Discover millions of ebooks, audiobooks, and so much more with a free trial

Only $11.99/month after trial. Cancel anytime.

Das Unternehmen Gott: Die Kriminalität des der Allmächtigen
Das Unternehmen Gott: Die Kriminalität des der Allmächtigen
Das Unternehmen Gott: Die Kriminalität des der Allmächtigen
Ebook554 pages9 hours

Das Unternehmen Gott: Die Kriminalität des der Allmächtigen

Rating: 0 out of 5 stars

()

Read preview

About this ebook

Dass unsere Welt sich in einem beklagenswerten Zustand befindet, hat schon lange den Verdacht genährt, dass mit dem vorgeblichen Schöpfer des Universums, dem allgütigen Gott, irgendetwas nicht stimmt. Sind Religion und Kirche am Ende gar nicht das, was sie zu sein vorgeben?

Ausgerüstet mit profunder Bibelkenntnis und analytischem Scharfsinn macht Judas Aries sich ans Werk, um dieser Frage auf den Grund zu gehen. Akribisch klopft er in seiner "technologischen Analyse" die heiligen Schriften auf Hinweise ab, ob sich hinter dem "lieben Gott" womöglich extraterrestrische Akteure verbergen, die nichts Gutes im Schilde führen. In der darauf aufbauenden "kriminologischen Analyse" beleuchtet Aries, inwiefern das mysteriöse "Unternehmen Gott" verwerfliche Methoden anwandte, um sich die Erdbewohner gefügig zu machen. Bei seiner Untersuchung geht der Autor bewusst sachlich und nüchtern vor. Schließlich will er nicht mit kruder Esoterik in einen Topf geworfen werden.

An Aries’ Abhandlung fasziniert der systematische Zugang genauso wie sein unaufgeregter und bisweilen spöttischer Ton. Sein Buch bietet eine Fülle überraschender Anregungen, Religion und Religionsgeschichte anders zu denken
LanguageDeutsch
Release dateJun 24, 2011
ISBN9783844858761
Das Unternehmen Gott: Die Kriminalität des der Allmächtigen
Author

Judas Aries

Judas Aries (Pseudonym für Hubert Berghaus) wurde am 15. April 1960 im Münsterland, Norddeutschland, geboren. Der gelernte Diplom-Verwaltungswirt war seit Mitte der neunziger Jahre über einen Zeitraum von sechzehn Jahren zuletzt als Kriminalhauptkommissar im Bereich Polizeilicher Staatsschutz tätig. Hierbei befasste er sich hauptsächlich mit politisch motivierten Straftaten, Extremismus und Terrorismus. Die polizeiliche Kommissionsarbeit und sein unerschütterlicher Glaube an eine wahre Schöpfungskraft brachten ihn auf die Idee zu einer literarischen Abhandlung über Gott und dessen Missbrauch. Hinter der Entstehung seiner Werke stehen Optimismus, Idealismus, aber vor allem auch das Bedürfnis eines globalen polizeilichen Staatsschutzes für die Freiheitsrechte der Bevölkerung. Judas Aries lebt im Kreis Steinfurt in Nordrhein-Westfalen.

Read more from Judas Aries

Related to Das Unternehmen Gott

Titles in the series (3)

View More

Related ebooks

Hinduism For You

View More

Related articles

Related categories

Reviews for Das Unternehmen Gott

Rating: 0 out of 5 stars
0 ratings

0 ratings0 reviews

What did you think?

Tap to rate

Review must be at least 10 words

    Book preview

    Das Unternehmen Gott - Judas Aries

    ..."¹⁰

    I. Kapitel

    Interpretationen und Zugänge zu den biblischen Texten

    Die wissenschaftlichen Erforschungen der biblischen Texte

    Haben auch Sie für die biblischen Schriften und vergleichbare Quelltexte nur ein müdes Lächeln übrig und verweisen die Werke in das Reich der Mythen und der Legenden? Es ist erstaunlich, dass es Menschen gibt, die ernsthaft die Meinung vertreten, das Wirken Jesu und erst recht der Propheten vor ihm sei so lange her, dass die schriftlichen Aufzeichnungen hierzu nur noch den Stellenwert märchenhafter Erzählungen über kultisch-religiöse Riten haben. Zum Neuen Testament hört man vielfach die Äußerung: „Das ist doch erst 40-60 Jahre nach Jesus aufgeschrieben worden! Und dazu nicht einmal von Zeitgenossen!"

    Stellen wir uns einen Menschen vor, der nach dem 2. Weltkrieg seine Erlebnisse nachhaltig und immer wieder mündlich an einen Nachfahren überliefert hätte. Sicherlich wäre dieser um das Jahr 2000 in der Lage gewesen, einen korrekten Bericht über die herausragenden Erlebnisse des Erzählers zu verfassen. Ohne Zweifel wurden auch die kulturverändernden göttlichen Erlebnisse während der Jahrzehnte vor der schriftlichen Fixierung mündlich wiederkehrend in Erinnerung gebracht. Im Islam sind die sogenannten Hafis unter den Imamen sogar in der Lage, den umfangreichen Koran fehlerfrei auswendig zu rezitieren. Diese Praxis wurde bereits zu Zeiten Mohammeds gepflegt. Es gab immer Muslime, die den jeweils vorliegenden Prophetentext auswendig beherrschten. Die Offenbarungen der Propheten vor Mohammed und Jesus dürften in den jeweiligen Gesellschaften eine ebensolche Datenpflege erfahren haben.

    Welchen Grund gäbe es, die Quellschriften abzulehnen? Grundsätzlich haben nicht einmal die Prophetischen Bücher des Alten Testaments ein Glaubwürdigkeitsproblem. Diese entstanden im 8. bis 2. Jahrhundert v. Chr., zum Teil aus sehr viel älteren Schriften. Die Schriften des Alten Testaments erscheinen sogar geradezu „jungfräulich", wenn man sich nur die folgenden, willkürlich gewählten Beispiele über den Gebrauch der Schriften vor Augen führt:

    Bereits im 4. vorchristlichen Jahrtausend wurden in Mesopotamien die landwirtschaftliche Buchführung, die soziale Verwaltung und die Eigentumsbeurkundungen in Keilschrift festgehalten. Um 2000 v. Chr. war die Schrift so vollkommen, dass sie in Akkadisch und in Sumerisch dargestellt werden konnte. Ab 1760 v. Chr. übernahmen die Assyrer und das Königreich Babylon die Keilschrift und es fand sogar ein Briefwechsel zwischen den Völkern statt. Es bildete sich der Stand des Schreibers heraus und Schreiberschulen wurden eingerichtet.

    Die älteste erhaltene beschriebene Buchrolle stammt aus dem 3. Jahrtausend v. Chr., der sogenannte Papyrus Prisse, eine Sammlung von Weisheitslehren in roter und schwarzer Tinte geschrieben. Eine Buchrolle aus Papyrus war im Mittel 20-30 Zentimeter breit und bis zu 20 Meter lang.

    In der Universitätsbibliothek Leipzig befindet sich der „Papyrus Ebers", benannt nach dem deutschen Ägyptologen Georg Ebers (1837-1898). Das Schriftstück enthält eine Rezeptsammlung für den Gebrauch von Drogen und Pflanzen und stammt aus der Zeit um 1500 v. Chr.

    Der „Papyrus Edwin Smith" befindet sich im Besitz der Historical Society in New York und stammt ebenfalls aus der Zeit um 1500 v. Chr. Die altägyptische Schrift beschreibt chirurgische Praktiken und geht vermutlich sogar auf eine Vorlage aus der Zeit um 2500 v. Chr. zurück.

    Tauben wurden wegen ihres guten Orientierungssinns und ihrer Flugtüchtigkeit (durchschnittliche Fluggeschwindigkeit etwa 60km/h) schon früh als Brieftauben eingesetzt. In Ägypten und anderen Ländern des Mittleren Ostens wurde die Taubenpost um 1000 v. Chr. eingeführt.

    Das hebräische Alte Testament wurde bereits um 300-130 v. Chr. ins Griechische übersetzt (sog. Septuaginta [lat.: siebzig, daher auch als LXX bezeichnet]; angeblich von 72 jüdischen Gelehrten angefertigt).¹¹

    Kein einziges Buch der Bibel ist in eindeutig originaler Textgestalt überliefert. Die ältesten bekannten Handschriften des Alten Testaments stammen aus dem 10. Jahrhundert (Codex von Aleppo [um 930], Codex Leningradensis [1008]).

    Seit den Funden in der Genisa (Schatzkammer) der Synagoge von Kairo im 19. Jahrhundert sowie in den Höhlen bei Qumran im Jahr 1947 hat sich die Zeitgrenze für die ältesten überlieferten hebräischen Handschriften des Alten Testaments allerdings bis ins 2. Jahrhundert v. Chr. zurückgeschoben; denn von sämtlichen Büchern des Alten Testaments (mit Ausnahme von Ester) liegen jetzt zumindest Fragmente vor.

    Nun mag jemand eine zeitliche Unlogik zwischen dem letzten Aufzählungspunkt und den beiden Folgesätzen erkennen. Wie konnten die erst eintausend Jahre alten Schriften des Codex von Aleppo und des Codex Leningradensis lange Zeit die ältesten bekannten Handschriften sein, wenn die Septuaginta etwa aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. stammt? Somit müssten die jüdischen Schriftgelehrten im Besitz überlieferter Schriften sein, die aus der Übersetzungszeit der Septuaginta und weit davor stammen.

    Und wie können die Funde in der Schatzkammer der Synagoge von Kairo und in den Höhlen bei Qumran älter sein als die hebräischen Schriften?

    Der Grund ist folgender: Wir besitzen eine Reihe von Abschriften von Originalen. Auch wenn die Ursprünge der Quelltexte nicht mehr nachvollzogen werden können, so zeigen uns die genannten Beispiele zur Entstehung der Schrift, dass bereits im 3. und 4. vorchristlichen Jahrtausend sozio-kulturelle Vorgänge dokumentiert wurden. Die Berichte und Erfahrungen des Alten Testaments dürften einschneidend genug gewesen sein, um ebenfalls schriftlich festgehalten zu werden. Die „Redakteure" und Kopisten des Alten Testaments gingen durch die Jahrhunderte äußerst penibel vor:

    Eine Buchrolle wurde ausschließlich auf den Häuten von kultisch reinen Tieren geschrieben, die wiederum mit Sehnen von ebenso reinen Tieren verbunden wurden.

    Die Länge der Abschnitte betrug immer zwischen 48 und 60 Zeilen; in der Breite bestand der Text zwingend aus 30 Buchstaben.

    Zuerst wurde das ganze Manuskript liniert. Wenn drei Worte ohne Linie geschrieben wurden, war das Ganze wertlos.

    Die Tinte durfte nur schwarz sein und musste nach einem speziellen Rezept zubereitet werden.

    Als Vorlage musste ein authentisches Manuskript verwendet werden, von dem der Schreiber nicht im Geringsten abweichen durfte. Kein Wort oder Buchstabe durfte aus dem Gedächtnis aufgeschrieben werden. Selbstverständlich kannten die Kopisten mit der Zeit etliche Passagen auswendig. Gleichwohl wurde kein Wort kopiert, ohne vorher auf die Vorlage zu schauen.

    Zwischen den Buchstaben musste ein Zwischenraum gelassen werden, so breit wie ein Haar oder ein Draht, zwischen den Paragraphen ein Abstand von neun Buchstaben und zwischen den Büchern ein Freiraum von drei Zeilen.

    Der Kopist musste Jude sein. Sein Körper musste gewaschen sein und er musste ein rein jüdisches Gewand tragen.

    Wenn der Name Gottes geschrieben wurde, durfte die Feder nicht zuvor neu in die Tinte eingetaucht worden sein.

    Selbst wenn der Schreiber von einem König angesprochen wurde, so durfte er diesen nicht beachten, wenn er gerade den heiligen Namen Gottes schrieb.¹²

    Grundsätzlich sind wir bestrebt, eine alte Schrift zu ehren und als geschichtlichen Beweis verfallsicher aufzubewahren. Eine Kopie gilt für viele als nicht authentisch. Allerdings hatte man damals keine Büchertresore mit konstanter Temperatur und Luftfeuchtigkeit, um die alttestamentlichen Zeugnisse zu konservieren. Die Schriften alterten durch den permanenten Gebrauch und die normalen Umwelteinflüsse. Aus diesem Grund wurde eine Schrift nach den oben beschriebenen Vorgaben kopiert, bevor sie abgegriffen, eingerissen und unleserlich wurde. So seltsam es uns erscheinen mag: Die angewandten Kopierriten ließen die jeweiligen Vorlagen unbedeutend werden, so dass diese vernichtet wurden. Die neueste Kopie war das wertvollste Schriftmaterial.

    Interessanterweise boten die Schriftfunde bei Qumran eine Möglichkeit, die Arbeit der Kopisten zu kontrollieren. Es stellte sich heraus, dass die bisher vorliegenden Texte eindrucksvoll bestätigt wurden. Demnach können wir sicher annehmen, dass der überlieferte Text des Alten Testaments mit dem ursprünglichen Schriftgut übereinstimmt.

    Warum haben gleichwohl viele Menschen unseres Zeitalters Probleme, die Erfahrungsberichte der Propheten des Alten Testaments als glaubwürdig einzustufen? Es werden geradezu belustigende geistige Verrenkungen unternommen, um auf Biegen und Brechen zu erklären, mit welchen eventuellen Motiven irgendein findiger Kopf sich Geschichten ausgedacht hatte. Wie kann man so ignorant sein und ernsthaft die Meinung vertreten, die biblischen Schriften seien das Produkt der Phantasterei?

    Die Schriften des Alten und des Neuen Testaments sind inhaltlich vom Anfang bis zum Ende sinnvoll miteinander verknüpft. Begebenheiten und Akteure beziehen sich aufeinander und lassen das Alte und das Neue Testament als ein komplexes Programm erkennen. Erlebte Sachverhalte mit Offenbarungsbezug werden über Jahrhunderte hinweg mit eindeutigen Parallelen geschildert.

    Lassen wir uns einmal auf die Ignoranten ein und nehmen an, dass einflussreiche Machthaber die Ursprünge der biblischen Geschichte gefälscht in Umlauf gebracht haben, um „gottgesteuert" gesellschaftspolitische Veränderungen vorzunehmen. Dann hätte durch die Jahrhunderte immer mal wieder ein psychologisch und technisch versierter Manipulator mit der gleichen Absicht auf den Plan treten müssen. Das hätte jedoch ein Lügen und Betrügen nach Maßgabe der jeweils aktuellen persönlichen Interessen bedeutet. Ein solch homogenes Werk wie das Alte und das Neue Testament wäre auf diesem Wege nicht entstanden.

    Betrachten wir den „neuzeitlichen" Propheten Jesus. Möchte jemand allen Ernstes behaupten, ein irdischer Machthaber habe die Person Jesus in die vorhandene Geschichte eingebaut, um erst am Ende dessen Lebens gesellschaftspolitische Geschicke zu lenken? Zudem hätte es Manipulationen bedurft, die neben großem psychologischem Geschick enorme technologische und naturwissenschaftliche Fähigkeiten erfordert hätten. Nicht anders wären die vielfältigen beeindruckenden Geschehnisse zu erklären, die – als Gotteswirken interpretiert – für Unterwerfung und Hingabe sorgten.

    Stattdessen ist es vernünftiger, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass ein maßgeblicher Initiator vorausschauend über Jahrhunderte wirkte. Die praktische Durchführbarkeit des Handelns über solche Zeiträume ohne bzw. ohne nennenswerte Generationswechsel erläutere ich im zweiten Kapitel.

    Es liegt also mehr als nahe, dass der Inhalt biblischer Schriften nicht erfunden ist, sondern im Kern eine Weitergabe konkret erlebter Ereignisse darstellt. Die Schriften dürften umso authentischer sein, je mehr der Berichterstatter von seinen Erfahrungen überwältigt war und diese zu verstehen und in der Ichform mit detaillierten sachlichen Beschreibungen wiederzugeben versuchte.

    Umso verständlicher ist das rege Interesse an die Interpretation der biblischen Texte und die daraus erwachsenen geistigen Auseinandersetzungen. Die fortgeschrittenen Geisteswissenschaften geben eine Vielzahl von Instrumenten für die wissenschaftliche Auslegung der biblischen Schriften an die Hand. Die biblische Exegese nutzt die modernen Sprach- und Literaturwissenschaften. Sie macht sich zunehmend die Interpretationsmethoden und Zugangsarten zur Erschließung antiker Schriften zu eigen. Hier greift man insbesondere auf die rhetorische, narrative und semiotische Analyse zurück.

    Die Kleriker stehen auf diesem Arbeitsfeld keineswegs im Abseits. Bei aller Offenheit für die verschiedenen modernen Analysen in Bezug auf die Sprache, die Komposition, die narrative Struktur oder die rhetorische Form bestechen sie mit dem Klassiker aller Untersuchungsweisen, der historisch-kritischen Methode.¹³ Mit dieser Methodik werden die überlieferten Bibeltexte als von menschlichen Urhebern verfasste göttliche Offenbarungen untersucht. Dabei werden die verschiedenen Epochen der Entstehung der Schriften berücksichtigt, um so dem historischen Hergang Rechnung zu tragen. Schließlich handelt es sich bei den betreffenden Zeiträumen um Jahrhunderte. Der biblische Text wird mit wissenschaftlichen, möglichst objektiven Kriterien erforscht, um heutigen Lesern den Sinn verständlich zu machen und den Inhalt der in der Bibel enthaltenen göttlichen Offenbarung besser zu erfassen. Hierzu bedient man sich der Textkritik, der Literarkritik, der Gattungskritik, der Traditionskritik und der Redaktionskritik. In diesem Sinne erstellt man zunächst mit Hilfe alter Manuskripte einen biblischen Text, der dem Originaltext so nahe wie möglich kommt. Im Weiteren wird der innere Zusammenhang der Texte bestimmt, um darüber die Zugehörigkeit zu verschiedenen Quellen zu ermitteln. Darüber hinaus werden die ursprünglichen sozialen Umfelder und die damit einhergehende Entwicklung der literarischen Gattungen ebenso bestimmt wie der Einfluss der politischen, sozialen und religiösen Gegebenheiten auf die Texte. Schließlich untersucht man die inhaltlichen Veränderungen, die die Texte erfahren haben, bevor sie zu ihrer endgültigen Form gelangten, d. h. losgelöst von entwicklungsgeschichtlichen Erklärungen. Nur die jeweilige Botschaft des Verfassers an seine Zeitgenossen soll erläutert werden.

    Im Ergebnis stellt sogar der Vatikan fest, dass die Sammlung der biblischen Schriften des Alten Testaments nicht von einem einzigen Verfasser stammte und dass das Wort Gottes grundsätzlich in den historischen Gegebenheiten der Geschichte Israels wurzelt. Interessant ist das Ergebnis der Literarkritik, wonach in den fünf Büchern Mose, dem sogenannten Pentateuch, Doppelungen, inhaltliche Differenzen und Stilunterschiede festgestellt wurden, was gegen eine alleinige Autorschaft spräche. In der Folge bestritt die Kritik sogar immer entschiedener die Verfasserschaft des Moses für den Pentateuch selbst. Stattdessen habe ein Endredaktor zum Teil parallele Dokumente und Quellenschriften aus verschiedenen Epochen zusammengeführt und strukturiert.

    Allerdings geht die historisch-kritische Interpretation nicht über die historischen Bedingungen der Entstehung biblischer Texte hinaus. Erklärungen, die sich erst mit der fortschreitenden gesellschaftlichen Entwicklung ergaben, werden nicht berücksichtigt.

    Die verschiedenen Zugangsarten zu den biblischen Texten

    ¹⁴

    Die Bibel ist keine Loseblattsammlung verschiedener menschlicher Autoren über mindestens 15 Jahrhunderte hinweg. Sämtliche Ereignisse sind miteinander verknüpft und stellen ein Programm dar. So erforderlich die wissenschaftlichen Untersuchungen der biblischen Texte für die Bestimmung der Chronologie, der zugrunde liegenden Quellen und die Beurteilung der Autoren auch sind, so wenig wird darauf eingegangen, wie man sich den Zugang zu den Offenbarungen erschließen kann. Aus diesem Grund sollen die nachfolgend beschriebenen Zugangsarten die Exegesemethoden ergänzen.

    Kanonischer Zugang

    Der kanonische Zugang entstand in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts und soll die Bibel als ein ganzheitliches Programm erfassen und theologisch interpretieren. Die biblischen Texte werden unter der Prämisse eines einzigen göttlichen Planes interpretiert. Die göttlichen Offenbarungen und Weisungen sollen im Lichte unserer Zeit untersucht werden und eine Richtschnur für die Glaubensgemeinschaft darstellen.

    Es stellt sich allerdings die Frage, ab wann ein Text als „kanonisch" gelten kann. Wer leitet von wann an Regeln und Vorschriften für den Glauben der Religionsgemeinschaft ab? Welche von Gott inspirierten Bücher sollen als normative Grundlage für Glaube und Sitte gelten? Inwieweit wird zwischen dem Alten und dem Neuen Testament unterschieden? Wie soll das Alte Testament eine kanonische Kritik erfahren, wenn Interpretationsprobleme wegen der verschiedenen Grundlagen im Judentum und im Christentum vorherbestimmt sind?

    Zu Beginn des Christentums lagen die Sammlungen der Gesetzestexte und der Propheten im Grunde so vor, wie sie in unserem heutigen Alten Testament verfasst sind. Die Kirche des Urchristentums übernahm einen Kanon heiliger Schriften, die zu der Zeit im Judentum erst auf dem Weg waren, kanonisiert zu werden. Somit verwendete das junge Christentum auch heilige Schriften des Judentums, die nicht zum hebräischen Kanon zugelassen wurden. Aus diesem Grund ist die hebräische Bibel nicht mit dem Alten Testament des Christentums gleichzusetzen. Zudem wird das Neue Testament des Christentums als Fortführung des Wirkens Gottes angesehen und mündet insbesondere in den christlichen Osterglauben.

    Zugänge über die jüdische Interpretationstradition

    Eingangs deutete ich an, dass die Schriften der Bibel offensichtlich durchgängig miteinander verknüpft sind und ein „göttliches" Programm darstellen. Insofern ist das Alte Testament nicht als abgeschlossenes Kapitel zu betrachten, denn damit würde man dem Neuen Testament seine Wurzeln nehmen. Nicht zuletzt wird dieses durch die Worte Jesu bekräftigt, wenn er im vierten Evangelium zur Schrift des jüdischen Volkes erklärt, dass ‚die Schrift nicht aufgehoben werden kann’ (vgl. Johannes 10, 35).

    Die Interpretation der Heiligen Schrift begann mit der Endgestalt des Alten Testaments im Judentum der letzten vier bis fünf Jahrhunderte vor Christus. In der Folgezeit wurden große wissenschaftliche Anstrengungen unternommen, um die biblischen Texte zu erhalten und zu interpretieren. Aber auch apokryphe, d. h. zwischentestamentliche Schriften wurden in reicher Zahl bewahrt und interpretiert und stellen eine wichtige Quelle für die Auslegung des Neuen Testaments dar. Somit liegt es nahe, sich der jüdischen Exegesen zu bedienen, um einen Zugang zu den Schriften zu erhalten. Gleichwohl lässt die christliche Kirche die genannten Interpretationsprobleme nicht außer Acht. Die jüdische Religion baut ausschließlich auf die offenbarte Schrift und eine mündliche Tradition, während das Christentum im gestorbenen und auferstandenen „Sohn Gottes" seine Basis sieht.

    Zugang über die Wirkungsgeschichte des Textes

    Dieser Zugang beruht auf der Beziehung zwischen dem Text und der Leserschaft. Vereinfacht gesprochen geschieht hier das, woran man eigentlich am ehesten denkt: Ich lese ganz einfach und mache mir keine tiefschürfenden Gedanken über die wissenschaftliche Erforschung der Texte und über Zugänge zum Text durch die Interpretationen anderer. Ich lese und interpretiere selbst im Kontext meiner derzeitigen Lebenssituation. Die Leser gehören einer konkreten Gesellschaft an und stellen traditionsgesteuert Fragen. Aus welchen Gründen auch immer befasst sich der Einzelne intensiv mit dieser oder jener Textpassage, stellt Fragen und unterbreitet eigene Interpretationen, initiiert Denkprozesse bei anderen oder wird – inspiriert von der Heiligen Schrift – konkret tätig.

    Soziologischer Zugang

    Grundsätzlich beschränkt sich der Wirkungskreis der Soziologie auf die momentan agierende Gesellschaft. Hierbei wird üblicherweise der Schwerpunkt auf Strukturen, Einrichtungen und Entwicklungsformen politischer, wirtschaftlicher und zwischenmenschlicher Beziehungen gelegt. Gleichwohl ist es z. B. für die historische Kritik wichtig, die soziologischen Gegebenheiten vergangener Zeiten zu kennen. Glaubenszeugnisse sollen auch im Licht der wirtschaftlichen, kulturellen und religiösen Situation zur Entstehungszeit biblischer Schriften gelesen werden. Soziologische Modelle bieten der Exegese weitere Möglichkeiten, die zeitgenössischen Verhältnisse zu

    Enjoying the preview?
    Page 1 of 1