Ayurveda und Gesundheit: Mehr Freude durch bewusstes Leben
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Klaus-Rupprecht Wasmuht
Klaus-Rupprecht Wasmuht hat nach seiner Ausbildung als Heilpraktiker und abgeschlossenem Hochschulstudium der Betriebswirtschaft zunächst einen beruflichen Werdegang in der Industrie und auch als selbständiger Unternehmer in England gesucht und erfolgreich bestritten. Seit 2003 widmet er sich ausschließlich heilberuflicher Tätigkeit. Bei seiner jährlich erfolgenden Aus- und Weiterbildung in authentischen ayurvedischen Heilanwendungen in Südindien hat er in den letzten 15 Jahren enge Kontakte mit zahlreichen Vaidyas knüpfen können, die einen regen Erfahrungsaustausch ermöglichen. Gegenwärtig leitet er die Ayurveda und Naturheilpraxis Lübeck und ist als Referent und Seminarleiter am "Freie Heilpraktiker e.V. Berufs- und Fachverband" tätig.
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Ayurveda und Gesundheit - Klaus-Rupprecht Wasmuht
2011
I
Von Fast Food & Co. zur Nanokost –
ein evolutionärer Quantensprung menschlicher Ernährungsweise oder ein weiterer Schritt auf dem Irrweg ernährungsbedingter Zivilisationskrankheiten? Anmerkungen aus ayurvedischer Sicht
Vorwort
Nach dem Ethnologen und Anthropologen Claude Lévi-Strauss ist die Küche einer Gesellschaft eine Sprache, die unbewusst die Struktur dieser Gesellschaft zum Ausdruck bringt (1). Wenn dem so ist, stellt sich die Frage, was das für eine Gesellschaft ist, die eine Küche des Fast Food, Snacking, Functional Food, Analog-Nahrung, innovative Getränke, Energy-Drinks, isotonische Getränke, Brain Food, Beauty Food, Molekularkost, genetisch modifizierte Nahrung und Nanokost propagiert?
Die Verfechter dieses Trends mögen darin einen evolutionären Quantensprung menschlicher Ernährungsweise und die Kritiker eine Zwangsentwicklung auf dem Wege weiterer Zivilisationskrankheiten sehen. Der folgende Beitrag versucht diese Entwicklung kritisch zu beurteilen.
Status quo moderner Ernährungsgewohnheiten
Fast Food und Co. gehören inzwischen wie selbstverständlich zum modernen Sprachgebrauch, so wie Zusatzstoffe, Nahrungsergänzungsmittel, chemisch und mechanisch manipulierte Lebensmittel mehr und mehr das heutige Nahrungsangebot bestimmen. Die Ernährungsgewohnheiten der modernen Industriegesellschaft umspannen ein weites Spektrum, das von humanen Futtermitteln in Großkantinen und Supermärkten bis zur Molekularkost in Gourmetrestaurants, genetisch modifizierten und durch Nanotechnologie manipulierten Nahrungsmitteln reicht. Hier spiegelt sich eine Vielfalt der unterschiedlichsten Vorstellungen dessen, was ernährungsphysiologisch als zeitgemäße Ernährung empfunden wird.
In diesem Zusammenhang scheint ein bedeutender Einflussfaktor zu sein, dass das Sozialverhalten der modernen Industriegesellschaft weitgehend durch materielle Zielvorgaben wie Gewinn- und Besitzstreben, Wettbewerb und Leistungszwang geprägt wird, wobei Zeit und Geld einengende Rahmenbedingungen darstellen. „Time is money" – Zeit ist Geld, wie Professor Ian Walker von der Warwick Universität in England mit Hilfe einer mathematischen Formel berechnet (2). Danach verbraucht zum Beispiel ein dreiminütiges Zähneputzen 30 Pence (35 Cent) „verlorene" Zeit.
So wie der Wert unserer Zeit steigt, werden wir vermutlich mehr dafür bezahlen, um Zeit zu sparen, zum Beispiel jemand für das Rasenmähen bezahlen. Warum putzen wir dennoch unsere Zähne, obwohl wir doch bei Verzicht auf täglich zweimaliges Zähneputzen rund€ 250 im Jahr durch „gewonnene Zeit" einsparen könnten? Vielleicht, weil wir hoffen, möglichst lange gesunde Zähne erhalten zu können.
Dies mag banal klingen, ist es aber nicht, denn die „Schnäppchenjagd" nach Billigprodukten wird zu einem zwangvollen Unterfangen, bis man feststellt, dass die kurze Freude über einen niedrigen Preis nicht so lange währt wie der Ärger über die schlechte Qualität.
Der Ärger über die schlechte Qualität schleicht sich bei vielen Konsumgütern, insbesondere bei billigen Nahrungsmitteln, erst über einen längeren Zeitraum ein. Industriell zubereitete Nahrungsmittel werden zu Billigstpreisen angeboten, sie enthalten in der Regel die verschiedensten Zusatzstoffe, die eine besondere optische Akzeptanz (Farbstoffe), lange Haltbarkeit (Konservierungsmittel), Geschmacksverbesserung (Geschmacksverstärker) und andere verkaufsfördernde Merkmale bezwecken. Das allein ist kein Grund zum Ärgernis. Ärgerlich wird es allerdings, wenn durch die Bearbeitung der Nahrungsmittel diese derartig denaturiert werden, dass nicht nur die Qualität in keinem angemessenen Verhältnis zum Preis steht, sondern sich zudem gesundheitsschädigende Auswirkungen ergeben. Dann wird das zunächst billige Lebensmittel zu einem teuren und zugleich toxischen Ballastmittel.
Fast Food
Mit der Adoption der erwähnten „Time is money"-Philosophie erfolgt im Fast-Food-Sektor die Nahrungszubereitung unter hohem Rationalisierungsgrad. Fritteusen, Tiefkühltruhen, Mikrowellengeräte ermöglichen schnelles Zubereiten und Auftischen der Mahlzeiten. Ausgangsprodukte sind in der Regel industriell erstellte Fertignahrung oder Halbfertigprodukte, die mit Geschmacksverstärkern, Konservierungsstoffen, Farbstoffen und anderen Zusatzstoffen versehen sind. Reichlich Zucker, Salz und chemisch gehärtete Pflanzenfette sind zudem häufig beliebte Zutaten. Fast Food ist billig, man nimmt es meist unter Zeitmangel spontan ein, vorzugsweise in einem Bistro, in Stehbuffets oder im Gehen, alleine oder in zufälliger Gesellschaft. Es muss schnell gehen, wie die Namensgebung Bistro verdeutlicht. Bistro ist dem russischen bystro – gleichbedeutend mit schnell – entlehnt und diente den napoleonischen Soldaten vor rund zweihundert Jahren nach ihrer Rückkehr nach Frankreich zur Namensgebung ihrer neu eröffneten Schnellimbissstuben.
Kritiker warnen vor negativen Auswirkungen insbesondere bei häufigem Konsum. Nahrungsmittelzusätze, zu schnelles, hastiges Essen, übermäßige Portionen, zu hoher Fett-, Salz- und Zuckergehalt und damit einhergehender geringer ernährungsphysiologischer Wert führe zur Vermehrung des Körperfettes mit krankhaften Auswirkungen wie Übergewicht, Diabetes Typ 2, Stoffwechselprobleme, Allergien, höhere Belastung der Leber oder der Nieren.
Wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen eine erhöhte Gesundheitsgefährdung von Nahrungsmitteln mit höheren Anteilen an Trans-Fettsäuren (künstlich gehärtete und teilgehärtete Fette). Nach diesen Erkenntnissen erhöhen diese Fette in Pommes frites, Burger, Pizza, Keksen, Kartoffelchips und verschiedenen Back- und Bratfetten den LDL-Cholesteringehalt im Blut und begünstigen damit die Entstehung koronarer Herzkrankheiten und Diabetes Typ 2.
Inzwischen haben einige Länder aufgrund der erwähnten gesundheitsschädigenden Wirkung dieser Fette reagiert. So sind in Dänemark Nahrungsprodukte mit mehr als zwei Prozent Anteilen an diesen Fetten verboten. In USA dürfen in Kalifornien in Lokalen diese Fette nicht mehr in Ölen, Backfetten und Margarinesorten verwendet werden, und ab 2011 besteht ein generelles Verbot von Frittieren von Backwaren mit solchen Fetten.
In Deutschland bestehen bis jetzt keine entsprechenden gesetzlichen Verbote und auch keine Kennzeichnungspflicht auf den Verpackungen derartiger Nahrungsprodukte.
Weitere Kritik gegenüber Fast Food betrifft die ethische Seite bei der Gewinnung der Ausgangsprodukte für diese Schnellgerichte. Zum Beispiel weisen Klaus Werner und Hans Weiss (3) in ihrem Buch „Die Machenschaften der Weltkonzerne in dem Kapitel „Fressen und gefressen werden
auf Missstände wie Ausbeutung, Kinderarbeit, Sklaverei und Umweltzerstörung im Vorfeld der Fast-Food-Industrie hin. Ähnlich argumentieren auch Umweltschutzorganisationen.
Functional Food, auch Nutraceutical
Funktionelle Lebensmittel sind mit zusätzlichen Inhaltsstoffen angereicherte Lebensmittel, die laut Werbeversprechen einen positiven Effekt auf die Gesundheit haben sollen. Während eine befriedigende gesetzliche Regelung für diese mit Vitaminen, Mineralstoffen, Bakterienkulturen, ungesättigten Fettsäuren und anderen Zusatzstoffen versehenen Nahrungsmittel in Europa bisher fehlt, sind diese Produkte in Japan genau definiert und unter dem Begriff „Foshu" (Food for specific health use – Nahrung mit spezifischem Gesundheitsnutzen) bekannt. Das Marktforschungsinstitut ACNielsen beziffert den deutschen Markt für funktionelle Lebensmittel mit über 5 Mrd. Euro Jahresumsatz als den größten in Europa (4). Es gibt Schätzungen, die einen Anstieg des Functional-Food-Anteils am weltweiten Lebensmittelmarkt bis 2050 auf 50 Prozent veranschlagen. So verwundert es nicht, dass die Giganten der Lebensmittelbranche und große Pharmakonzerne in funktionellen Lebensmitteln ein großes Zukunftsgeschäft sehen, von dem sie sich einen außergewöhnlichen Profit versprechen und diesen mit Hilfe von ausgeklügelten modernsten Marketingmethoden absichern wollen. In diesem Sog werden mehr und mehr seltsame, wenn nicht fragwürdige Produkte angeboten, wie zum Beispiel ein Gesundheitsbonbon, das Polyphenole enthält und in China bereits patentiert ist. Dieses soll vor Strahlenschäden schützen, die durch Fernsehen entstehen können.
Eine gesunde Skepsis ist daher geboten, die hilft, die Spreu vom Weizen zu trennen, und dazu beiträgt, seriöse Marktangebote herauszufiltern. In die Kategorie seriöser Hersteller könnten Produzenten von Milchprodukten mit der Bezeichnung probiotisch eingereiht werden. In wissenschaftlichen Studien wurde inzwischen belegt, dass sogenannte probiotische Milchprodukte, wie zum Beispiel mit Milchsäure-Bakterienkulturen versehene Joghurts, eine Verbesserung der natürlichen Darmflora bewirken. Jedoch ist zu bedenken, dass diese in der Regel eine laxative (abführende) Wirkung zeigen. Zudem sei dringend geraten, bei einer Laktoseintoleranz Milchprodukte generell zu meiden.
In Deutschland ist seit einiger Zeit ein diätetisches Getränk auf dem Markt, das aus Brotteig und Quellwasser besteht und in einem besonders langen Vergärungsprozess mit Hilfe von Brotgetreide-Säurebakterien für den Körper erschließbare Vitamine, Mineralien und essenzielle Aminosäuren freisetzt und keine laxative Wirkung mit sich bringt. Die anfallende Gärsubstanz, das Fermentgetreide, enthält ähnlich positive Wirkstoffe wie die des Brottranks, wie lebende Milchsäurebakterien, Fermente und Enzyme, denen in klinischen Gutachten eine äußerst positive Wirkung auf Haut, Blut, Darm und Immunsystem bestätigt wird.
Abschließend sei die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) erwähnt, die in einer Stellungnahme (5) betont, dass funktionelle Lebensmittel grundsätzlich keine Garantie für eine bedarfsgerechte und ausgewogene Ernährung sind und Ernährungsfehler sich durch ihren Verzehr nicht beseitigen lassen.
Molekularkost
„Molekularkost" ist ein anderer Trend der modernen Ernährungsweise und beruht auf einer besonderen Kochtechnik und Zubereitungsweise mit Texturgebern, die der Nahrung neuartige Formen und Oberflächen verleiht und somit durch einen gewissen Überraschungseffekt den Nahrungsaufnehmenden wieder zwingt, sein Essen bewusst zu schmecken und zu genießen.
Bei traditioneller Nahrungsaufnahme löst bereits die optische Wahrnehmung der zubereiteten Speise in der Regel einen Reflex aus, der dem Nahrungsaufnehmenden eine bestimmte Geschmacksrichtung signalisiert und sein Geschmacksempfinden gewissermaßen vorprogrammiert. Liebhaber der Molekularküche sehen diesen Vorgang als einen Trigger für eine mechanische Abfolge, die den Essgenuss nicht voll entfalten lässt. Sie propagieren daher die molekulare Küche, die mit oben erwähnten Methoden eine verfeinerte Esskultur erleben lassen soll.
So zaubert der englische Starkoch Heston Blumenthal im vorweihnachtlichen Fernsehen eine Pastete aus dem zarten Fleisch von Siebenschläfern (steht in Deutschland unter Artenschutz), überzogen mit weißer Schokolade. Die von Ferran Adria – dem spanischen Meisterkoch und zugleich Galionsfigur der molekularen Gastronomie – entwickelten Verfahren der Spherifikation, Gelifikation, Emulsifikation sollen vielfältige Überraschungsmomente und subtiles Geschmacksbewusstsein ermöglichen. Bei der Spherifikation werden kugelförmige