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Roberts Restaurant: Expats in Thailand
Roberts Restaurant: Expats in Thailand
Roberts Restaurant: Expats in Thailand
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Roberts Restaurant: Expats in Thailand

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About this ebook

Das Restaurant des deutschen Auswanderers Robert Fendrich wird in der thailändischen Kleinstadt Sisaket zum Anlaufpunkt der in der Umgebung ansässigen Ausländer. Durch die thailändischen Gesetze zur Untätigkeit gezwungen und mit kaum überwindbaren sprachlichen und kulturellen Verständigungsproblemen konfrontiert, bilden sie in der Fremde eine fragile Schicksalsgemeinschaft. Die unterschiedlichen Geschichten dieser »Expats« zeigen dem Leser die Integrationsprobleme von Auswanderern, die ihren Alltag in einem vermeintlichen Paradies fristen.
Die Spanne der Erlebnisse reicht vom langsamen Abstieg des Schweizer Bahnpensionärs Walter in den Alkoholismus, über die Ausflüge des melancholischen Mopedfans Ruud, bis zur lustig-absurden Odyssee des Japaners Kiyoshi.
Dem Leser wird humorvoll und spannend ein Blick hinter die Fassaden eines faszinierenden Landes gewährt, von welchem die meisten Urlauber nur die schönen Strände kennen lernen.
LanguageDeutsch
Release dateMar 25, 2015
ISBN9783738674354
Roberts Restaurant: Expats in Thailand
Author

Andreas Tietjen

Andreas Tietjen wuchs in einer niedersächsischen Kleinstadt auf und pendelt seit vielen Jahren zwischen der Metropole Berlin und einem kleinen Dorf in der Lüneburger Heide. Der studierte Kunsttherapeut und Kunstpädagoge wirkte mehr als 25 Jahre lang als Keyborder, Komponist und Texter in verschiedenen Musikformationen im Bereich Pop- und Rockmusik. Seine Reiseleidenschaft führt ihn regelmäßig in viele verschiedene Länder, insbesondere nach Süd-Ost-Asien. Besonders angezogen fühlt er sich von der Kultur, von der Landschaft und natürlich von den Menschen Thailands. Er erlernt die thailändische Sprache und verbringt viel Zeit in den entlegenen Dörfern und Kleinstädten im Norden und Nordosten des Königreichs. Die vielfältigen Begegnungen, inspirierenden Erlebnisse und Eindrücke, die er dort gesammelt hat, regten ihn Anfang der Zweitausenderjahre an, seine ersten Romane zu schreiben. Mittlerweile sind mehrere belletristische Werke unterschiedlicher Genres erschienen.

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    Book preview

    Roberts Restaurant - Andreas Tietjen

    Inhaltsverzeichnis

    Abschied vom Arbeitsleben

    Zurück Daheim

    Hochzeit, Zweisamkeit und Heimweh

    Ein Koch auf Reisen

    Kentucky Fried Chicken

    Loi Krathong

    Touristen

    Farang undThailänder

    Annette Schenck

    Ruud

    Der Japaner

    Annette kehrt zurück

    Bangkok

    Letztes Kapitel

    Anmerkungen

    Landkarte von Thailand (Action Map)

    Abschiedvom Arbeitsleben

    Walter war schon seit ein paar Jahren Witwer, und nun hatte er seinen letzten Arbeitstage als Beamter der Schweizerischen Bundesbahn vor sich. Nach vielen, vielen Jahren der Einförmigkeit und der langsamen Bewegungen, mischte sich in die Vorfreude auf seinen Ruhestand ein kaum merklicher Drang nach Aktivität und Abwechselung. Ja vielleicht war es sogar ein Hauch von Abenteuerlust. Diese Vorfreude, die hauptsächlich darin begründet lag, dass er seinen seit vielen Jahren gehassten Arbeitskollegen bald nicht mehr umständlich aus dem Weg gehen müsse, wurde von Tag zu Tag stärker. Als der große Moment seiner Verabschiedung kam, lag auf seinem Antlitz das Mona-Lisa-Lächeln eines Wissenden, der seine Salbung großzügig über sich ergehen ließ, um den Anwesenden nicht die Freude zu verderben. Und anstatt die bei solchen Anlässen übliche und von allen Kollegen erwartete Dankesrede, mit den allseits bekannten Floskeln und Komplimenten, in den Abschiedsapplaus einzublenden, kam ein kurzes Danke aus seinem Mund. Ein kurzes, kaum vernehmbares ›Danke‹, sonst nichts!

    Die goldene Uhr, das Abschiedsgeschenk der Abteilungsleitung, in der einen Hand, das einfallslose Präsent der Abteilungs-Kollegen, nämlich die Anfängerpackung einer elektrischen Modelleisenbahn unter dem anderen Arm, so stand er da. Er lächelte noch einmal in die Runde und verschwand. Er ließ seine verdutzten Kollegen mit ihren Sektgläsern und Schnittchen im Großraumbüro stehen und fuhr mit dem Bus auf direktem Weg zu seiner Zweizimmerwohnung, die sich im ersten Stock eines Mehrfamilienhauses befand. Sein Koffer stand bereits gepackt vor der Garderobe. Er duschte ausgiebig, schlüpfte in die vorsorglich bereitgelegte Kleidung, überlegte noch, ob er die goldene Uhr anlegen sollte oder besser doch seine uralte, zuverlässige Eisenbahner Uhr. Die Goldene sollte es sein – er hatte ja beschlossen, sich ab sofort alles zu gönnen! Routinemäßig, aber gewissenhaft, schloss er den Gashahn, knipste alle Sicherungen aus, bis auf die eine, die den mit wenigen, nicht angebrochenen, Lebensmitteln gefüllten Kühlschrank versorgte. Er überprüfte noch einmal, ob alle Fenster sowie die Schubladen der Möbel geschlossen waren. Ein letzter kritischer Blick in die Runde, und ein selbstzufriedener Walter verließ seine Wohnung und fuhr mit dem Bus direkt zum Flughafen Zürich-Kloten.

    Wie ging es doch vornehm zu bei den Fliegern! Jeder Passagier wurde eingecheckt und sein Gepäck wurde einzeln gewogen, durchleuchtet, mit einem langen Aufkleber versehen und von einem jungen Mann auf ein Förderband gehievt, um dann in einem Tunnellabyrinth zu verschwinden. Im Flugzeug bekam jeder Fluggast ein Päckchen überreicht, in dem sich diverse Toilettenartikel, Erfrischungstücher, eine Schlafbrille, ja sogar Stoffpantoffeln befanden. Es gab einen Begrüßungsdrink wie in einem noblen Hotel, Decken und Kopfkissen. Walter musterte alles detailgenau, er roch sogar an der Mini-Zahnpastatube. Sein Sitznachbar wiederum musterte Walter, allerdings mit einem etwas verächtlichen Gesichtsausdruck.

    »Wohin fliegen Sie?«, fragte ihn Walter, noch immer von einer gewissen Aufgeregtheit befangen.

    Der etwa vierzigjährige, etwas untersetzte Mann neben ihm, der schon vor dem Abheben der Maschine nur noch T-Shirt und Jogginghose anhatte, antwortete:

    »Eigentlich nach Kuba, aber wenn ich unterwegs ein schönes Plätzchen entdecke, steige ich schon vorher aus!«

    »Nach Kuba?!«

    Walter wurde nervös und suchte nach seiner Bordkarte.

    »Wir fliegen doch nach Bangkok!«

    »Ach wirklich?«, spottete der Nachbar, dann signalisierte er durch das Aufsetzen seiner Schlafbrille, dass er an einer weiteren Konversation nicht mehr interessiert war.

    Ein letztes Mal klappte er diese jedoch noch hoch, nämlich als Walter tatsächlich die Stewardess fragte, ob sie wirklich nach Bangkok flögen und nicht nach Kuba. Von diesem Moment an empfand Walter die Fliegerei nicht mehr als vornehm und Passagiere, wie auch Besatzung, als arrogante Schnösel, die mit der Tradition und dem gediegenen Komfort der Schweizerischen Bundesbahn nicht im Entferntesten mithalten konnten.

    *

    Bangkok war sehr, sehr heiß! Walter kam gar nicht mit dem Abtupfen seiner schweißnassen Stirn hinterher. Er war einfach schnurstracks an der Menge rufender und gestikulierender Taxifahrer vorbeigegangen, um draußen im Freien etwas frische Luft zu schnappen. Aber draußen war es erst recht heiß, und die Luft war alles andere als frisch. Also kehrte Walter mit dem Koffer in der Hand um und ging ziellos zu der wartenden Menge zurück. Als er dann eine Weile irritiert umhergeblickt hatte, kam eine freundliche, winzig kleine Thailänderin mit einem Schild in der Hand auf ihn zu und fragte:

    »Are you mistää Simmeler?«

    »Zimmerer«, antwortete Walter, »das muss Zimmerer heißen!«

    Die Frau sah ihn verständnislos an.

    »Ja, äh, Jess! Zimmerer«, versuchte es Walter erneut und beinahe hätte er der Frau seinen Koffer zum Tragen in die Hand gedrückt, konnte den Reflex jedoch gerade noch unterbinden.

    Die Frau geleitete Walter aus dem Flughafengebäude heraus zu einem wartenden Toyota Kleinbus, der die ganze Zeit über mit laufendem Motor dastand, damit die Klimaanlage durch die weit geöffnete Schiebetür, die Stadt etwas herunterkühlen konnte. Als weitere fünf Männer zugestiegen waren, kletterte die junge Frau auf den Beifahrersitz und der Fahrer fuhr los. Die Thailänderin drehte sich zu den Fahrgästen um und hielt eine kurze Ansprache, von der Walter kein Wort begriff. Walter konnte kein Englisch verstehen, geschweige denn sprechen. Also wandte er seinen Blick von der hübschen Begleiterin ab und betrachtete die Gegend, durch die sie fuhren. Was er da zu sehen bekam, verlangte ihm doch eine gewisse Ehrfurcht ab. Er hatte in dem kleinen Reisebüro in Zürich, wo er seine Reise gebucht hatte, wunderschöne Bilder von traumhaften, einsamen Stränden und paradiesischen Hotel- und Bungalowanlagen gesehen. Aber dies hier war wie Amerika. Schlimmer als Amerika! Ein Hochhäuser-Meer, soweit das Auge blicken konnte und Autos, die in mehreren Etagen übereinander fuhren. Ihm wurde fast schwindelig, als der Fahrer mit einem atemberaubenden Tempo durch den dichten Verkehr raste. Etwas besser wurde es erst, als sie die Großstadt verlassen hatten und es auf der Hochstraße, die sie hier Tollway nannten, etwas ruhiger wurde.

    Nun endlich übermannte Walter die Müdigkeit und er schlief ein. Als der Kleinbus schließlich ruckend zum Stehen kam, wachte er erschrocken auf. Sie befanden sich nun vor dem Eingangsportal eines riesigen Gebäudes, aus dem eilig ein paar Hotelpagen angerannt kamen, um die Neuankömmlinge und deren Gepäck in Empfang zu nehmen. Auch hier hatte Walter ein völlig anderes Bild vor Augen gehabt. Nun ja, auch nächtliche Dunkelheit war im Reisekatalog nicht abgebildet worden, deren Existenz konnte Walter jedoch widerspruchslos hinnehmen.

    Walter gewöhnte sich schnell an den Komfort, aber auch an die Unzulänglichkeiten des Hotels. Schließlich hatte er ja Urlaub. Es war die erste Urlaubsreise seit seiner Hochzeit! Er hatte sein ganzes Leben lang auf seinen Ruhestand hin gespart. Er war das erste Mitglied seiner gesamten Familie, das überhaupt so etwas wie einen Ruhestand genießen konnte! Dieser Umstand war ihm sehr bewusst, und diese Tatsache sollte seine weiteren Aktivitäten bestimmen.

    Der erste Tag in Pattaya begann für Walter mit einem ausgiebigen Frühstück. Das Hotel wurde von einem Schweizer geleitet, und so fanden sich auf der Speisekarte allerlei schweizer Spezialitäten, zu denen natürlich auch ein klassisches Birchermüesli gehörte.

    Etwas enttäuschend war für Walter dann allerdings der Strand. Um dorthin zu gelangen, musste er zwei Häuserblocks und zwei verkehrsreiche Straßen hinter sich bringen. Der Strand war nur ein dünner, verschmutzter Streifen, der zudem von allen möglichen Typen bevölkert war, die nun wirklich nicht zu der Gesellschaftsschicht gehörten, der sich Walter zugehörig, oder mit der er sich zumindest verbunden fühlte. Es ging laut und unkultiviert zu. Der Wind blies viel zu stark, als dass man sich hätte auf einem der Miet-Liegestühle erholen können. Die Sonne brannte viel zu heiß und es kamen andauernd Händler an den Rastplatz, die ihm alle möglichen unnützen Dinge zum Kauf anboten. Nach zwei quälenden Stunden gab Walter auf. Er kleidete sich genervt an, packte seine Strandtasche und ging zurück ins Hotel, um sich den Schmutz und den Schweiß vom Leibe zu duschen.

    Danach beschloss er, einen Spaziergang durch die Stadt zu machen, um einen Eindruck von seinem Feriendomizil zu bekommen. Nach wenigen hundert Metern kam er an eine erste Bar, die bereits um diese Mittagszeit geöffnet, und die bereits so früh am Tag ganz ordentlich besucht war. Durst hatte er eigentlich schon, aber die Männer, die am Tresen der zur Straße hin offenen Bar saßen und junge, halb nackte Thailänderinnen betatschten, schreckte ihn doch zu sehr ab.

    Es folgte eine zweite Bar, in der jedoch noch alle Stühle an die Seite gerückt waren, und um die herum eine Putzfrau den scheckigen Fußboden wischte. Die dritte Bar, nur weitere zehn Meter entfernt, war hingegen bereits geöffnet. Hier saßen nur zwei Europäer, die sich angeregt miteinander unterhielten. Nun ja, und das Barmädel forderte ihn so nett und unaufdringlich auf, sich an die Bar zu setzen, dass er nach kurzem Zögern seine Schüchternheit überwand. Mit hochrotem Kopf, wegen seiner Aufgeregtheit, bestellte sich Walter ein Bier. Und jetzt, wo er schon einmal so dasaß, musste er feststellen, dass es doch ganz angenehm war, hier im Schatten zu sitzen, der Musik zu lauschen und sich von dem freundlichen, hübschen Mädel bedienen zu lassen. Es passierte auch weiter nichts. Nicht, dass er von halb nackten, jugendlichen Frauen bedrängt oder genötigt wurde, wie er es verschiedentlich über thailändische Urlaubsorte gehört und gelesen hatte. Nein, er saß einfach so da, wurde gelegentlich von der jungen Frau am Tresen angelächelt, welche ansonsten damit beschäftigt war, Gläser zu putzen, den Kühlschrank aufzufüllen und die Unordnung der vergangenen Nacht zu beseitigen. Doch, Walter fühlte sich zum ersten Mal so, wie er sich seinen ersten Urlaub im Ruhestand vorgestellt hatte. Er verbrachte geschlagene drei Stunden in der Bar. Er trank fünf Flaschen thailändisches Bier, das im Übrigen gar nicht so schlecht schmeckte. Dass er langsam etwas beschwipst wurde, merkte er nicht. Dafür fiel ihm die Konversation mit den nach und nach eintreffenden Barmädels zunehmend leichter. Man brauchte gar keine Englischkenntnisse zu besitzen, um sich verständlich zu machen!

    Hätte sich nicht langsam ein stärker werdendes Hungergefühl bemerkbar gemacht und hätte er nicht allmählich ein schlechtes Gewissen bekommen, dass er gleich am ersten Tag seines Urlaubs und dazu noch am hellen Tag, in einer Bar versackte, dann wäre er bestimmt einfach dort hocken geblieben. Aber so gab er sich einen Ruck, bestellte die Rechnung und war erstaunt, wie preiswert seine Zecherei war.

    Mit einem freundlichen:

    »See you later, Walter!«, entließ man ihn in die sengende Nachmittagssonne. Diese versetzte seinem Gleichgewichtssinn erst einmal einen gehörigen Schlag. Mit Mühe erreichte er das Schnitzelstübchen, welches sich einen Block weiter auf der gleichen Straßenseite befand. Ohne groß zu überlegen, ging Walter dort hinein und atmete die kühle Klimaanlagenluft tief ein.

    Erfreut stellte er fest, dass die Speisekarte, die ihm eine unfreundliche, ältere Frau kommentarlos auf den Tisch gelegt hatte, unter anderem auch auf Deutsch verfasst war. Ebenso erleichtert war er, dass ausschließlich Speisen angeboten wurden, die er allesamt von zu Hause kannte. Und noch erleichterter darüber, dass sein Schweineschnitzel mit Pommes frites auch genau so schmeckte wie in der Schweiz.

    Die drei besoffenen, grölenden und pöbelnden Engländer an der gegenüberliegenden Seite des Restaurants störten ihn erstaunlich wenig. Ebenso die vier Deutschen, die in Unterhemden und Adidas-Shorts am Nachbartisch saßen und über das Essen und alles andere nörgelten. Aber nörgeln Deutsche nicht so wieso ständig?

    Die Essensportion war riesig und Walter erholte sich von seinem Schwips. Er bezahlte und beschloss ins Hotel zurückzugehen, um sich ein wenig auszuruhen und dann frisch geduscht den Abend zu beginnen.

    Als er das Restaurant verließ, war die Dämmerung schon hereingebrochen und so beleuchtet sah die ganze Straße wie eine riesige Kirmes aus. Auch waren um diese Zeit bereits unzählige Menschen unterwegs. Die Bars waren gut besucht und aus jedem dieser Etablissements heraus wurde er mit lautem Hallo begrüßt. Bald blieb es nicht mehr beim Begrüßen. Die Mädels kamen heraus auf die Straße gelaufen, packten ihn am Arm und versuchten ihn mit Schmeicheleien, Komplimenten und sanftem Nachdruck in ihre Etablissements zu bewegen. Durst hätte er wohl schon gehabt, doch so lustig das alles auch erschien, Walter war noch nicht gelöst genug, um sich einfach so mitreißen zulassen.

    So passierte er Bar um Bar und ließ sich nicht erweichen, bis er an seine Bar kam. Hier wurde er wie ein alter Freund begrüßt und hier war er ja irgendwie auch schon Stammgast nach seinen fünf Flaschen Bier am frühen Nachmittag. Fröhlich ließ er sich an seinen Stammplatz führen und bestellte sogleich eines dieser leckeren Singha-Biere für sich und zwei Lady-Drinks für die beiden Mädchen, die ihn so lieb eingefangen hatten.

    Ach was war das für ein netter, lustiger Abend! Walter fühlte sich wie ein Teenager! Eigentlich lachten sie alle drei fast die ganze Zeit über nur. Walter konnte wirklich kein Englisch. Aber weiß der Teufel wie, sie konnten sich verständigen. Es war wirklich lustig undamüsant!

    Walter vertrug nicht besonders viel Alkohol. Nicht, dass er dann ausfallend oder unangenehm wurde. Er wurde nach ein paar Bierchen nur einfach müde und schlief dann, oft schon im Sitzen ein. Heute jedoch war das ganz anders. Je mehr er trank, desto lustiger wurde er! Und nicht nur das! Ihm fielen immer mehr von den englischen Vokabeln ein, die er im Laufe seines Lebens aufgeschnappt und achtlos von einem Ohr zum anderen weiter gereicht hatte. Und die beiden süßen Mädchen kümmerten sich liebevoll um ihn. Später ging eine von ihnen weg, um sich zu einem Bekannten, wahrscheinlich sogar einem guten Freund, an den Tisch zu setzen. Aber die andere, sie hieß Thip, kümmerte sich dafür umso hingebungsvoller um ihn. Ja sie wollte ihn sogar ins Hotel begleiten. Aber das wurde Walter dann doch zu viel! Obwohl: Lust hätte er schon gehabt!

    Es war weit nach Mitternacht, als Walter völlig betrunken den Heimweg antrat. Er hatte eine ordentliche Zeche gemacht, aber der Abend war es wert gewesen. Thip war zum Schluss etwas zickig geworden, sein üppiges Trinkgeld hatte sie jedoch wieder versöhnlich gestimmt und ihr ein betörendes Lächeln auf ihr jugendliches Antlitz zurückgezaubert.

    Die nächsten Tage verliefen dann im Großen und Ganzen immer im gleichen Rhythmus. Nach einem ausgedehnten Frühstück, mit Lektüre einer deutschsprachigen Zeitung, ging es dann entweder direkt zum Strand oder es standen Ausflüge auf dem Programm. Danach folgte ein europäisches Mittagessen, hin und wieder durfte es später auch einmal ein einheimisches Gericht sein, vorausgesetzt, dass das Essen nicht scharf war. Im Anschluss daran schlenderte Walter an seiner Bar vorbei, um zu schauen, wer um diese Zeit wohl schon dasaß.

    Hierbei gab es dann zwei mögliche Varianten. Bei Variante eins sagte er den Mädels nur flüchtig Hallo, trank vielleicht ein Bierchen, und schlenderte dann vorläufig weiter. Variante zwei bedeutete, dass Walter einen oder eine Bekannte in der Bar traf, auch ein Bierchen trank, sich dann aber festquatschte und den langen Rest des Tages dort verbrachte. In Abhängigkeit dieser beiden Möglichkeiten ergab sich dann der weitere Tagesablauf. Wenn Walter vorläufig weiter geschlendert war, dann sah er sich die anderen Bars, die um diese Zeit schon geöffnet waren, an, um zu sehen, ob er vielleicht dort ein bekanntes Gesicht antreffen würde. War dies der Fall, so quatschte er sich dort fest. Er versäumte es aber niemals, den Abend in seiner Red Lips Bar zu beenden. Und das hatte einen ganz besonderen Grund:

    Als Walter am zweiten oder dritten Abend dort wieder einmal von zwei bezaubernden Damen umsorgt worden war und erneut den verlockenden Angeboten dieser Amazonen widerstand, tauchte plötzlich die unnahbare Grazie Nok in der Bar auf. Sie begrüßte ihre Freundinnen mit nur einem Hauch eines Lächelns und ging dann mit einer ernsten, fast leidenden Miene hinter den Tresen. Diese Erscheinung traf Walter mitten in das Epizentrum seines aufgewühlten Herzen. Er konnte den ganzen Abend lang kein Auge von ihr abwenden. Ein schmerzendes Brennen im Brustkorb und eine zugeschnürte Kehle warnten ihn vor einer herannahenden Katastrophe.

    Weder sein charmantes, weltmännisches Verhalten, seine Großzügigkeit ihr und ihren

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