Opa heißt jetzt Alzheimer: eine Kindergeschichte mit Bildern über das Thema Alzheimer und Demenz
By Peter Tonn
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Peter Tonn
Dr. Peter Tonn ist Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Vater zweier Kinder und Spezialist für die Behandlung von Alterserkrankungen. Er hat bereits ein Handbuch für die Ausbildung zum Alltagsbegleiter geschrieben und arbeitet wissenschaftlich an der Behandlung und Begleitung von Demenzkranken.
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Book preview
Opa heißt jetzt Alzheimer - Peter Tonn
1. So ist die Welt noch in Ordnung
An ganz früher, als er noch ein kleines Kind war, hatte Lucas nur sehr wenige Erinnerungen. Das geht wohl allen Kindern so und auch fast allen Erwachsenen. Die ersten Jahre im Leben sind immer so schrecklich aufregend, dass man sie sich gar nicht richtig merken kann. Zum Beispiel die Zeit als echtes Baby. Da muss man immer nur auf dem Rücken liegen und schlafen und wird gestillt oder muss Milch aus einem Fläschchen trinken und schlafen und trinken - an diese Zeit konnte Lucas sich gar nicht erinnern. Auch wenn Papa immer wieder sagte, dass es eine wirklich schöne Babyzeit mit Lucas überhaupt nicht gegeben hätte, denn Lucas sei schon immer ein echter „Schreizwerg" gewesen. Aber dann musste Papa lächeln und Lucas wusste, dass er doch nur Spaß gemacht hatte.
Trotzdem hätte sich auch Lucas gern an die Zeit erinnert, als er noch ganz klein gewesen war. So blieb ihm nichts anderes übrig, als Fotos und Filme anzuschauen, die Mama und Papa von ihm gemacht hatten. Lucas in seiner Kinderwiege, Lucas auf der Krabbeldecke, Lucas beim „Nacktkrabbeln". Das er diese Geschichte vergessen hatte, war nun doch nicht so schlimm, das war nämlich ziemlich peinlich. Angeblich hatte er als Baby mit Mama und Papa jeden Morgen in seinem Zimmer auf einer Decke nackt gelegen und dann geübt, sich vom Rücken auf den Bauch zu drehen und wieder zurück. Er hatte auch schon krabbeln geübt.
Peinlich, wenn das seine Freunde von der Spielbuden-Gang wüssten.
Andererseits hatte er schon mit 7 Monaten in dem großen Park in der Nähe seiner Wohnung nach Enten gejagt, auch wenn er noch nicht einmal richtig laufen konnte - und das wiederum wäre ziemlich cool, wenn er es seinen Kumpels erzählen könnte. Aber er selbst konnte sich nicht erinnern und nur das Beweisfoto und die Erzählung von Mama und Papa waren dann auch nicht genug für die Spielbuden-Gang.
Jetzt war Lucas 8 Jahre alt, in der zweiten Schulklasse und eigentlich schon so groß, dass er bald erwachsen sein müsste. Umso schlimmer war es für ihn, dass aus seinem Leben sozusagen die ersten Jahre im Gedächtnis fehlten. Aus dieser Zeit hatte er einfach so viele tolle Abenteuer und Ereignisse vergessen. Seine eigene Taufe zum Beispiel – da waren seine Eltern extra zu Oma und Opa weit weg gefahren, damit dort die Taufe stattfinden konnte. Oder die ersten Jahre in der Kita, obwohl die von seinen Eltern extra ausgesucht worden war, damit er sich richtig austoben konnte. Direkt am Fußballstadion. Lucas konnte sich an die Zeit, als die Mannschaft sogar in der ersten Liga spielte, nicht erinnern und das war nun wirklich traurig.
Er hatte auch die Geschichte vergessen, als er das erste Mal bei seinem Opa zu Besuch war. Eigentlich waren seine Eltern zu Besuch, weil Opa sein letztes Konzert gegeben hatte. Er hatte gewaltige Probleme mit einem Dirigenten bekommen, woraufhin er beschlossen hatte, nun aufzuhören und nur noch zuhause zu spielen. Bei seinem letzten Konzert, was sicherlich richtig schön gewesen war, konnten Mama und Papa dann aber doch nicht dabei sein, weil die Babysitterin sie kurzfristig im Stich gelassen hatte.
Da kam dann wieder das böse Wort „Schreizwerg". Papa hatte gesagt, dass man nicht mit einem solchen Schreizwerg Opas letztes Konzert zerstören könne, also warteten sie bei Opa zuhause. Auch an diese Geschichte konnte sich Lucas nicht erinnern, dabei gab es sogar davon Bilder. Opa war nach dem Konzert noch mit einigen Musiker-Freunden nach Hause gekommen, sie hatten ein kleines Buffet aufgebaut und gegessen und getrunken und Lucas hatte zum ersten Mal in seinem Leben ein Stück Fisch gegessen. Dann hatte er, genau zu dem Zeitpunkt als Opa ihn auf dem Arm gehalten hatte, sich erbrechen müssen. Leider war die Bescherung zu einem großen Teil in den Flügel gefallen, der bei Opa im Wohnzimmer stand. Mama und Papa waren schrecklich aufgeregt, denn Opas Flügel war ein heiliges Gerät - doch Opa war ganz entspannt geblieben und hatte nur gesagt, dass es schon traurig sei, wenn sein eigener Enkel seine Musik zum Kotzen finde. Alles das hatte ein Freund von Opa auf Video aufgenommen und so gab es ein schreckliches Video, in dem Lucas mitten auf einer Feier peinlicherweise in einen Flügel kotzte und alle ganz schnell ganz still wurden, nur Opa eben nicht. Damals war er noch sehr klein gewesen, so etwa eineinhalb Jahre, und er konnte sich nicht erinnern. Wenn der Film gezeigt wurde und Mama oder Papa oder auch Opa von der Geschichte erzählten, spürte er insgeheim, dass er wirklich dabei gewesen war. Dann kroch er ganz tief in den Sessel zurück und hoffte, dass diese Geschichte einmal für immer vergessen werden würde.
Als er sich mit seinen Freunden von der Spielbuden-Gang einmal unterhalten hatte über Opas und Omas und Sachen, die man früher gemacht hatte, war ihnen aufgefallen, dass sie sich alle nicht erinnern konnten an ihre Zeit als Baby oder als kleines Kind. Erst an die Zeit mit 2 oder 3 Jahren hatten sie eigene Erinnerungen. Das fanden sie spannend, denn auch diese früheren Jahre hatten sie erlebt. Nur ihr Gedächtnis war irgendwie für diese Jahre nicht dabei gewesen oder gelöscht. Niemand konnte ihnen erklären, warum sie sich nicht erinnern konnten. Sie hatten einmal die Lehrerin gefragt, doch die wusste es auch nicht. Matthis, der beste Freund von Lucas, hatte dann gesagt „es ist, als ob man 3 Jahre gar nicht gelebt hat - und das sind sicher die besten 3 Jahre gewesen, die wir je hatten". Dabei hatte er ganz bedeutungsvoll geschaut und mit dem Kopf genickt, als müsste er sich selbst zustimmen. Aber alle anderen Kinder hatten auch genickt, Matthis konnte so komplizierte Sachen so schön aussprechen. Das war aber auch kein Wunder, Matthis Mutter war schließlich auch selbst Lehrerin.
Eine komische Sache mit dem Gedächtnis. Aber nicht nur, dass man so schnell die Erlebnisse von früher vergessen hatte, auch andere Dinge, etwa Schulaufgaben, konnte man leider sehr schnell vergessen. Und hatte am nächsten Morgen in der Schule unter Umständen ein echtes Problem. Lucas kannte das gut, er war besonders vergesslich auf dem Gebiet der Hausaufgaben. Wenn es nicht Opa Kurt gegeben hätte. Der war ja nun Rentner seit einigen Jahren. Als alter Mann hatte er seine Erfahrungen und konnte so wunderbar erklären. Aber er konnte auch ganz herrlich spielen, wie ein richtiger Junge. Obwohl Lucas damals Opa in den Flügel gekotzt hatte, durfte er wiederkommen. Immer wieder war er bei seinem Opa, nachmittags nach der Kita, wenn Mama und Papa noch arbeiten mussten. Oder am Wochenende, wenn sie sich einmal entspannen wollten und in die Sauna gingen. Mit Opa Kurt verging die Zeit wie im Flug und als er etwas älter wurde, konnte sich Lucas an viele Dinge auch selbst erinnern. Zum Beispiel an die Momente, wenn er mit Opa Kurt im Garten Verstecken spielte. Der Garten war eigentlich „pflegeleicht", so sagte es Mama immer, sehr viel Wiese und wenig Abwechslung. Aber ein paar Büsche und Bäume gab es eben doch, hinter denen man sich verstecken konnte. Opa Kurt fand ihn nie, aber Lucas fand seinen Opa immer sehr schnell, der war einfach zu groß, als dass er sich hinter einem kleinen Busch wirklich erfolgreich verkriechen konnte. Sie spielten Ball auf der großen Wiese. Ab und an war sogar Matthis einmal dabei und spielte auch mit.
Das war meist am Wochenende so, dann kamen auch Mama und Anna, die Mutter von Matthis, mit. Mama half ein bisschen in Opas Haushalt, Anna bewunderte die ganzen Sammlerstücke in der Wohnung, die