich. Zumindest hoffte ich das. Es sah schon sehr menschlich aus, wenn man von der Hautfarbe, den Fangzähnen, und den langen spitzen nach hinten zeigenden Ohren absah. Nicht zu vergessen die langen gebogenen Hörner auf ihrer Stirn, die einem Steinbock glichen, und den Flammen, die aus ihren Augenwinkeln züngelten. Ich war zwar kein besonders guter Schätzer, aber ich schätzte sie würde als Mensch als Achtzehnjährige durchgehen. Sie musste wohl gemerkt haben, wie ich in Gedanken versunken war, um ihr Alter zu schätzen, denn schon zwickte es in meiner anderen Pobacke. Ich rieb mir beide vor Schmerz.

    „Aua, musste das sein?"

    „Ja musste es, ich mag es nicht, wenn man mich so angafft." Sie verschränkte die Arme vor der Brust.

    „Bin ja schließlich keine Zirkusattraktion."

    „Ach so. Oh, ja klar. T, tut mir Leid. Äh, ähm, darf ich dann fragen wer oder was du bist, wo du herkommst?" Sie sah mich abschätzig an. Sicher war mein Gestotter nicht gerade die beste Methode um etwas über dieses Mädchen herauszufinden. Leider war ich in dem Moment, zu mehr nicht imstande.

    „Oh, entschuldige äh, ach ja, ich äh, heiße Michael." Fast hätte ich vor lauter Fragen, meinen Namen vergessen, und damit meine ich so richtig vergessen.

    „Da fragst du mich Sachen. Wirklich sehr originell, baggerst du so alle Erzengelmädchen an, die dir vor die Füße fallen?"

    „Öhm." Bevor ich weiter stammeln konnte, unterbrach sie mich schon wieder.

    „Soll ich es dir buchstabieren? E-R-Z-E-N-G-E-L-L. Halt, das war ein L zu viel. Oder nicht? Ach Egal."

    Immerhin hatte sie schon eine Frage beantwortet, zwar auf eine etwas seltsame Art und Weise. Aber das war im

    Moment sowieso nebensächlich. Ein Erzengel??? Schlafe ich noch und träume irgendeinen Schwachsinn? Vor allen Dingen, hat ein Engel nicht irgendwie weiße Flügel und strahlt voll gleisendem Licht? Oder so? Zumindest stelle ich mir einen Engel so vor. Aber was sagte sie, aus der Hölle?

    Das hier sieht mir mehr wie ein Teufel aus. Halt, stopp, wie war das mit dem Anbaggern?!

    „Ne, mal im Ernst,… ach warte mal eben."

    Gespannt was jetzt passieren würde, versuchte ich noch ein paar Schritte nach hinten zu gehen. Sicher ist sicher. Leider machte ich die Rechnung ohne den, noch anwesenden Staubsauger. Was dann passierte, war so sicher wie das Amen in der Kirche, ich fiel über genau Diesen ein zweites Mal! Ruderte diesmal wild mit den Armen und klatschte dann rücklings auf den Boden. Mit dem Hinterkopf mitten in einen Blumentopf, in dem eine kleine Kletterpflanze wuchs. Augenblicklich hörte ich das grausige Klappern von Krallen auf dem Laminat, das sich anhörte als würden fünf Frauen mit Stöckelschuhen auf mich zu sprinten, gefolgt von lautem Gekicher. Ob Dämon, Engel oder Mensch, Schadenfreude lieben sie alle. Ich rappelte mich auf und wischte mir die Blumenerde aus den Haaren. Mist, die Pflanze war im Eimer. Zu meiner Überraschung war sie mir zu Hilfe geeilt und kämmte mir mit ihren Krallen einen Großteil der Erdkrümel heraus. Sehr praktisch, sie hatte ihren Kamm so immer dabei. Ich bedankte mich höflich bei ihr. Mittlerweile war nicht mehr zu übersehen, dass es ein Mädchen war. Gut erkennbar waren die Erhebungen unter der Decke und dem mädchenhaften Körperbau. Paralysiert starrte ich auf ihre anmutig geschwungenen Lippen, die auf Höhe meiner Augen waren, während sie einen Erdbrocken wegschnippte. Ohne mich dagegen wehren zu können, erforschten sie weiter das Gesicht dieses seltsamen Mädchens und entdeckten eine kleine Stupsnase, die sich kaum merkbar bewegte. Auch erkannten sie, das dort wo ihre Augen sein sollten, nur schwarze Löcher waren, aus denen Flammen wild züngelten. Vermutlich hätte mich das in einem Horrorfilm gegruselt, oder gar angeekelt, doch nicht jetzt. Nicht bei Ihr. Aus irgendeinem Grund fühlte ich eine starke Anspannung, die in der Luft zu liegen schien und plötzlich trafen sich unsere Blicke. Nur wenige Zentimeter trennten uns. Das Blut verließ meinen Kopf nun vollends. Ich spürte eine starke Wärme, die von ihr ausging, als sie einen Satz nach hinten machte.

    „Huch. Was war denn das? Ich äh, tut mir leid", stammelte sie, bevor sie sich wieder fing und der seltsame Moment vorüber schien.

    „Schon ok, danke nochmals."

    „Bitte gern geschehen, entschuldige, konnte mir das Lachen einfach nicht verkneifen."

    „Schon ok, das passiert mir eh öfter." Ich lächelte verunsichert. Komisches Mädchen. Was war da eben passiert? Auf einmal hat sie gestammelt?

    „Na dann ist ja gut, ich dachte ich wäre Schuld gewesen."

    Im Grunde war sie das doch auch oder?

    Erst jetzt blickte ich wieder zu ihr auf. Ich hatte gar nicht mitbekommen wie ich meinen Blick verlegen nach unten gerichtet hatte. Verwundert erkannte ich, dass ihre Flügel verschwunden waren. Meinen ungläubigen Blick über ihre Schulter erwiderte sie mit einem:

    „Keine Sorge ich erzähl dir schon noch alles, du hast sicher viele Fragen." Joa das konnte man wohl sagen.

    „Aber vorher bin ich dran, Dich auszufragen."

    „Ja, ok. Ähm magst du dich vielleicht setzen?"

    „Ui, ein Gentleman. Gerne." Ich grinste sie völlig von der Rolle an. Ich stand neben meinem wirklich sehr bequemen schwarzen Bürosessel und bedeutete ihr mit dem Zeigefinger und freundlichem Lächeln näher zu kommen, um Platz darauf zu nehmen. Zaghaft mit einer gesunden Portion Misstrauen, ging sie an den zahllosen Aquarien und dem Terrarium vorbei. Sie schienen ihr eine Heidenangst einzujagen, was, wie ich glaubte, auf Unwissenheit beruhte. Wir waren fast am anderen Ende angekommen, da drehte sie sich plötzlich um und ging zurück zur Türe, blieb stehen und starrte an eine Wand.

    „Du, was sind das für Bilder? Sind das deine Freundinnen?

    Komische Hörner haben die." Ich musste schlucken.

    „Nun ja, naja,…"

    „Wow, die haben aber große Brüste, die sind ja gewaltig.

    Sieht ja lustig aus, wie aufgeblasen." Sie pustete ihre Backen auf und sah mich damit an. Nur schwerlich konnte ich mir ein Lachen verkneifen, auch wenn mir das Ganze mehr als peinlich war. Wie ein Kugelfisch sah sie aus.

    Während ich vor Peinlichkeit berührt rot anlief wie eine Tomate.

    „Also, zum Ersten sind das nur Models, die hängen sich Jungs gerne in ihre Zimmer, zum Zweiten sind die nicht größer als normal und drittens sind diese Frauen per Bildbearbeitung zu Dämonen geworden."

    „Jaja", sie grinste mich verschlagen an. Das Gesicht kannte ich, das sollte heißen: Der steht auf große Brüste, so ein Lustmolch. Was aber überhaupt nicht der Fall war, um das Mal klarzustellen. Ehrlich! Trotzdem wäre es besser gewesen, die Poster nicht aufzuhängen. Naja jetzt war es sowieso zu spät. Auf die Tatsache, dass das keine echten Dämonenfrauen waren, ging sie komischweise gar nicht ein.

    Auch gut.

    „Sag mal wolltest du nicht etwas fragen?" Sie ließ die Luft mit einem Zischen aus ihrem Mund entweichen, und tippte sich mit dem bekrallten Zeigefinger am Kinn.

    „Ach ja stimmt, da war doch was, hätte ich fast vergessen, gut das Du mich daran erinnerst. Denkst ja mit."

    „Ja, kannst mal sehen. Na dann schieß mal los." Fragte ich schließlich.

    „Mit was losschießen, hä?"

    „Das sagt man nur so, stell einfach deine Fragen." Na sonderlich schlau scheint sie ja nicht zu sein.

    „Öhm, wo fang ich da bloß an?" Mittlerweile hatte sie den Daumen dazu genommen und rieb sich ihr Kinn zwischen den Fingern.

    „Ist das dein komplettes Haus, es wirkt so winzig, ich meine damals waren die Häuser viel, sie breitete die Arme in beide Richtungen aus, „viiiiel größer und sahen vor allem nicht so merkwürdig aus. Und was sind das für komische Behälter, da kann man ja durchkucken? Auweia da habe ich ja noch ein ganzes Stück Arbeit vor mir, wenn ich ihr jede Annehmlichkeit aus dem 21. Jahrhundert beibringen muss.

    „Also, zuerst das hier ist nur ein kleiner Raum, in einem großen Haus, mein Zimmer."

    „Hast du was zu schreiben da, ich muss mir das notieren.

    Raum, Haus, Zimmer, check."

    „Das ist jetzt nicht dein Ernst oder?"

    „Nein, ich mach nur Spaß, keine Sorge, ich weiß was ein Zimmer und dergleichen ist. Außerdem kann ich überhaupt nicht schreiben."

    „Dann ist ja gut. Äh, ich meine schlecht."

    „Aber was sind diese durchsichtigen Dinger?"

    „Das nennt sich Aquarium, es ist aus Glas, soll ich dir auch noch erklären was Glas ist?"

    „Ok, gemerkt. Glas? Nee lass mal, ich glaub das wird mir sonst zu kompliziert." Sehr merkwürdiger Erzengel, wie ein Kind in der ersten Klasse.

    „Und was ist da drin?"

    „In dem da, ich zeigte auf das vor mir, „sind Fische drin.

    „Ouh, das trifft sich gut, ich hab nämlich einen Mords Kohldampf."

    „Nicht zum essen, und da drüben in den anderen sind Rennmäuse drin."

    „Fische, nicht zum essen und Mäuse, in Glasbehältern?

    Auweia ihr Menschen seid vielleicht bescheuert."

    „Hey."

    „Entschuldigung, ich war lange nicht mehr hier, aber du musst doch zugeben, das klingt alles sehr verwirrend."

    „Naja, finde ich jetzt nicht, wenn man es gewöhnt ist." Sie nickte energisch und ließ sich dann rückwärts auf das Bett fallen. Ich biete ihr einen Stuhl an und sie nimmt das Bett. Das kann ja noch sehr lustig werden.

    „So bekloppt ihr Menschen auch seid, von Betten versteht ihr was, das hier ist ja genial."

    „Schön das es dir gefällt, war auch nicht ganz billig." Sie linste hinter dem Aquarium hervor, das als Raumteiler gedacht war, und verschwand sogleich wieder, um sich in meine kuschelige Daunendecke zu wickeln.

    „Bin ich jetzt mal dran mit Fragen stellen?" Fragte ich sie und rollte mit dem Stuhl zum Bett, auf den ich mich verkehrt herum setzte und die Arme auf der Lehne verschränkte.

    „Öhm, lass mich überlegen, äh nein, ich bin noch lang nicht fertig damit, dich auszuquetschen."

    „Menno", beleidigt wie ein kleines Kind murrte ich und rollte zurück zum Schreibtisch. Musste ich mich eben noch gedulden. Irgendwann würde sie schon mit Antworten ihrerseits rausrücken, dessen war ich mir sicher.

    „Wohnst du hier allein, mal von dem Ungeziefer abgesehen?" Würde sie nicht so verdammt heiß aussehen, wäre ich langsam aber sicher ganz schön verärgert geworden.

    „Mäuse, nix Ungeziefer, Haustiere. Und nein, meine Eltern und meine Schwester wohnen unter mir."

    „Unter dir? Wie geht das denn?"

    „Ähm, indem man im zweiten Stock wohnt?"

    „Gutes Argument, damals gab es eben nur einen Stock, deshalb die Frage."

    „Was heißt denn bei dir damals, wie alt bist du denn?"

    „A, a, aaa, noch stelle ich die Fragen, du kriegst deine Antworten noch, aber erst wenn ich fertig bin, ist das klar?"

    „Ja Herrin, ist klar", frotzelte ich, was ihr sehr zu gefallen schien.

    „Herrin, ja das klingt gut, daran könnte ich mich gewöhnen."

    „Nein das tut es nicht und wag es nicht."

    „Mist, dann halt eben nicht, aber vergiss mal nicht, dass du damit angefangen hast."

    „Ja, ja. Apropos Anrede, wie heißt du eigentlich?"

    „Was hatten wir gerade gesagt von wegen Fragen und Antworten?"

    „Ja, ja", knurrte ich verhalten.

    „Boah, ja ok, bevor du mir hier noch in Depressionen verfällst weil du meinen Namen nicht kennst, sag ich ihn dir eben. Ausnahmsweise. Ich heiße Camaela, nun zufrieden?"

    Ich nickte und grinste innerlich. Camaela, was für ein

    Name, er passte gut zu ihr.

    „Na dann Camaela frag mal weiter, sonst sind wir nächste Woche noch nicht fertig damit, und ich will ja auch noch was über dich erfahren. Ich mein, es kommt nicht gerade oft vor das ein Erzengel bei mir im Zimmer landet."

    „Ich, ich kann gerade nicht."

    „Wieso kannst du…", ein lautes Knurren unterbrach mich mitten im Satz.

    „Hunger, HUUUUUUNGGGEEEEERR", sie wälzte sich unruhig in den Laken und jammerte, bis sie sich aufsetzte, zum Bettrand rutschte und mich mit großen glühenden Hundeaugen ansah.

    „Deshalb kann ich nicht." Na ganz toll.

    Ein weiteres Mal, versuchte ich auf Abstand zu gehen. Hoffentlich will sie jetzt nicht mich fressen, tat sich die Frage in meinem Kopf auf. So nett sie auch war, sie sah aus wie ein Succubus und Succubi fressen Männer. Egal wie süß und nett sie auf den ersten Blick wirkten. Da entblößte sie auch schon ihre Fangzähne und kam langsam und mit gezückten Krallen näher. Ich wusste es. Hab Ichs nicht gesagt? Angstschweiß begann, meinen Körper hinunter zu perlen. Alle möglichen Gedanken schossen mir durch den Kopf und ich schloss die Augen. Kniff sie richtig zu und ballte die Hände zu Fäusten, dass es wehtat, auf alles gefasst. Naja, fast alles. Ein weiteres Mal hallte ihr unverwechselbares Gackern durch den Raum.

    „Entschuldige aber diesen Gag musste ich einfach bringen", grinste sie mich unverdrossen an und klatschte in die Hände.

    „Auf so eine Gelegenheit warte ich seit Tausenden von Jahren. Und ich muss sagen, das Warten hat sich echt gelohnt."

    Dabei öffnete ich langsam und noch ängstlich die Augen.

    Während ich noch immer fast vor einem Herzkasper stand und mir die Luft wegblieb, lachte sie hinter vorgehaltener Hand weiter.

    „Nur keine Sorge, ich bin kein Menschenesser", ein Lächeln umspielte ihre Lippen.

    „Gut, manchmal schon, aber nur wenn’s unbedingt sein muss, na ja, ok, von Zeit zu Zeit kann‘s auch mal ein süßer Kerl sein, ‘n Stück Fleisch oder so tut‘s aber im Moment auch. Komm mir aber nicht mit Obst oder Gemüse an, ich bin ein Fleischfresser." Immer noch starr wie ein Brett, das Herz bis zum Hals schlagend und mit trockenem Mund war ich unfähig etwas zu erwidern.

    „Halloho? Das war ein Scherz? Du brauchst keine Angst haben. Ihr esst doch noch Fleisch hoffe ich?" Nur langsam entspannte ich mich und brachte in bestem Flüsterton ein paar Worte hervor.

    „Äh ja, ja. Wir müssten etwas da haben. Unten, in der Küche." Langsam kam mein Herz wieder in einen normalen Rhythmus zurück. Die hat doch nen Knall, mir so einen Schock zu verpassen. Na hoffentlich bin ich nicht auch noch süß in ihren Augen. Ich schloss die Augen für eine Sekunde und schluckte den Klos in meinem Hals hinunter, um wieder klar denken zu können.

    „Küche? Was ist eine Küche?"

    „Ein Raum mit Kochstelle, wenn du es so willst."

    „Ah ja. Dann los, bevor ich doch noch auf die Idee komme dich anzuknabbern. Süß bist du ja. Auch wenn du ein ziemlicher Angsthase zu sein scheinst." Sie kicherte in die Decke. Dachte wohl, ich bemerke das nicht. Soso, ich bin also süß? Und warum zum Kuckuck bin ich dann immer noch Single? Moment. Ich bin kein Angsthase! Als hätte sie meine Gedanken gelesen sprudelte eine weitere Frage aus ihr heraus.

    „Sag mal du, hast du eigentlich eine Freundin?" Ich wusste nicht so recht, was ich sagen sollte, also erwiderte ich das Erstschlechteste was mir einfiel.

    „Ich, äh, na ja. Ich bin kein Angsthase!" Wieso fragte sie mich das? Sie kommt gerade aus der Hölle und das Erstbeste was ihr einfällt, ist mich nach meinem Liebesleben auszufragen? Bin ich im falschen Film oder so? Sind wir hier bei Twillight? Und mich beschlich langsam das Gefühl, das hier etwas nicht stimmte. Etwas an Ihr nicht stimmte. „Ich will nur sichergehen, dass die nicht kommt und mich haut, falls ich dich doch mal anbeiße." Ja klar, wers glaubt. Das sind ja tolle Sachen, die man von einer Höllenkreatur gesagt bekommt, die so heiß aussieht, dass man nicht selbst mal reinbeißen möchte.

    „Was ist jetzt? Ja oder nein?"

    „Ja ja, äh ich meine nein, ich bin Single."

    „Na geht doch, dann pass mal schön auf deinen Hintern auf." Sie leckte sich demonstrativ die Lippen. Auweia, hat die eine offene Art einen vorzuwarnen, lieber schnell zum Kühlschrank, bevor ich auf ihrem Teller lande.

    „Dann komm mal mit, besorgen wir dir was zu essen." Ich ging voraus und sie samt Decke hinterher. Dabei riss sie mir einige Blumentöpfe um, bevor ich sie darauf aufmerksam machen konnte, die Daunendecke im Bett zu lassen. Was sie mir mit einem Schmollmund sondergleichen quittierte. Und meiner Bitte nur zögerlich nachkam.

    Ich öffnete die Türe, vor uns lag der unausgebaute Teil meines Zimmers, der mehr einem Sägewerk nach einem Bombenangriff glich, als einer Baustelle. Ob das jemals fertig wird? Nach jetzigem Stand der Dinge wohl eher nicht. „Vorsicht auf dem Boden sind Holzspäne

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