Discover millions of ebooks, audiobooks, and so much more with a free trial

Only $11.99/month after trial. Cancel anytime.

across skanderna: Mein Skiabenteuer über das Skandinavische Gebirge
across skanderna: Mein Skiabenteuer über das Skandinavische Gebirge
across skanderna: Mein Skiabenteuer über das Skandinavische Gebirge
Ebook164 pages1 hour

across skanderna: Mein Skiabenteuer über das Skandinavische Gebirge

Rating: 0 out of 5 stars

()

Read preview

About this ebook

Im Februar 2003 startete die damals 31-jährige Andrea Michel zu ihrer Solo-Überquerung des Skandinavischen Gebirges. Von Grövelsjön bis Treriksröset wanderte die zähe Schweizerin mit Skiern, Pulka und Zelt ausgerüstet über den schwedischen Teil des Gebirges. Nach 62 Tagen erreichte sie als erste Frau, die diese 1200 km lange Wanderung alleine unternommen hat, ihr Ziel.
In ihrem spannenden Expeditionstagebuch schildert die Abenteurerin ihre Erlebnisse in der Wildnis und Einsamkeit Schwedens und lässt den Leser teilhaben an ihren unzähligen herrlichen Erlebnissen draussen in der Natur, den Begegnungen mit Einheimischen, aber auch an Momenten, wo sie sich mit Schneestürmen und anderen Gefahren konfrontiert sah.
LanguageDeutsch
Release dateFeb 19, 2015
ISBN9783735706867
across skanderna: Mein Skiabenteuer über das Skandinavische Gebirge
Author

Andrea Michel

Andrea Möhr-Michel ist 1972 in Luzern (Schweiz) geboren. 1992 reiste sie zum ersten Mal nach Nordskandinavien. Da ist’s passiert: sie wurde unheilbar vom Polarvirus befallen. Und ist man von diesem Virus befallen, wird man immer und immer wieder in die Arktis reisen... Die erste Trekkingtour führte im Jahr darauf auf dem Kungsleden von Abisko nach Vakkotavare. Danach unternahm sie jedes Jahr mindestens eine mehrwöchige Trekkingtour in Schweden oder Norwegen. Einen ganzen Winter lang und über den ganzen schwedischen Teil des skandinavischen Gebirgsrückens zu wandern war ein grosser Traum, den sie sich 2003 erfüllte („across skanderna“). 2010 setzte sie diese Reise noch bis zum nördlichsten Festlandpunkt Europas, dem Kinnarodden bei Mehamn, fort. Im Jahr 2005 begann sie in Schweden ihre Ausbildung zur Trekkingführerin und schloss diese als zertifizierte Trekkingführerin (certifierad fjälledare enligt fjällsäker-hetsrådets norm) ab. Sie hat für den für den Schwedischen Touristenverein (STF) mehrere Trekkingtouren vorbereitet und selber geleitet. Wenn Andrea Möhr-Michel nicht mit Zelt und Rucksack im Norden unterwegs ist, arbeitet sie als Revisorin. „Was macht die Faszination aus, die mich Jahr für Jahr wieder in die menschenleeren Gegenden Skandinaviens zieht? Die Antwort lautet: das Hier und Jetzt geniessen. Die stillen Momente. Das einfache, beschauliche, auf das Wesentliche reduzierte Leben: Schlafen, von hier nach dort ziehen, Essen und Gedanken nachhängen“. So beschreibt die Autorin ihre Passion, die sie als in Schweden zertifizierte Trekkingführerin mit viel Herzblut schon unzähligen Wanderbegeisterten weitergab. Ihre Webseite: www.laponia.ch

Related to across skanderna

Related ebooks

Related articles

Reviews for across skanderna

Rating: 0 out of 5 stars
0 ratings

0 ratings0 reviews

What did you think?

Tap to rate

Review must be at least 10 words

    Book preview

    across skanderna - Andrea Michel

    169km

    1. Etappe: Grövelsjön – Storlien/Storvallen Endlich los!

    Endlich war der Tag gekommen, wo ich die letzten Sachen packte, mich vom warmen Wohnzimmer verabschiedete und den Schlüssel im Schloss der Wohnungstüre mit etwas mehr Aufregung als sonst drehte. Doch vor meinem Aufbruch irrte ich ziemlich nervös in der Wohnung umher, bis ich mir sagte, dass ich wohl weder ungeduldig noch nervös zu sein brauchte, denn vor mir lagen doch nicht weniger als 13 Wochen Urlaub und Abenteuer!

    Via Zürich – Stockholm reiste ich nach Mora, wo ich mich logistisch auf die rund 70 geplanten Wandertage vorbereitete. Weil es ziemlich umständlich ist, mit einer Pulka (Expeditions-Schlitten zum Transport von Ausrüstung, wird durch den (Ski-)Wanderer selber gezogen) zu reisen, hatte ich sie zusammen mit einigen grösseren Ausrüstungsgegenständen per Post nach Mora geschickt. Ausserdem wartete noch ein Paket mit 8kg Schokolade auf mich.

    So war mein Aufenthalt in Mora auch gleichzeitig ein „Einlaufen für die kommenden Strapazen: von meiner Unterkunft unmittelbar beim Ziel des berühmten „Vasa-Loppets, einem 90km langen Langlaufrennen, bis zur Post und den Lebensmittelläden im Zentrum war es ein gutes Stück zu gehen. Und diese Strecke absolvierte ich über den Tag verteilt einige Male. Einmal mit der Pulka und insgesamt 21kg auf der Achsel, denn es lag zu wenig Schnee, als dass ich die Pulka hätte ziehen können. Dann mit den 8kg Schokolade und 3lt Reinbenzin (Brennstoff für den Kocher), später wieder mit Essen für 14 Tage beladen, dann mit zwei Paketen, die ich nach Gäddede und Vuoggatjålme schickte, zwei Etappen-Zielen, zurück zur Post. So verging der Tag im Flug, doch es blieb noch Zeit, das Vasa-Loppet-Museum zu besichtigen. Ich war beeindruckt von den Läufern, die an einem Tag 90km zurücklegten. Für diese Strecke sollte ich auf meiner Tour etwa 3-4 Tage be-nötigen.

    Am nächsten Tag reiste ich per Bus nach Grövelsjön weiter, wo die südlichste Fjällstation Schwedens steht, dem Ausgangspunkt meines 1200km langen Marsches über die Skanderna.

    1. Tag, Grövelsjön Fjällstation – Hävlingsstugorna, 13km

    Fragt man Fjällwanderer nach den optimalen äusseren Bedingungen für eine Tour im Winter, wird man folgende Antwort erhalten: Blauer Himmel, windstill und –5°C. Und mit eben diesen Bedingungen startete ich in mein Abenteuer!

    Der erste Tag auf einer längeren Trekkingtour ist für mich immer ein spezieller Tag, voller Vorfreude, aber auch immer mit etwas Respekt vor dem, was noch aussteht. Doch heute Morgen war alles ganz anders! Ein völlig neues Gefühl, den ersten Tag einer Tour in Angriff zu nehmen, die zu lange dauert, als dass man es irgendwie fassen könnte. Zwei, drei Wochen Ferien im Fjäll sind überschaubar. Drei Monate? Obwohl ich meine 1200km lange Tour in sechs Etappen eingeteilt hatte, schien es unendlich lange.

    Nach einem stärkenden Frühstück in der Fjällstation packte ich die Pulka und beförderte sie aus meinem Zimmer vor den Eingang der Unterkunft. Viele Leute staunten ob meinem riesigen Gepäck. Und die Teilnehmer eines Foto-Kurses freuten sich über das neue Sujet…

    Gleich vom ersten Meter an wurde ich gefordert, denn mich erwartete der lange Aufstieg zu den Jakobshöjden hinauf. Die Birkenwaldgrenze lag bald hinter mir, doch das Ziehen der vollbeladenen Pulka, die mit Essen und Brennstoff für 12 Tage etwa 58kg wog, war gewöhnungsbedürftig. Ich musste erst lernen, wie ich mich am effizientesten mit der schweren Pulka bewegen konnte, damit es nicht allzu sehr ruckte zwischen den einzelnen Schritten. Während ich mir das kräftesparende Aufsteigen beibrachte, huschten Tagesausflügler mit leichtem Rucksack lockeren Schrittes an mir vorbei. Manche fragten mich neugierig nach dem Ziel meiner Wanderung, da ich doch den ganzen „Hausrat", wiesiebemerkten, mitführte.

    Als ich die 200 Höhenmeter Aufstieg geschafft hatte, genoss ich erst einmal die herrliche Aussicht über Grövelsjön und die norwegischen Berge im Hintergrund und schwelgte in schönen Erinnerungen an Winterferien in einem typischen Dalarna-Blockhaus bei Grövelsjön. Nachdem ich mich mit Fruchtsuppe und belegten Broten gestärkt hatte, ging es auf die erste kurze Abfahrt dieser Tagesetappe, die ich wegen der schweren Pulka vorsichtig anging. Dann folgte 5km flaches Terrain bis zur Windschutzhütte Särsjöbacken, wo ich nochmals das herrliche Wetter und meinen ersten Tag im Fjäll in vollen Zügen genoss. Ein Traumstart!

    Nach einer etwas längeren Abfahrt kam ich beim See Hävlingen an und stand kurz darauf vor den Hävlingsstugorna, wo ich nach kurzen 13km Marsch meine erste Übernachtung geplant hatte. Ich wollte bewusst am ersten Tag nicht allzu weit gehen und auch nicht schon im Zelt übernachten, um mich langsam an die Kälte und an die körperliche Anstrengung zu gewöhnen. Aus meiner Erfahrung wusste ich, dass es sinnvoll ist, sich nach und nach an die strenge Kälte zu gewöhnen, da man anderenfalls schnell mit Lungenproblemen (stechenden Schmerzen beim Atmen) kämpft.

    Die anderen Betten in den Hävlingsstugorna blieben leer. Wen wundert’s? Mitte Februar ist es noch bitter kalt; die Tage sind ziemlich kurz und deshalb nur vereinzelt Wanderer auf Mehrtagestouren unterwegs. Um 18 Uhr ist es bereits stockdunkel, und vor 8 Uhr ist noch nicht ans Wandern zu denken. Meine erste Nacht im Fjäll wurde dann auch bitter kalt: -18°C zeigte das Thermometer. Um mich gut an die Kälte zu gewöhnen, heizte ich nicht. Am Morgen war es dann nur noch +1°C „warm" in der Hütte!

    Dieser erste Abend draussen im Fjäll auf meiner so lange herbeigesehnten Tour war speziell: Ich kämpfte gegen eine Art innere Unruhe und einem völlig neuen Zustand in meinem geliebten Fjäll. Schon als ich einen langen, in allen Farben schimmernden Sonnenuntergang bestaunte, merkte ich, dass ich völlig aufgedreht war: Mir wurde erst richtig bewusst, was ich nun vor mir hatte: fast drei Monate draussen im Schnee zu leben, allen möglichen Wetterbedingungen zu trotzen und dabei noch etwa 1200km zurückzulegen. Alleine.

    Plötzlich war alles keine „Planerei auf einer schönen Excel-Tabelle mehr. Nun war ich da, draussen im Schnee, die ersten Kilometer bereits hinter mir. Mich erfasste ein unheimliches Gefühl, mir wurde sogar übel vor Aufregung. Mitten in der Nacht ging ich um die Hütten, um mich zu beruhigen. Vielleicht war dieses „Bewusstwerden eine heilsamer Schock?

    2. Tag, Hävlingsstugorna – Rogen, 20km (33km total)

    Nach einem weiteren traumhaft schönen Tag schlug ich mein Zelt am Ufer des Rogen (See) auf und hatte freie Seesicht: platt und weiss, so weit das Auge reicht! Ausserdem schien der Mond direkt in mein Zelt. Auf meiner mit Daunen gefüllten Luftmatratze sitzend, in Daunenschlafsack und –Jacke sowie in warme Wollmütze und Handschuhen gehüllt, genoss ich diese romantischen Augenblicke – bei weniger romantischen –20°C. Doch dies machte mir erstaunlich wenig aus, obwohl ich erst gerade den zweiten Tag in der Kälte verbrachte. Einzig das Brummen des Benzinkochers störte die Stimmung ein wenig. Schneeschmelzen gehört fortan zu meinen allabendlichen Beschäftigungen: Zuerst kochte ich mir eine nahrhafte Mahlzeit, die Hauptmahlzeit des Tages, dann wurden die Thermosflaschen aufgefüllt und während diesem Ritual achtete ich auch darauf, dass ich die verlorene Körperflüssigkeit ausglich, zum Beispiel mit Pulverkaffee, Cappuccino aus dem Beutel oder Früchtetee.

    Nicht nur der Zeltplatz war sehr schön gelegen, auch die ganze Tagesetappe führte durch eine traumhafte Landschaft. Als ich die Hütte am Hävlingen verliess, lag über dem See ein Hauch von Nebel, und die Bäume waren mit dickem Raureif überzogen. Der Weg verlief über das Seensystem des Rogen im Grenzgebiet zu Norwegen. Im Sommer ist dieses Gebiet ein Paradies für Wasserwanderer mit Kanu oder Seekajak. Mir boten die Seen ein leichtes Vorankommen auf mit stets flauschigem Neuschnee bedecktem Eis. Die herrliche Landschaft liess in mir nun wirklich alle Ängste und Zweifel vom vorigen Abend verfliegen. Nun war es da, das einmalige Gefühl, nun eine schier unendlich lange Zeit – den ganzen Winter – draussen in meinem geliebten Fjäll zu sein und jeden Tag neue Landschaften zu entdecken. Ich fühle mich grossartig und vogelfrei!

    Auf dem Weg zum Rogen kam ich bei insgesamt sechs Windschutzhütten vorbei, doch allesamt waren sie noch tief eingeschneit und wohl den ganzen Winter unbenützt geblieben. Bei der letzten machte ich meine grosse Nachmittagspause, natürlich vor der Hütte, an der Sonne, denn es war absolut windstill und somit viel wärmer draussen als in der Hütte drinnen. Dennoch nutzte ich kurz die Hütte, um mir schneefrei und bequem sitzend meine Blasen zu verarzten. Nach der Pause folgten noch zwei Kilometer durch hügeligen Wald zwischen Bredåsjön und Rogen, wo ich einige rasante Abfahrten zu bewältigen hatte, die ich alle recht furchtlos und in einem beträchtlichen Tempo anging. Zum Glück kam mir auf dem schmalen Weg im Wald niemand entgegen! Ausser vier Männern, die auf Schneeskootern zum Eisfischen unterwegs waren, begegnete ich an diesem Tag niemandem.

    Enjoying the preview?
    Page 1 of 1