Meine Welt bin ich: Stationen eines bewegten Lebens
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About this ebook
Nach meiner Ausbildung zog es mich in die Ferne. Ich "wanderte aus" nach Süddeutschland, erst nach Grenzach und 1971 nach Ulm.
In dem Buch erzähle ich die einzelnen Stationen dieser "Wanderung".
Johanna Sameit
Geboren bin ich 1937 in der Nähe von Iserlohn, Westfalen. 1939 siedelte ich mit meinen Eltern und Geschwistern um nach Pommern. 1948 kamen wir über Umwege zurück nach Quakenbrück, Niedersachsen, und später wieder nach Iserlohn. Nach Beendigung meiner Schul- und Lehrzeit ging ich nach Süddeutschland, zunächst nach Grenzach (1959), in der Nähe von Basel und 1971 nach Ulm. Als Industriekauffrau, Bilanzbuchhalterin und Fachkauffrau für Organisation beschäftige ich mich seit über 50 Jahren mit Organisationssystemen in unterschiedlichen Branchen und Firmengrößen, vor allem mit den MENSCHEN in diesen Systemen. 1991 bis 1993 habe ich in einem Entsorgungsbetrieb in Dresden die Buchhaltung neu strukturiert für die Umstellung auf westliche Arbeitsabläufe. Als Prokuristin konnte ich maßgebend mitwirken bei dem Aufbau und der Einführung des Abrechnungssystems für das Duale System zwischen den Arbeitsgemeinschaften der Entsorger und dem Dualen System in Bonn. 1993 bis 2002 war ich beschäftigt als Zeit-Manager in der Insolvenzabwicklung für Insolvenzverwalter in Ulm und der Niederlassung in Leipzig. Mein Einsatzgebiet war vorrangig Sachsenanhalt und Sachsen. 2005 bis 2012 tätig als Dozentin an den Volkshochschulen Ulm, Bad Urach und Laichingen. Mein Fachgebiet: "Erfolgreich in der Selbstständigkeit" kombiniert mit Betriebspsychologie. Meine Bücher schreibe ich seit 2003. Ich werde oft gefragt: "Was haben Sie eigentlich studiert?" Meine Antwort: "Das Leben."
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Book preview
Meine Welt bin ich - Johanna Sameit
wartet.
1. Kapitel
Meine ersten 10 Jahre
Am 21. Januar 1937 war ich plötzlich auf dieser Welt. Lang und dünn, nur Haut und Knochen, fast ohne Lebenschance. Ich wurde in Watte gewickelt und aufgepäppelt. Selbst meine Mutter mochte mich nicht anfassen und baden. So dünn und kränklich war ich wohl, weil meine Mutter sich während der Schwangerschaft zusätzlich mit einem Bandwurm plagen musste.
Doch das Schlimmste für die Familie, vor allem für Vater und Großvater, muss gewesen sein, dass ich als drittes Kind wieder einmal nur ein Mädchen war. Nach dem ersten großen Schock hat sich aber mein resoluter Großvater entschlossen, mich als seinen Liebling zu erklären. Fast acht Jahre lang, bis zum Kriegsende, Einmarsch der Russen und dem anschließenden Tod meines Großvaters, war er mein treuer Beschützer.
Das seltsame Ereignis meiner Geburt geschah in der Wolfskuhle, einem Försterhaus in Lendringsen bei Menden im Sauerland. Ich weiß nicht viel von dieser Gegend. Schön soll es dort gewesen sein. Mitten im Wald, ruhig und friedlich, aber ich schwach und kränklich. Mit erst neun Monaten sah man mich bereits von dieser Erde entschwinden. Nach einem starken Keuchhustenanfall lag ich steif und blau in meinem Bettchen. Neun Monate mühsame Pflege, vergebliche Mühe? Nein, es war nicht so, denn nach geraumer Zeit begann ich zum Erstaunen der Familie wieder zu schreien. Ich wollte leben. Die Energie in mir, Seele, Geist oder Quelle des Lebens war stärker als ein schwacher Körper. Auch einen späteren Ausflug mit mei- nen zwei älteren Schwestern habe ich gut überstanden, obwohl mich beide in liebevoller Zuwendung mit Waldhimbeeren so vollgestopft hatten, dass meine Mutter Mühe aufbringen musste, mich wieder zum Atmen zu bringen.
Nach zwei Jahren hartem Lebenstraining in der Wolfskuhle begann für mich dann die große Reise. Meine Eltern und Großeltern hatten beschlossen, 1939 als Aussiedler nach Pommern zu gehen. Mit vier Kindern, zwei älteren Schwestern und jetzt auch einem jüngeren Bruder, siedelte sich unsere Familie in Grumbkow, bei Stolp an. Grumb-kow-Dorf war ein reines Aussiedlerdorf. Familien aus verschiedenen Regionen Deutschlands trafen hier zusammen, um eine neue Dorfgemeinschaft zu gründen. Die Dorfbewohner, alles freie Bauern, erhofften sich hier bessere Zukunftschancen.
Das eigentliche Grumbkow, das Hauptdorf, gehörte einem reichen Gutsbesitzer. Ein großer Gutshof und die Häuser der Gutsarbeiter bildeten den Kern des Dorfes. Hierhin gingen wir auch zur Schule und zum Einkaufen. Ich kann mich wirklich nicht erinnern, dass ich in dieser Schule etwas gelernt habe. Der Lehrer war sehr streng, ich denke brutal. Er beschäftigte sich ständig damit, mit seinem langen Rohrstock die Handflächen und die Hintern der Kinder zu versohlen. Besonders grausam war er, wenn wir stehend mit erhobenem Arm, Hitler zum Gruße, das Deutschlandlied singen mussten und dabei vor Ermüdung die Fingerspitzen auf die Schulter unseres Vordermanns legten. Ein paar Hiebe mit dem Rohrstock über die ausgestreckten Finger sorgten für tagelange blaue Striemen und starke Schmerzen.
Aber dies war nicht meine Welt. Mein Leben spielte sich auf unserem Hof ab, wenigstens für die nächsten Jahre, bis zum gnadenlosen Zusammenbruch des deutschen Reichs.
Von der Straße aus führte eine breite Einfahrt zum Innenhof unserer kleinen Welt. Rechts von der Hofeinfahrt, gegenüber vom Hauseingang stand die Hütte von unserem Wachhund Nero. Die Hütte war ein richtiges kleines Häuschen und Nero mein Freund. Bei ihm konnte ich mich immer prima verstecken. Er war ein schöner schwarzer Wolfshund, aber ein richtiger Wachhund der nachts an die Kette gelegt wurde. Die Kette rollte über ein dickes Stahlseil, das über die ganze Einfahrt, von einem Stab bei der Hundehütte bis zur Hauswand gespannt war. So konnte Nero den ganzen Eingangsbereich gut überwachen. Für mich war Nero ein lieber Hund, aber der Briefträger hatte fürchterliche Angst vor ihm.
Links der Einfahrt stand unser Wohnhaus mit den angrenzenden Stallungen. Vom Hauseingang aus rechts konnten wir durch eine große Back- und Kochstube direkt in die Ställe gehen. Hier lebten unsere Tiere friedlich nebeneinander. Schafe, Schweine, 11 Kühe und drei Pferde. Die Pferde, zwei dunkelbraune Araber, Hans und Liese, und ein gemütlicher Ackergaul, unsere dicke Lotte, hatten ihre Boxen direkt neben der Stalltür.
Daneben, getrennt durch eine Mauer, wurden die wohlgenährten, schwarz-fleckigen Kühe angekettet, wenn sie nicht auf der Wiese weiden durften. Über den Futtertrögen der Kühe kletterten wir durch eine Holzluke auf den Heuboden. Diese Luke über den Futtertrögen hielt ich für sehr praktisch, so konnte das Heu vom Heuboden den Kühen immer direkt serviert werden. Der Heuboden war für uns Kinder und natürlich