Sartre in 60 Minuten
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Das Motto der Existenzialisten lautete: Lass dir von niemandem sagen, wie du zu leben hast. Lebe aufrichtig und intensiv, sowohl hinsichtlich deiner Liebesbeziehungen und Freundschaften, als auch deines politischen Engagements. Sartre war der große Philosoph der Freiheit. Kein anderer Philosoph hat so sehr die menschliche Willensfreiheit betont. Und weil der Mensch frei ist, muss er aus seinem Leben etwas machen und so leben, wie er es selbst für richtig hält, notfalls auch gegen gesellschaftliche Regeln und Traditionen. Sartre beispielsweise war engagierter Kriegsgegner, kämpfte für eine gerechtere Gesellschaft, schrieb zahlreiche Petitionen und führte mit seiner Lebensgefährtin Simone de Beauvoir eine sogenannte „offene Beziehung“.
In seinem Hauptwerk „Das Sein und das Nichts“ ergründete Sartre zudem als einer der ersten Philosophen das Wesen der „Liebe“. Wie funktioniert die Liebe wirklich? Was bedeutet es, ein freies und selbstbestimmtes Leben zu führen? Wie frei sind wir?
Das Buch „Sartre in 60 Minuten“ erklärt die wichtigsten Thesen Sartres textnah und verständlich anhand von über fünfzig ausgewählten Zitaten. Im Zentrum stehen dabei seine Gedanken zur Freiheit und zur Struktur der zwischenmenschlichen Beziehung. Im Kapitel „Was nutzt uns Sartres Entdeckung heute?“ wird dann die Bedeutung seiner Gedanken für unser persönliches Leben und unsere Gesellschaft aufgezeigt.
Das Buch ist in der beliebten Reihe „Große Denker in 60 Minuten“ erschienen.
Walther Ziegler
Walther Ziegler est professeur d'université et docteur en philosophie. En tant que correspondant à l'étranger, reporter et directeur de l'information de la chaîne de télévision allemande ProSieben, il a produit des films sur tous les continents. Ses reportages ont été récompensés par plusieurs prix. En 2007, il a prit la direction de la « Medienakademie » à Munich, une Université des Sciences Appliquées et y forme depuis des cinéastes et des journalistes. Il est l'auteur de nombreux ouvrages philosophiques, qui ont été publiés en plusieurs langues dans le monde entier. En sa qualité de journaliste de longue date, il parvient à résumer la pensée complexe des grands philosophes de manière passionnante et accessible à tous.
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Sartre in 60 Minuten - Walther Ziegler
Sartres große Entdeckung
Der französische Existentialist Jean-Paul Sartre (1905-1980) ist einer der bedeutendsten Philosophen des zwanzigsten Jahrhunderts. Weltberühmt wurde er mit der provokativen These, der Mensch sei zur Freiheit verdammt. Seine existenzialistische Aufforderung, angesichts der Gewissheit des Todes nicht länger an ein jenseitiges Paradies zu glauben, sondern das Leben im Hier und Jetzt entschlossen und frei zu gestalten, wurde zum Glaubensbekenntnis einer ganzen Generation:
Sartres Existenzphilosophie beeinflusste nicht nur die akademische Diskussion an den Universitäten, sie wirkte darüber hinaus auf die gesamte westliche Zivilisation, insbesondere auf die europäische Jugend.
Der Existentialismus wurde zu einer Art Lebenshaltung: Schüler, Studenten, Künstler und andere vom Existentialismus Begeisterte trafen sich regelmäßig in den Caféhäusern, was für Franzosen zunächst nichts Ungewöhnliches ist. Aber diese neuen, offenen Diskussionszirkel, denen Frauen wie Männer gleichermaßen angehörten, brachten eine eigene Jugendkultur hervor. Als Zeichen ihrer existenzialistischen Einstellung trugen sie dunkle Kleidung und schwarze Hornbrillen, wie Sartre selbst sie zu tragen pflegte. Das Motto der Existentialisten lautete: Lass dir von niemandem sagen, wie du zu leben hast. Entscheide selbst und stehe zu deinen Taten. Lebe aufrichtig und intensiv, sowohl hinsichtlich deiner Liebesbeziehungen und Freundschaften, als auch hinsichtlich deines politischen Engagements.
Sartre selbst legte immer größten Wert darauf, dass der Existenzialismus keine bloße Aufforderung zur persönlichen Selbstverwirklichung ist, sondern darüber hinaus zum Engagement für die Gesellschaft:
So demonstrierten die Existenzialisten gleichermaßen gegen die französischen Kolonialkriege in Algerien und Indochina wie gegen den amerikanischen Imperialismus in Vietnam. Gemäß ihrer Ablehnung der bürgerlichen Moral experimentierten sie auch mit der freien Liebe. Sartre selbst führte mit seiner Lebensgefährtin Simone de Beauvoir eine sogenannte „offene Beziehung", das heißt, sie hatten zeitweise auch intime Beziehungen mit anderen, die allerdings niemals ihre tiefe gegenseitige Verbundenheit in Gefahr brachten. Sartre und Beauvoir schlossen sogar einen Vertrag der Freiheit und Offenheit, in dem sie sich von bürgerlich monogamen Konventionen lossagten, sich aber gleichzeitig zu gegenseitiger Ehrlichkeit und Verlässlichkeit verpflichteten.
Neben seinen philosophischen Büchern schrieb Sartre auch zahlreiche Romane und Theaterstücke. Vor allem aber engagierte er sich politisch, arbeitete unzählige Petitionen aus und vertrat als Linksintellektueller nach vierjähriger Unterstützung der kommunistischen Partei gemäßigt maoistische Positionen. Als er sich 1957 für die Unabhängigkeit der Kolonie Algerien aussprach und die französischen Soldaten zur Dienstverweigerung aufrief, wurde seine Wohnung von wütenden nationalkonservativen Kräften durch einen Bombenanschlag völlig zerstört.
Sartre suchte zeitlebens das Gespräch mit Revolutionären und gesellschaftlichen Außenseitern. So besuchte er Che Guevara, Fidel Castro, Mao Zedong und – als über Siebzigjähriger – auch die Baader-Meinhof-Bande. Anlässlich dieses Gefängnisbesuches protestierte er, obgleich zu diesem Zeitpunkt bereits weitgehend erblindet, gegen die Isolierung der RAF-Häftlinge.
Wie viele seiner existenzialistischen Zeitgenossen war Sartre starker Raucher. Noch heute findet man auf der Speisekarte in seinem Stammcafe, dem „Cafe de Fleurs in Paris, ein sogenanntes „Existentialistenfrühstück
für nur zwei Euro. Das ist zwar günstig, aber man bekommt auch nur eine Tasse schwarzen Kaffee und eine filterlose Zigarette. Doch genau dieser Purismus, nur das zu frühstücken, worauf es einem ankommt und auf alles bürgerliche Beiwerk zu verzichten, war Teil des existentialistischen Lebensgefühls. So weigerte sich Sartre auch, den Literaturnobelpreis entgegenzunehmen, weil das für ihn nur bürgerlichen Pomp darstellte.
Das Streben nach Sicherheit, Besitz und Komfort galt den Existentialisten als verachtenswert und als Ausdruck von Unfreiheit. Sartre selbst verbrachte konsequenterweise sein ganzes Leben in schmucklosen Hotelzimmern. Auch legte er Wert darauf, alle seine philosophischen und literarischen Werke an Schreibtischen zu verfassen, die ihm nicht gehörten.
Die sich auf ihn berufende Jugendkultur war ihm allerdings stets ein bisschen unheimlich, da er fürchtete, wissenschaftlich nicht mehr ernst genommen zu werden. Doch diese Sorge war unbegründet. Sein 1943 erschienenes Hauptwerk mit dem provokativen Titel „Das Sein und das Nichts" gilt bis heute als ein