Über die Wirklichkeit: Vierzig Verse mit Ergänzungsversen (Ulladu Narpadu mit Anubandham): mit Bildern von Miles Wright
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Die 40 Verse sind keine systematische Darlegung der Lehre Ramana Maharshis, sondern erschließen sich dem Leser durch häufiges Wiederholen nach und nach.
Eine Auswahl von Gesprächen, die Ramana Maharshi mit seinen Besuchern und Schülern führte, dienen als Kommentar. Die Bilder stammen von Miles Wright.
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Book preview
Über die Wirklichkeit - Ramana Maharshi
7.12.1945
Eröffnungsverse zu Ulladu Narpadu
Erster Eröffnungsvers in Sri Ramanas Handschrift
Kann es ein Existenzempfinden geben ohne etwas, das ist? Da diese Wirklichkeit frei von allen Gedanken im Herzen wohnt, wer könnte über sie, die ›das Herz‹ heißt, nachdenken und auf welche Weise? Über sie nachzudenken bedeutet, mit ihr im Herzen eins zu sein.
Dieser Vers ist sprachlich auffallend in seiner strengen Metrik und der Wiederholung der Silbe ›ul‹. Eine vereinfachte Umschrift hört sich so an:
ulladu aladu ulla unarvu ulladu o
ullaporul ullal ara ullatte ullataal – ullam enum
ullaporul ullal evan ullatte ullapadi
ullade ullal unar
ul – sein, ullal – Gedanke, ullam – Herz, ulladu – Wirklichkeit, das Seiende, das was ist
Reife Menschen, die in großer Todesfurcht leben, nehmen Zuflucht zu Füßen des Höchsten Herrn, der weder Geburt noch Tod kennt. Durch ihre Hingabe werden ihr Ego und ihre Anhaftungen ausgelöscht. Wie können sie, die im Unsterblichen ihre Bleibe gefunden haben und daher tot sind, noch an den Tod denken?
Während der erste Eröffnungsvers vom Pfad der Erkenntnis (Jnana) spricht, handelt der zweite Vers vom Pfad der völligen Hingabe an Gott (Bhakti), in dem der Bhakta seine Eigenexistenz aufgibt. Beide Pfade führen zum selben Ziel: zum Auslöschen des Ego-Ich und zum Sein in der unsterblichen Wirklichkeit.
Ulladu Narpadu
1. Da wir die Welt wahrnehmen, steht es außer Frage, dass es eine Erste Ursache gibt, eine kreative Energie (Shakti), die sich mannigfach manifestiert. Das Bild, das aus Namen und Formen besteht, der Betrachter, die Leinwand und das Licht, das sie beleuchtet, all das ist das Selbst.
Es ist die Natur von uns Individuen, von uns getrennte Objekte und eine Welt wahrzunehmen. Dafür muss es eine erste Ursache geben. Um dieses Phänomen zu erklären, verwendet Ramana gerne das Bild vom Kino.
»Das Selbst umfasst alles. Es ist die Leinwand, die Bilder, der Zuschauer, der Schauspieler, der Vorführer, das Licht und alles andere.«²
2. Alle Religionen setzen drei Grundlagen voraus: [Gott, Mensch und Welt]. Die Debatte, ob sich eine erste Ursache als diese drei manifestiert oder ob diese drei auch drei verschiedene Dinge sind, dauert an, solange das Ego-Ich besteht. Doch der höchste Zustand ist, im wahren Selbst zu verbleiben, nachdem das Ego-Ich sein Ende gefunden hat.
Dass Gott, Mensch und Welt voneinander getrennt existieren steht der Behauptung entgegen, dass alle drei zwar getrennt wahrgenommen werden, aber eine gemeinsame Ursache haben. Ramana warnt vor solchen rein philosophischer Diskussionen, die zu nichts führen und der spirituellen Praxis abträglich sind.
»Die drei Wesenheiten sind der jiva (verkörperte Seele), Gott und die Bindung. Solche Dreiheiten gibt es in allen Religionen. Sie sind wahr, solange der Geist tätig ist. Sie sind reine Erfindungen des Geistes. Man kann von Gott nur sprechen, nachdem der Geist entstanden ist. Gott ist nicht vom Selbst verschieden. Das Selbst wird als Gott objektiviert. Mit dem Guru ist es dasselbe.«³
3. Wozu nützt die Diskussion, ob die Welt wirklich oder lediglich eine unwirkliche Erscheinung ist, ob ihr Bewusstsein eigen ist oder nicht, ob sie Glück oder Leid bedeutet? Der egolose Zustand, der diese dualistischen und nicht-dualistischen Überzeugungen überschreitet, in dem man die Welt lässt und sich selbst durch Ergründung erkennt, ist allen lieb und