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Frag einfach!: Fünf Erzählungen
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Ebook97 pages1 hour

Frag einfach!: Fünf Erzählungen

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About this ebook

Lehmann, 2641 Tage und Uli, die ungewöhnliche Begegnung zwischen Engin und Viola, Grams Kampf um Integration, über das Zusammenfinden und Toleranz und zu guter letzt der ganz normale Wahnsinn.

Die sehr authentisch und gefühlvoll geschriebenen Erzählungen handeln von Schicksalen, die den Leser in den Bann ziehen, da sie vor der eigenen Haustür stattgefunden haben könnten.

Die Autorin hat das richtige Gespür, Geschehnisse in Worte zu fassen. Mit Leichtigkeit, jedoch auch kritisch und zum Nachdenken anregend, überrascht sie den Leser mit ihren facettenreichen Erzählungen.

Fünf Erzählungen – spannend, emotional, ergreifend und mit einem Augenzwinkern – lesenswert.
LanguageDeutsch
Release dateFeb 27, 2015
ISBN9783735776440
Frag einfach!: Fünf Erzählungen
Author

Petra Kolossa

Petra Kolossa, Jahrgang 1958, ist eine vielseitige Künstlerin, Buchautorin und Bloggerin. Sie lebt und arbeitet nahe dem Bodensee, in Horgenzell. Ihre Kunstwerke sind international, wie auch in Deutschland in vielen Ausstellungen zu sehen. Ihr erstes Buch Frag einfach! veröffentlichte sie 2015. Seit 2014 schreibt die gebürtige Dresdnerin ihren Blog www.petra-kolossa.com.

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    Book preview

    Frag einfach! - Petra Kolossa

    Wohin du auch gehst, geh mit deinem ganzen Herzen

    Konfuzius

    Inhaltsverzeichnis

    Rabenschwarz und Aquamarin

    Engin

    Grams

    Unverbunden miteinander

    Murphys Gesetz

    Dank

    Anmerkung

    Rabenschwarz und Aquamarin

    Das einzige Strahlende in diesem Loch sind seine Augen, denke ich. Tausende Prismen in Aquamarin und Topasblau brechen das Licht in der Iris und lassen die Pupille im Nichts verschwinden. Schaut man in solche Augen, verliert man sich. Es gibt keine Festigkeit, nichts zu greifen. Sie sind nicht tief, nicht warm oder kalt, weder ehrlich, noch verlogen. Sie sind einfach nur schön.

    Seine leuchten über dunklen, fast schwarzen Augenringen in einem beige-olivfarbenen verlebten Gesicht. Es gibt Gesichter, gegerbt vom Leben, in die man gern schaut. In seines nicht. Es ist irgendwo in den Vierzigern, eine Fassade dunkel gespannter Haut ohne Charisma.

    Er streckt mir zur Begrüßung seine Hand entgegen. Die vom Nikotin dunkelgelb bis braun gefärbten Finger mit langen, dreckigen abgestoßenen Nägeln erregen in mir Ekel. Ich zögere. Reiche ihm dennoch meine. Seine ist kalt und zu trocken. Mich schaudert es.

    „Wir müssen noch eine Etage hoch, sagt er, „dort ist meine Wohnung. Ich gehe mal voraus, wenn's recht ist.

    Er spricht hastig und presst die Worte. Seine Zähne sind braun, einige fehlen.

    Beim Gehen zieht er den rechten Fuß leicht nach und belastet den linken. Dennoch sind seine Bewegungen flink.

    Er führt mich durch den langen Gang im Erdgeschoss eines ehemaligen ausgedienten Hotels. Noch heute kann man die Küche riechen. Die großen Flügeltüren mit gefülltem Butzenglas sind zerstört. Schade, denke ich. Durch die leeren Bleifassungen kann man ins Innere des Gastraumes sehen. Es stapeln sich alte Möbel, Haushaltgeräte, Tapetenreste, Malerzubehör, durchgetretene Teppichböden und Dinge, die immer hinzukommen, wenn irgendwo ein Berg Müll entsteht in dessen Nähe Menschen leben.

    Eifrig schiebt er eine Tür auf, lässt mir den Vortritt, hastet an mir vorbei und zieht sich am rechten Treppengeländer nach oben in die nächste Etage. Ein weiter langer Gang mit unendlich vielen Türen liegt vor mir. Es riecht muffig. Eine Mischung aus Tabak, Urin, Kaffee, Alkohol, irgendwelchen billigen Rasierwassern und Gebratenem.

    Auf dem Flur liegen meterlange Teppichläufer in dunklem Weinrot mit Ornamenten in Preußischblau und Ockergelb. Zuletzt sah ich solche in einem alten Hotel aus den Sechzigern. Diese hier sind fleckig, dünn und ausgefranst. Die Wände sind mit abwaschbarer Ölfarbe gestrichen. Das Lindgrün schält sich an einigen Stellen blasig von der Wand und lässt helle bröselnde Salzkristalle mit dem Putz frei. An der Decke flimmern Neonlampen. Einige mehr, einige weniger, manche sind tot und eine nervt mit ihrem Brummton.

    Lehmann bleibt an einer der abgeschabten teakbraunen Türen stehen. Er kramt den Schlüssel aus seiner schlampigen hellgrauen Sweathose und schließt auf.

    „So, kommen sie bitte rein, hier ist meine Wohnung, sagt er und freut sich: „Oh, wie schön warm es hier ist. Es war doch ganz schön kalt im Haus.

    Mich würgt es. Es stinkt nach abgestandenem Zigarettenqualm, ungewaschener Wäsche und alten Matratzen.

    „Kommen sie rein, machen sie die Tür zu. Es wird kalt", ruft er mir zu, eilt um den flachen vermöhlten Tisch mit rosa-beige gekachelter Oberfläche und lässt sich auf die riesige speckige graubraune Couch zwischen flüchtig hingeworfenen Jacken, Basecaps, Hosenträger, leeren Colaflaschen und aus dem Briefkasten entnommenen Werbeblättchen fallen. Der Stoff des oberen Drittels der Lehne ist abgegrabscht und ölig.

    Der Raum ist etwa zwanzig Quadratmeter groß, eher lang als breit. Gegenüber der Tür ist ein Fenster hinter zippeligen verqualmten großmaschigen Gardinen.

    „Können wir vielleicht erst einmal das Fenster öffnen und etwas Luft rein lassen?", frage ich ihn.

    „Oh, das geht leider nicht. Das Fenster ist verquollen und lässt sich nicht mehr aufmachen, sagt er. „Das geht nur über den Flur. Ist dort das Fenster auf?

    „Ich weiß es nicht. Soll ich mal nachsehen?", frage ich und eile, um diesem Gestank zu entkommen.

    Die Tür zu seiner Wohnung lasse ich weit offen stehen und reiße das verschlossene Fenster auf.

    Ich stehe am Fenster und ziehe mir die Lungen voll mit herrlich frischer Kleinstadtluft.

    Das Interview wird eine Herausforderung, denke ich und überlege, mit einer Ausrede das Weite zu suchen. Ich drehe mich vom Fenster weg und sehe durch die offene Tür Lehmann auf seinem Sofa sitzen, seine hellen Augen erwartungsvoll auf mich gerichtet. Ich wische meinen Gedanken fort und befehle mir: Zähne zusammenbeißen und durch!

    Die Tür fällt hinter mir ins Schloss. Es stinkt nach wie vor. Lehmann bietet mir den wuchtigen Sessel an der Stirnseite des Klubtisches unter dem Fenster an. Ein zweiter steht nur zwei Schritte von der Tür entfernt, belagert mit einem großem Berg Klamotten.

    Ich lege meine Jacke mit der Außenseite auf den schmierigen Sessel und setze mich darauf. Meine Tasche stelle ich zwischen Tisch und Sessel. Die Auslegeware muss irgendwann einmal hellbeige gewesen sein. Jetzt ist es ein abgelatschter staubig-fleckiger Fetzen. Sie hat sicher ein paar Jahre keinen Staubsauger gesehen, denke ich und stöhne innerlich.

    Ich entnehme meiner Tasche das Notebook. Der Akku ist schwach und ich bitte Lehmann, eine Steckdose benutzen zu dürfen. Er freut sich, mir helfen zu können.

    „Ja, gleich neben ihnen ist eine", sagt er.

    Ich finde keine.

    „Gleich da, über der Kaffeemaschine, sagt er und zeigt rechts neben mich. „Die Kanne habe ich gerade ausgespült. Die ist noch ganz nass. Ziehen sie den Stecker raus und stecken sie ihren rein.

    Ahja. Neben mir ist ein Holzregal zusammen genagelt aus groben Holzleisten. Voll bepackt mit Kram von der besabberten Zahnbürste, benutzten Besteckteilen, gequetschter Shampooflasche, Dosen, Schachteln bis zum bekleckerten Kaffeenapf. Darauf steht sie, die Kaffeemaschine, alt, nass, das Glas der Kanne mit braunem Belag, der Kunststoff war mal weiß. Mit zwei Fingern greife ich den Stecker der Maschine und ziehe diesen aus einer von der Wand hängenden Verlängerung, die mal irgendwann auf dem Bau gedient haben muss und stecke meinen Laptop an.

    Wo hat er eigentlich seine Kaffeekanne ausgespült? Nirgendwo kann ich ein Waschbecken oder ähnliches entdecken. Es gibt nur eine Tür und zwar die nach draußen.

    Ich frage ihn

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