Der schändliche Skandal Heine-Platen: Schauspiel
By Gerd Scherm
()
About this ebook
Es geht in diesem Stück von Gerd Scherm um viel mehr als den augenfälligen Konflikt zwischen dem konvertierten Juden Heine und dem homosexuellen Grafen. Es ist das Aufeinanderprallen von Welt(an)sichten, von tiefen, persönlichen Überzeugungen, von unterschiedlichen Auffassungen, was Literatur kann und soll. Es ist eine Kontroverse von Lebensentwürfen, von Klassizismus und überwundener Romantik, von ironischem Rebellen und dünkelhaftem Adeligen und es wirft die Grundfrage aller Dichter auf: Was bleibt?
Gerd Scherm
Gerd Scherm, 1950 in Fürth geboren und aufgewachsen, lebt seit 1996 mit seiner Frau Friederike Gollwitzer in einem alten Fachwerkgehöft in Binzwangen bei Colmberg. Gerd Scherm ist Schriftsteller und bildender Künstler. Er arbeitete zehn Jahre als Kreativdirektor für Rosenthal und organisierte u.a. die Selber Literaturtage und die Künstlertage auf der Mathildenhöhe in Darmstadt. Sein reiches literarisches Spektrum umfasst Theater-stücke, Romane, Erzählungen, Kurzgeschichten, Satiren, Libretti und Essays. Einer seiner Schwerpunkte liegt in der Lyrik, die er meist in künstlerisch-bibliophiler Ausstattung präsentiert und die auch immer wieder zeitgenössische Komponisten zu Vertonungen anregt. Gerd Scherm war Gastdozent an der Freien Universität Berlin und an der Universität St. Gallen im Fachbereich Kultur- und Religionssoziologie. Er wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und dem Deutschen Phantastik Preis.
Read more from Gerd Scherm
Das Brevier der allerletzten Wahrheiten: Enthüllungen und Richtigstellungen von Mozarts Tod bis zur Erfindung des Happy Ends Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDrei starke Frauen - Lilith Medea Kassandra Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHoffen kostet nichts: Erzählungen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAlexander der letzte Markgraf: Drama Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsGNOMUS: oder Der König, der nicht lachte Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMan nennt mich Retti-Palais Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDas Dimensionstor: Ein Portal in andere fantastische Welten und Zeiten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEinmal Leben und Zurück: Die Autobiografie des Gerd Scherm Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDas Bildnis des Wilden Markgrafen: Schauspiel Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSchamanenkind Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDas Labyrinth. Der Zauberflöte zweyter Theil: Libretto Rating: 0 out of 5 stars0 ratings
Related to Der schändliche Skandal Heine-Platen
Related ebooks
Die Welt steht auf kein' Fall mehr lang: Nestroy für Anfänger Rating: 0 out of 5 stars0 ratings"Immer an der Grenze der Verrücktheit": Aufgezeichnet von Haide Tenner Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsFrieda und James Bond: Roman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHering ist gut, Schlagsahne ist gut. Wie gut muss erst Hering mit Schlagsahne sein –!: Gedichte und Glossen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAlmansor: Eine Tragödie Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsPaul Klee Rating: 3 out of 5 stars3/5OUT, Komödie: oder Die existentiellen und sexuellen Nöte des Serienschreibers Robbi Fadenschein Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsChristian Grashof. Kam, sah und stolperte: Gespräche mit Hans-Dieter Schütt Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEine Sprengmine zwischen Aufbruch und Freiheit: Roman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAusgewählte Lustspiele von Ludwig Thoma (Volksstücken und Bauernschwänke) Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDem Tod ins Gesicht lachen: Ein Plädoyer für Komik und die Feier des Absurden im Theater Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsFestspielfieber: Kriminalroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsIch sag's halt: Erinnerungen. Aufgezeichnet von Norbert Mayer Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsOSTERMEIER Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsGrenzen lieben Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsZeit der Idioten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsJederDann: Vom Sterben des reichen Mannes - ein Schaustück in sieben Aufzügen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsTSCHEPLANOWA: backstage Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHerzkasper Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsFotzenfenderschweine: Roman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAnatomie der Träume: Roman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsPing Pong Poetry: Die neuen besten Slamtexte Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHeiner der Reimer (1) - Eine Anthologie Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDie Equipe: Der letzte Sitzkreis Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsReigen Reloaded Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSchneewittchen war beim CIA Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEin Flüchtling kreuzt seine Spur Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEngelberg: Kriminalroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratings... am allerliebsten ist mir eine gewisse Herzensbildung: Die Interviews Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsVon der Rolle oder: Über die Dramatik des Verzettelns: Saarbrücker Poetikdozentur für Dramatik Rating: 0 out of 5 stars0 ratings
Reviews for Der schändliche Skandal Heine-Platen
0 ratings0 reviews
Book preview
Der schändliche Skandal Heine-Platen - Gerd Scherm
Anhang
Personen:
Heinrich Heine
* 13. Dezember 1797 als Harry Heine in Düsseldorf, Herzogtum Berg;
† 17. Februar 1856 in Paris
August Graf von Platen
eigentlich Karl August Georg Maximilian Graf von Platen-Hallermünde
* 24. Oktober 1796 in Ansbach, Fürstentum Brandenburg-Ansbach und Bayreuth;
† 5. Dezember 1835 in Syrakus, Königreich beider Sizilien
Ort der Handlung:
Im Limbus, im Irgendwo zwischen Raum und Zeit
Ausstattung:
Zwei Betten („Matratzengruft für Heine, Diwan mit Kissen für Platen), ein Bärenfell mit Kopf für Heine, eventuell zwei Stehpulte, ein großer Ankleidespiegel, zwei Duellpistolen, ein transportabler u. wieder beschreibbarer Grabstein für Platen – alternativ: Platen beschriftet immer neue Grabsteine, so dass sich im Lauf des Stücks mehr und mehr Epitaphe auf der Bühne ansammeln – quasi ein „Platen-Zitat-Friedhof
.
Hintergrund:
1827–1829 kam es zu einem Dichterstreit zwischen Heine und Platen, der bis heute als einer der skandalösesten der deutschen Literaturgeschichte gilt. Ausgehend von der Kritik Heines und Immermanns an Platens streng formalistischen Stil und dessen unreflektierter Aneignung persischer Ghaselen, eskalierte die gegenseitige Polemik: Platen beschimpfte Heine als „Synagogenstolz, „den herrlichen Petrark des Laubhüttenfestes
und „nach Knoblauch stinkend"; Heine thematisierte im Gegenzug Platens Homosexualität und zog sie ins Lächerliche. Wobei man festhalten muss, dass Platen als erster das Thema gleichgeschlechtlicher Liebe einbrachte, indem er Immermann und Heine ein Verhältnis unterstellte. Außerdem hatten Heine und Platen die Befürchtung, dass der Verleger Cotta den jeweils anderen für seine Bücher besser bezahlt.
Am Ende standen beide als Verlierer da: Heine galt als vulgärer Nestbeschmutzer und ging nach Frankreich, Platen wagte sich aus Italien kaum noch nach Deutschland.
Zum Stück:
Es ist eine nach-todliche
Szenerie. Die Dialoge, gewürzt mit Zitaten aus den Werken der beiden (hauptsächlich Lyrik), holen etwas nach, was nie stattgefunden hat: Eine persönliche Begegnung der beiden Dichter.
Dazu ein paar Vertonungen (Schumann, Schubert, Brahms) in einer Szene.
Es kommt zwar fast zum posthumen Duell, doch ist das Stück nicht nur ein Hauen und Stechen, es gibt auch leisere Töne. Und auch, vor allem seitens Heine, Ironie. Der schlüpft manchmal in ein Fell und mimt zwischendurch seinen aufmüpfigen Tanzbären Atta Troll.
Es geht in diesem Stück um viel mehr als den augenfälligen Konflikt zwischen dem konvertierten Juden Heine und dem homosexuellen Grafen. Es ist das Aufeinanderprallen von Welt(an)sichten, von tiefen, persönlichen Überzeugungen, von unterschiedlichen Auffassungen, was Literatur kann und soll. Es ist eine Kontroverse von Lebensentwürfen, von Klassizismus und überwundener Romantik, von ironischem Rebellen und dünkelhaftem Adeligen und es wirft immer die Grundfrage aller Dichter auf: was bleibt von mir und meinem Werk?
Die Zitate aus den Werken von Heine, Platen und anderen Schriftstellern sind typographisch abgesetzt.
Zitat- und Quellennachweise am Ende des Manuskripts.
ANMERKUNG:
Platen verabscheute Dialekt!
Der Platen-Darsteller sollte auf keinen Fall fränkische Mundart sprechen.
VORSPIEL
Kann je nach Inszenierung entfallen!
(Die beiden Schauspieler betreten in Straßenkleidung die Bühne und ziehen sich hier um. Es soll für das Publikum erkennbar sein, dass hier zwei Schauspieler in ihre Rollen schlüpfen.)
SPIELER HEINE
Sag‘ mal, ganz ehrlich, würdest Du nicht viel lieber den Heine spielen?
SPIELER PLATEN
Weiß nicht.
SPIELER HEINE
Nun sag‘ schon! So unter uns.
SPIELER PLATEN
Ich weiß es wirklich nicht.
SPIELER HEINE
Du willst es nur nicht zugeben. Der Heine ist doch als Schriftsteller wesentlich bedeutender als der Platen. Der wird viel mehr gelesen. Wer liest heute noch Platen?
SPIELER PLATEN
Was willst Du mir damit sagen? Meinst Du, Du bist viel bedeutender als ich? Glaubst Du, Du bist der bessere Schauspieler? Nur weil Du schon mal an einem Staatstheater am Bühnenrand gestanden bist?
SPIELER HEINE
Unsinn! Das hat damit gar nichts zu tun.
SPIELER PLATEN
Nein, nein, das glaube ich Dir nicht.
SPIELER HEINE
Das ist absoluter Unsinn. Das hat mit unserer Inszenierung hier nichts zu tun.
SPIELER PLATEN
Doch, doch, das hat es! Du denkst, weil Du die Rolle des Heine bekommen hast, bist Du der bessere Schauspieler. Du sagst: Wer kennt schon den August Graf von Platen?
SPIELER HEINE
So habe ich das nicht gemeint. Aber Fakt ist, dass der Graf wesentlich weniger gelesen wird als Heine.
Mir ging es nur um die Attraktivität der Rollen an sich.
SPIELER PLATEN
Übrigens: der Hubert Fichte hat den Heine einmal als Aas bezeichnet! Nur damit Du mal weißt, was große Denker von Deinem Star-Dichter gehalten haben.
Aber nun sag endlich, was Du gegen meine Rolle