Rousseau in 60 Minuten
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Das Buch „Rousseau in 60 Minuten“ erklärt anhand von über siebzig Zitaten die Kerngedanken seines Werkes. Den entscheidenden Impuls bekam er auf dem Weg zu seinem Freund Diderot, der gerade im Gefängnis einsaß. Im Gehen las Rousseau die Zeitung „Mercure de France“. Die Leser wurden aufgefordert, die Preisfrage zu beantworten, ob die Menschen mit zunehmendem Fortschritt auch moralisch besser würden? Alle antworteten mit „Ja“. Außer Rousseau. Der Mensch, so schrieb er, sei von Natur aus gut; böse würde er erst durch die Gesellschaft und die Zivilisation. Mit dieser provokativen These gewann er und wurde in ganz Europa berühmt. Denn er hatte als erster Philosoph das Problem der gesamten modernen Welt erkannt. Der edle Wilde, streift noch frei durch die Wälder. Wir verbringen unser Leben in viereckigen Büros und verlieren mehr und mehr unsere Instinkte und unsere Freiheit. Vor allem aber, so kritisierte Rousseau, lebt der moderne Mensch nur noch „in den Augen anderer“, das heißt wir gehen zunehmend im Mainstream auf. Hat Rousseau Recht? Sind wir zu angepasst? Haben wir unsere Instinkte verloren? Und vor allem: Was können wir tun?
Das Buch ist in der beliebten Reihe „Große Denker in 60 Minuten“ erschienen.
Walther Ziegler
Walther Ziegler est professeur d'université et docteur en philosophie. En tant que correspondant à l'étranger, reporter et directeur de l'information de la chaîne de télévision allemande ProSieben, il a produit des films sur tous les continents. Ses reportages ont été récompensés par plusieurs prix. En 2007, il a prit la direction de la « Medienakademie » à Munich, une Université des Sciences Appliquées et y forme depuis des cinéastes et des journalistes. Il est l'auteur de nombreux ouvrages philosophiques, qui ont été publiés en plusieurs langues dans le monde entier. En sa qualité de journaliste de longue date, il parvient à résumer la pensée complexe des grands philosophes de manière passionnante et accessible à tous.
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Book preview
Rousseau in 60 Minuten - Walther Ziegler
Dank an Rudolf Aichner für seine unermüdliche und kritische Redigierung, Silke Ruthenberg für die feine Grafik, Angela Schumitz, Lydia Pointvogl, Eva Amberger, Christiane Hüttner, Dr. Martin Engler für das Lektorat und Dank an Prof. Guntram Knapp, der mich für die Philosophie begeistert hat.
Inhalt
Die große Entdeckung Rousseaus
Rousseaus Kerngedanke
Der edle Wilde
Das Verhängnis der Ehe und der Sprache
Der Fluch der Sesshaftigkeit
Das Leben außerhalb seiner selbst
Die Eigentumslüge
Der Staat als Instrument der Unterdrückung der Besitzlosen
Zurück zur Natur?
Der Gesellschaftsvertrag als Lösung
Der Gemeinwille und der Wille der Vielen
Die Erziehung zur natürlichen Freiheit
Was nützt uns Rousseaus Entdeckung heute?
Dagegen sein – eigene Wege gehen
Mehr Demokratie wagen
Die Besinnung auf die Natur – ökologisch leben
Erziehung zur Freiheit
Raus aus der Matrix – intensiv leben
Zitatverzeichnis
Die große Entdeckung Rousseaus
Rousseau (1712-1778) war der Denker des Gegenteils. Er widersprach so ziemlich allem, was seine Zeitgenossen im 18. Jahrhundert für wahr und richtig hielten: dem Gottesgnadentum, der Adelsgesellschaft, der Kirche, der autoritären Erziehung und dem Staat mit all seinen Institutionen.
Er war der erste wirklich radikale Gesellschaftskritiker. Sein ganzes Leben bewegte er sich gegen den Strom. Selbst heute noch ist sein Werk ein Stein des Anstoßes. Obwohl Rousseau sein Geld als Philosoph, Künstler und Dramaturg verdiente, kritisierte er ohne Bedenken auch die Philosophie, die Kunst und das Theater als bloße Ablenkung und Verblendung. Auch in die Pädagogik mischte er sich ein. An Stelle der strengen Aufzucht der Kinder befürwortete er deren freie Selbstentfaltung und wurde zum Begründer des antiautoritären Erziehungsgedankens.
Mit seiner Kritik an jeglicher Form von Unterdrückung und seiner politischen Forderung nach Demokratie und Gleichheit bereitete er der französischen Revolution den Boden und inspirierte sogar den Frühsozialismus, den Marxismus und die kritische Theorie. Aber auch entgegengesetzte Strömungen wie die Romantik, der Sturm und Drang und die Philosophie Nietzsches wurden vom ihm beeinflusst. Mit einem Wort: Der Querdenker Rousseau versetzte ganz Europa in Unruhe. Die geistigen Impulse, die von ihm ausgingen, waren ebenso vielfältig und turbulent wie sein Leben selbst. Kein anderer Philosoph hinterließ jemals eine derart schillernde Biografie.
Am Ende seines ruhelosen Lebens, mit 66 Jahren, hatte er es tatsächlich geschafft, zwölf verschiedene Berufe auszuüben, zweimal die Konfession zu wechseln und drei verschiedene Staatsbürgerschaften anzunehmen. Zudem bewohnte er eine zweistellige Zahl von Wohnsitzen und liebte eine beträchtliche, nicht genau feststellbare Zahl von Frauen.
Aber damit nicht genug: Der Querkopf Rousseau brachte das Kunststück fertig, sich mit fast allen Menschen zu zerstreiten, die ihm jemals nahe standen und unterstützten. So hat er sich im Laufe seines Lebens Voltaire, Diderot, d‘Alembert und die anderen ehemals befreundeten Enzyklopädisten ebenso zum Feind gemacht wie den englischen Philosophen David Hume, der ihn bei sich aufnahm, als er wegen seiner Schriften nach England fliehen musste.
Die meiste Zeit seines Lebens befand sich Rousseau auf Wanderschaft oder auf der Flucht. Mal wurde er von der Kirche, mal von Regierungen verschiedener Nationen gejagt. Aufgrund mehrerer Haftbefehle der Bürgerschaft von Genf und des Parlamentes von Frankreich floh er zwischenzeitlich zum aufgeklärten König Friedrich Wilhelm von Preußen und nahm die preußische Staatsbürgerschaft an.
Während seiner Wanderjahre schlug er sich als Musiklehrer, Dienstbote, Hauslehrer, Rechtsanwaltsgehilfe, Notenkopierer, Romancier, Philosoph, Theaterdramaturg und Opernschreiber durch, verdiente aber nie genug Geld, um einen eigenen Hausstand zu begründen. Dennoch − Rousseau war ein echter