Discover millions of ebooks, audiobooks, and so much more with a free trial

Only $11.99/month after trial. Cancel anytime.

Glaube? - Sitte? - Heimat?
Glaube? - Sitte? - Heimat?
Glaube? - Sitte? - Heimat?
Ebook247 pages3 hours

Glaube? - Sitte? - Heimat?

Rating: 0 out of 5 stars

()

Read preview

About this ebook

Ein Toter auf einem Friedhof ist normalerweise kein besonders bemerkenswertes Ereignis. Ist der Tote allerdings keines natürlichen Todes gestorben und wurde erst nach seinem gewaltsamen Tod auf ein bestimmtes Grab gebracht, ist es ein Fall für die Neusser Kriminalpolizei. Wieder ist die Findigkeit der jungen Polizistin Claudia Pflumm und ihrer Kollegen Richard Berg und Paolo-Fagiani gefragt. Die Ermittlungen führen die drei Polizisten zu skurrilen Typen und erneut in das Neusser Schützenwesen. Lange im Dunkeln gebliebene Ereignisse aus der Vergangenheit führen zu der über­raschenden Lösung dieses mysteriösen Falls.
LanguageDeutsch
Release dateAug 30, 2013
ISBN9783732256938
Glaube? - Sitte? - Heimat?

Related to Glaube? - Sitte? - Heimat?

Related ebooks

Thrillers For You

View More

Related articles

Reviews for Glaube? - Sitte? - Heimat?

Rating: 0 out of 5 stars
0 ratings

0 ratings0 reviews

What did you think?

Tap to rate

Review must be at least 10 words

    Book preview

    Glaube? - Sitte? - Heimat? - Piet Jonasson

    Zufälligkeit.)

    1. Schreck in der Morgenstunde

    Es war kein guter Morgen für den Bestatter Ralf Mergot. Schon beim Frühstück hatte ihn seine Frau beschimpft und das, obgleich er noch Kopfschmerzen vom feuchtfröhlichen Abend mit seinen Vereinskollegen hatte. Seine Frau war nie besonders zugänglich oder gar verständnisvoll, wenn er abends bei einer Versammlung mit seinen Schützenkollegen einen über den Durst getrunken hatte. Und so sehr er versuchte, beim nach Hause kommen leise zu sein und seinen derangierten Zustand zu verbergen, seine Frau konnte er nicht hintergehen.

    Er war vor dem Gezeter in sein Büro geflüchtet und dann auf den Friedhof gegangen, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen und auch um zu überprüfen, wie weit die Friedhofsarbeiter mit der Aushebung des Grabes für die am nächsten Morgen anstehende Beerdigung waren. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass die Arbeiten gut voranschritten, beschloss er, sich noch ein wenig auf dem Friedhof umzusehen und auch zum Grab eines Freundes und Schützenbruders zu gehen. Sein Freund war nun bereits über ein Jahr tot und für ihn unverständlich, kümmerte sich dessen Lebensgefährtin überhaupt nicht um die Grabstelle. Vieles ging ihm durch den Kopf, als er sich in Richtung des Grabes auf den Weg machte. Natürlich waren beim plötzlichen Tod seines Freundes viele Dinge aus dessen Leben an die Öffentlichkeit gelangt, die keiner Frau Freude gemacht hätten. Es hatte mehr als eine Frau im Leben seines Freundes gegeben. Aber ‚du liebe Zeit‘, dachte er – und automatisch änderte sich seine Körperhaltung, er ging aufrechter und streckte die Brust weiter heraus‚ ‚schließlich war er ein Mann und Männer sind eben polygam‘. Ein selbstgefälliges Lächeln umspielte seine Lippen, das aber unverzüglich einem völlig entgeisterten Gesichtsausdruck wich und dann in Entsetzen umschlug, als er um die Ecke bog und das Grab seines Freundes erblickte.

    Mitten auf dem Grab zwischen ein paar kleinen Buchsbaumbüschen und Unkraut hockte ein Mann auf einem Gartenstuhl. Dass der nicht freiwillig dort saß, sondern nicht mehr wegkonnte, erkannte er, als er sich dem Grab näherte. Der Mann hatte eine große Wunde an seinem Kopf: Er war tot.

    Mergots erster Impuls war wegzulaufen, um nur nichts mit diesem Toten zu tun haben zu müssen, dann wurde ihm schlecht und er übergab sich auf das Nachbargrab, das im Gegensatz zu dem Grab seines Freundes mit Blumen bepflanzt und sehr gepflegt war.

    Danach aber rief er umgehend die Polizei an. Auf die Idee, auch einen Arzt anzurufen, kam Mergot allerdings nicht, denn dass hier eher sein eigener als der medizinische Berufsstand gefragt war, konnte selbst er erkennen. Die Polizei brachte dann aber natürlich den Polizeiarzt mit, der dann aber auch nur bestätigen konnte, was Mergot bereits klar gewesen war: Tod durch Gewalteinwirkung!

    Mergot, dem nach wie vor elend zumute war und der gerne von diesem grausigen Platz weg wollte, wurde von den Polizisten nahegelegt, noch dazubleiben bis die Kollegen von der Mordkommission eingetroffen seien. Er durfte sich aber zur Friedhofskapelle begeben, um dort auf die Polizisten warten.

    Der Bestatter konnte nach wie vor keinen klaren Gedanken fassen, trotzdem fragte er sich, warum der Tote gerade auf dem Grab seines Freundes hatte sitzen müssen. Ihn schauderte trotz des warmen Frühlingstags und er bekam ein vages Gefühl von Unheil. In seinem Kopf entstand ein Gedanken-Tohuwabohu über Ereignisse, Chaos, Verwirrungen und Gerüchte, die sich – nicht zuletzt bei dem Tod seines Freundes – um dessen Person rankten. Sein Freund hatte eine Rolle in Neuss gespielt und war sehr aktiv im Neusser Gesellschaftsleben gewesen und natürlich war ihm bewusst, dass sein Freund viele Probleme unkonventionell gelöst hatte, mehr auf die ‚rheinische‘ Art, aber dass das über dessen Tod hinaus Folgen haben könnte, war ihm unvorstellbar.

    In diesem Gedankenwirrwarr wurde ihm schmerzlich bewusst, wie sehr der vergangene Abend seinen klaren Gedankenfluss beeinträchtigte. Er fühlte sich unwohl und noch unwohler wurde ihm, als er daran dachte, dass er mit Sicherheit der Polizei eine Reihe von Fragen würde beantworten müssen. Er versuchte, sich an den Toten zu erinnern. Da er das Gesicht des Toten nicht gesehen hatte, überlegte er verzweifelt, ob er ihm schon einmal begegnet sein könnte. Nichts an dem Toten war ihm bekannt vorgekommen. Er hatte sich ihn auch nicht genauer angesehen, weil er die ganze Zeit nur das Bedürfnis gehabt hatte, zu fliehen und den Ort des Geschehens zu verlassen. Ein Gefühl der Verlassenheit und Hilflosigkeit überkam ihn, als er vor der Friedhofskapelle auf das Eintreffen der Polizei wartete.

    2. Die Mordkommission betritt den Schauplatz

    Kriminalassistentin Claudia Pflumm stand mit gerunzelter Stirn vor ihrem Bett auf dem ein geöffneter Koffer stand und überlegte verzweifelt, was sie alles für ein verlängertes Wochenende in der Toskana benötigen würde. Sie freute sich wie ein Schneekönig auf diesen Kurzurlaub – der eigentlich schon fast als Betriebsausflug bezeichnet werden konnte. Denn einer spontanen Eingebung bei einem vergnügten Abend in der Trattoria Paolo folgend, hatten sie und ihre beiden Kollegen Richard Berg und Paolo Fagiani beschlossen, die Fattoria la Vialla in der Toskana zu besuchen. Die Fattoria la Vialla war das Eldorado von Paolos Vater Roberto, des Besitzers der Fattoria Paolo, der sich den reisefreudigen Kollegen sofort angeschlossen hatte; ebenso Eleni, die Schwester Paolos. Alles andere hätte Richard Berg auch enttäuscht, denn Eleni und Richard waren seit einem knappen Jahr ein Paar. Eigentlich wollte sich auch Staatsanwalt Leo van Kameren diesem ‚Betriebsausflug‘ anschließen, aber er war beruflich verhindert, worüber er selbst wohl am meisten enttäuscht war. Natürlich war auch Claudia Pflumm enttäuscht, denn Leo van Kameren war derjenige in Neuss, mit dem sie am engsten befreundet war, seit sie ihre schwäbische Heimat Tübingen verlassen hatte, um sich in Neuss ein neues Betätigungsfeld zu erschließen.

    Während sie noch unschlüssig zwischen ihren Kleidungsstücken stand, klingelte das Telefon. Die Nummer des Anrufers auf dem Display des Telefons war ihr vertraut und so sprudelte sie direkt los, als sie den Hörer aufnahm: »Paolo, so früh rufst du an? Wir sind doch erst in drei Stunden verabredet. …«

    - Paolo Fagiani unterbrach sie: »Claudia, hast du deinen Koffer schon fertig gepackt?«

    - »Nein, nicht ganz, ich stehe noch vor grundlegenden Entscheidungsfragen, aber zum verabredeten Zeitpunkt bin ich garantiert fertig!«

    - »Na sei froh, wenn du noch nicht ganz fertig bist! Ich erlöse dich von den Schwierigkeiten: Pack wieder aus!«

    - »Was?« Claudia war entgeistert. »Was ist den passiert?«

    - »Ein Mord auf dem Friedhof – jedenfalls sieht es nach Mord aus. Urlaub gestrichen!«

    - »Wie passend!« rutschte Claudia respektlos heraus. »Welcher Friedhof?«

    - »Der Friedhof in Büttgen.«

    - »Muss ich den kennen? Das ist doch draußen auf dem Land. Sind wir denn dort überhaupt zuständig?« und enttäuscht über das entgangene Wochenende fuhr sie fort: »Können wir nicht einfach abhauen und nicht erreichbar sein?«

    - »Träumst du? Mich hat das Büro ja bereits aufgespürt und ohne mich werdet ihr doch nicht fahren wollen!«

    - »Nein, natürlich nicht«, beeilte Claudia sich, Paolo zu beruhigen, »wir fahren gemeinsam oder gar nicht. Du hast recht. Kannst du mich abholen?«

    - »Na klar, sonst entwischst du doch noch in Richtung Süden! Und vielleicht klärt sich die Angelegenheit auch ganz schnell und wir können am nächsten Wochenende fahren!«

    - »Dein Wort in Gottes Ohr, aber daran glaube ich noch nicht! Also mach dich auf den Weg, damit wir bald anfangen können!«

    - »Ach guck mal, eben wolltest du noch entwischen und jetzt erwacht schon wieder der Spürhund in dir. Ich bin in ein paar Minuten bei dir.«

    Claudia hob ihren Koffer vom Bett und schob ihn in die hinterste Ecke vom Schlafzimmer. Auspacken würde sie ihn eventuell später, wenn sich herausgestellt haben würde, ob sie ihren Kurztrip bald nachholen konnten oder nicht. Jetzt zog sie sich schnell eine Jacke über und ging auf die Straße hinunter, um dort auf Paolo zu warten. Paolo hatte recht gehabt, der Spürhund war in ihr erwacht und ein leichtes angespanntes Kribbeln machte sich in ihr breit. So war es immer am Anfang eines Falls.

    Zehn Minuten später waren die Kollegen Richard Berg, ihr direkter Vorgesetzter, und Paolo Fagiani bei ihr und sie fuhren zu dem Friedhof, auf dem der Tote gefunden worden war. Claudia schaute die Kollegen groß an, als die am Friedhof in Büttgen den Wagen verließen.

    - »Hier waren wir doch schon einmal. Haben wir hier nicht den korpulenten Major unter die Erde gebracht? Vor etwa einem Jahr, als ich gerade nach Neuss gekommen war?«

    - Richard Berg grinste: »Gute Orientierungsfähigkeit Frau Kriminalassistentin! Du hattest dich gut in Neuss eingeführt: Noch nicht richtig hier eingetroffen und schon den ersten Mord verursacht …!« Claudia schnaufte empört und wollte schon zu einer Erwiderung ansetzen, aber Richard fuhr schon fort:

    - » … und dann auf jeden armen Schützen losgegangen!«

    - Claudia zuckte die Achseln: »Mit Recht oder nicht? Schließlich war ja nicht alles so prickelnd korrekt in eurem Schützenwesen, wie es eurer Meinung nach hätte sein sollen!«

    Nach diesem kleinen Wortgefecht machten sie sich auf den Weg, ihren neuen Toten zu suchen. Zu suchen brauchten sie allerdings nicht, denn auf dem Friedhof war der Teufel los. Als sie zu der Stelle kamen, an der der Tote gefunden worden war, blieben alle drei abrupt stehen.

    - »Unmöglich«, stammelte Claudia Pflumm, »das ist ja das Grab von unserem holden Frauenheld!«

    - »Meine Güte«, stieß Paolo Fagiani hervor, »nicht schon wieder der Oberschütze, der jagt unsere Claudia schließlich doch noch nach Schwaben zurück – kaum dass wir uns an ihre wenig ehrerbietigen Umgangsformen gewöhnt haben!«

    - Richard Berg schnitt Claudia, die mit funkelnden Augen zu einer Antwort ausholte, das Wort ab: »Kinder, hebt Euch bitte euer ewiges Gezänk für später auf und konzentriert euch auf den Toten hier.«

    Claudia und Paolo wurden sofort still und begaben sich zur Grabstätte von Wilhelm Dietrich, auf dem der Tote auf einem alten Plastikstuhl hockte.

    - »Ob der hier hingebracht worden ist?« bemerkte Claudia, »Das Grab sieht nicht so aus, als ob hier ein Kampf stattgefunden hat. Und verunglückt kann er hier auch nicht sein. Außerdem muss ihn ja jemand auf den Stuhl verfrachtet haben.«

    - »Nein«, beeilte sich ein Mitarbeiter der Spurensicherung, deren Beamte bereits vor ihnen an Ort und Stelle waren, zu erklären, »auf dem Weg waren Schleifspuren, er ist wohl hierher geschleppt worden. Umgekommen ist er offensichtlich an einer anderen Stelle«.

    - Claudia blickte sich um: »Da hat aber jemand Sinn für Dramatik bewiesen, der Mann ist ja nicht zufällig hier drapiert worden. Ist Vera – ich meine Vera Kuhn – nicht hier?«

    Vera Kuhn von der KTU (Kriminaltechnischen Untersuchung), ließ es sich doch sonst nie nehmen, auch die Tatorte, bzw. in diesem Fall die Fundorte, von Verbrechen oder Leichen in Augenschein zu nehmen.

    - »Die ist in Kur«, beeilte sich der Mitarbeiter der Spurensicherung zu erklären, »und kommt erst morgen wieder zurück«.

    - »Ach die Glückliche«, meinte Paolo, »aber wie gerufen ist sie pünktlich zurück, sobald hier etwas passiert! Dann wird sie ja keine Zeit mehr haben, sich im Büro zu langweilen. Ich fürchte, sie wird wieder bei uns einziehen und ihrem Liebling Leo schöne Augen machen!«

    Leo van Kameren, der Staatsanwalt, mit dem sie zumeist zusammenarbeiteten, war Vera Kuhns großer Schwarm und auch wenn der ein großes Faible für Claudia Pflumm zeigte, hatte Vera Kuhn nie die Hoffnung aufgegeben, ihn doch noch für sich gewinnen zu können.

    Inzwischen war der Polizeifotograf mit seiner Arbeit fertig und man konnte die männliche Leiche in die Pathologie abtransportieren.

    - »Weiß man schon, wer der Tote ist?« wurde Richard Berg wieder ganz geschäftsmäßig.

    - »Nein«, beeilte sich ein anwesender Polizist zu erwidern, »Ein Raubmord scheint es nicht gewesen sein, denn er trägt seine Cartier-Uhr noch und die wird wohl nicht billig gewesen sein.«

    - »Na«, gab Paolo Fagiani zu bedenken, »warum sollte sich auch ein Raubmörder die Mühe machen, irgendwo einen Stuhl zu besorgen, um die Leiche auf dem – «, er schaute stirnrunzelnd auf das Grab des Schützenvorsitzenden Wilhelm Dietrich und verbesserte sich, » – auf der Wildnis des Schützenvorsitzenden zu drapieren? Das sieht ja hier nun nicht nach ewiger Trauer und Betrübnis der Hinterbliebenen aus. Oder haben die hier vielleicht eher ein Biotop geplant?«

    - »Spar dir deinen Sarkasmus«, stoppte Richard Paolos Ausführungen und fuhr mit einem Seitenblick auf die grinsende Claudia fort: »Und auch du, ‚fussiges Julchen‘, hältst dich zurück! Wir haben hier einen ungeklärten Todesfall – vielleicht sogar Mordfall – also hört mit der Lästerei auf und fangt endlich an zu arbeiten.« Er machte eine Pause und fuhr dann mit einem unterdrückten Lacher in der Stimme fort: »Trotzdem, das mit dem Biotop war nicht schlecht. Aber jetzt los, wir haben hier einen Toten, der offensichtlich nicht freiwillig aus dem Leben schied und das ist überhaupt nicht komisch! Wer hat den Toten denn entdeckt?«

    - Einer der Polizisten mischte sich ein: »Der Beerdigungsunternehmer Mergot. Er wartet bei der Trauerhalle«.

    Richard und Paolo machten sich auf den Weg, um den Bestattungsunternehmer Mergot zu befragen und fanden ihn in der Nähe der Trauerhalle auf einer Bank hocken.

    Währenddessen beobachtete Claudia den Abtransport des Toten und sah sich an dessen Fundort weiter um. Der Tote hatte über den Kragen fallende dunkelblonde etwas fettige Haare, die schon eine beginnende Glatze am Hinterkopf erkennen ließen. Eine abgetragene dunkelbraune Lederjacke, ein nicht mehr ganz weißes Tennishemd, ausgefranste Jeans und abgetragene Tennisschuhe vollendeten das Bild. Nach einem Mann mit teurer Uhr sah er nun wirklich nicht aus, aber was bedeutet heutzutage schon der optische Eindruck eines Kleidungsstücks. Selbst die teuersten Label stellen Bekleidungsstücke mit dem künstlich auf ‚abgetragen‘ hergestellten ‚used look‘ her. Claudia war modisch sehr versiert, konnte sich aber trotzdem nicht vorstellen, dass die Kleidung des Toten dazu gehörte. ‚Aber wer weiß‘, dachte sie. Die Kleidung des Toten würde die KTU untersuchen und dann erfuhr man ja Näheres. Sie sah sich ein wenig um, ohne jedoch etwas Aufschlussreiches zu entdecken. Auch das Grab von Wilhelm Dietrich, auf dem der Tote gefunden wurde, bot außer dem verwilderten Eindruck, keine weiteren auffälligen Merkmale. Aber dass irgendwer den Toten hier abgelegt hatte – oder besser abgesetzt hatte – musste irgendetwas bedeuten. Zumindest musste der Tod des Mannes irgendetwas mit Wilhelm Dietrich zu tun haben, aber – so hoffte sie innständig, ohne große Zuversicht, dass ihre Wunsch in Erfüllung gehen könne – bitte nicht schon wieder etwas mit dem Schützenwesen. Ihrer Erfahrung nach war es äußerst schwierig, von dieser verschworenen Gesellschaft Informationen zu erhalten.

    Da sie hier nichts weiter entdecken konnte, machte sie sich auf die Suche nach ihren Kollegen und dem Finder der Leiche.

    3. Die Untersuchung beginnt

    Paolo Fagiani und Richard Berg standen vor einem wie ein Häufchen Elend auf einer Bank hockenden Mann, der den Kopf in den Händen vergraben hatte und scheinbar mit dem Schicksal haderte. Als Claudia auftauchte, befragte Richard den Bestattungsunternehmer Mergot gerade.

    - »Herr Mergot, wie kam es denn, dass Sie den Toten fanden?« fuhr Richard Berg gerade mit der Befragung fort, wobei Claudia ein Grinsen nicht unterdrücken konnte, weil ihr ein Bestattungsunternehmer auf einem Friedhof nicht so ungewöhnlich vorkam.

    - »Eigentlich wollte ich nur nach dem Grab meines Freundes Wilhelm Dietrich schauen, nachdem ich kontrolliert hatte, wie weit die Friedhofsarbeiter mit den Vorbereitungen für die Beerdigung morgen sind«, antwortete Mergot leise.

    - »Ist das Grab in Ihrer Obhut?« fragte Paolo und gab seine Verwunderung über den verwahrlosten Zustand des Grabes durch einen äußerst missbilligenden Gesichtsausdruck zu verstehen.

    - »Nein, natürlich nicht«, beeilte sich Mergot diese Vermutung abzuwehren, »ich wollte nur sehen, ob sich endlich jemand darum kümmert, aber ohne das Einverständnis seiner Witwe – das heißt natürlich richtiger seiner Lebensgefährtin – darf ja niemand anderes das Grab pflegen. Ich war gut mit ihm und seiner Lebensgefährtin bekannt und deshalb tut es mir Leid, dass das Grab so kurz nach seinem Tod schon derartig verkommen aussieht«.

    - »Nun gut«, unterbrach Richard den Redeschwall des Bestattungsunternehmers, »der Zustand des Grabes tut ja hier nichts zur Sache und interessiert auch nur am Rande. Was uns aber interessiert: Kannten Sie den Toten und können Sie sich vorstellen, warum er gerade dort platziert worden ist?«

    Der Bestattungsunternehmer verneinte zuerst vehement, wurde dann aber ausweichend und zögernd. Richard hakte ein und fragte nach, ob er sich vielleicht doch an den Mann erinnere.

    - »Ich habe ja das Gesicht des Toten gar nicht gesehen – aber ich glaube auch nicht, dass ich ihn kenne. Ich habe nur gesehen, dass er eine große Wunde am Kopf hatte und offensichtlich tot war«, fast ein bisschen weinerlich klang jetzt Mergots Stimme.

    - »Dann erübrigt sich vermutlich die Frage, ob Sie sich einen Grund vorstellen können, warum der Tote auf das Grab des Wilhelm Dietrich gesetzt wurde«, fuhr Richard ungeachtet des erschreckten Blicks des Bestattungsunternehmers fort, »Wir werden Sie also noch einmal befragen müssen, wenn wir nähere Informationen über den Toten haben, den Todeszeitpunkt und – hoffentlich – wo er zu Tode kam oder getötet wurde. Sie halten sich bitte zu unserer Verfügung. Wo finden wir die Friedhofsarbeiter, die Sie heute Morgen getroffen haben?«

    - »Vermutlich sind sie noch mit dem Ausheben der Grabstätte für die Beerdigung morgen beschäftigt. Ich werde Sie hinführen«, antwortete Mergot jetzt ganz diensteifrig, offensichtlich froh, dass er momentan nicht weiter zudem

    Enjoying the preview?
    Page 1 of 1