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Ingeborgs Flucht nach Italien: Tagebuchaufzeichnungen einer Odyssee
Ingeborgs Flucht nach Italien: Tagebuchaufzeichnungen einer Odyssee
Ingeborgs Flucht nach Italien: Tagebuchaufzeichnungen einer Odyssee
Ebook983 pages12 hours

Ingeborgs Flucht nach Italien: Tagebuchaufzeichnungen einer Odyssee

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About this ebook

Lebhafte, romanartige Tagebuchschilderungen der Jahre 1945-1949 mit einem Anhang bis 1986: Bombenangriff, Flucht, Beschreibung von Land und Leuten, Historisches, Biografisches. Das Werk ist zugleich Spiegel eines typischen Frauen- und Kinderschicksals. Ingeborgs Tochter erläutert in Anmerkungen und Fußnoten die historischen und biografischen Hintergründe. Das Buch enthält auch einige wenige italienische Passagen (28 Seiten, mit deutscher Übersetzung).
LanguageDeutsch
Release dateJul 31, 2012
ISBN9783844832150
Ingeborgs Flucht nach Italien: Tagebuchaufzeichnungen einer Odyssee
Author

Sofia Sörensen

Sofia Sörensen wurde 1946 in Rom als Halbitalienerin geboren. Sie studierte an der Musikhochschule Hamburg Operngesang. Konzertauftritte, Musik- und Sprachunterricht neben der Erziehung ihrer drei Kinder füllten sie viele Jahre hindurch aus. Ihr wechselvolles Leben in verschiedenen Ländern brachte aber auch reichlich schmerzvolle Erfahrungen mit sich. Mehrere psychotherapeutische und medizinische Fehlbehandlungen weckten ihr Interesse an einer ganzheitlichen Selbstbehandlung und führten sie zu der Erkenntnis: "Irren kann ich mich auch selbst. Dafür benötige ich keinen Arzt." Daraufhin absolvierte sie ein umfassendes, neunjähriges Heilpraktikerstudium mit Spezialisierung auf Homöopathie und Ernährungstherapie (ohne Abschluss) und hat sich intensiv mit allen Geisteswissenschaften befasst. Sie ergründete ihr Leiden in einer einzigartigen Selbsttherapie, und es gelang ihr nachhaltige Heilung. Zu ihrem Leben gehören Ganzheitlichkeit, Achtsamkeit und Bewusstheit, Vegetarismus, Naturheilkunde, Poesie und Musik.

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    Book preview

    Ingeborgs Flucht nach Italien - Sofia Sörensen

    Sängerinnen".

    Erläuterungen

    Alle Übersetzungen ins Deutsche sind von der Herausgeberin.

    Eckige Klammern - Im Originaltext nicht vorkommende Namen und kurze Übersetzungen wurden direkt in den Fließtext hinein in eckige Klammern gesetzt, weil sonst zu viele Fußnoten oder die laufende Konsultation der Nachschlageverzeichnisse notwendig geworden wäre. So aber wird der Lesefluss nicht unnötig unterbrochen. Beispiel: [....].

    Gewöhnliche Klammern gehören zum ursprünglichen Text; Beispiel: (.....).

    Bilanz - Von Zeit zu Zeit zieht Ingeborg Bilanz, ohne das jedes Mal so zu nennen. Diese herausragenden Passagen sind im vorliegenden Werk mit dem vorangestellten Wort Bilanz besonders gekennzeichnet.

    Ferner besinnt sie sich manchmal auf ihr Ich, dass es ihr abhanden gekommen sei, sie es sucht oder wieder findet. Statt ich sagt sie dann beispielsweise, dass sie nicht mehr oder endlich wieder sie selbst ist.

    Ingeborgs Feststellung, sie sei Mutter, nicht aber Frau fällt besonders auf. Ihre Abneigung gegen Männer rührt von ihrem Kindheitstrauma her.

    Im alphabetischen Personenverzeichnis gibt es auf Seite → Seitenhinweise auf diese besonderen Passagen:

    SÖRENSEN

    Ingeborgs regelmäßige Bilanz ohne dass sie diese so nennt: →, →, →, →, →, →, →, →, →, →, →, →, →, →, →, →, →, →, →, →

    Schlussbilanz und Aussicht

    Ich →, →, → →, → →, →, →, →, →, →, FN →/166

    die Inge von damals →f

    Ich: es hängt von mir ab...

    Mutter, nicht Frau →, →, →, →, →

    Quellenhinweise - Das vorliegende Werk kommt nahezu ohne Herkunftsquellen aus. Einige wenige Quellen wie z. B. für das volkstümliche Lied La Campagnola und Hinweise auf Internet-Links sind unter dem Ringmauerfoto und in den Fußnoten verzeichnet.

    Vorbemerkungen / Anmerkungen gesetzt. Anmerkungen sind etwas kleiner als die Vorbemerkungen gedruckt. In Anmerkungen, Vorbemerkungen und Fußnoten schreibe ich oftmals in der Ich-Form, d.h. aus meinem persönlichen Blickwinkel heraus.

    Briefe von Mama und andere Korrespondenz - Die in den 6 Tagebüchern erwähnten ersten Briefe werden nicht in den laufenden Text eingefügt, weil sie nicht direkt zum Tagebuch gehören. Die beiden erhaltenen Briefe von Mama sind ab Seite → zu finden.

    Der von Ingeborg selbst handschriftlich einkopierte Abschiedsbrief an Sebastiano mündet nach ihrer Schilderung der Flucht aus Sizilien direkt in ihr 1. handschriftlich verfasstes Tagebuch und ist daher chronologisch korrekt unter Donnerstag, dem 20.09.1945 ab Seite → zu lesen.

    Gedichte und Liedtexte - Im Anhang befinden sich Texte einiger der in den Tagebüchern erwähnten Gedichte und Lieder fremder Autoren auf den Seiten →-→.

    Italienkarte - Hier sind nicht nur die wichtigsten Orte verzeichnet, an denen sich Ingeborg Sörensen aufgehalten hat. Ihre Route von Grafenwöhr bis Tortorici wurde durch eine durchgehende Linie hervorgehoben. Seite →.

    Alphabetisches Ortsverzeichnis - Im Anschluss an die Italienkarte folgt das Ortsverzeichnis auf den Seiten → und →.

    Chronologisches Personenverzeichnis - Nahezu alle vorkommenden Personen nach dem Zeitpunkt ihres Auftretens. Seiten →-→.

    Alphabetisches Personenverzeichnis - Alle Personen nach Namen bzw. ersatzweise nach einem besonderen Erkennungsmerkmal (Beruf, der Alte, junge Bäuerin...). Über den kurzen Abgleich von chronologischem und alphabetischem Personenverzeichnis findet man auf jeden Fall mühelos jede Person wieder. Am Beginn des alphabetischen Verzeichnisses gibt es weitere Erläuterungen. Ab Seite →.

    Alphabetisches Sachwortverzeichnis - Ab Seite →.

    Fußnoten - In den Fußnoten informiere ich oftmals in der Ich-Form. In allen Nachschlageverzeichnissen dieses Werks werden die Fußnoten, wie folgt angegeben:

    Fußnote: FN Seite / Fußnotennummer

    Ich musste weinen, aber es wurde ein Lachen daraus.

    (Seite →)

    Ingeborg beim Truppenübungsplatz Grafenwöhr (April 1945)

    1. Tagebuch

    - Heft mit Pappdeckeln, 5 x 15cm, 1cm dick -

    Bozen, 03. Mai 1945 - Verona, 15. Juni 1945

    Vorbemerkungen

    Ingeborgs 1. Tagebuch beginnt mit den Schilderungen ihrer Erlebnisse auf dem Truppenübungsplatz in Grafenwöhr (Oberpfalz in Nord-Ost-Bayern). Im 2. Weltkrieg diente er der Aufstellung neuer Truppen und deren Ausbildung sowie der Ausrüstung und Einkleidung für den Fronteinsatz. Außerdem kamen auch verbündete ausländische Truppen nach Grafenwöhr wie auch Flüchtlinge. Die aus spanischen Freiwilligen bestehende spanische „Blaue Division, die 1941 in deutsche Wehrmachtsuniformen umgekleidet wurde und mit ungewissem Ausgang nach Russland weiterzog, befand sich ebenfalls dort. 1943/44 wurde die italienische Marine-Division San Marco" im Südlager Vilseck zusammengestellt und nach einem Besuch von Mussolini im Mai 1944 vom Dreh- und Angelpunkt Grafenwöhr aus an die Front geschickt.

    Gegen Ende des Krieges kam es noch zu 2 verheerenden Bombenangriffen auf Grafenwöhr, die Ingeborg hautnah miterlebte. Die Amerikaner erkannten den Truppenübungsplatz als letztes großes Hindernis vor der Alpenfestung und schossen sie durch die Bombardierung sturmreif. Bei den Angriffen am 5. und 8. April 1945 verloren viele Zivilisten und hunderte Soldaten ihr Leben, das Truppenlager wurde zu 80% zerstört, und in der Stadt fiel 2/3 des Häuserbestandes den Bomben zum Opfer.

    Die Amerikaner bombardierten Deutschland in jenen Tagen in mehreren Gebieten. So wurde der Güterbahnhof von Celle (Niedersachsen) zerstört und der sich zufällig gerade dort befindliche Gefangenentransport wurde ebenfalls getroffen, in Thüringen wurde in Langensalza und Mühlhausen gekämpft und auch das am Ostharz gelegene Halberstadt schwer getroffen.

    Ingeborg hatte durch diese schreckliche Erfahrung panische Angst vor den Amerikanern, was sie neben privaten Gründen dazu bewog, nach Italien zu fliehen. Aber die Amerikaner, vor denen sie aus Süddeutschland floh, operierten mit ihrer 92. Buffalo-Infanterie-Division auch an der Ligurischen Küste und am Fluss Serchio, dem drittgrößten Fluss der Toskana. Auch dort gab es eine Weile Besatzungsmächte. Ausländer mussten sich vor Partisanen und räubernden Briganten (Banditen) in acht nehmen. Sie benötigten außerdem eine Aufenthaltserlaubnis; das Besorgen von gültigen Papieren war jedoch wegen fehlender diplomatischer Beziehungen oftmals sehr erschwert. Es gab übrigens, was oft vergessen wird, auch deutsche Kriegsgefangene in Italien, die sich aber relativ frei bewegen konnten.

    Meine Mutter, Ingeborg Charlotte Sörensen, war in den letzten Kriegsjahren Dolmetscherin in der italienischen Botschaft in Berlin gewesen, und daher verfasste sie die ersten Seiten ihres 1. Original-Tagebuchs in italienischer Sprache. Sie wechselt erst dann ins Deutsche, als sie zusammen mit dem jungen sizilianischen Soldaten Sebastiano Triscari Barberi, der mein Vater werden würde, in dessen sizilianische Heimat unterwegs war. Vielleicht, damit er ihr Tagebuch nicht lesen könnte.

    Wahrscheinlich ist die fast unleserliche Schrift auf dem vorderen und rückwärtigen Deckel des 1. Original-Tagebuchs von ihm. Er war, wie alle bäuerlichen Sizilianer, nur 3 Jahre zur Schule gegangen und konnte schon deshalb nicht gut schreiben. Jahre später korrespondierte ich mit einem Verwandten meiner sizilianischen Großeltern, meinem Onkel 2. Grades, Antonino Triscari Barberi, dessen Schrift sehr ähnlich ist. Das Problem, diese Briefe aus Sizilien entziffern zu können, hatte weniger mit der Handschrift zu tun als mit der Tatsache, dass mein Onkel einerseits kaum des Schreibens mächtig war und obendrein der sehr eigenwillige sizilianische Dialekt in die ohnehin verkehrte Rechtschreibung einfloss. Meine Großeltern, Grazia und Salvatore, waren beide Analphabeten.

    Wie Sebastiano, dem wir im Beginn von Ingeborgs erstem Tagebuch in München zum ersten Mal begegnen, zu seiner besonderen Aufgabe kam, als Bote zwischen der italienischen Botschaft Berlin und dem Hauptquartier Mussolinis in Saló am Gardasee seinen Kriegsdienst zu leisten, kann ich mir nur so erklären, dass seine Vorgesetzten die sizilianische Mentalität gut einschätzten. Ohne zu wissen, dass dieser schlaue Fuchs in seiner sizilianischen Heimat nicht nur Ziegen-, Schaf- und Kuhhirte gewesen war sondern sich dort bereits zunehmend als gesetzloser Brigante, Viehdieb und Hehler betätigt hatte, statt sich sein Brot ehrlich zu verdienen, haben sie letztlich den Richtigen gewählt. Er wusste nur allzu gut, wie man sich unbehelligt an Polizei, Militär und Partisanen über Schleichwege vorbeistiehlt.

    Bombardamento di Grafenwöhr

    (5 e 8 aprile 1945)

    Bolzano, giovedi 03-05-1945

    Il giorno 30 aprile passai la frontiera. Il mio cuore batteva forte, e ciò non solo per l'emozione suscitata da un fatto così grande importanza, non solo perché entrai in Italia in un momento ed in condizioni che erano tutt'altro che tranquillizzanti; tutto andò bene.

    Questo memorabile giorno del 30 aprile, il quale rappresenta un taglio nella mia vita, non può però dividere completamente il periodo precedente da quello che sto qui per raccontare.

    Il capitolo incominciò con la mia partenza da Berlino in febbraio, viaggio che feci in autocarro e che durò 7 giorni. E durante questo viaggio che in me si svegliò la forte volontà di non fermarsi ad un luogo più tempo di quello necessario per poter dire: ho visto ciò che vale essere visto, ho compreso la mentalità della gente, ho riconosciuto il carattere, conosco questo posto.

    Con animo allegro, aperto alle bellezze e le curiosità che si presentarono e aggiungendo alle mie esperienze di vita pure qualche triste ricordo, passai quattro settimane tra boschi, lande, colline - tra soldati di varie nazionalità - tra cavalli e carri armati - senza bombe o disturbi del genere.

    Sentivo come le mie forze fisiche - in debolitá dalla vita a Berlino - si ripresero e come i miei nervi - scossi da quattro anni di bombardamento (questo non l'ho mai voluto riconoscere e dovetti pure ammetterlo quando capivo come mi faceva bene la calma), si riposarono.

    Ma poi venne quella domenica serena e piena di sole e di calore primaverile (aprile), che questa isola di pace - che pareva il campo d'addestramento - diventò bersaglio di bombe americane. Nuvole di fumo nero si sollevarono sopra le colline. L'improvisto spaventò ed anche l'avvicinarsi del fronte causarono una gran confusione ed inquietudine, tanto più che era da tenere un altro colpo.

    Dopo questo bombardamento io rimasi non possedetti altro di quello che portavo addosso. La mia bella roba, conservata, custodita gelosamente e fin qui salvata da tutti i pericoli, se n'era andata.

    Il primo momento mi pareva di aver perso un vicino parente, una parte di me stessa. E capivo però anche che avevo salvato la vita e che stava ora in me dare a questa vita tenere e saperla arricchire di valori spirituali. Avevo perso ciò che mi stava a cuore, due valigie di oggetti pesanti, mi era rimasto il mio cuore sensibile, ed avevo guadagnato una nuova concessione di vita.

    Chi vuole viaggiare, deve portare solo bagaglio leggero. E leggero lo era (fin troppo). Trovai una persona, che, privandosi dell'indispensabile, mi regalò il più necessario di vestiario, e trovai pure un capo ufficio, che era disposto a firmarmi tutte le dichiarazioni necessarie. Purtroppo di dichiarazioni e certificati uno non si può vestire. Seguirono tre giorni di continui allarmi e bombardamenti nei d'intorni.

    Tutti gli abitanti del campo come pure cavalli ed automezzi si rifugiavano nei boschi. Il quarto giorno (8 aprile) ero andata con i colleghi d'ufficio, tra cui alcuni nuovi arrivati da Berlino - che non conoscevo ancora - nel bosco, però non tanto distante dal campo, perché già si ricominciava a trascurare la sicurezza ed a curare invece la pigrizia. Stavo sdraiata nell'erba, al sole, godendo il piacevole calore. Il suonare di motori ci fece scappare all'ombra.

    Alcuni minuti di ansiosa attesa. Saranno destinate a noi quelle bombe? Si, lo erano. Tremava la terra e tremavano gli uomini che accostandosi ad essa cercarono riparo.

    Nel silenzio che seguì questo inferno delle numerose vicine esplosioni e che era accompagnato dall'indifferente ed immutabile rombo dei motori sopra le nostre teste, lentamente, uno ad uno, alzava la testa dalla sabbia, dall'erba, dalla caritatevole terra, nella quale l'aveva spinta il più profondo possibile, ed, ansiosamente, guardava in avanti, intorno, e vide alzarsi nuvole grigie, bianche, brune, nere, ed erano tanto vicine, quelle nuvole.

    Il pericolo era passato, ma un altro si avvicinava con immutabile suonare nel cielo azzurro. Raccolsi le mie robette sparse che costituivano tutto ciò che possedevo e pensavo come gli altri di allontanarmi il più possibile dal campo. I miei colleghi... chi sa dove erano scappati nel momento della paura. Trovai solo uno ancora, uno di quelli nuovi arrivati, con cui prima di questo non avevo cambiato altra parola che un saluto.

    Egli prese la mia borsa, che comunque, piccola a me mi era pesante, e senza tante parole ci avviammo verso i boschi, verso l'aperta campagna, dando solo uno sguardo indietro verso il luogo della disgrazia ed affrettando il passo coll'avvicinarsi del minaccioso rombo. Ed eccoli sopra di noi.

    Il bosco un momento prima percorso da centinaia di soldati, sembrava non ci fosse anima viva. Di nuovo tutti cercavano riparo appiccicandosi alla terra, ogni movimento li poteva tradire, e nessuno si muoveva.

    La formazione - ben visibile nella chiara altezza - volava sopra le nostre teste, ci pareva che questa volta si fosse spostata più verso il bosco nel quale ci nascondevamo. Cadevano le bombe, e nell'inferno delle esplosioni sentivo vicino a me un corpo e respirava forte e un braccio che mi spingeva giù, verso la terra, che mi copriva la testa come per ripararmi.

    Passata la burrasca, ci alzammo, ...avanti, ...vengono ancora altri, ...andiamo più fuori, ...si ...andiamo! E via di corsa, saltando i fossi, inciampando nell'erba, nelle nascoste radice, tra gli alberi che ancora ci nascondevano dalla vista di quelli sopra.

    E la nuova formazione d'apparecchi, i cui corpi scintillavano nel cielo come pesci argentati nel mare azzurro, sembrava si fosse spostata ancora di più verso il bosco e la striscia bianca che doveva indicare l'obbiettivo e che cresceva nel cielo segnando una lunga, lunga linea, effettivamente cominciava al fianco di quella che era stata segnale per i bombardieri preceduti. Dalla terra però crescevano e si spingevano in alto nuvole di fumo nero, bianco, bruno, grigio. Mentre cadevano le bombe, mi sentì più protetta e più calma per la vicinanza dell'uomo, che in questo pericolo era mio compagno e che seppure non avrebbe potuto difendermi, suscitava fiduccia.

    Sei ondate passavano cosi sopra le nostre teste. E mentre io nascondevo la fascia nella terra, egli mi spiegò dove si trovarono e quando il pericolo era cessato, quando ci avevano ormai sorvolato. E mentre suonavano le esplosioni, ci spingevano vicini vicini.

    Il bosco era cessato. Camminavamo nella grande pianura, in direzione verso un lontano bosco. Ancora qualche volta saltammo nelle buche scavate che servivano per l'addestramento, perché singoli apparecchi giravano e minacciavano.

    E dietro a noi tutto un fumo. Addio, il campo era stato, non era più, là dentro non ci poteva più essere anima viva. Sudati, stanchi, esauriti raggiungemmo il bosco. Qui ci sentivamo sicuri. Qui si poteva riposare.

    Quel giorno ho capito che cosa è la vita. Non lo so esprimere man l'ho capito. In quel momento in cui la vita non era più mia, in cui la probabilità di perderla era tanto grande quanto quella di riaverla, in quel momento ho compreso il valore della vita e mi diventò più cara di prima, perché mi sembrava mi fosse stata data una seconda volta; data dalla fortuna, dal caso, dal destino.

    E mentre le corone degli alberi si cullavano pian piano nel vento ed io fissavo gli occhi nel cielo, mentre ogni tanto un'arietta fresca ci portava l'odore dell'incendio, mentre vicino cantavano le allodole e lontano si sentivano i continui scoppi provocati dalle fiamme che entravano nei depositi di munizione, mentre io - fuggita dalla morte - coi pensieri vagava qua e lá senza trovare sosta, senza ancora poter comprendere chiaramente tutte le impressioni avute questa giornata, sentivo che l'uomo accanto a me mi guardava, e quando i nostri sguardi si incontravano, era reciproca la voglia, la necessità, di liberare le emozioni nel bacio.

    A poca distanza distruzione, morte, inferno, ed io credevo per un momento di amare l'uomo con cui me ero - per combinazione - trovata nello stesso momento in mano del destino, del caso, che decideva sulla nostra vita - o morte, e nella confusione dei sentimenti gli occhi si riempivano di lacrime. Chi comprende il proprio cuore?

    Tardi tornavamo al campo, a stenta ci avvicinavamo, per strada incontravamo dei soldati italiani, feriti che camminavano con l'aiuto di bastoni e stampelle. Ci dissero, che la razza italiana e la cucina erano rimasti in piedi: e ci dissero: c'è chi protegge gl'italiani.

    Tralascio descrivere i particolari che vidi attraversando il campo. Indimenticabili sono quegli aspettati, non occorre dilungarsi. Dico solo, che dopo aver perso e riavuto la vita, dopo aver provato sentimenti d'amore, dopo aver visto un corpo umano a pezzi ed un gruppo di case in fiamme, dopo aver passato una giornata in mezzo all'inferno pazzesco, andai calmamente a mangiare e perché c'era un altra volta allarme, ripresi in mano la mia borsa e, con altri, tornai nel bosco.

    Era impossibile per quella notte dormire nel campo, sia per il fumo, per le esplosioni che continuavano, per il pericolo di altro attacco e, in prima linea, per mancanza di letti e - di tetti. Il sole tramontava, era l'ora più bella, perché calma e pacifica, con cui la giornata chiude gli occhi. Ci trovammo un gruppo di individui senza tetto, italiani, tedeschi, francesi, ungheresi in cima di una collina, che era dominante da una casa finta, in realtà un bunker che serviva per l'addestramento. E qui ci preparavamo per passare la notte. Coperte, che avevano portato dal campo, e la vicinanza dei corpi ci riscaldavamo durante la notte.

    Il prossimo giorno cominciava con una splendida mattina. Con un ufficiale italiano stavo seduta davanti al nostro albergo, in procinto di lasciarlo per ritornare al campo, quando uno scoppio vicino tagliava l'aria, la calma mattutina e a noi la parola in bocca.

    Sparito l'illusione di pace. Sapevamo più tardi che l'edificio era bersaglio per i cani armati in addestramento e che il secondo colpo, che l'avrebbe colpito in piano, era già in canna. All'ultimo momento loro c'hanno scoperto e fermato il tiro. Ce la facciano di tutti i colori. Passavamo alcuni giorni di vita nel bosco.

    Solo la sera tornavamo al campo per mangiare e dormire. Per qualche giorno tutto il campo mangiava carne di cavallo, quale aggiunta. Nessuno lo diceva, tutti lo sapevamo. Sarebbe stato peccato non sfruttare l'occasione, che i cavalli uccisi dalle mitragliatrici erano nel bosco. [Si trattava di cavalli della compagnia, che avevano pure perso la loro vita li nel bosco.] Si dormiva... come ognuno trovava la possibilità.

    Per me pensava un ufficiale italiano, che già m'aveva dato roba di vestiario. Il mio capo ufficio si lamentava che andavo sempre la per mangiare e dormire. Ma neppure qui firme le dichiarazioni che mi avrebbero servito e lui mi procurava niente. Soffriva la fame lui stesso, perché nella confusione i sistemi normali non c'erano ed i mezzi primitivi li disprezzava. Beato lui, la stanza gli era rimasto.

    Ho trovato in quei tristi giorni amici, camerati, persone che disinteressatamente mi aiutavano. Alcuni ragazzini erano diventato, o diventarono successivamente, preda delle fiamme che si allargavano. Chi rischiava la vita, ne portava fuori ciò che altrimenti sarebbe andato distrutto. E quindi al campo tutti fumavano grossi sigari, mangiavano carne in scatola, formaggio, pane in massa, zucchero a volontà, vestivano giacche di pelliccia di coniglio e stivaloni russi di pelle (nonostante la primavera ed il tempo bello) tutto quanto leggermente affumicato. Ed in ultimo lavavano se stessi e la biancheria nel fiume vicino - cosa che non manca di romanticismo. - (Resta da dire che quell'acqua lo bevevano anche uomini e cavalli, perché tutto le conduttori erano distrutte).

    Pero ho passato a Grafenwöhr anche delle belle giornate, ho fatto passeggiate nei boschi, su e giù per le colline, e sono stata felice nella solitudine pacifica del bellissimo paesaggio.

    Grafenwöhr-Bombardierung

    (5. und 8. April 1945)

    Bozen, Donnerstag 03.05.1945

    Am 20. April überschritt ich die Grenze. Obwohl ich Italien in einem Augenblick und unter Bedingungen betrat, die alles andere als beruhigend waren, schlug mein empfindsames, aufgeregtes Herz aufgrund dieser so wichtigen Unternehmung heftig; doch alles ging gut.

    Dieser erinnerungswürdige 20. April, der einen tiefen Einschnitt in mein Leben darstellt, unterscheidet sich vollständig von allem vorher Dagewesenen. Und davon werde ich hier nun berichten.

    Ich beginne das Kapitel mit meiner Abreise aus Berlin im Februar, eine Reise, die ich im Autobus machte und die 7 Tage lang dauerte. Diese Reise weckte in mir den starken Wunsch, mich nicht an einem Platz länger aufzuhalten als unbedingt nötig und nur um sagen zu können: Ich habe das gesehen, was sich zu sehen lohnt, ich habe die Mentalität der Leute verstanden, ich habe den Charakter erkannt, ich kenne diesen Ort.

    In heiterer Stimmung, offen für Schönes und die Besonderheiten, die sich mir zeigten, die zu meinen Lebenserfahrungen aber auch einige traurige Erinnerungen hinzufügen sollten, verbrachte ich vier Wochen zwischen Wäldern, auf freiem Gelände, Hügeln - zwischen Soldaten verschiedener Nationalitäten - zwischen Pferden und Panzern - ohne Bomben oder Störungen irgend einer Art.

    Ich spürte, wie meine körperlichen Kräfte - geschwächt durch das Leben in Berlin - sich wieder erholten und wie meine Nerven - geschüttelt durch vier Jahre Bombardement (dies habe ich niemals anerkennen wollen und musste es dennoch zugeben, als mir bewusst wurde, wie gut mir die Ruhe tat) sich erholten.

    Aber dann kam jener heitere Sonntag voller Sonne und Frühlingswärme (April), wo diese Insel des Friedens - so erschien mir der Truppenübungsplatz - zur Zielscheibe amerikanischer Bomben wurde. Schwarze Rauchwolken erhoben sich über die Hügel. Wir wurden aus heiterem Himmel aufgeschreckt, und das herannahende Bombergeschwader verursachte heftige Unruhe und völliges Durcheinander. Es folgte dem noch ein weiterer Schlag.

    Nach dem ersten Bombardement blieb mir nur, was ich am Leibe trug. Meine so umsichtig verwahrten schönen Sachen, die ich bis hierher vor allen Gefahren gerettet hatte, waren verschwunden.

    Im ersten Moment war mir, als hätte ich einen nahen Angehörigen verloren, ein Stück von mir selbst. Aber ich begriff auch, dass ich überlebt hatte und dass es jetzt an mir war, dieses Leben zu erhalten und es mit geistigen Werten zu bereichern. Ich habe zwar verloren, was mir am Herzen gelegen hatte - zwei schwere Koffer - aber mir war mein empfindsames Herz geblieben, und ich hatte erneut Lebenserlaubnis gewonnen.

    Wer reisen will, sollte nur leichtes Gepäck mit sich tragen. Und leicht war es (mehr als nötig)! Ich fand jemanden, die, sich vom Unnötigen befreiend, mir das Nötigste an Bekleidung schenkte, und ich fand sogar einen Bürochef, der bereit war, mir alle notwendigen Erklärungen zu unterschreiben. Nur kann man sich leider mit Erklärungen und Zertifikaten nicht kleiden. Es folgten drei Tage aufeinander mit Alarm und Bombardements in der Umgebung.

    Die Landbevölkerung wie auch Pferde und Kraftfahrzeuge flüchteten in die Wälder. Am vierten Tag [8. April 1945] war ich mit meinen Bürokollegen und einigen weiteren, aus Berlin neu eingetroffenen, in den Wald gegangen, der sich allerdings nicht weit vom Lager befand. Man missachtete bereits die Sicherheitsvorschriften und pflegte stattdessen einige Nachlässigkeit. Ich lag ausgestreckt im Gras in der Sonne und genoss die angenehme Wärme. Plötzliche Motorgeräusche ließen uns in den Schatten flüchten.

    Einige Minuten ängstlichen Wartens. Könnten jene Bomben für uns bestimmt sein? Ja, sie waren es! Die Erde bebte und die Menschen bebten. Sie schmiegten sich Schutz suchend aneinander.

    In der Stille, die diesem Inferno der zahlreichen nahen Explosionen folgte und das begleitet war vom gleichförmigen und unveränderlichen Dröhnen der Motoren über unseren Köpfen, hob einer nach dem anderen langsam den Kopf aus dem Sand, dem Gras, aus der barmherzigen Erde, in die er ihn so tief wie möglich gedrückt hatte, und ängstlich schaute er nach vorn, ringsumher, und er sah, wie sich graue Wolken erhoben, weiße, braune, schwarze und sie waren sehr nahe, diese Wolken.

    Die Gefahr war vorüber, aber eine weitere näherte sich mit seinem unabwendbaren Geräusch am blauen Himmel. Ich sammelte die mir verbliebenen Sachen zusammen und hatte nur noch im Sinn, mich ebenso wie die anderen so weit wie möglich vom Truppengelände zu entfernen. Meine Kollegen... wer weiß, wohin sie im Augenblick der Angst geflüchtet waren. Ich fand nur noch einen der neuen, mit dem ich vorher nicht mehr als einen Gruß gewechselt hatte.

    Er nahm die mir schwer gewordene, an und für sich leichte Tasche, und ohne viele Worte begaben wir uns in Richtung der Wälder, in Richtung offenes Land und sahen nur noch einmal kurz nach dem Ort des Schreckens während sich uns das drohende Dröhnen näherte und wir den Schritt beschleunigten. Und da waren sie schon über uns!

    Einige hundert Soldaten hatten gerade ein Wäldchen durchquert, und wir hatten den Eindruck, als lebte dort keine einzige Seele mehr. Erneut suchten alle Schutz, indem sie sich auf den Boden pressten; jede Bewegung konnte sie verraten, und niemand rührte sich.

    Das in der klaren Höhe gut sichtbare Geschwader über unseren Köpfen schien sich diesmal mehr zum Wald hin zu verschieben, in dem wir uns versteckten. Die Bomben fielen, und in der Hölle der Explosionen fühlte ich neben mir einen heftig atmenden Körper. Er bedeckte mir schützend den Kopf und drückte ihn mir zum Boden runter.

    Nachdem der Sturm vorbei war, ...standen wir auf, ...vorwärts, ...es kommen noch andere, ....gehen wir weiter raus, ...ja ...gehen wir! Schleunig weg hier, über die Gräben springend, im Gras stolpernd, rein in die Büsche, zwischen die Bäume, raus aus der Sicht von denen da oben.

    Das nächste Geschwader, dessen Flugkörper am Himmel wie silberne Fische im blauen Meer blitzten, schien sich noch mehr zum Wald hin zu verschieben. Und am Himmel wuchs der weiße Strich, der den letzten Schlag ankündigte. Er zeichnete eine lange, lange Linie, die tatsächlich neben der vorherigen begann, die bereits Signal für die voraufgegangenen Bombardierungen gewesen war. Von der Erde aber wuchsen und schoben sich Wolken aus schwarzem, weißen, braunen, grauem Rauch nach oben. Während die Bomben fielen, fühlte ich mich durch die Nähe des Mannes geschützter und ruhiger. Er war in dieser Gefahr mein Kamerad, und obwohl er mich nicht hätte verteidigen können, vertraute ich ihm.

    Auf diese Weise gingen 6 riesige Wellen über unsere Köpfe hinweg. Und während ich das Gesicht in die Erde grub, erklärte er mir, wo sie sich gerade befanden und wann die Gefahr vorüber war, sie uns bereits überflogen hatten. Und während die Explosionen dröhnten, pressten wir uns dicht aneinander.

    Der Wald hatte zu existieren aufgehört und wir marschierten auf freiem Feld auf einen entfernt liegenden Wald zu. Immer mal wieder sprangen wir in die eigentlich der Ausbildung auf dem Truppenübungsplatz dienenden Schützengräben, weil drohend einzelne Flugzeuge über uns kreisten. Und hinter uns alles Rauch. Tschüss, der Platz war einmal, da konnte niemand überlebt haben. Durchgeschwitzt, müde, ausgelaugt erreichten wir den Wald. Hier fühlten wir uns sicher, hier konnten wir ausruhen.

    An dem Tag habe ich verstanden, was das Leben ist. Ich kann es nicht ausdrücken aber ich habe es verstanden. In dem Augenblick wo ich mein Leben nicht mehr in der Hand hatte, wo die Möglichkeit es zu verlieren ebenso groß war wie es zu behalten, in jenem Augenblick habe ich den Wert des Lebens begriffen, und es wurde mir wertvoller als je zuvor, weil es mir schien, als hätte ich es ein zweites Mal geschenkt bekommen, vom Glück, vom Zufall, vom Schicksal.

    Und während sich die Baumkronen ganz leise im Wind wiegten und meine Augen am Himmel klebten, während uns immer mal wieder eine frische Brise den Geruch des Brandes herübertrug, während in der Nähe Lerchen sangen und man in der Ferne unaufhörlich Explosionen hörte, die durch Flammen ausgelöst wurden, welche auf das Munitionslager übergriffen, während ich mit meinen umherirrenden Gedanken mal hierhin, mal dorthin streifte, ohne alle die Eindrücke dieses Tages klar begriffen zu haben und knapp dem Tode entronnen war, spürte ich einen Mann neben mir, der mich anschaute, und als sich unsere Blicke trafen, war die Lebenslust zurückgekehrt und wir mussten unsere Gefühle im Kuss befreien.

    Nicht weit weg Zerstörung, Tod, Hölle. Ich glaubte einen Moment lang, diesen Mann zu lieben, mit dem ich mich wie durch eine Fügung im selben Augenblick in der Hand des Schicksals, des Zufalls befand, das uns das Leben zugedacht hatte. Oder Tod. Und im Durcheinander der Gefühle füllten sich die Augen mit Tränen. Wer versteht das eigene Herz?

    Wir kamen spät ins Lager zurück, mühsam näherten wir uns. Auf der Straße begegneten uns verletzte italienische Soldaten, die mühsam mit Stöcken und Krücken gingen. Sie meinten, dass die italienische Rasse und die italienische Küche auf den Beinen geblieben ist; und sie sagten: Es gibt jemanden, der die Italiener beschützt.

    Ich unterlasse es, im Einzelnen zu beschreiben, was ich beim Durchqueren des Lagers sah. Unvergesslich sind jene Eindrücke, es ist nicht nötig, sie weiter auszuführen. Ich sage nur, nachdem ich das Leben verloren und wiedergewonnen, nachdem ich Liebesgefühle erfahren, nachdem ich einen zerstückelten menschlichen Körper gesehen und eine Häusergruppe in Flammen aufgehen sehen und nachdem ich einen Tag lang mitten in einer gefährlichen Hölle verbracht habe, ging ich völlig ruhig zum Essen, weil es Essenszeit war. Und weil schon wieder die Sirene ertönte, nahm ich erneut meine Tasche und, zusammen mit anderen, kehrte ich in den Wald zurück.

    In dieser Nacht war es unmöglich, im Lager zu schlafen, sei es wegen des Rauchs, wegen der fortwährenden Explosionen, wegen der Gefahr eines erneuten Angriffs und vor allem wegen des Fehlens von Betten und Dächern. Die Sonne ging unter, es war die schönste Stunde, weil ruhig und friedlich, und der Tag schloss seine Augen. Oberhalb eines hervorstechenden Hügels eines unscheinbaren Hauses, das in Wirklichkeit ein Bunker für die Ausbildung war, waren als ein zusammengewürfelter Haufen von Obdachlosen beisammen: Italiener, Deutsche, Franzosen, Ungarn. Und hier bereiteten wir uns nun irgendwie darauf vor, die Nacht zu verbringen. Decken, die man vom Lager mitgebracht hatte und die körperliche Nähe wärmten uns während der Nacht.

    Der nächste Tag begann mit einem strahlenden Morgen. Ich saß vor unserer Herberge zusammen mit einem italienischen Beamten und war gerade im Begriff ihn zu verlassen und zum Lager zurückzukehren, als eine nahe Bombenexplosion die Luft, die morgendliche Ruhe und uns das Wort im Mund durchschnitt.

    Verschwunden die Illusion von Frieden. Wir erfuhren später, dass das Gebäude Zielscheibe der bewaffneten Dreckschweine war und dass der zweite Schlag, den sie in aller Stille vorbereitet hatten, sicher getroffen hätte und bereits in der Kanone steckte. Im letzten Moment haben sie uns entdeckt und den Schuss verhindern können, den sie uns fein säuberlich vorbereitet hatten. Sie verpassen uns eins aus allen verfügbaren Rohren. Wir verbrachten einige Lebenstage im Wald.

    Wir kehrten nur am Abend ins Lager zurück um zu essen und zu schlafen. Für einige Tage aß das gesamte Lager Pferdefleisch als Beilage. Niemand sagte es, alle wussten es. Es wäre schade gewesen, die Gelegenheit nicht wahrzunehmen. Die Pferde waren durch Maschinengewehre im Wald erschossen worden. [Es handelte sich um die Pferde der Kompanie, die dort im Wald ebenfalls ihr Leben verloren hatten.] Man schlief irgendwie und irgendwo, je nach Möglichkeit.

    Um mich kümmerte sich ein italienischer Beamter, der mir bereits Kleidungssachen gegeben hatte. Mein [Berliner] Bürochef beschwerte sich, dass ich immer dorthin zum Essen und Schlafen ging. Aber nicht einmal hier hätte er mir mit Unterschriften oder Erklärungen geholfen, und er half mir überhaupt nicht. Er litt selbst Hunger, weil in dem Durcheinander jede Systematik untergegangen war und primitive Lösungen verachtete er. Er hatte Glück, das Zimmer dort war geblieben.

    Ich habe in jenen traurigen Tagen Freunde, Kameraden, Personen gefunden die in selbstloser Weise halfen. Einige junge Leute waren in den Bombenangriffen und dem Feuer umgekommen. Wer das Leben riskierte, holte heraus, was sonst zerstört worden wäre. Und also rauchten im Lager alle große Zigarren, aßen Büchsenfleisch, Käse, Brot, Zucker nach Lust und Laune; sie zogen sich Kaninchenfelljacken an und russische Lederstiefel (trotz des Frühlings und guten Wetters); alles roch nach Rauch. Und sie wuschen sich und die Wäsche schließlich im nahen Fluss, was einer gewissen Romantik nicht entbehrte. - (Bleibt zu sagen, dass jenes Wasser sowohl Menschen wie Pferde tranken, weil alle Wasserleitungen zerstört waren.)

    Aber ich habe in Grafenwöhr auch schöne Tage verbracht, ich habe Spaziergänge in den Wäldern unternommen, die Hügel rauf und runter, und ich bin glücklich, in der friedvollen Einsamkeit dieser wunderschönen Landschaft gewesen zu sein.

    Monaco (Baviera) ed Innsbruck

    Le truppe americane s'avvicinavano di giorno in giorno e si doveva prevedere una presta occupazione del posto. Non mi conveniva rimanere li in mezzo alla campagna dove nessuno mi conosceva e dove non avevo neppur la possibilità di arrivare a casa.

    Una notte alle tre, con lo zaino, il quale conteneva tutto il mio bene, in spalla, insieme a quattro italiani, marciavo verso la stazione, attentamente guardando la strada per non cadere nei crateri delle bombe e per non inciampare nelle macerie. Lasciai così il posto dove ho passato ore di grande soddisfazione, di grande pericolo, ore di noia, di tristezza ed anche di rabbia (causa il mio capo ufficio). Ma comunque sia, il periodo passato a Grafenwöhr mi rimarrà nella memoria perché mi ha reso più ricca d'esperienza.

    Il viaggio da Grafenwöhr a Monaco durava 2 giorni ed era disastroso. Mitragliamenti del treno, interruzioni della linea, ore di attesa del treno! Vetture senza vetri, la pioggia che entrava dalle finestre ed una notte passata nel mortuario di Ergolding, in compagnia di una collezione di teste di morti e di figure di santi riposando magnificamente sopra le assi della barella. Non c'é più niente che ci faccia impressione, solo che faceva un po' freddo.

    A Monaco incontravo delle persone che già conoscevo da prima, lí ho visto ancora una volta il mio capo ufficio di Berlino (quanto ero stata orgogliosa in quell'epoca all'albergo Esplanade ora la situazione era ben diversa) ed ho conosciuto pure delle facie nuove. Tutti erano buoni con me, tutti, chi di più, chi di meno. Ricordo specialmente i due infermieri bavaresi, che mi curavano con tanta attenzione e buona volontà la mia antipatica angina. Quant'è brutto essere ammalato, solo. E ricordo a Monaco anche un giovane milite, un bel ragazzo alto e moro, che guardavo con piacere.

    S'avvicinavano gli americani, e non avevo il coraggio di aspettarli a Monaco. Non sapevo cosa fare, dove andare, dove sbattere la testa. In tutta questa disperazione si sciolse anche il mio ufficio, ognuno cercava come meglio arrivare a casa. Ed io, ...andai ad Innsbruck.

    Ci andai, perché s'offriva l'occasione, per ché non vedevo altra strada, ed anche perché volevo vedere la montagna. Innsbruck, bella città tra monti alti, tra giardini, fiori, attraversata dal chiaro fiume, belle architetture, bella gente. Innsbruck, per me giornata di disperata indecisione: rimanere?

    Non c'è alloggio, la gente dorme per la strada, nelle case distrutte. Andare verso Nord? Ero venuta di lá, verso Est: per carità! Verso Sud? Che pazza idea... era veramente cosi pazza? O non era piuttosto l'unica strada che mi rimaneva. Ho provato tutto il possibile per sistemarmi ad Innsbruck e passare li quel periodo di confusione che si prevedeva, ho provato tutto davvero, e non sono riuscita.

    Ed ero sempre ammalata, e più ancora demoralizzata e disperata, ed ero sopratutto sola. Non ho mai sentito la mancanza di un anima cara come in quei giorni. Pensavo spesso, troppo spesso, a casa come staranno, e mamma, avrà trovato il mezzo, avuto la possibilità d'andare ad Amburgo, e come sarà disperata anche lei per non avere notizie da me.

    E pensavo, pensavo, e mi disperavo sempre di più con l'avvicinarsi dell'ora della decisione. Decisione che doveva prendere, se volevo approfittare dell'unica occasione d'andare in quel paese, dove sempre ho voluto andare, e per dove anche in questi terribili momenti mi sentivo attratta.

    A Garmisch vedevo una mattina chiara i primi monti, le vette bianche. Rimasi incantata, avrei voluto saltare dal treno e correre verso quell'immagine, malgrado il freddo e la febbre che avevo sempre adesso. Non dimenticherò quel momento. Quanto è forte in me la volontà di conquistare con gli occhi tutto il mondo.

    Ho rivisto ad Innsbruck il giovane milite di Monaco. Mi ha salutato con un abbraccio come se fossimo vecchi amici. E quando gli parlavo della mia triste situazione, mi consigliava di venire in Italia, si offriva di accompagnarmi, di aiutarmi, e mi promise che li potrò stare bene.

    E dopo mille pro e contro, dopo altri tentativi di sistemarmi ad Innsbruck, e dopo che si aveva trovato il modo di farmi i documenti necessari per passare senza difficoltà la frontiera, mi decisi di seguire il mio desiderio, anche se non ero del tutto convinta che quella fosse la strada giusta. Ma ero invece del parere che qualche cosa si facesse, era sempre sbagliata.

    In quanto ai documenti: quando c'è da fare un imbroglio bisogna andare dagli italiani.

    München und Innsbruck

    Die amerikanischen Truppen näherten sich von Tag zu Tag und die baldige Einnahme des Platzes war voraussehbar. Es gefiel mir nicht, dort mitten im Land zu bleiben, wo niemand mich kannte und von wo aus ich nicht einmal die Möglichkeit hatte, nach Hause zu gelangen.

    Eines nachts um drei, mit dem Rucksack auf dem Rücken, der alles, was ich hatte, enthielt, marschierte ich zusammen mit vier Italienern los Richtung Bahnhof, stets aufmerksam auf die Straße schauend, um nicht in die Bombenkrater zu fallen und um nicht über Trümmerteile zu stolpern. Ich verließ also den Platz, wo ich Stunden großer Zufriedenheit verbracht habe, großer Gefahr, Stunden der Langeweile und Traurigkeit und auch der Wut (Grund: mein Bürochef). Aber wie es auch sei, die vergangene Zeit in Grafenwöhr wird mir in Erinnerung bleiben, weil sie mich mit Erfahrungen bereichert hat.

    Die katastrophale Reise von Grafenwöhr nach München dauerte 2 Tage. Maschinengewehrsalven auf den Zug, Unterbrechungen mit stundenlanger Warterei, Waggons ohne Fensterscheiben, in die es hinein regnete und eine Nacht im Leichenschauhaus von Ergolding in Gesellschaft mit einer Sammlung prachtvoll auf den Brettern einer Tragbahre ausruhenden Schädeln und Heiligenfiguren. Uns beeindruckte gar nichts mehr, außer, dass es ein bisschen kalt war.

    In München traf ich einige Leute, die ich schon von früher her kannte. Dort sah ich nochmals meinen Berliner Bürochef (als ich in jener Epoche stolz in dem Hotel Esplanade war; jetzt war die Situation völlig anders) und ich lernte neue Gesichter kennen. Alle waren gut zu mir. Einige mehr, andere weniger. Ich erinnere mich besonders gut an die beiden Krankenpfleger, die mir mit großer Aufmerksamkeit und gutem Willen meine Angina behandelten. Wie ist es doch schlimm, krank zu sein, alleine. Und ich erinnere mich an einen jungen Soldaten in München, ein schöner, großer, südländischer jungen Mann, den ich mit Vergnügen anschaute.

    Die Amerikaner näherten sich, und ich hatte keinerlei Verlangen, sie in München zu erwarten. Ich wusste nicht, was ich machen sollte, wohin gehen. Ich wusste nicht mehr ein noch aus. Völlig verzweifelt wählte man auch mein Büro, jeder versuchte so gut wie möglich nach Hause zu gelangen. Und ich ging statt dessen nach Innsbruck.

    Ich ging hin, weil sich mir eine Gelegenheit bot und weil ich ansonsten keinen anderen Weg sah und auch, weil ich das Gebirge sehen wollte. Innsbruck, schöne Stadt zwischen hohen Bergen, zwischen Gärten, Blumen, durchkreuzt vom klaren Fluss, schöne Architekturen, schöne Menschen. Innsbruck, für mich Tag verzweifelter Unentschlossenheit: bleiben?

    Da ist keine Wohnmöglichkeit, die Menschen schlafen auf der Straße, in den zerstörten Häusern. In den Norden gehen? Ich bin von dort gekommen, Richtung Osten: Du meine Güte! Richtung Süden? Was für eine verrückte Idee... war sie wirklich so verrückt? Oder war sie nicht eher die einzige Straße, die mir blieb? Ich habe alles Erdenkliche versucht, um mich in Innsbruck einzurichten und dort die voraussehbare unruhige Nachkriegszeit zu verbringen; ich habe wirklich alles versucht, und es ist mir nicht gelungen.

    Ich war ständig krank, völlig demoralisiert und verzweifelt, und ich war vor allem allein. Ich habe niemals so wie in jenen Tagen das Fehlen eines lebendigen Gesichts gespürt. Ich dachte oft, viel zu oft an zu Hause, wie es ihnen wohl geht, und Mama wird ihre Möglichkeit gefunden haben, nach Hamburg zu gehen, und wie wird auch sie verzweifelt sein, weil sie keine Nachrichten von mir hat.

    Ich dachte grübelte und grübelte, und ich wurde immer verzweifelter, je näher die Stunde der Entscheidung rückte. Eine Entscheidung, die ich treffen musste, falls ich von der einzigen Gelegenheit profitieren wollte, in jenes Land zu gehen, wohin ich schon immer gern gehen wollte und wohin ich mich auch in diesen schrecklichen Momenten hingezogen fühlte.

    In Garmisch sah ich an einem klaren Tag die ersten Berge, die weißen Gipfel. Ich war glücklich, ich wäre am liebsten vom Zug gesprungen in Richtung dieses Bildes, trotz der Kälte und des immer noch vorhandenen Fiebers. Ich werde den Augenblick nicht vergessen. Wie stark ist doch mein Wunsch, mit meinen Augen die ganze Welt zu erobern.

    In Innsbruck habe ich den jungen Soldaten wiedergesehen. Er hat mich wie eine alte Freundin gleich herzlich umarmt. Und als ich ihm von meiner traurigen Situation erzählt habe, riet er mir nach Italien mitzukommen, er bot mir an, mich zu begleiten, mir zu helfen, und er versprach mir, dass es mir dort gut gehen würde.

    Und nach vielen Für und Wider, nach weiteren Versuchen, mich in Innsbruck einzurichten und nachdem man die Möglichkeiten gefunden hatte, mir die nötigen Dokumente zu besorgen, um problemlos die Grenze zu überschreiten, entschloss ich mich, meinem Wunsch zu folgen, obwohl ich nicht ganz und gar davon überzeugt war, dass es die richtige Straße wäre. Jedoch war ich der Ansicht, dass, was auch immer man machen würde, falsch wäre.

    Bezüglich der Dokumente: Wenn man eine Dummheit machen möchte, muss man zu den Italienern gehen.

    Fortsetzung des 1. Tagebuchs Seite

    Die Zeit geht weiter, nur ich muss ihr den richtigen Inhalt geben.

    (Seite →)

    Ingeborg und Sebastiano am 20. Mai 1945 am Brennerpass.

    Berlin bis Sizilien - Zeitlicher Ablauf

    Abfahrt von Berlin im Autobus ungefähr Ende Februar 1945.

    Ankunft in Grafenwöhr nach 7 Tagen.

    4 Wochen in Ruhe und Heiterkeit in Grafenwöhr. (4. Absatz auf Seite→)

    1. Fliegerangriff auf den Truppenübungsplatz am Donnerstag, 5. April 1945.

    2. Fliegerangriff daselbst am Sonntag, 8. April 1945.

    Danach ein paar Tage auf freiem Gelände, nur abends zum Essen zurück in das erheblich beschädigte Lager.

    Abfahrt von Grafenwöhr ca. 12. April.

    Katastrophale 2-tägige Reise Richtung München unter Beschuss des Zuges, der keine Fenster mehr besaß.

    Übernachtung in Ergolding in einer Leichenhalle.

    Ankunft München ca. 14. April.

    Ein paar Tage weiter Abfahrt Richtung Garmisch im Zug.

    Wenige Tage Aufenthalt in Innsbruck.

    Abfahrt von Innsbruck 20. April, nicht vom völlig zerstörten Bahnhof aus sondern auf freier Strecke, dazwischen auch mit LKW.

    20. April 1945 Überschreiten der österreichisch-italienischen Grenze (Brennerpass) und Übernachtung im fast im Freien unter Schneefall.

    Zunächst nach Bozen, wo Ingeborg sich in einem Tunnel ca. 14 Tage lang verstecken muss während Sebastiano draußen Essen besorgt.

    7. Mai 1945 war die erste Nacht der beiden jungen Leute.

    Sebastiano geht zur norditalienischen Partisanenpolizei.

    8. Mai Abfahrt aus Bozen nach Trient.

    9. Mai abends weiter nach Verona.

    Verona- und Villafranca-Aufenthalt bis in die ersten Junitage hinein, Sebastiano ist weiterhin bei der Partisanenpolizei.

    Nach gut 3 Wochen Weiterfahrt Richtung Sizilien.

    Aufenthalt in Capo d'Orlando Anfang Juni bis 14. August 1945.

    Flucht von Sceti (bei Tortorici in der Provinz Messina) nach Rom am 14. August 1945.

    Vorbemerkungen

    Der folgende Aufsatz Erinnerungen an April 1945 - zwischen Grafenwöhr und Italien stimmt nicht in jedem Detail mit den Schilderungen in den Tagebüchern überein. Er ist nur ein Fragment und befand sich zwischen anderen aufbewahrten Kurzaufsätzen, wie beispielsweise auch der unten abgedruckte Aufsatz mit der Überschrift Post Mortem, in dem Ingeborg den Charakter ihres Vaters nachzeichnet.

    Erinnerungen an April 1945 - zwischen Grafenwöhr und Italien

    Aufsatz - Gefunden zwischen anderen aufbewahrten Erinnerungsskizzen

    Sie hockt im Gras, die Hände im Schoß. Sie trägt eine Bluse, die aussieht, wie ein Soldatenhemd. Das glatte, blonde Haar hängt ihr bis auf die Schultern. Sie hat sich am Waldrand niedergekauert, schaut vor sich hin. Sieht sie überhaupt, was draußen, vor sich geht? Oder sieht sie in sich hinein? Was denkt sie? Rauchwolken stehen am Himmel. Es hat eingeschlagen. Der Truppenübungsplatz Grafenwöhr hat viele Gebäude. Es muss ja nicht gerade das Gebäude getroffen worden sein, in dem ihr Zimmer liegt, das Zimmer, in dem ihre Habseligkeiten im Spind liegen. Oder?

    Der Angriff scheint vorbei zu sein. Aus dem Wald kommen Menschen, die ihr zurufen: "Komm, steh auf! Was sitzt du noch da?

    Sie steht auf, geht hinter den anderen her. Männer, Frauen, sie kennt niemanden von ihnen. Sie geht langsamer als die andern. Der Abstand wird größer...

    Die Tasche aus grauem, hartem Leinengewebe, mit 2 festen Lederbügeln, hängt ihr schwer am Arm, über der Schulter trägt sie eine graue Militärwolldecke.

    Der sandige Weg endet an der Asphaltstraße, die zum Gelände des Truppenübungsplatzes gehört. Viele Menschen laufen auf der Straße, den roten, zweistöckigen Backsteingebäuden zu, über denen die Rauchwolken stehen. Sie laufen an ihr vorbei, rempeln sie an. Sie sind ein Hindernis für diejenigen, die schnell wissen wollen, was eingeschlagen hat. Vielleicht kann man noch etwas retten aus den brennenden Häusern.

    Sie weicht zur Seite aus, geht auf der Graskante am Rand der Straße, stolpert über etwas, was am Boden liegt, macht ein paar Schritte, hat sich gefangen, bleibt stehen, wendet sich um, geht die paar Schritte zurück: Grauer Sand bedeckt etwas, das die Formen eines menschlichen Körpers hat, eines halben Menschen. Nur der Unterkörper ist es und die Beine liegen in der Haltung, als liefen sie. Der Oberkörper... fehlt. Und das Blut, das aus dem Körper gelaufen ist - man kann es nur ahnen unter dem grauen Staub.

    Sie wendet sich ab, geht weiter, die Asphaltstraße entlang, schneller, immer schneller, bis sie vor dem Gebäude steht, in dem ihr Zimmer liegt, im 1. Stock. Flammen schlagen aus dem Fenster, Rauch steigt aus dem Dach.

    Sie geht zur Seite, an den Straßenrand, stellt die Tasche aus blauem Leinenstoff auf den Boden, überlegt: alles Wichtige hat sie in der Tasche: Wäsche - von jeder Art ein Stück, ein Kleid, eine Bluse, einen Rock, vor allem ihre Papiere und... und vor allem ihren Fotoapparat. Die Fotos von vor dem Krieg sind alle in Lurup, bei Oma. In Berlin hat sie nichts zurückgelassen. Alles, was sie besitzt, jetzt noch besitzt, ist in der Tasche. Und die Wolldecke, gut, dass ich die Wolldecke mitgenommen habe, denkt sie... Menschen laufen hierhin, dorthin, laufen um sie herum. Schließlich hebt sie ihre Tasche auf, geht zurück über die Asphaltstraße, geht auf die andere Seite der Straße, um nicht noch einmal an dem halben Menschen vorbeigehen zu müssen. Die Gebäude am Tor des Truppenübungsplatzes sind heil. Dort versammeln sich die Menschen. Sie trifft 2 Soldaten, einen Offizier, Leute, die sie kennt, zu denen sie gehört. Sie schauen sich an, zucken die Achseln, schweigen. Sie stellt sich zu ihnen.

    Es wird Abend. Sie geht mit den Leuten in die Kantine. Man sagt ihr wo sie schlafen kann. Morgen wird man weitersehen.

    Am anderen Morgen kriegt sie Bescheid: Ein Lastwagen steht bereit. Wenn sie will, kann sie mitfahren, Richtung München. Aber sie muss nicht mit nach München fahren, sie kann bleiben, sie kann auch nach Hause fahren, nach Hamburg. Sie kann tun, was sie will. Sie will mit nach München.

    Keiner der Männer, mit denen sie eine Stunde später auf dem Lastwagen in Richtung München fährt, begreift ihre Entscheidung. Warum fährt sie nicht nach Hause? Sie schüttelt den Kopf. 'Nicht nach Hamburg', denkt sie, 'nicht nach Hamburg. Lieber nach München. Weiter weg von Hamburg.'

    In München hält der Lastwagen vor einem großen, grauen Gebäude, einer Kaserne. Alle steigen sie aus. Sie bekommt ein Zimmer zugewiesen und die Kantine ist im Erdgeschoss, am Ende des Ganges, sagt man ihr.

    Sie geht in das Zimmer, stellt die Tasche aus blauem Leinenstoff in den Schrank, legt die Wolldecke auf das Fußende des Bettes, setzt sich auf das Bett. Ihre Arme ruhen auf den Schenkeln, ihre Hände fassen sich. Sie starrt vor sich hin. - 'Wenn alles kaputt geht', denkt sie, 'wenn der Krieg zu Ende und verloren ist und nichts bleibt - die Bäume bleiben, das Gras bleibt, der Himmel bleibt, das Licht wird bleiben. Die Vögel werden singen, der Sommer wird kommen, wenn alles andere zusammenstürzt.' Alles andere, die Welt, die bis dahin ihre Welt war, die einzige Welt, die sie kannte. -

    Was macht Mama jetzt? Wo ist sie? Und Oma und Opa? Ist ihr Haus heil geblieben? Es liegt am Stadtrand und Hamburg ist ja schon kaputt. Nach den schweren Angriffen von '43 ist nicht mehr viel passiert. Harald ist bei ihnen und Mama? Ist sie noch in Frankreich? Sie wird versuchen, nach Hamburg zu kommen, aber ich will nicht nach Hamburg. Wenn ich kann, wenn sie mich mitnehmen, gehe ich nach Italien. Wenn ich jetzt nicht rauskomme, wer weiß, ob ich jemals rauskomme. Novara heißt der Ort. Das Nonnenkloster in Novara. Der Soldatenpriester hat mir vor ein paar Monaten in Berlin gesagt: Wenn alles zusammenbricht, hat er gesagt. gehen Sie nach Novara. Sagen Sie, ich hätte Sie dorthin geschickt. Sagen Sie meinen Namen. Man wird Sie dort aufnehmen. Bleiben Sie dort, bis alles vorbei ist, bis alles wieder ruhig und normal ist. - Ich will nach Novara, hoffentlich nehmen sie mich mit.

    Es wird dunkel. Wahrscheinlich ist bald Essenszeit. Sie steht auf, tritt auf den Korridor, sieht, dass hinten in der Kantine Licht ist. Sie hört Stimmen. Sie geht den langen Korridor entlang. Ja, dort sind sie, die Leute, zu denen sie gehört. Man ruft sie. Dort vorne gibt's Essen und dann komm her. Sie geht an die Theke, nimmt den Teller in Empfang, geht zurück an den Tisch, setzt sich zu den anderen. Die Männer reden, reden dumpf und zugleich erregt. Sie hört kaum zu. Sie kaut das Schwarzbort mit Leberwurst, sie trinkt den kalten Saft, aber sie nimmt nicht teil an dem Gespräch. Zu schnell reden die Männer und von Dingen, an denen sie keinen Anteil hat. -

    Nach und nach verstummt das Gespräch, als wäre alles gesagt worden, was man in diesem Augenblick sagen kann.

    Die Stille ist beklemmend. Jemand summt eine Melodie vor sich hin. Alle sind wie erstarrt und dann summen sie mit. Der zuerst gesummt hat, singt: O, mia Patria, si bella e perduta...¹ Alle singen mit: O, mia Patria, si bella e perduta...

    Sie brechen ab. Blicken sich entsetzt an. Einer wendet sich um, wischt sich die Augen. Das Mädchen, das einzige Mädchen unter ihnen guckt vor sich nieder auf den leergegessenen Teller. O, mia Patria, si bella e perduta. - Sie kennt die Melodie, den Text kannte sie bis zu diesem Augenblick nicht. (Oh mein Heimland, so schön und verloren...) Sie will in ihr Zimmer gehen. Einer der Männer steht vom Tisch auf und folgt ihr. Er ist groß, dunkel, mit harten Gesichtszügen... Er trägt die Uniform der republikanischen Armee.²

    Ein paar Schritte geht er hinter ihr her, dann neben ihr, den Korridor entlang. -Du willst nach Italien? fragt er sie auf italienisch. Sie, nickt. Wenn's geht. - Was willst du da? - Der Priester in Berlin hat mir gesagt, wenn alles zusammenbricht, dann sollte ich in das Kloster gehen, in Novara, dort könnte ich bleiben, bis wieder normale Zeiten sind. Ich möchte nach Novara. - Wenn Du willst, können wir zusammen gehen, sagt er. So einfach lassen sie dich nicht über die Grenze, aber wenn wir zusammen gehen, dann kommst du über die Grenze. -. Sie blickt zu ihm auf. Wirklich? - Sicher." -

    Sie stehen vor der Tür ihres Zimmers. Gute Nacht, sagt sie, die Hand auf dem Drücker. Gute Nacht, sagt er. Sie geht ins Zimmer, schließt die Tür von innen ab, setzt sich auf das Bett. Ihre Gedanken gehen stumpf in die Richtung, in der Italien liegt. 'Wenn ich jetzt nicht nach Italien gehe, wer weiß, ob ich je dort hin komme. Wer weiß ob ich je aus Deutschland herauskomme, wenn ich jetzt nicht gehe. - Hier bricht alles zusammen und nach Hamburg will ich auf keinen Fall. Wenn ich mir vorstelle, ich würde meinem Vater dort... vielleicht zufällig, auf der Straße begegnen. Nein, lieber ins Ausland. - Wenn er mich mitnimmt, gehe ich mit ihm. Er wird mir helfen, über die Grenze zu kommen und dann versuche ich, nach Novara zu kommen. Es liegt Richtung Westen. Auf der Karte habe ich gesehen, dass ich westwärts gehen muss.' -..

    Am anderen Morgen sitzen sie wieder in der Kantine am Tisch beim Frühstück. Der Soldat, der sie gestern Abend angesprochen hatte, sitzt neben ihr. Um 10 fahre ich ab, sagt er, wenn du willst, kannst du mitkommen. - Jetzt? Um 10? - Sie wusste, dass er Kurierdienst tat zwischen der italienischen Botschaft in Berlin und also dem Hauptquartier Mussolinis, [in Saló] am Gardassee. In Berlin hatte sie ihn einige Male gesehen, aber nicht weiter beachtet. Sie hatte an der Schreibmaschine gesessen und er war durchs Büro gegangen hatte buon giorno gesagt und war in das Zimmer des Botschafters gegangen. Nach einiger Zeit war er herausgekommen, hatte arrivederci gesagt und war fortgegangen. Sie erinnerte sich kaum daran, aber jetzt schien ihr, als hätte sie ihn öfter gesehen. Ich geh mit, sagte sie, ich frage den Capitano Loffredo [Hauptmann Loffredo], ob ich abreisen darf. -

    Sie stand auf, Ich komme gleich wieder sagte sie, ging um den Tisch herum, zum Hauptmann. Capitano, er sagt, er würde mich mitnehmen - sie weist nach dem Soldaten hin, was meinen Sie? - Sie müssen wissen, was Sie tun, sagte der Hauptmann, in diesem Augenblick muss jeder für sich selbst entscheiden. - Sie haben nichts dagegen? - Was könnte ich dagegen haben? - Gut, dann... fahre ich mit. -

    Sie ging den langen Korridor wieder zurück in ihr Zimmer, packte das Nachthemd, das sie in der Nacht getragen hatte, in die blaue Tasche, faltete die Wolldecke zusammen, nahm sie über den Arm, die Tasche in die Hand. 'Nichts vergessen? - Nein, nichts. Der Fotoapparat? Unten in der Tasche, natürlich.' Sie griff zwischen, der Wäsche hindurch bis zum Boden der Tasche, da war der Apparat. Musste ja da sein. Wo sonst sollte er sein. -

    Als sie aus der Tür trat, stand dort der Capitano. Hier ist meine Adresse, sagte er. Sollten Sie nach Rom kommen, gehen Sie zu meiner Frau, sagen Sie ihr, dass Sie mich heute hier noch lebend gesehen haben. Er gab ihr einen zusammengefalteten: Zettel. Sie faltete ihn auseinander, las die Adresse, faltete den Zettel wieder zusammen, steckte ihn in die Seitentasche ihrer blauleinenen Tasche. - Ich weiß aber nicht, ob ich nach Rom komme, sagte sie. Für den Fall, sagte er, und gute Fahrt. Ich wünsche Ihnen alles Gute. - Danke, sagte sie, gleichfalls." Sie gingen schweigend nebeneinander den Korridor entlang, zurück in die Kantine.

    Sebastiano reckte den Hals. Als er sie kommen sah, stand er auf, winkte den anderen zu, ging ihr entgegen. Warte draußen auf mich, ich komme gleich. - Sie verabschiedete sich von den Männern, gab jedem noch einmal die Hand. Ich gehe nach Novara, sagte sie, der Priester hat mir gesagt, ich könnte dort in dem Kloster bleiben, bis alles wieder normal ist. - Man schüttelte ihr die Hand, wünschte gute Fahrt. Dann ging sie hinaus.

    Sebastiano kam, die Militärmütze auf dem Kopf, einen Tornister auf dem Rücken. Dort drüben, sagte er und nahm ihr die Tasche ab. Sie gingen zu dem Lastwagen hinüber, stiegen ein. Der Wagen fuhr ab.

    Sie saß rechts neben dem Fahrer. Rechts neben ihr saß Sebastiano. Sie blickte nach vorn auf die Straße, in die Ferne. Grafenwöhr entschwand hinter ihnen. Das Land war flach. Der Himmel grau verhangen es regnete. Sie sprachen kaum.

    Nach einer Stunde wurde das Land hügelig und sie fragte sich, ob das wohl die Alpen wären. 'Schade,' dachte sie, 'ich würde so gern die Berge sehen, aber sie sind verhangen. Nun fahre ich durch die Alpen, aber ich sehe sie nicht.' -

    Gegen Mittag hielten sie am Rand der Straße, aßen belegte Brote und tranken Bier dazu, das der Fahrer aus dem Laderaum holte, zwischen den vielen Kisten und Kartons heraus. Dann fuhren sie weiter. Wie heißt diese Stadt? fragte sie. Innsbruck, sagte der Fahrer. Innsbuck, flüsterte sie. Ich bin in Innsbruck, aber ich sehe nichts davon. - Es regnet, man sieht nicht viel. Und wir fahren auch draußen herum. Was sollen wir in der Stadt.

    Sie versuchte, etwas von der Stadt zu sehen, aber dann führte die Straße bergan, mit vielen Kurven. Lass uns rechtzeitig aussteigen, sagte Sebastiano, und der Fahrer nickte. Klar doch. - "Je höher sie kamen, desto ungemütlicher wurde die Witterung. Dann hielt der Fahrer an.

    Sebastiano bedankte sich. Komm, sagte er und nahm ihre Tasche. Sie warf rasch die Wolldecke über die Schulter und sprang ihm nach, aus dem Wagen. Wieso steigen wir hier aus? - Komm, sagte er, wir müssen da drüben längs." Er ging mit langen Schritten voraus und sie lief ihm nach.

    Brenner-Grenzüberschreitung

    Tagebuch-Anschluss von Seite

    Verona, Donnerstag 31. Mai 1945 (1. Teil)

    Die letzten Seiten schrieb ich in Trient, auf einem großen Platz unter hundert Vagabunden, auf meinem Gepäck sitzend. Sebastiano war mit dem Fahrrad unterwegs, um Essen und Unterkunft zu beschaffen. Wir waren eben aus Bozen angekommen und wollten weiter nach Verona. Es war am 8. Mai. Aber ich will nichts überspringen.

    Am 29. 5. nachmittags packte ich meine sieben Sachen. Ich war entschlossen, ja, aber nicht sicher, ob ich diesen Entschluss auch ausführen würde, immerhin, ich packte. Ich dachte dabei an Mama, wie sollte ich sie erreichen? Ich suchte noch nach Wegen und fand keinen. Ich dachte an Hamburg, seine ausgebrannten und eingestürzten Türme, seine endlosen Trümmerfelder, ich dachte an die Wälder, die Heide, die Wiesen, die ganze weite Landschaft und sah auf den Straßen, die ich mit dem Rad mit meiner Mama gefahren war, da sah ich englische Panzer, ich dachte an Berlin, in den Straßen, die ich kannte, wüteten die Russen. Und während ich ein Lied nach dem anderen leise aber voller Bewusstsein sang, ein Heimatlied, ein Lied voll Sehnsucht, ein Soldatenlied voll Hoffnung auf Wiedersehen, während ich den Rucksack packte, kamen und gingen Zweifel und Tränen, O mia Patria, sì bella e perduta! Das hatten sie einen Abend in München gesungen, und als das Lied zu Ende war, war Stille eingekehrt, bis einer der italienischen Soldaten ein ausgelassenes Volkslied anstimmte, das alle gleich erleichtert mitsangen.

    Ich hatte meine Packerei beendet, legte mich auf das Soldatenbett, wo ich diese letzten Nächte geschlafen hatte, und ging weiter meinen trüben Gedanken nach. Ein Ehepaar, Italiener, verabschiedete sich mit Glückwünschen, sie gingen in die Heimat, nach Hause, nach Rom, ich sollte ins Ausland gehen, nach Italien ins Ungewisse auf einen Menschen angewiesen, den ich kaum kannte und zu dem ich ein Vertrauen hatte, von dem ich nicht wusste, woher es kam, aber es war kein Zweifel dabei; wenn sonst in diesem Moment alles ungewiss war, in meinem Vertrauen zu ihm lag kein Zweifel.

    Gegen 5 Uhr kam er, in seiner graugrünen Uniform mit den schwarzen Spiegeln und dem Schwarzhemd, 2 Pistolen, 2 Handgranaten am Koppel; und er hatte ein gutes Gesicht und große braune Augen, einen offenen freien Blick. Ich blieb liegen, er setzte sich mir gegenüber, und im Händedruck fühlte ich Vertrauen und Zuversicht, und fühlte so deutlich meine eigene Hilflosigkeit. Mein Weinen ging ihm nahe, er drängte zum Aufbruch, ich stand auf, und wir gingen. Er trug meinen Rucksack. Auf der Straße begegneten wir einigen Offizieren. Sie rieten, nein, sie befahlen Sebastiano, die Waffen wegzulegen und sich umzuziehen, wenn nicht jetzt, spätestens am Brenner.

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