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Holidays
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Holidays

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About this ebook

Julia Schmidt ist 26 Jahre alt und zusammen mit ihrem Karateteam in Los Angeles, um für einen Platz in der deutschen Nationalmannschaft zu trainieren. Seit ihrem Vorstellungsgespräch in der Werbeagentur ´Richter&Namara´ ist sie in ihren Boss Ian Namara verliebt, der der wohl größte Weiberheld Hamburgs ist und zu allem Pech ist er auch ihr Trainer und kommt selbstverständlich mit nach L.A.
Eigentlich sollte alles so wie immer verlaufen. Aber dann nehmen die Dinge ihren Lauf und alles kommt ganz anders.
Nicht nur für Julia wird es eine Reise voller Höhen und Tiefen. Auch Ian muss erkennen, wozu seine Mutter und seine Ex-Frau fähig sind.
Aber auch für andere Mitglieder des Teams verläuft die Reise anders als geplant. Sasha lernt einen neuen Mann kennen, Alexander ist plötzlich sehr in sich gekehrt und Michael muss auf einmal eine ganz neue Seite an sich erkennen.
LanguageDeutsch
Release dateApr 17, 2015
ISBN9783735795687
Holidays
Author

Stefanie Schwellnus

Stefanie Schwellnus wurde 1985 geboren und lebt, zusammen mit ihrer Familie, in einem kleinen Dorf in Sachsen. Ihre ersten Arbeiten hat sie auf fanfiktion.de, unter dem Pseudonym Skyla of the Moors veröffentlich. Dies ist ihr fünfter Roman.

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    Book preview

    Holidays - Stefanie Schwellnus

    Danksagung

    1 – Auf dem Weg nach L.A.

    Wild fluchend wie ein Bierkutscher zerrt Julia ihren Koffer aus dem Taxi.

    „Das Trinkgeld kannst du dir abschminken!", ruft sie dem Taxifahrer zu, der in aller Ruhe auf dem Fahrersitz hocken bleibt, während sie sich mit ihrem Riesenteil eines Koffers abmüht. Als sie es endlich geschafft hat, wirft sie das Geld auf den Beifahrersitz und knallt die Tür ins Schloss. Vom Fahrer erntet sie einen giftigen Blick, aber das ist ihr egal. Er hätte ihr ja auch helfen können. Sie war so schon viel zu spät dran. In einer Stunde würde der Flug nach Los Angeles gehen und sie hat noch nicht mal den Check In hinter sich gebracht. Die Anderen werden bestimmt schon da sein, denkt sie grummelnd und zieht den Griff des Koffers aus.

    Julia wirft noch einen letzten Blick in den grauen Himmel über Hamburg. Was für ein beschissener Sommer. Es ist Anfang August und bis jetzt gab es nur eine knappe Woche Sonnenschein. Nur gut, dass sie die nächsten vier Wochen in Los Angeles sein wird. Es ist zwar kein Urlaub, aber immerhin ist sie dann an einem Ort, an dem es warm ist.

    Die Absätze ihrer High Heels klappern auf dem Betonboden des Hamburger Flughafens. Julia tritt gerade durch die großen Schiebetüren in das Innere des Flughafengebäudes, als ihr Handy beginnt laut ‘Venus‘ von Shocking Blue zu trällern. Genervt fischt sie es aus ihrer Handtasche und ein prüfender Blick auf das Display verrät ihr, dass es Sasha, ihre beste Freundin, ist.

    „Hi Süße, ich bin gleich da.", meldet sie sich.

    „Wo steckst du denn? Wir sind schon alle durch die Sicherheitskontrolle und Ian ist schon richtig sauer."

    „Ach, der soll sich abregen."

    „He Ian, lass das!", hört Julia Sasha rufen und dann kann sie am anderen Ende ein Gerangel um das Handy hören.

    „Wo zur Hölle steckst du?!" Sasha scheint verloren zu haben, denn Ian blökt ihr ins Ohr.

    „Reg dich ab. Der Flug geht erst in einer Stunde.", versucht Julia ihren aufgebrachten Trainer zu beruhigen.

    „Wo bist du?", fragt er noch einmal knurrend.

    „Ich bin gerade am Check In angekommen und wenn du mich weiter vollquatschst, werde ich noch länger brauchen." Genervt verdreht Julia die Augen.

    „Das ist jetzt nicht dein Ernst.", stöhnt Ian auf.

    „Doch, also bis gleich.", sagt sie noch hastig und schaltet dann ihr Handy aus. Schnell sucht sie sich ihren Schalter und zum Glück steht nur ein älteres Ehepaar vor ihr und nach kurzer Wartezeit sind sie abgefertigt und Julia ist an der Reihe.

    „Guten Tag. Ihr Ticket bitte und den Koffer bitte auf die Waage.", sagt die kleine Frau in dem blauen Dress der Fluggesellschaft, ohne aufzusehen. Julia schiebt ihr Ticket über den Tresen und wuchtet schnaufend den Koffer auf die Waage und im Stillen betet sie zu allen ihr bekannten Gottheiten, dass der Koffer nicht das zulässige Gesamtgewicht überschreitet.

    „Knappe einundzwanzig Kilo.", sagt die Frau. Scheiße!

    „Ups!", entfährt es Julia.

    „Normalerweise müssten Sie jetzt zuzahlen, aber da Sie die letzte Passagierin für den Flug nach Los Angeles sind und wir noch ein wenig Kapazität haben, werde ich mal fünf gerade sein lassen und nehme ihren Koffer so auf." Endlich blickt die Frau auf und lächelt Julia an.

    „Vielen Dank.", erwidert sie das freundliche Lächeln der Fluggesellschaftsmitarbeiterin. Die Dame tippt noch ein bisschen was in ihren Computer ein, befestigt dann das Bändchen an ihrem Koffer und er fährt auf dem Band in die Gepäckabfertigung.

    „So, da haben Sie ihr Ticket wieder. Dort den Gang entlang, dann durch die Sicherheitskontrolle und dann durch den Schalter für Flüge außerhalb der EU. Dort ist dann auch Ihr Wartebereich. Der Flug nach Los Angeles wird bald aufgerufen, ich empfehle Ihnen also, sich zu beeilen." Die Dame zeigt nach rechts und Julia versucht sich den Weg zu merken. Ian war am Telefon ja schon ziemlich angefressen und sie will ihn nicht noch mehr gegen sich aufbringen. Sie nickt der Dame zu, schnappt sich ihr Ticket und macht sich eilig auf den Weg. Im Stakkato erklingt das Klappern ihrer High Heels, während sie zur Sicherheitskontrolle eilt. Zum Glück findet Julia sie auf Anhieb. Aber davor hat sich eine lange Schlange gebildet und immer wieder ertönt das Piepen des Metalldetektors. Nur langsam rückt die Schlange voran.

    Ungeduldig tippt Julia mit ihrem Fuß auf und wirft immer wieder Blicke auf ihre silberne Armbanduhr. Nach einer gefühlten Ewigkeit ist sie endlich an der Reihe.

    „Tasche und Jacke auf das Band.", sagt der ältere Sicherheitsbeamte in einem unfreundlichen Ton. Missmutig verzieht Julia das Gesicht, kommt aber seiner Aufforderung nach und legt ihre beige Shopper Bag und ihren grünen Blazer in einen der Körbe und stellt ihn auf das Band, damit die Sachen durch den Röntgenapparat fahren können. Sie tritt durch den Metalldetektor und schon fängt dieses blöde Teil an zu piepen. Eine Sicherheitsfrau löst sich von der Wand, an der sie sich angelehnt hatte und tritt auf Julia zu.

    „Haben Sie noch irgendwelche Metallgegenstände in den Taschen oder am Körper?", fragt sie genauso miesepetrig wie ihr Kollege am Röntgenapparat. Julia überlegt kurz und schüttelt dann den Kopf. Die Sicherheitsbeamtin greift nach einem mobilen Detektor.

    „Bitte Arme und Beine auseinander." Julia stellt sich breitbeinig und mit ausgestreckten Armen hin und verfolgt die Bewegungen der Frau, wie sie mit dem Detektor an ihrem Körper entlang fährt. Als der Detektor die Gürtelschnalle in ihrer dunkelblauen Röhrenjeans passiert, piept er.

    „Ist nur der Gürtel.", stellt die Sicherheitsfrau fest und es ist fast so, als wäre sie ein wenig enttäuscht. Sie bedeutet ihr, dass sie passieren kann. Julia schnappt sich ihre Jacke und Tasche und macht sich wieder auf den Weg. Ohne auf die Duty-free-Shops zu achten, eilt sie durch den Gang in Richtung Gate. Nur gut, dass hier alles so gut ausgeschildert ist. Jetzt muss sie nur noch durch den Schalter für die Flüge außerhalb der EU.

    „Reisepass!", bellt der Zollbeamte.

    „Mein Fresse, habe die alle Zitronen gefrühstückt?", murmelt Julia leise.

    „Was?" Fragend blickt der Zollbeamte auf. Da sie sich jetzt keinen Ärger mit dem Zoll einhandeln will, lächelt sie den Mann freundlich an.

    „Ich habe nichts gesagt."

    Er wendet seinen Blick wieder ihrem Pass zu und prüft ihn auf Herz und Nieren und schiebt ihn ihr dann wieder rüber.

    „Der Nächste.", ruft er und Julia schlüpft schnell an seinem kleinen Schalter vorbei. Der Wartebereich ist ziemlich groß und es gibt unzählige Gates. Sie will schon auf ihr Ticket schauen, wohin genau sie muss, da hört sie auch schon Sasha quer durch die Halle rufen.

    „Julia! Hier sind wir!", und dabei winkt sie hektisch und kommt ihr dann entgegen geeilt. Ihre langen blonden Haare hat sie zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden, der bei jedem Schritt fröhlich von links nach rechts schwingt. Sie hat sich für den Flug in bequeme Kleidung geschmissen. Jeans, Sneakers und ein eng anliegendes rosa T-Shirt mit dem Aufdruck einer stilisierten Blüte. Lachend schließen sich die beiden Freundinnen in die Arme.

    „Da bist du ja endlich!" Sie ist sichtlich erleichtert.

    „Ja, da bin ich." Sasha löst sich von ihr und hakt sich bei Julia unter. Gemeinsam gehen sie zu den Anderen.

    „Ian ist wegen dir auf hundertachtzig."

    „Danke für die Warnung."

    Die Anderen stehen als kleine Gruppe zusammen und Julia beginnt, einen nach dem anderen zu begrüßen. Zuerst ist Michael dran, der große Mann mit den blonden, kurzen Haaren und den strahlend blauen Augen verdreht reihenweise Frauen den Kopf. Als nächstes begrüßt sie Alexander und wuschelt ihm freundschaftlich durch die dunkelblonden Haare. Wirr fallen ihm die Strähnen in die blaugrauen Augen. Dann ist Daniel an der Reihe und wie immer zieht er Julia in eine erdrückende Umarmung. Laut lachend schlägt sie ihm auf den Arm und verschmitzt grinst er auf sie herunter. Jetzt ist nur noch Ian übrig. Mit vor der Brust verschränkten Armen steht er da und funkelt sie wütend an.

    „Hi Ian.", murmelt sie leise. Er ist der Einzige, mit dem sie nicht so freundschaftlich umgehen kann, wie mit den anderen Jungs. Das liegt zum einen daran, dass ihm die Marketingagentur gehört, in der sie angestellt ist und zum anderen, dass sie jedes Mal weiche Knie bekommt, wenn sie ihn sieht. Seine kurzen braunen Haare sind wie immer auf eine sehr sexy Art und Weise verwuschelt und auch wenn seine schokoladenbraunen Augen mit dem bernsteinfarbenen Kranz um der Iris sie gerade mehr als wütend anfunkeln, ziehen sich die Muskeln in ihrem Unterleib vor Verlangen zusammen. Seine sinnlich geschwungenen Lippen sind zu einem dünnen Strich zusammengepresst und zum gefühlten tausendsten Mal fragt sich Julia, wie es sich wohl anfühlen würde, wenn diese Lippen auf ihren liegen würden und wie es sein würde, wenn sie über ihren Körper wanderten und jeden kleinen Quadratzentimeter Haut erforschten. Schnell schüttelt sie den Kopf um diese Gedanken los zu werden. Ian ist ihr Chef und Trainer und einer der schlimmsten Weiberhelden von Hamburg.

    Anstatt ihr zu antworten, nickt er ihr nur kurz zu und wendet sich dann ab. Julia atmet tief ein und aus, um ihren rasenden Herzschlag zu beruhigen. Wie immer hat sie Angst, dass es jemand bemerken könnte, dass sie mehr als nur freundschaftliche Gefühle für Ian hegt. Seufzend dreht sie sich um und setzt sich zu Sasha.

    „Ich freue mich tierisch auf L.A. Ich war ja noch nie außerhalb von Deutschland und jetzt fliegen wir gleich in die Stadt der Engel." Ihrer Stimme hört man richtig die Aufregung an.

    „Mmh.", brummt Julia. Für sie war der Gedanke an den Flug nicht ganz so toll.

    „Deine Flugangst?", fragt Sasha.

    „Ja." Das mulmige Gefühl in Julias Bauch wird von Minute zu Minute schlimmer.

    „Du drückst dann einfach ganz fest meine Hand."

    „Du willst wirklich, dass ich über fünfzehn Stunden deine Hand quetsche?", fragt Julia belustigt.

    „Ähm…"

    „Schon gut. Ich habe meine Tropfen dabei. Ich darf nur nicht vergessen, sie zu nehmen."

    „Ich werde dich schon daran erinnern." Mitfühlend streichelt Sasha über ihre verkrampfte Hand.

    „Na Süße, wie läuft‘s?" Grinsend setzt sich Alexander neben Julia und wirft ihr seinen braun gebrannten Arm um die Schultern. Leise seufzend legt sie ihren Kopf an seine Schulter. Schon vom ersten Augenblick an hatten sie einen Draht zueinander und er ist ein ganz kleines bisschen wie der Bruder, den sie nie hatte.

    „Sie hat Flugangst.", verpetzt Sasha sie.

    „Danke Sasha!", grummelt Julia und schließt ihre Augen, um die Nervosität zu bezwingen.

    „Du hast was?" Belustigt sieht Alexander sie an.

    „Du hast schon richtig gehört.", antwortet sie gedehnt.

    „Julia Schmidt, die unerschrockene Kämpferin, hat Flugangst?" stichelt er weiter.

    „Alex!" empört sie sich und bohrt ihm den Zeigefinger zwischen die Rippen.

    „Au! Wofür war das denn?", jammert er, der schon so manch einen harten Schlag oder Tritt einstecken musste und reibt sich die schmerzende Stelle zwischen seinen Rippen.

    „Dafür, dass du dich über mich lustig machst."

    „Ich würde mich doch nie über dich lustig machen!" In gespieltem Erstaunen hebt er seine Augenbrauen an, aber das vergnügte Blitzen in seinen Augen verrät ihn.

    „Ja klar."

    „Sehr geehrte Damen und Herren. Der Flug Nummer LH8040 Nonstop von Hamburg nach Los Angeles steht für Sie bereit. Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Flug.", ertönt die Lautsprecherdurchsage. Freudig erheben sich ihre Teamkollegen und machen sich auf den Weg zum Gate. Aufgeregt hüpft Sasha auf und ab. Mit einem tiefen Seufzer steht auch Julia auf und folgt den Anderen.

    In der Schlange steht Ian direkt vor ihr und der Duft seines teuren Aftershaves steigt ihr in die Nase. Da sie die Letzte ist, kann sie ausgiebig seine Rückseite bewundern, ohne von jemanden dabei erwischt zu werden. Die Haut in seinem Nacken und an den nackten Armen ist gut gebräunt. Was auch kein Wunder ist, denn er ist eher ein dunkler Typ. Um seine muskulösen, breiten Schultern spannt sich ein hellblaues Poloshirt und die dunkelblaue Jeans sitzt sexy tief auf seinen schmalen Hüften. Sie hat ihn noch nicht sehr oft in ‚zivil‘ gesehen. Sie sieht ihn sonst nur im Businessanzug oder im Karate-Gi, dem Anzug, den man beim Karate trägt.

    Julias Blick bleibt an seinen knackigen Hintern hängen und sie kann gerade noch den Drang unterdrücken, ihn in selbigen zu kneifen. Frustriert vor sexuellem Verlangen fährt sie sich mit der Hand durch die kurzen knallroten Haare. Sein Duft wird sie noch um den Verstand bringen und es gibt kein Entrinnen. Denn in so einem Flugzeug ist der Platz doch recht begrenzt.

    Unaufhörlich rückt die Schlange vorwärts und schneller als es Julia lieb ist, ist auch sie an der Reihe. Sie übergibt ihr Ticket an das Boardingpersonal und nimmt es wieder an sich, als es ihr zurückgegeben wird. Gequält erwidert sie das Lächeln des Mannes, welcher ihr Ticket in das System eingelesen hat.

    Mit wild klopfendem Herzen und zittrigen Knien geht sie die Gangway entlang zum Flugzeug. Die Anderen haben sich schon auf ihre Plätze geschoben und als Julia bei ihnen ankommt, ist nur noch der Gangplatz frei und das ausgerechnet neben Ian. Kurz schließt sie ihre Augen und betet um Selbstbeherrschung. Denn sein unwiderstehlicher Duft steigt ihr schon wieder in die Nase und lässt sie ganz wuschig werden.

    „Super.", murmelt Julia und lässt sich auf den Sitz fallen, nachdem sie ihre Jacke und ihre Handtasche in einem der Gepäckfächer verstaut hat.

    „Mist!"

    „Was?" Fragend sieht Ian sie an.

    „Ich hab meine Tropfen vergessen.", antwortet sie und kramt noch einmal ihre Tasche hervor. Dann muss sie auch noch nach dem kleinen Fläschchen wühlen und unaufhörlich drängeln sich andere Passagiere und Stewardessen an ihr vorbei.

    Aber endlich hat sie es geschafft und kann sich ein paar der Tropfen in den Mund träufeln. Schnell verstaut sie alles und setzt sich wieder in ihren Sitz.

    „Was war das denn?", fragt Ian interessiert. Julia dreht ihren Kopf und sieht ihm in das schöne Gesicht. Seine Augen sind von dunklen langen Wimpern umgeben und die Nase ist schön gerade. Er hat hohe Wangenknochen und wenn er lächelt, dann bilden sich links und rechts zwei Grübchen.

    „Flugangst."

    „Aha. Schlimm?"

    „Ja, im Moment würde ich am liebsten aussteigen.", gibt sie ehrlich zu. Warum sollte sie es auch verleugnen?

    „Hast du nur beim Start und der Landung Angst oder auch zwischen drin?"

    „Der Start und die Landung sind am schlimmsten. Aber auch bei jedem kleinen Ruckeln und Luftloch bleibt mir vor Angst fast das Herz stehen."

    „Hier." Lächelnd hält er ihr seine große kräftige Hand hin. Einen Moment starrt sie darauf.

    „Die kannst du ruhig quetschen, wenn es dir zu viel wird." Aufmunternd lächelt er sie an und Julias Herz setzt für ein paar Schläge aus, nur um dann noch schneller zu wummern. Meint er das gerade ernst? Sie kann doch nicht seine Hand halten.

    Ihr kommt ihre erste Begegnung in den Sinn. Damals hatte sie sich um einen Job als Werbefachfrau in seiner Agentur beworben und schon der erste Anblick reichte aus, um ihr den Boden untern den Füßen wegzuziehen. Und als er ihr die Hand zur Begrüßung gereicht hatte, war es als stünde sie unter Strom. Seit dem hat er sie schon unzählige Male berührt, meistens beim Training und jedes einzelne Mal spürte sie dieses Kribbeln. Kopfschüttelnd kehrt sie wieder in die Wirklichkeit zurück, denn Ian sieht sie immer noch abwartend an.

    „Ähm… Danke…Ich… mal sehen…wie der Start wird.", stottert sie. Auf keinen Fall wollte sie seine Hand nehmen. Sie muss das irgendwie alleine durchstehen.

    „Julia?", ruft Sasha vom anderen Ende der Sitzreihe und die Angesprochene beugt sich weit nach vorn, um ihre beste Freundin sehen zu können. Fragend sieht sie zu ihr hinüber.

    „Wie geht‘s?"

    Julia hebt ihre Hand und wippt sie ein wenig von hin und her.

    „Geht so."

    „Du schaffst das schon." Aufmunternd hält Sasha beide Daumen hoch.

    „Würden sie sich bitte anschnallen, wir starten jeden Moment.", wird Julia vor der Stewardess angesprochen. Sofort lehnt sie sich wieder zurück und schlingt den Gurt um ihre Hüfte und zieht ihn so fest sie kann. Mit einem kleinen Lächeln beobachtet Ian ihre Bemühungen.

    Gequält schließt sie ihre Augen und lehnt sich flach atmend in ihrem Sitz zurück und da nicht sehr viel Platz ist, berührt ihr nackter Arm den von Ian. Seine Körperwärme setzt ihren Körper in Flammen und ein Kribbeln durchläuft sie vom Kopf bis zu den Füßen Sie würde gerne etwas Abstand zwischen sich und ihn bringen, aber es ist einfach zu wenig Platz vorhanden. Andernfalls müsste sie sich schon mitten auf den Gang setzten. Langsam rollt das Flugzeug zur Startbahn und die Stewards und Stewardessen führen ihre Sicherheitsperformance auf. Julia ist jedoch zu sehr damit beschäftigt ihr Unbehagen in den Griff zu bekommen, als dass sie auf dieses Gezappel achten könnte.

    Mit gefurchter Stirn beobachtet Ian sie von der Seite und kann ganz genau verfolgen, wie ihre sonst so gesunde rosige Gesichtsfarbe erst in ein wächsernes weiß wechselt um dann in ein ungesundes grün überzugehen. Die Stewards und Stewardessen sind mit den Sicherheitshinweisen fertig und nehmen auf ihren eigenen Sitzen Platz. Mit einem lauten Dröhnen der Triebwerke nimmt das Flugzeug an Fahrt auf um kurz vor dem Ende der Rollbahn vom Boden abzuheben. Julia verspannt sich augenblicklich neben Ian und ohne groß nachzudenken nimmt er ihre zur Faust geballte Hand in seine, löst die verkrampfen Finger und schiebt seine dazwischen. Auch wenn sie es vielleicht nicht will, ist er sich dennoch sicher, dass es ihr helfen wird.

    2 – Die Saftschubse

    Julia spürt ganz am Rand ihres Bewusstseins, wie Ian ihre Hand von ihrem Oberschenkel nimmt, die zur Faust geballten Finger löst und seine mit ihren verschränkt. Mit aller Kraft krallt sie sich an seine Finger. Ihr Herzschlag hat sich verdreifacht und ihre Atmung geht immer schneller und flacher. Wenn sie nicht gleich ruhiger wird, könnte es gut sein, dass sie in Ohnmacht fällt. Immer und immer wieder wiederholt sie ihr Mantra „Du kommst heil wieder runter!" Aber es bringt nichts. Der Stress, durch den Zeitdruck der letzten Tage, fordert seinen Tribut. Julia spürt schon, wie ihre Finger beginnen zu kribbeln und ein Schwindelgefühl stellt sich ein.

    Ian schaut besorgt zu ihr hinüber. Er kann sehen, dass sich ihre Brust in der engen, weißen Bluse schnell hebt und senkt und dass sie immer stärker ihre Finger in seine Hand krallt.

    Das Flugzeug steigt immer höher in den grauen Himmel über Hamburg und fünfzehneinhalb Stunden Flug stehen ihnen bevor. Ian macht sich schon ein wenig Sorgen, ob Julia die ganze Zeit durchhält. Sein Blick fällt wieder auf ihre Brust und es durchzuckt ihn die Erkenntnis dass sich der weiße Stoff äußerst aufreizend an ihren schlanken Körper anschmiegt. Das Bild, wie er unter seinen Händen vor Verlangen bebt und wie sie sich ihm entgegen wölbt, taucht vor seinem inneren Auge auf. Schnell schüttelt er den Kopf - er muss diese Gedanken loswerden. Sie ist eine seiner Angestellten und es würde gegen eines seiner Prinzipien verstoßen… und außerdem gehört sie zum Team.

    Unruhig rutscht er auf seinem Sitz herum und verflucht die Economy Class. Hier ist so verdammt wenig Platz für seine langen Beine. Aber er kann ja schlecht Business fliegen, während der Rest des Teams in der Holzklasse reisen muss.

    „Oh Gott.", stöhnt Julia gequält. Fieberhaft durchforstet Ian sein Hirn, was er machen könnte. Aber das einzige woran er denken kann, ist seine Lippen auf ihre zu drücken und zu testen, ob sie wirklich so weich sind, wie sie aussehen. Im Moment sind sie zu einer dünnen Linie zusammengepresst. Die Nasenflügel ihrer kleinen Stupsnase beben unter dem ständigen, angestrengten Luftstrom.

    Langsam beginnen die Ränder ihres Sichtfeldes zu flackern und Julia kann spüren, wie sich die Ohnmacht anbahnt - sie schafft es einfach nicht sich zu beruhigen. Plötzlich spürt sie eine Hand unter ihrem Kinn und wie ihr Kopf zur Seite gedreht wird. Aber Julia ist viel zu sehr in ihrer Panik gefangen, als dass sie sich hätte dagegen wehren können. Die Finger der Hand zeichnen die Konturen ihres Kiefers nach und dann spürt sie die federleichte Berührung an ihrem Hals.

    Ian starrt auf seine Finger, die über die weiche Haut von Julias Hals wandern. Er spürt ihren rasenden Puls unter seinen Fingerspitzen. Was zum Teufel macht er hier?

    Langsam beruhigt sich Julias Atmung und sie beginnt wieder ihre Umgebung wahr zu nehmen. Mit flatternden Lidern öffnet sie ihre Augen und sieht direkt in Ians.

    Sein Blick wandert über ihren Hals, der immer noch von seiner Hand verwöhnt wird. Ihr Puls und ihre Atmung beschleunigen sich wieder, aber nicht aus Panik und Angst, sondern vor Verlangen. Mit weit geöffneten Augen starrt sie ihren Boss und Trainer an. Er hebt seinen Blick und trifft auf ihren.

    „Besser?", fragt Ian, mit kehliger Stimme.

    „Ja.", haucht Julia. Sie ist unfähig ihren Blick von ihm zu nehmen. Sein Duft steigt ihr wieder in die Nase und der letzte Rest an Panik löst sich in Luft auf. Seine Hand liegt an ihrer Halsbeuge und mit dem Daumen der anderen Hand streichelt er über ihren Handrücken. Tausend kleine Stromschläge durchlaufen ihren Körper und das pure Verlangen sammelt sich in ihrem Schoß und beginnt dumpf zu pochen. Immer noch sind ihre Blicke miteinander verschlungen und keiner von ihnen ist fähig, als erstes seinen Blick abzuwenden. Die Anzeige zum Anschnallen erlischt mit einem Pling und reißt Julia und Ian aus ihrer Starre. Hastig fahren sie auseinander und er nimmt seine Hände von ihrem Körper.

    Unruhig fährt sie sich durch die Haare und atmet tief durch. Nur schwer kann sie die Lust niederkämpfen. Ihre Hände zittern leicht und sie presst sie auf ihren Oberschenkel.

    Was war das?, fragt sich Ian und sieht verwirrt auf die Rückseite des Sitzes seines Vordermannes. Der Platz in seiner Jeans ist empfindlich eng geworden und unauffällig zupft er am Bund seiner Hose, um sich eventuell ein wenig Erleichterung zu verschaffen.

    „He Ian, jetzt erzähl mal, was du uns für eine Bude gesucht hast.", fordert ihn Daniel auf, der neben ihm sitzt.

    „Vergiss es. Ich habe es euch doch schon tausend Mal gesagt, lasst euch überraschen.", weicht Ian aus.

    „Mann, muss das sein?"

    „Ja, muss es."

    Daniel grummelt noch irgendetwas in seinen nicht vorhandenen Bart und gibt dann Ruhe, setzt sich die Kopfhörer auf und guckt sich die mittelmäßige Komödie an, welche über die Monitore flimmert. So wird das garantiert noch ein langer Flug.

    Eine der Stewardessen hält mit ihrem Wägelchen an ihrer Sitzreihe an und klimpert aufreizend mit ihren viel zu stark getuschten Wimpern. Julia wirft ihr einen giftigen Blick zu, da ihr bei deren Anblick die Galle hochsteigt.

    „Möchten Sie etwas trinken?", fragt sie eindeutig in Flirtlaune.

    „Wasser, danke.", antwortet Ian und erwidert ihr Lächeln und zwinkert ihr zu. Julia kann das Schnauben nicht mehr unterdrücken. Mit fragend erhobenen Augenbrauen sieht er seine Sitznachbarin an, die sich schnell mit den imaginären Fusseln auf ihrer Hose befasst.

    Die Stewardess reicht Ian sein Wasser und wendet sich dann an Daniel, Michael und Alexander. Die aufgetakelte Saftschubse will schon weiter, aber Julia hält sie mit einem übertrieben freundlichen Lächeln auf.

    „Entschuldigen sie bitte, meine Freundin…, sie zeigt kurz auf Sasha am anderen Ende der Reihe „… und ich hätte auch gern etwas zu trinken. Ich weiß ja, dass diese…, sie deutet auf die vier Männer „… Herren äußerst ansehnliche Exemplare der menschlichen Spezies sind, aber dennoch sollten sie das Wohl der anderen Passagiere nicht vergessen." Das Lächeln der Stewardess gefriert und mit einem eisigen Blick sieht sie Julia an.

    „Was darf ich Ihnen geben?"

    Julia beugt sich vor und ruft Sasha, die sich prompt nach vorne beugt.

    „Was gibt‘s Süße?"

    „Was willst du trinken?"

    „Ähm… Tomatensaft.", ruft Sasha rüber und zuckt entschuldigend lächelnd mit den Schultern.

    Julia lehnt sich wieder zurück und wendet sich wieder der wartenden Stewardess zu.

    „Wir nehmen dann einen Tomatensaft und eine Cola. Danke." So schnell wie möglich füllt sie die Gläser und reicht sie weiter und macht sich dann auf den Weg zu den anderen Passagieren.

    Da das Flugzeug seine Reisehöhe erreicht hat, fühlt sich Julia schon um einiges entspannter. Zwar ist sie immer noch nervös und unruhig, zumal ihr ständig Ians Geruch um die Nase weht, aber es wird besser.

    „Was war das denn eben?", fragt Ian Julia.

    „Bitte?" Schnell schluckt sie die Cola runter, die sich noch in ihrem Mund befindet.

    „Na das eben, mit der Stewardess. Du kannst ja richtig bissig sein!", stellt er mit einem kleinen Lächeln fest und seine Augen funkeln amüsiert.

    „Sorry, dass Sasha und ich auch was trinken wollten. Nur weil sie euch schöne Augen macht, muss sie uns ja noch lange nicht ignorieren.", empört sie sich.

    „Das meinte ich nicht ganz."

    „Was dann? Es wäre echt nett, wenn du die Güte besitzen würdest mir zu verraten, was du genau willst."

    „Also gut. Ian setzt sich etwas bequemer in den Sitz, soweit das überhaupt möglich ist und wendet sich Julia zu. „Erstens habe ich dein Schnauben gehört, nicht sehr damenhaft.

    „Darf man noch nicht mal mehr ausatmen?" Irgendwie muss sie es schaffen, sich da heraus zu reden.

    „Das war mehr als nur ausatmen. Aber lassen wir das und Zweitens: Wir sind ansehnliche Exemplare der menschlichen Spezies?" Ian grinst Julia breit an. Seine Augen funkeln herausfordernd.

    „Als ob ihr das nicht selber wissen würdet.", schnaubt sie und verschränkt ihre Arme vor der Brust.

    „Na es kam schon ein bisschen so rüber, als wären wir in einem Museum und die Jungs und ich die Hauptattraktion."

    „Bild dir nur nicht zu viel ein.", wirft sie ihm betont gleichgültig entgegen und kramt ihren MP3-Player aus der kleinen Tasche, die an der Lehne des Sitzes des Vordermannes angebracht ist und steckt sich die kleinen Stöpsel in die Ohren. Ohne Ian noch eines weiteren Blickes zu würdigen, holt sie sich ihre zerlesene Ausgabe von Tolstois ´Anna Karenina‘ hervor und beginnt zur Stimme von Adele zu lesen. Aber sie kommt nur ein paar Seiten weit bevor ihre Augen vor Müdigkeit zufallen.

    3 – Der Kopf an der Schulter

    Ian beobachtet Julia von der Seite. Sie kramt ihren MP3-Player hervor und beginnt zu lesen. Sie sieht ihn nicht noch einmal an. Das amüsierte Lächeln von eben umspielt immer noch seine Lippen. Sie hat vorhin eine Seite von sich offenbart, die er noch nicht kannte und das weckt seine Neugier. Er kennt sie seit etwas mehr als einem Jahr. Genauso lange arbeitet sie für ihn und genau so lange ist er ihr Trainer. Sie hatte sich auf die Stelle der Marketingexpertin beworben und eigentlich hatte er überhaupt nicht vor sie zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Ihr Studium hatte sie spät begonnen und war ohne nennenswerte Erfahrung. Sie hatte zwar während ihres Studiums mehrere Praktika in diversen Werbeagenturen absolviert, aber die waren dann doch eher unbedeutender Natur. Ben Richter, sein Geschäftspartner und Mitbegründer der Werbeagentur ´Richter & Namara´, wollte sie aber unbedingt kennenlernen. Er meinte, sie hätte Potenzial und so hatte Ian schließlich den Kürzeren gezogen und Julia durfte zum Vorstellungsgespräch kommen. Schon als sie den Konferenzraum betrat, war er von ihr fasziniert. Auf dem Foto in ihren Bewerbungsunterlagen hatte sie lange mittelblonde Haare und dann kam sie rein und hatte einen Pixie Cut der knallrot leuchtete. Julia hatte sich in dem Gespräch sehr gut präsentiert und so wurde sie zum Probearbeiten eingeladen. Sie durfte direkt an der Werbekampagne für eine neue Kosmetiklinie mitarbeiten und hatte sehr gute Ideen. So haben dann Ben und Ian nicht lange gefackelt und ihr den Job angeboten. Und bis heute haben sie es noch nicht bereut.

    In dem einen Moment lässt Ian in Gedanken ihre erste Begegnung Revue passieren und im Nächsten schweifen sie schon wieder ab und beschwören Bilder ihrer beider nackten Körper herauf. Wie es wohl ist, wenn sie laut vor Verlangen aufstöhnt und wie es sich wohl anfühlt, wenn er sich ganz langsam in ihr versenkt und dabei in ihre blauen Augen sieht? Ob diese dann wohl dunkel, wie aufgewühlte Ozeane werden?

    Der doch schon sehr begrenzte Platz in seiner Hose wird noch enger und Ian stöhnt leise auf. Er muss sich zwingen, seinen Gedanken eine andere Richtung zu geben, denn sonst wird auch für ihn dieser Flug noch länger und anstrengender, als er ohnehin schon ist.

    Er hört Julia neben sich leise murmeln und als er seinen Blick ihr wieder zuwendet, sieht er, dass sie eingeschlafen ist. Das aufgeschlagene Buch liegt auf ihren Oberschenkeln und droht jeden Moment ihren Fingern zu entgleiten. Schnell greift er danach, legt ihr Lesezeichen zwischen die Seiten und klappt es zu. Dann zieht er ihr ganz vorsichtig die Stöpsel des MP3-Players aus den Ohren. Wieder murmelt sie leise vor sich hin, aber es ist so leise, dass er es nicht verstehen kann. Endlich hat er es geschafft und stopft ihren Player zusammen mit dem Buch wieder in die Tasche am Sitz vor ihr.

    Die Stewardess, die zuvor die Getränke serviert hat, kommt wieder mit ihrem anzüglichen Lächeln auf den Lippen auf ihn zu und zieht ihn mit ihrem Blick förmlich aus. Unter normalen Umständen wäre er ihrer stummen Einladung nachgekommen. Aber heute hatte er keine Lust, zumindest nicht auf sie.

    „Darf ich ihnen noch etwas Gutes tun?", fragt sie Ian gurrend und leckt sich über die viel zu rot geschminkten Lippen. Er erwidert höflich ihr Lächeln und entweder scheint sie zu dumm zu sein, um sein Desinteresse zu bemerken, oder es ist ihr schlichtweg egal.

    „Könnten sie bitte eine Decke bringen?"

    „Natürlich.", gurrt sie wieder und huscht schnell in den rückwärtigen Teil des Fliegers und ist nur wenige Augenblicke später zurück. Wieder lächelt sie ihn lasziv an und beißt sich dieses Mal auf ihre Unterlippe. Himmel, sie legt es echt drauf an, schießt es ihm durch den Kopf. Er nimmt ihr die Decke ab und breitet sie über Julia aus. Das Lächeln der Stewardess erlischt augenblicklich.

    „Die Decken sind aber sonst nur für erste Klasse Passagiere.", wirft sie ein. Aha, ihm hätte sie liebend gern eine Decke gebracht.

    „Ja und?" Fragend hebt er eine Augenbraue.

    „Na… Sie fliegen ja sonst immer Business mit unserer Fluggesellschaft und da hätten Sie eine Decke haben können, wenn Sie es gewollt hätten. Aber die Dame ist keine unserer Stammkundinnen und dieses Privileg gilt nicht für sie."

    Sein Blick verdüstert sich augenblicklich.

    „Dann tun Sie halt so, als wäre die Decke für mich und ich kann ja über den Flug hinweg mit der Decke machen, was ich will.", gibt er kühl zurück.

    Die Stewardess öffnet ihren Mund und Ian kann richtig sehen, wie es hinter ihrer Stirn arbeitet. Schließlich klappt sie ihn wieder zu und macht sich vom Acker.

    Ian holt sein Tablet hervor und beginnt an der neuen Kampagne für eine Automarke zu arbeiten. Die Zeit scheint heute ihren zähflüssigen Tag zu haben, denn die Minuten verrinnen nur schleppend und als Julia leise seufzend ihren Kopf an seine Schulter legt, vergeht die Zeit noch langsamer. Ihr Duft, eine Mischung aus Zitronen und Vanille, steigt ihm in die Nase und er muss seine ganze Beherrschung aufbringen, um nicht seinen Kopf ein klein wenig zu drehen und dann seine Lippen auf ihre zu legen. Den Drang ihr über die Wange zu streichen, kann er nicht unterbinden. Sanft legt Ian seine Finger auf die zarte Haut und er fährt die Konturen ihrer hohen Wangenknochen nach. Leise seufzt Julia auf und dreht ihr Gesicht der Berührung entgegen. Seine Finger wandern langsam wieder nach unten und mit dem Daumen fährt er die Konturen ihrer Lippen nach, die sie leicht öffnet. Ein wohliges Stöhnen entschlüpft ihr. Himmel! Dieser kleine Ton reicht aus, damit er noch härter wird.

    Ians breiter Brustkorb hebt und senkt sich unter seinen schneller werdenden Atemzügen. Vielleicht sollte er doch noch das Angebot der Stewardess annehmen. Er kann ja schlecht den ganzen Flug über mit einer ausgewachsenen Erektion in der Hose zubringen. Aus dem Augenwinkel heraus bemerkt er, dass Julias Augenlider zu flattern beginnen, schnell nimmt er seine Hand von ihrem Gesicht und legt sein Tablet so, dass es die verräterische Beule im Schritt seiner Jeans verdeckt.

    Als sie langsam aus ihrem Schlaf erwacht, weiß sie im ersten Moment nicht, wo sie sich befindet. Die Nachwehen ihres Traumes sind einfach noch zu real und das feuchte Gefühl zwischen ihren Beinen macht es auch nicht besser. Sie hatte schon oft von Ian geträumt, aber heute war es besonders real und die Empfindungen waren so, als wenn er sie wirklich berührt hätte. Ganz langsam dringen die Turbinengeräusche des Flugzeuges an ihr Ohr und ihr wird wieder bewusst, wo sie sich gerade befindet. Verschlafen wischt sie sich über die Augen und mit der schwindenden Umnebelung ihres Hirns wird ihr klar, dass ihr Kopf an einer Schulter lehnt und dass diese sehr verdächtig nach Ian riecht. Wie von der Tarantel gestochen setzt sie sich gerade hin und starrt auf den Sitz vor sich. Julia wagt es nicht ihn anzusehen. Oh Gott, sie hat an der Schulter ihres Chefs geschlafen. Gibt es noch etwas Peinlicheres? Hoffentlich hat sie nicht geschnarcht oder gar gesabbert. Stöhnend vergräbt sie ihr Gesicht in den Händen.

    „Gut geschlafen?", kommt es leise von der Seite. Da es auffallen würde, wenn sie ihn nicht ansehen würde, dreht sie den Kopf und begegnet seinem lächelnden Gesicht.

    „Ähm… ich… also… ich… es tut mir leid." Na toll, jetzt stottert sie schon wieder.

    „Was tut dir leid?" Seine braunen Augen glitzern belustigt. Eindeutig bemerkt er ihr Unbehagen und dann macht er sich über sie lustig? Etwas angesäuert verzieht sie das Gesicht atmet dann tief durch und schluckt ihren bissigen Kommentar herunter.

    „Dass ich dich als Kissen missbraucht habe."

    „Na missbrauchen würde ich das jetzt nicht nennen. Julia, du kennst mich, ich mache nur das, was ich will."

    „Du weißt was ich meine.", murrt sie ihn an.

    „Keine Ursache. Zum Glück hast du nicht geschnarcht oder noch Schlimmeres." Breit grinst er sie an. Erleichtert atmet sie leise aus. Sie hatte nicht geschnarcht oder Ähnliches. Erst jetzt merkt sie, dass sie die dunkelblaue Decke, die auf ihrem Körper liegt, erbarmungslos zwischen ihren Fingern knetet.

    „Wo kommt die denn her?", verdutzt sieht sie erst die Decke, dann Ian an.

    „Die hab ich dir organisiert."

    „Danke."

    Da sich langsam dieses doch etwas unangenehme Schweigen zwischen ihnen breit macht und Julia keine Anstalten macht es zu brechen, wendet sich Ian wieder seiner Arbeit zu.

    Langsam senkt sich die Dunkelheit herab und die ‘Flying Dragons‘, eines der Karateteams eines Hamburger Dojos, stochert angeekelt in ihrem Abendessen herum. Sie hatten die Wahl zwischen Gummihühnchen mit Gemüsematsch oder zerfallenem Fisch in Dillbrei, der wahrscheinlich die Sauce darstellen soll.

    „Ist das Essen in der First Class auch so beschissen?", fragt Michael in seinem tiefen, dröhnenden Bass quer über die komplette Sitzreihe, aber wahrscheinlich hat ihn das gesamte Flugzeug gehört.

    „Da ist es zwar auch keine Gourmetküche, aber um Längen besser als das hier." Angewidert zeigt Ian auf das Zeug, was hier als Essen angeboten wird. Kaum einer von ihnen hat es angerührt, lieber würden sie verhungern, als das zu essen. Da werden sie wohl in L.A. als erstes einen Diner oder etwas Ähnliches ansteuern.

    Inzwischen ist es dunkel und die Bordbeleuchtung wird gedimmt. Nur vereinzelt haben noch einige Passagiere die Lesespots über ihren Sitzen an, aber der Großteil kuschelt sich so gut es geht in die unbequemen Sitze und versucht zu schlafen. Dank ihrer Tropfen gegen Flugangst ist Julia schon wieder sehr müde. Sie wirft sich hin und her und versucht eine angenehme Schlafposition zu finden.

    „Du kannst ruhig wieder deinen Kopf an meine Schulter legen.", bietet Ian ihr an.

    „Ist schon gut, aber danke.", winkt Julia ab, auch wenn sein Angebot sehr verlockend ist.

    „Was denn? Hast du Angst, dass ich dich beißen könnte?" Wieder lächelt er sie amüsiert an.

    „Da gehört schon mehr dazu, dass ich dir die Erlaubnis geben würde mich zu beißen." Entsetzt schlägt sich Julia die Hand vor den Mund. Hat sie das gerade laut ausgesprochen? Da Ians Grinsen breiter wird, hat sie es anscheinend. Sie wünscht sich, dass sich der Boden unter ihrem Sitz auftun möge, um sie zu verschlucken.

    „Das habe ich nicht gemeint. Aber du bringst mich da auf eine interessante Idee." Seine Augen beginnen zu blitzen und sein Mund ist jetzt nicht mehr fröhlich, sondern zu einem verführerischen Lächeln verzogen.

    „Vergiss es einfach.", murmelt Julia und ihr Gesicht nimmt die Farbe einer Tomate an.

    „Tut mir leid, so einfach kann ich das nicht vergessen. Du hast mir diesen Gedanken in den Kopf gepflanzt und ich muss das jetzt erst einmal mit dir erörtern.", zieht er sie auf.

    „Ich habe keine Lust irgendetwas mit dir zu erörtern."

    „Da hast du jetzt Pech. Wie ich deinen Worten entnommen habe, bist du durchaus einem kleinen Zahneinsatz nicht abgeneigt." Ohne es zu ahnen, ist Ian der Wahrheit sehr nahe gekommen. Besser gesagt, er hat genau ins Schwarze getroffen.

    „Wow, du bist doch noch eingebildeter als ich dachte."

    „Ich? Eingebildet? Wohl kaum." Er lacht leise auf und seinem Gesichtsausdruck kann sie entnehmen, dass er es ihr nicht übel nimmt.

    „Lass mich schlafen.", blafft Julia ihn an und lehnt sich zurück. Sie hat es aufgegeben eine bequeme Position zu finden.

    „Mann, bist du stur! Komm her.", ruft er aus und schiebt seinen Arm hinter ihrem Nacken durch und zieht ihren Kopf an seine Schulter.

    4 – The first Kiss

    Noch bevor Julia protestieren kann, hat Ian sie gepackt und ihren Kopf an seine Schulter gezogen. Verwirrt versteift sie sich. Sie kann es nicht so richtig einordnen. Was, wenn überhaupt, bezweckt er damit? Oder will er vielleicht einfach nur nett sein?

    „Entspann dich. Wir haben noch gute zehn Stunden Flug vor uns und wenn du die ganze Zeit steif wie ein Stock dasitzt, müssen wir dich am Ende noch aus dem Flugzeug tragen.", rät er ihr und sie weiß auch, dass er Recht hat. Aber es ist leichter gesagt als getan.

    Wie soll sie sich entspannen, wenn sie hier in seinem Arm liegt und die Muskeln ihres Unterleibes sich ständig vor Verlangen zusammenziehen? Julia schließt ihre Augen und saugt seinen Geruch tief in ihre Lungen ein und einen kleinen Moment lang gönnt sie sich die Vorstellung, dass sie jetzt einfach Ians Hand nehmen könnte, um ihre Finger mit seinen zu verschränken.

    Er spürt, wie sie sich ganz langsam entspannt und er fragt sich, welcher Teufel ihn da geritten hat, sie einfach in seinen Arm zu ziehen. Aber jedes Mal, wenn ihr Duft in seine Nase steigt, setzt sein Hirn aus und alles Blut sammelt sich in seinem Schritt.

    Tief durchatmend wendet er sich wieder seinem Tablet zu. Eigentlich hatte er vor, auch ein wenig zu schlafen, aber mit Julias wunderbar warmen und anziehenden Körper direkt an seiner Seite, ist das ein Ding der Unmöglichkeit.

    Die Stunden ziehen dahin und das voll besetzte Flugzeug gleitet durch den dunklen Himmel. Nur noch sehr wenige Passagiere sind wach, unter ihnen Ian, der seit einer halben Stundegedankenverloren auf sein Tablet starrt, ohne auch nur einen Pinselstrich an der neuen Kampagne gemacht zu haben. Seufzend schaltet er es schließlich aus. Was bringt es schon, wenn er nur darauf starrt und sich die ganze Zeit fragt, wie er das mit Julia machen soll? Auf der einen Seite will er sie unbedingt nackt unter sich spüren, will spüren wie sich ihr feuchtes Fleisch um seine Härte schließt, während sie ihren Orgasmus heraus schreit. Aber auf der anderen Seite würde eben dies gegen eines seiner größten Prinzipien verstoßen und es ist ein ungeschriebenes Gesetzt zwischen ihm und Ben.

    Sie haben sich bei der Gründung von ´Richter & Namara‘ geschworen, nie auch nur das kleinste Techtelmechtel mit einer Angestellten zu beginnen. Und bei Gott, sie hatten beide mehr als genug Gelegenheiten gehabt, diese Abmachung zu brechen. Aber Julia ist die Erste, bei der er schwach werden könnte und dabei entspricht sie so überhaupt nicht seinem Typ. Seine Bettgespielinnen waren superschlanke Frauen mit großen Brüsten und langen Haaren und er mag Frauen, die den Mund halten und nicht ständig Widerworte geben.

    Ihr Körper ist schlank und sehr fraulich. Sie besitzt eine Taille, die dann sanft in wohl geformte Hüften übergehen. Ihre Oberweite ist jetzt nicht so atemberaubend, eher Standardgröße und sie hat manchmal ein echt loses Mundwerk. In der Agentur hält sie sich oftmals zurück, aber beim Training kann sie schon mal sehr laut werden. Dann brüllt sie ihm auch schnell mal ihre Meinung an den Kopf und widerspricht ihm andauernd. Aber genau diese Mischung ist es im Moment, die ihn so fasziniert, die ihn so unwahrscheinlich stark anzieht.

    Während Ian über sein Dilemma nachgrübelt fallen ihm die Augen zu und langsam kippt sein Kopf zu Seite und seine Wange kommt auf ihrem Scheitel zum Liegen.

    Sanft wird Julia an der Schulter gerüttelt. Sie schlägt die Augen auf und sieht direkt in das Gesicht eines lächelnden Stewards.

    „Bitte setzten sie sich aufrecht hin und schnallen sie sich an, wie beginnen jeden Moment mit dem Landeanflug auf Los Angeles."

    Bitte was? Wie lange hat sie denn geschlafen? Das ganze Flugzeug ist in das orangene Licht des Sonnenaufganges getaucht und erfüllt von den aufgeregten Gesprächen der Passagiere.

    Sie benötigt noch einen kleinen Moment um richtig wach zu werden und nickt den Steward zu, um ihm zu zeigen, dass sie ihn verstanden hat. Zufrieden richtet er sich auf und verschwindet wieder aus ihrem Sichtfeld.

    Julia schließt noch einmal kurz die Augen, reißt sie aber ruckartig wieder auf. Denn unter ihrem Ohr hört und spürt sie den ruhigen und gleichmäßigen Schlag eines Herzens. Entsetzt starrt sie auf ihren Arm, der quer über einem flachen und trainierten Bauch liegt und auf ihrem nackten Arm ruht eine eindeutig männliche Hand. Sie hat diese Hand im letzten Jahr schon so oft angesehen, dass sie sofort weiß, zu wem sie gehört. Oh oh!

    Sie möchte sich aufrichten, aber der Arm um ihre Schulter hat etwas dagegen und zieht sie wieder zurück auf ihren alten Platz.

    Jemand kitzelt sie über die Nase und sie schiebt ihren Kopf ein wenig nach oben, damit sie sehen kann, wer es ist, denn Ian kann es nicht sein. Sein linker Arm liegt noch um ihre Schulter und der Rechte auf ihrem Arm. Es ist unbequem und sie kann immer noch nicht die freche Hand sehen, die sie ärgert. Sie muss ihre Augen nach oben verdrehen und sieht direkt in die breit grinsenden Gesichter von Daniel, Alexander, Michael und Sasha.

    „Guten Morgen Schlafmütze.", ruft Sasha rüber und wackelt mit den Augenbrauen. Julia kann spüren, wie sie rot anläuft und setzt sich abrupt auf, was den Anderen ein Lachen entlockt.

    Ian wird unsanft aus seinem Schlaf gerissen, als sich Julia aufsetzt. Verschlafen reibt er sich die Augen und streckt sich, um die verkeilten Wirbel seines Rückens wieder einzurenken. So gut hat er lange nicht mehr geschlafen. Julia neben ihm sitzt kerzengerade da und ihre Finger kneten wieder nervös die blaue Decke und auf der anderen Seite begegnen ihm die anzüglich grinsenden Gesichter der Anderen. Er ist leicht verwirrt und weiß nicht, wie er das einordnen soll.

    „Was ist denn los?" Sein Blick huscht von links nach rechts.

    „Habt ihr eine gute Nacht gehabt?", fragt Michael breit grinsend und wedelt mit seinem ausgestreckten Zeigefinger zwischen Ian und Julia hin und her.

    „Das würde euch zwar nichts angehen, aber soweit meine Erinnerung reicht, haben wir nur geschlafen."

    „Wenn was zwischen euch laufen würde, würde es uns schon etwas angehen, immerhin sind wir ein Team.", erklärt Alexander.

    „Diese Diskussion ist völlig unnötig, da nie etwas laufen wird!", wirft Julia wütend ein und funkelt alle böse an. Sasha zieht bei ihrem heftigen Ausbruch die Augenbrauen zusammen und lehnt sich grübelnd in ihrem Sitz zurück. Eigentlich hatte sie mit einem spöttischen Kommentar von Julia gerechnet, aber anstatt dessen haben sie einen heftigen Ausbruch bekommen.

    Ian dreht sich zu Julia und sieht sie an.

    „Das hat sich aber vor ein paar Stunden anders angehört.", raunt er ihr zu.

    „Bitte was?" Empört sieht sie ihn an.

    „Du hast mich gebeten, dich zu beißen."

    „Ich weiß ja nicht, wo du warst, aber ich kann mich an keine derartige Bitte erinnern."

    „Du hast es vielleicht nicht direkt gesagt, aber dein Körper hat dich verraten, genau wie jetzt gerade auch." Seine Stimme hat einen sexy Unterton bekommen, der einem ein heißes Abenteuer verspricht.

    Das Zeichen zum Anschnallen erscheint und erspart ihr eine Antwort. Ihr Herz wummert ihr in der Brust, aber sie kann nicht sagen, ob es aufgrund des Landeanflugs ist, oder wegen Ian. Vielleicht ist es auch eine Mischung aus Beidem.

    „Sehr geehrte Damen und Herren bitte setzen Sie sich in eine aufrechte Sitzposition, klappen Ihre Tische nach oben und schnallen Sie sich an. Wir beginnen jetzt mit dem Anflug auf den International Airport Los Angeles. Es ist 7:23 Uhr Ortszeit, momentan herrscht eine Außentemperatur von 12°C und es ist windstill. Wir bedanken uns, dass Sie mit unserer Airline geflogen sind und wünschen ihnen einen angenehmen Aufenthalt in Los Angeles.", macht der Pilot seine Durchsage und Julias Pulsfrequenz verdoppelt sich.

    „Gleich ist es vorbei.", flüstert sie vor sich hin und stumm hält Ian ihr wieder seine Hand hin. Das Flugzeug beginnt sich langsam nach unten zu senken und damit auch Julias Herz. Es rutscht ihr direkt durch die Hose und baumelt jetzt am Absatz ihrer High Heels. Sie lehnt sich zurück, schließt die Augen und versucht ihren flachen Atem zu kontrollieren. Ohne weiter darüber nachzudenken nimmt sie seine Hand, verschränkt ihre Finger mit seinen und drückt mit aller Kraft zu.

    Er kann ganz genau beobachten wie sich ihre Gesichtsfarbe wieder ändert und er verspürt auch wieder dieses Bedürfnis, ihr zu helfen. Ohne viele Worte hält er ihr seine Hand hin. Julia wird auch so verstehen, was er will. Sie lehnt sich in ihrem Sitz zurück und krallt sich dann an seiner Hand fest. Kurz zuckt er zusammen, denn ihre Fingernägel bohren sich schmerzhaft in sein Fleisch.

    Sofort schweifen seine Gedanken ab und er stellt sich vor, wie genau diese Fingernägel in Ekstase über seinen nackten Rücken kratzen und ihre Spuren hinterlassen. Was ist nur mit ihm los? Er hatte doch sonst nie diese Gedanken, wenn Julia in seiner Nähe war. Das muss definitiv aufhören! Wieder einmal muss er sich zurück in die Wirklichkeit kämpfen. Julia sitzt wie erstarrt neben ihm und zerquetscht seine Hand und er denkt daran, wie es ist, wenn er sie flach legt. Ohne dass er es hätte verhindern können, nimmt er ihr Kinn in die Hand und dreht ihr Gesicht dem seinem zu. Ihre Augen sind fest zusammengekniffen und sie atmet durch den Mund schnell ein und aus. Oh Gott, diese Lippen! Sie betteln förmlich darum, geküsst zu werden. Langsam senkt er seine Lippen auf ihre.

    Sie sind noch viel weicher als in seiner Einbildung. Ian kann genau mitverfolgen, wie Julia ihre Augen aufreißt und ihn entsetzt anstarrt. Aber er sieht auch etwas Anderes in ihrem Blick. Es ist nicht viel und fast hätte er gedacht, er hätte es sich nur eingebildet. Aber dann sieht er es wieder in ihren Augen aufblitzen – das pure Verlangen.

    Julia kämpft mit aller Macht gegen ihre Panik an. Sie hat es jetzt so weit geschafft, dann wird sie diesen dämlichen Landeanflug auch noch hinter sich bringen, ohne auszuflippen. Plötzlich spürt sie, wie ihr Kinn zwischen kräftige, aber auch unglaublich sanfte Finger genommen wird. Ohne sich zu wehren lässt sie ihr Gesicht drehen. Dann spürt sie es, sanfte weiche Lippen, die sich auf ihre legen. Schnell reißt sie die Augen auf und starrt direkt in die Braunen von Ian und alles verschwindet um sie herum. In diesem Moment nimmt sie nur ihn wahr - seine Lippen, seinen Geruch, seinen Geschmack. Sie liegen einfach so auf ihren, ohne etwas zu unternehmen. Aber dann beginnt er sie zu bewegen und sie ist verloren. Flatternd senkt sie ihre Augenlieder und erwidert seinen Kuss.

    Ian muss all seine Beherrschung aufbringen, um nicht jetzt sofort über sie herzufallen. Ihre Lider haben sich geschlossen und sie küsst ihn zurück. Langsam bewegt er seine Lippen auf ihren und er ist sich unschlüssig, ob er weiter gehen sollte. Aber seine Zunge scheint ein Eigenleben zu führen, denn sie streicht schon über ihre Unterlippe und bettelt um Einlass. Sie macht aber keine Anstalten sie auch rein zu lassen. Er ist aber derselben Meinung wie seine Zunge und er will sie um jeden Preis schmecken - und zwar jetzt.

    Julias Herz hat den Weg vom Absatz ihrer High Heels in ihren Hals gefunden und schlägt zum Zerspringen schnell. Seine Zunge war über ihre Unterlippe gestrichen und sie konnte sich gerade noch beherrschen, ihm nicht die Ihre entgegen zu recken. Aber dann saugt er ihre Unterlippe zwischen seine und beginnt leicht daran zu knabbern und bricht damit ihren Widerstand.

    Mit einem kleinen Seufzer öffnet sie ihren Mund und beginnt mit ihrer Zunge auf Wanderschaft zu gehen. Sie muss auch nicht lange suchen und schon berühren sich ihre Zungenspitzen. Das Gefühl ist überwältigend und schießt direkt zwischen ihre Beine. Ihre Zunge streichelt langsam über seine und kostet seinen Geschmack aus.

    Ians Hand liegt immer noch um ihr Kinn und er löst die Finger, streichelt mit den Fingerspitzen über ihre Wange, ihren Hals nach unten und schließlich in ihren Nacken. Ihr Geschmack bringt ihn um den Verstand und er zieht sie noch näher an sich heran, um ihren Kuss zu intensivieren. Ihre Zungen haben begonnen einen wilden Tanz aufzuführen. Immer wieder stöhnt Julia leise an seinem Mund. Das ist mit Abstand der beste Kuss, den er jemals hatte und er hat in seinem Leben weiß Gott schon mehr als genug Frauen geküsst.

    Sacht setzt das Flugzeug auf der Landebahn auf und das aufbrandende Klatschen der Passagiere lassen Julia und Ian bewusst werden, dass sie nicht alleine sind. Schwer atmend lösen sie sich voneinander und mit aufgerissenen Augen sieht sie ihn an und ihre Finger streichen über ihre Lippen, die geschwollen sind von seinem Kuss. Dann senkt sie den Blick und der Moment ist vorbei.

    Schwer atmend lehnt er sich zurück und schließt kurz die Augen. Denn bevor er aufsteht, muss er runterkommen. Sonst würde sofort jeder sehen, was in seiner Hose abgeht.

    5 – Markus, oder die Stewardess, die heute keinen Kerl mehr abbekommt

    Das Flugzeug rollt über das Gelände des Flughafens, kommt zum Stillstand und dockt an die Gangway an. Die Passagiere suchen ihre Sachen zusammen und strömen auf den Ausgang zu.

    Julia sitzt wie in Trance auf ihrem Platz und kann es nicht glauben. Sie kann nicht fassen, dass dieser Kuss Wirklichkeit war und nicht nur ihrer Einbildung entsprungen ist. Wieder fährt sie sich mit den Fingerspitzen über die Lippen. Eindeutig, sie sind geschwollen und sie spürt Ians Kuss fast noch und sein Geschmack liegt noch auf ihrer Zunge.

    „Na los, lasst uns aussteigen.", drängelt Alexander gut gelaunt und scheucht alle auf. Kurz sieht Julia jeden Einzelnen, bis auf Ian an. Haben sie etwas gemerkt? Den Jungs kann sie nichts anmerken, sie sehen zwar alle etwas zerknautscht und übernächtigt aus, aber dennoch fröhlich und ausgelassen. Sashas Gesicht kann sie leider nicht sehen, denn es haben sich die großen, breiten Körper von Alexander, Daniel und Michael in ihr Blickfeld geschoben.

    „Macht schon, oder wollt ihr hier Wurzeln schlagen?" Daniel wedelt mit seiner Hand und scheucht Ian und Julia auf.

    Mit zittrigen Knien steht sie auf und geht einen Schritt zur Seite, um die Anderen durchzulassen. Ian folgt ihrem Beispiel und stellt sich neben sie, darauf bedacht, dass sein Tablet auf Höhe seiner Körpermitte ist.

    „Alles okay?", flüstert Ian ihr zu. Da sie ihrer Stimme im Moment nicht traut, nickt sie nur.

    „Kommst du?", fragt er.

    Die Jungs sind inzwischen aufgestanden und auf den Gang getreten und strömen mit den anderen Passagieren auf den Ausgang zu.

    „Ich warte noch auf Sasha.", presst Julia hervor und deutet auf ihre beste Freundin, die noch damit beschäftigt ist ihre Sachen zusammenzusuchen.

    „In Ordnung. Wir warten draußen auf euch." Er schnappt sich seinen Rucksack und folgt den Anderen. Solange wie Sasha noch mit ihrem Kram beschäftigt ist, holt Julia ihre Tasche und stopft ihrer MP3-Player und ihr Buch hinein. Während sie wartet, wandern ihre Gedanken wieder zurück zu Ian und seinem unglaublich weichen und sanften Lippen und dem Gefühl wie es war, als seine Zunge ihre berührte und sie ihn schmeckte.

    „Ich dachte wir wären Freundinnen!", faucht Sasha sie von der Seite an. Schlagartig ist Julia wieder in der Realität. Verwirrt sieht sie in ihr wütendes Gesicht. Ihre Augenbrauen sind zusammengezogen und ihre Augen blitzen angriffslustig.

    „Was?" Sie ist zu verdattert um eine bessere Frage zu stellen.

    „Ich dachte wir wären Freundinnen!" Sasha betont jedes Wort einzeln, ganz so als hätte Julia nicht mehr alle Latten am Zaun.

    „Aber das sind wir doch. Wie kommst du jetzt auf sowas."

    „Ich habe gesehen, was zwischen Ian und dir vorhin abging." Wütend funkelt sie Julia an.

    „Ähm… also… ich…"

    „Lass es einfach.", sagt Sasha in einem resignierten Ton und wendet sich zum Gehen.

    „Warte!", ruft Julia ihr hinterher. Sasha bleibt stehen und dreht sich langsam um. Tränen glitzern in ihren Augen. Schnell ist Julia bei ihr und nimmt sie in die Arme.

    „Süße, rede mit mir."

    „Du redest doch auch nicht mit mir.", murmelt sie

    „Wenn ich wüsste, was du genau meinst, könnt ich ja mit dir reden."

    „Ich habe gesehen, dass du und Ian euch geküsst habt und ich finde es echt unfair, dass du mir nie gesagt hast, dass ihr ein Paar seid und dabei dachte ich, dass wir uns immer alles erzählen würden.", bricht es aus Sasha heraus. Julia schiebt sie auf Armeslänge von sich und bricht in schallendes Gelächter aus. Als sie ihren verwirrten Gesichtsausdruck sieht, zieht sie sie wieder in eine Umarmung.

    „Meine Damen, darf ich sie die Gangway hinunter begleiten?", fragt eine männliche Stimme hinter ihnen. Gleichzeitig drehen sie sich um und sehen in das freundliche Gesicht des Piloten, der ihnen einladend seine Arme hinhält. Ein schneller Blick in ihre Umgebung zeigt ihnen, dass sie die Letzten sind.

    Sasha findet als erste ihre Stimme wieder und schenkt dem attraktiven Mann in Uniform ein strahlendes Lächeln.

    „Sehr gern.", antwortet sie ihm, wirft Julia dabei ein strahlendes Lächeln zu und hakt sich bei ihm unter. Abwartend sehen Sasha und der Pilot Julia an. Mit einem Schulterzucken und einem Lächeln hakt sie sich ebenfalls bei ihm unter.

    „Na dann Ladies, wollen wir mal.", sagt er fröhlich und gemeinsam steuern sie den Ausgang des Flugzeuges an. Dort wartet bereits die Stewardess, die die Freundinnen bei der Getränkeverteilung übergehen wollte. Mit einem aufreizenden Lächeln blickt sie dem Piloten entgegen und als sie Sasha und Julia an dessen Armen bemerkt gefriert ihre Miene.

    „Markus?" Da sie den Piloten ansieht, muss er wohl gemeint sein.

    „Jaqueline.", grüßt er sie schlicht und geht vorbei. Sie sind bereits auf der Gangway, als sie einen weiteren Versuch startet.

    „Markus?", ruft sie. Leise stöhnt er auf und ohne Julia und Sasha loszulassen dreht er sich mit ihnen um.

    „Ja?", fragt er übertrieben höflich und sie werfen sich hinter seinem Rücken einen grinsenden Blick zu.

    „Sehen wir uns heute noch?" In ihrer Stimme schwingt ein eindeutiges Angebot mit.

    „Nein."

    „Dann morgen Früh beim Rückflug?"

    „Tut mir leid, ich bleibe für zwei Wochen in L.A. Ich glaube Karl fliegt zurück. Ich mache erst einmal Urlaub." Ohne sie weiter zu beachten dreht er sich mit den beiden Damen an seinen Armen um und sie gehen weiter in Richtung Flughafengebäude.

    „Sie sehen ziemlich jung aus für einen Piloten." Sasha ist eindeutig in Flirtlaune. Er lacht vergnügt auf und strahlt sie aus seinen blauen Augen an.

    „Danke für das Kompliment. Ich werde nächste Woche 35."

    „Wow, das sieht man Ihnen gar nicht an. Sie machen hier jetzt Urlaub?" Julia hält sich lieber zurück und überlässt Sasha das Feld. Nach der schlimmen Trennung von ihrem Ex, ist es schön sie wieder flirten zu sehen.

    „Ja. Der erste seit anderthalb Jahren. Und Sie? Machen Sie auch Urlaub?"

    „Schön wär es. Wir sind hier zu unserer ganz persönlichen Hölle."

    „So schlimm?"

    „Na ja nicht ganz. Aber es kommt dem schon nahe.", lacht sie fröhlich. Julia kann sich ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen. Manchmal war das Training mit Ian wirklich die Hölle, vor allem wenn alles nicht gleich so klappte, wie er sich das vorstellte.

    „Darf ich fragen, um was es sich handelt?"

    „Wir wollen zur nächsten Weltmeisterschaft und da in drei Monaten die Vorentscheide zur Aufnahme in die deutsche Nationalmannschaft beginnen, veranstalten wir hier vier Wochen lang unser ganz persönliches Trainingslager."

    „Und an welcher Meisterschaft wollen Sie teilnehmen?", fragt er interessiert

    „Karate.", antwortet sie mit einem kleinen Lächeln und es verbreitert sich, als sie sein verblüfftes Gesicht sieht.

    „Da sollte ich mich wohl besser in Acht nehmen.", scherzt er.

    „So schlimm sind wir nicht. Nur wenn man uns ärgert, dann können wir schon ein wenig ungemütlich werden."

    „Na da bin ich ja beruhigt und werde es mir merken." Inzwischen

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