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Katharina's Glück
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Ebook317 pages4 hours

Katharina's Glück

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About this ebook

Katharina hat ihr altes Leben in Deutschland aufgegeben und freut sich auf den Neubeginn im Haus in Dubrovnik. Mit ihrer großen Liebe Jure an ihrer Seite.
Ihr zukünftiger Exehemann besucht sie und bittet sie um einen Bummel durch die Altstadt, als Abschiedsgeschenk sozusagen. Aus purer Habgier fasst er einen gemeinen Plan und schreckt auch vor einem Mordversuch nicht zurück.
LanguageDeutsch
Release dateSep 21, 2013
ISBN9783732260959
Katharina's Glück
Author

Conny Celan

Conny Celan wurde 1955 in Pforzheim geboren und lebt mit ihrer Familie in ihrem Heimatort. Nach einem Studium an der Hamburger Akademie Für Fernstudien arbeitet sie als freiberufliche Redaktionelle Mitarbeiterin. Ihr Erstlingsroman "Neubeginn im Haus am Meer" wurde im Oktober 2006 veröffentlicht.

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    Katharina's Glück - Conny Celan

    Katharina und Jure standen eng umschlungen auf ihrer Terrasse und genossen den Anblick, der sich ihnen bot. Vor ihnen breitete sich das Meer wie ein smaragdgrüner Teppich aus. Es war Sonntagvormittag und man konnte jetzt schon spüren, dass es wieder ziemlich heiß werden würde. Aber zum Glück wehte immer eine leichte Brise und ließ die Hitze nicht unerträglich werden.

    Nach einigen Augenblicken vertrauten Schweigens sah Katharina ihren Liebsten nachdenklich an.

    »Meinst du, dass es nun vorbei ist und dass Dirk begriffen hat, dass kein Platz mehr in meinem Leben für ihn ist?«. Zweifel schwangen in ihrer Stimme mit. Sie traute dem Frieden nicht so recht. Ihr zukünftiger Exehemann hatte ihrer Meinung nach zu schnell klein beigegeben. Sie war überzeugt davon, dass ihm noch irgendeine Gemeinheit zu diesem Punkt einfallen würde. Es passte einfach nicht zu ihm und war auch nicht seine Art. Sie hatte es vorhin an seinem Gesichtsausdruck ablesen können, er war völlig schockiert gewesen. Sie in den Armen eines anderen Mannes. Nachdem er sich doch sicherlich wieder große Chancen ausgerechnet hatte. Und noch dazu bei solch einer Menge Geld, die er Katharina als Abfindung hatte zahlen müssen. Daran kaute er bestimmt den Rest seines Lebens. Deshalb war er überhaupt auch hierher gekommen, um sie und sein Eigentum, als diese betrachtete er seine Frau und das Haus, dass sie von dem Geld gekauft hatte, wieder in seinen Besitz zu bringen. Von seinen diesbezüglichen Plänen, das Anwesen an Geschäftsfreunde zu vermieten oder besser noch, alles wieder zu verkaufen. Den Erlös würde er dann in sein allerneuestes Hobby stecken; ein Boot. Diese Vorhaben hatte er ihr im Detail und sehr wortreich erläutert. Es war ja schließlich das Beste für sie. Aber der Zug war endgültig abgefahren. Sie hatte hier ein neues Zuhause gefunden und würde sich ihr Leben so einrichten, wie sie es für gut befand. Damit sollte sich der, ach so, korrekte Herr Seeberg endlich abfinden. Bei nächster Gelegenheit wollte Katharina ihm das nochmal in aller Deutlichkeit klarmachen. Außerdem war hier auch Jure, ein wichtiger Teil ihres neuen Lebens.

    »Lass uns den Champagner trinken, bevor er völlig warm wird«, mit diesen Worten ging Jure ins Wohnzimmer, um Gläser zu holen. Er wollte Katharina einen Moment mit ihren Emotionen alleinlassen. Sein Gefühl sagte ihm, dass seine Liebste die vergangenen Minuten verdauen musste.

    Katharina hatte gestern Abend, oder genauer gesagt, heute morgen, den Tisch im Wohnzimmer für den bühnenreifen Auftritt ihres Gatten dekoriert. Langstielige Champagnergläser, der silberne Kühler mit der Flasche, mittendrin der riesige Strauß herrlicher roter Rosen, die einen atemberaubenden Duft verströmten.

    Sie sah Jure gedankenverloren nach.

    Eine tolle Figur. Schmale Hüften, noch betont durch die hautenge schwarze Lederhose, die er mit einer Lässigkeit trug, als wäre es seine zweite Haut. Braungebrannt, lange schwarze Haare, die ihm bis auf die Schultern fielen. Geschmeidige, fast katzenhafte Bewegungen. Aber das aufregendste an ihm waren seine Augen. Dunkel, wie das Meer, wenn ein Unwetter aufzog. Das unwiderstehlichste Lächeln, dass man sich überhaupt vorstellen konnte.

    Eine blendend aussehende Erscheinung. Ein Mann, bei dem vermutlich jede Frau Herzklopfen und weiche Knie bekam.

    Das hatte sogar Rosie, ihre beste Freundin, mit der sie vor noch gar nicht so langer Zeit hier ihren Urlaub verbracht hatte, zugegeben. Und die war mit solchen Äußerungen oder Komplimenten sehr vorsichtig und zurückhaltend.

    Aber ihr gehörte er. Ihr ganz allein.

    Als sich damals in seinem Lokal ihre Blicke zum ersten Mal getroffen hatten, war es um sie geschehen. Das war überhaupt der Moment gewesen, in dem sie sich unsterblich in Jure verliebt hatte. Den Abend brannte ihr Herz lichterloh. Sie hatte es zu diesem Zeitpunkt nur noch nicht gewusst. Außerdem nicht damit gerechnet, da sie immer der festen Meinung gewesen war, Dirk sei ihre große Liebe und der absolute Mittelpunkt ihres Lebens. Dass nichts und niemand sie trennen könnte. Ein großer Irrtum, wie sich dann doch herausgestellt hatte. Was war in den vergangenen Monaten nicht alles passiert.

    Sie dachte an den Morgen beim Frühstück in ihrem gemütlichen Esszimmer in ihrem Haus, als ein paar Worte von Dirk ihr Leben von einer Minute zur anderen völlig verändert hatten, ihr fast den Stuhl, auf dem sie saß, unter dem Hinterteil weggezogen hatte. Ein Tag wie jeder andere auch, doch war alles zusammengefallen wie ein Kartenhaus.

    »Ich werde mich von dir trennen!«.

    Dieser Satz hatte sich so in Katharinas Gedächtnis eingebrannt.

    Wahrscheinlich kann ich mittlerweile jedes Wort rückwärts buchstabieren, dachte sie mit einem Anflug von Galgenhumor.

    »Ich werde mich von dir trennen!«.

    Ohne Kommentar und große Erklärungen. Die sollten nach Dirks Meinung abends gemütlich bei einem Gläschen Wein erfolgen, zwischen Nachrichten und dem Wetterbericht. Er hatte ihr nur ein paar Brocken hingeworfen, wie einem Hund den Knochen.

    Eine andere Frau aus dem Golfclub, die von ihm schwanger war. Mehr nicht, Schluss, Aus, Ende, Punkt. Jetzt sieh zu, wie du damit zurecht kommst. Er war aufgestanden und wie jeden Morgen ins Büro gefahren. Für ihn war es ja wahrscheinlich auch ein ganz normaler Arbeitstag, seine heile Welt war nicht eingestürzt. Es war auch schließlich nichts besonderes, seiner Frau nach fünfzehn Ehejahren die Trennung hinzuschmeißen.

    Sie war in ein tiefes Loch gefallen, als diese verhängnisvollen Worte wie zäher Nebel über ihrem Kopf waberten. Es waren schlimme Tage, die folgten. Aber Rosie hatte sie immer wieder getröstet. Ab und zu auch mal ein bisschen geschimpft. Sie war in diesem Dingen manchmal ziemlich direkt. Aber das hatte ihr wahrscheinlich am meisten geholfen, um aus dem Tal der Tränen und unbeantworteten Fragen herauszukommen. Außerdem hatte Rosie Dirk nie richtig leiden mögen, nur ihr zuliebe gute Miene zum bösen Spiel gemacht. Vielleicht hatte sie einen siebten Sinn besessen in Bezug auf Dirks wahren Charakter.

    Die zwei Frauen waren auch gemeinsam in Ferien gefahren.

    Nach Dubrovnik, an die herrliche Adriaküste.

    Ein Urlaub, der eigentlich Dirk und sie für die viele Arbeit und noch mehr Entbehrungen entschädigen und ihrer Ehe neuen Schwung hätte geben sollen. Aber es war alles ganz anders gekommen als geplant. Unter diesen Umständen konnten sie ja kaum noch gemeinsam eine Reise unternehmen. Sie war außerdem aus dem Schlafzimmer ins Gästezimmer umgezogen.

    Hier am Meer, hatte sie sich bei einem Spaziergang erst in dieses Haus, damals noch eine ziemlich renovierungsbedürftige Ruine und dann in Jure verliebt. Der, nicht weit von hier entfernt, ein schönes Restaurant besaß.

    Katharina lächelte vor sich hin, als ihre Gedanken in die Gegenwart zurückkehrten. Bis jetzt war alles so verlaufen, wie sie es erhofft hatte. Obwohl keiner ihrer Freunde, nicht einmal ihre Schwester Claudia, ihr diesem Sprung ins kalte Wasser, sprich in ein neues Leben, zugetraut hatten. Aber mittlerweile gehörte das Haus ihr. War wunderschön renoviert worden, liebevoll eingerichtet und der schönste Mann, den diese Gattung je hervorgebracht hatte, liebte sie und hatte ihr gestern Nacht einen Heiratsantrag gemacht. Sie war unendlich glücklich und die Zukunft lag schillernd, wie der Diamant an ihrer Hand, vor ihnen beiden.

    Wenn nur nicht ein winziger Stachel in ihrem Innern piken würde. Und dieser Dorn hieß eindeutig Dirk und war vor ein paar Minuten mit entsetztem Gesichtsausdruck aus ihrem Haus gestürmt. Seiner Miene zufolge hatte es zwar so ausgesehen, als ob er begriffen hatte, was Sache war. Ihm war buchstäblich die Kinnlade heruntergefallen und das selbstgefällige Verführerlächeln wie weggewischt. Aber Katharina konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass damit alles vorbei war und Herr Seeberg das Feld räumte und sang und klanglos nach Deutschland zurückfliegen würde. Dazu kannte sie ihren Gemahl zu gut. Irgendeine Gemeinheit würde der Typ sich noch ausdenken, davon war sie fest überzeugt. Außerdem hatte die Vergangenheit deutlich gezeigt, zu was für Machenschaften Dirk fähig war und das er auch vor kriminellen Mitteln nicht zurückschreckte, wenn er sein Ziel erreichen wollte.

    Dirk und Katharina waren beide Steuerberater und hatten sich gemeinsam nach ihrer Zulassung einen Traum erfüllt. Eine eigene Steuerkanzlei. Nach vielen Jahren harter Arbeit, noch mehr Entbehrungen und kaum freier Zeit hatte ihr Büro jetzt endlich schwarze Zahlen geschrieben. Das Haus war fast abbezahlt. Es ging ihnen finanziell sehr gut und sie hatten sich einen erfolgreichen Platz in der hiesigen Gesellschaft erworben. Sie führten eine Bilderbuchehe und galten als das Traumpaar überhaupt.

    Jetzt wird mir auch der Begriff Bilderbuchehe so richtig klar, dachte Katharina mit einem Anflug von Sarkasmus. Bilderbücher waren was für Kinder und erzählten Märchen.

    Sie ließ ihre Gedanken wieder in die Vergangenheit eintauchen. Ein Kind war ihr sehnlichster Wunsch gewesen. Aber dafür war keine Zeit vorhanden. Diese Gespräche hatte Dirk immer erfolgreich abgeblockt. Sein liebster Spruch zu diesem Thema war immer gewesen, wir sind noch jung, wir haben noch viel Zeit.

    Als ihre Kanzlei begann, mehr Zahlungseingänge auf der Habenseite zu verbuchen, fing Herr Seeberg an, seine teuren Hobbys auszuleben. Erst ein sündhaft kostspieliges und riesengroßes Auto, dann seine Mitgliedschaft im Golfclub. Das gehörte einfach zum guten Ton und entsprach genau seinem neuen Image, dass er sich aufgebaut hatte. Egoistisch und oberflächlich. Er war aber so clever, diese negativen Eigenschaften hinter einer charmanten und loyalen Fassade zu verstecken, sodass keiner sein wahres Gesicht sehen konnte. Auch Katharina war lange von seinem Charme geblendet, außerdem sah sie sowieso alles durch die rosarote Brille der Liebe.

    Aber mit diesem Golfspleen hatte das ganze Elend angefangen. Er hatte eine junge Frau im Golfclub kennengelernt, eine Studentin, die sich etwas dazu verdiente. Es schmeichelte ihm ungeheuer, dass ein junges Mädchen, halb so alt wie er, sich in ihn verliebte. Sie hatten eine Beziehung begonnen und das Fräulein war anscheinend schwanger, und zwar von Dirk, wurde jedenfalls so behauptet. Er wollte die Verantwortung für das Kind übernehmen und mit ihr eine Familie gründen.

    Katharina hatte aber etwas später in einem Gespräch mit Henriette Seeberg, ihrer Schwiegermutter, erfahren, dass Dirk zeugungsunfähig war. Er hatte als Kind Masern gehabt, die nicht richtig behandelt wurden und somit sein Problem hervorgerufen hatten. Zu diesem Zeitpunkt aber, als die Seniorin ihr diese Ungeheuerlichkeit beichtete, eine Tatsache, die sie immer verschwiegen hatte, gab es für Katharina kein Zurück mehr. Sie hatte ihren neuen Weg gewählt. Die Kluft zwischen den Eheleuten war schon zu groß. Dirk hatte immer wieder versucht, ihr den Plan, in einem fremden Land einen Neuanfang zu wagen, auszureden. Er hatte geschmeichelt, den Gekränkten gespielt, fiese Tricks angewandt, um sie nicht auszahlen zu müssen. Es kam zu unschönen Auseinandersetzungen. Katharina hatte ihm sogar mit einer Anzeige gedroht, weil er auch vor Betrug nicht zurückgeschreckt hatte. Erst als er merkte, dass Katharina in diesem Punkt nicht mit sich spaßen ließ, hatte er eingewilligt, das Geld auszuzahlen. Sein Zähneknirschen hallte immer noch in ihren Ohren. Das war jetzt mittlerweile ein paar Wochen her, aber etwas würde bestimmt noch kommen. Ihr Göttergatte würde nicht so einfach und mit leeren Händen verschwinden. Etwas würde dem Kerl noch einfallen, um ihr das Leben schwer zu machen, davon war Katharina felsenfest überzeugt.

    Er hatte ja gestern Abend, bei ihrem Treffen in der Möwe, mehrmals davon gesprochen, was mit dem Haus geschehen könnte. Die Tatsache, dass das Anwesen ihr gehörte, hatte er großzügig vom Tisch gewischt. Solche Kleinigkeiten störten und beeindruckten Herrn Seeberg nicht sonderlich. Er vertrat sicherlich die Meinung, sie würde zurückkommen und ihr altes Leben wieder aufnehmen. Brav in der Steuerkanzlei für gute Umsatzzahlen sorgen. Zurück in sein Leben.

    So tun, als wäre nichts geschehen.

    So tun, als hätte er sie niemals betrogen. Mit einer Frau, die vom Alter her seine Tochter sein konnte.

    So tun, als wäre dieses Mädchen nie schwanger gewesen. Das Dirk keine eigenen Kinder produzieren konnte, wurde ja erst später aktenkundig.

    So tun, als hätte es die fiesen Tricks und Gaunereien nicht gegeben, mit denen Dirk versucht hatte, sie von ihrem Vorhaben abzubringen.

    So tun, als hätte sie diesen Satz nie gehört:

    »Ich werde mich von dir trennen!«.

    Um ihm ausdrücklich vor Augen zu führen, dass es keinen Platz mehr in ihrem Leben für ihn gab, hatte sie diese Komödie heute Vormittag inszeniert.

    Katharina hatte Dirk eingeladen, wie sie es für ihn formuliert hatte. Den Tisch schön gedeckt. Champagner stand bereit und mitten im Blickfeld der herrliche Rosenstrauß, den sie von Jure geschenkt bekommen hatte. Ebenso einen traumhaft schönen Verlobungsring. Sie hatte sich angezogen wie eine Filmdiva aus Hollywood. Ein rotes, atemberaubend tief ausgeschnittenes, Hauskleid umschmeichelte ihren Körper wie eine zweite Haut. Dazu trug sie den Ring, für jeden sichtbar. Dirk war vor lauter Staunen fast der Mund offen stehen geblieben, als sie ihm in diesem Outfit die Tür geöffnet hatte. Aber richtig fassungslos hatte er ausgesehen, als Jure, recht sparsam bekleidet, aus dem Schatten des Wohnzimmers hinter sie getreten war und den Arm auf ihre Schulter gelegt hatte.

    Normalerweise mussten nun auch bei ihm die Groschen gefallen sein. Anscheinend war ihr Plan geglückt. Sein Gesicht war rot angelaufen wie eine Tomate und wutentbrannt hatte er wortlos kehrt gemacht. Aber Katharina kannte die schauspielerischen Fähigkeiten ihres Mannes. So schnell gab der sicher nicht auf. Er wollte sie zurückhaben. Nicht aus großer selbstloser Liebe. Nein. Seine Eitelkeit und männlicher Stolz waren verletzt. Außerdem war er wieder allein, seine Geliebte war wieder bei ihren Eltern, nachdem die Geschichte mit dem Baby ans Licht gekommen war. Um es krasser auszudrücken, nachdem der Plan mit der Unterschiebung missglückt war. Übrigens war der Vater des Kindes ein ebenso mittelloser Student. Die beiden hatten gemeinsam ausgeheckt, Dirk das Kleine als sein Kind unterzujubeln. Diese Tatsache wusste sie von Rosie. Obendrein hatte er eine Woche Urlaub in Dubrovnik gebucht und bezahlt. Er würde niemals das Geld sausen lassen. Dazu hing er zu sehr an seiner Kohle.

    Diese Gedanken wirbelten in Katharinas Kopf durcheinander, als sie sachte die Schaukel bewegte.

    Aber er wird es nicht schaffen, mich mit seinen fiesen Tricks übers Ohr zu hauen. Ich lasse mir mein neues Leben nicht kaputt machen, dachte Katharina und straffte entschlossen die Schultern.

    Jure betrat wieder die Terrasse. In der einen Hand zwei Gläser, den Sektkübel unter den Arm geklemmt. In der anderen Hand balancierte er eine Platte mit kleinen Häppchen, die er eben noch in der Küche zubereitet hatte.

    »Ich dachte mir, Champagner auf leeren Magen ist nicht ganz von Vorteil«, er reichte ihr ein Glas mit der perlenden Flüssigkeit.

    »Auf was wollen wir trinken?«.

    »Einfach nur auf unsere Liebe und das uns nichts und niemand mehr trennen kann«, Katharina lächelte ihm zu und hob ihr Glas an die Lippen.

    Vor allem darauf, dass die kommende Woche ganz schnell vorbei geht, aber das behielt sie für sich.

    Sie sah Jure in die Augen und hatte wie immer das Gefühl, in seinem Blick zu versinken.

    Die Leckereien waren nach ein paar Minuten aufgegessen und die Flasche auch seltsamerweise schon leer.

    Katharina spürte einen kleinen Schwips und bemerkte auch das verheißungsvolle Glitzern in Jures Augen.

    »Ich geh mal schnell nach oben, mich umziehen, damit ich mir nicht mehr vorkomme wie eine Diva, die auf ihren Liebhaber wartet«. Sie stellte ihr leeres Glas auf den Tisch und stand auf. Verführerisch drehte sie sich ein paar Mal vor ihm hin und her und verschwand mit einem perlenden Lachen im Haus.

    Nein mein Schatz, warten musst du nicht. Und aussehen tust du wie eine Göttin, dachte Jure, als er ihr einen Moment später folgte.

    Dirk hatte das Haus mit einer Mischung aus grenzenloser Wut und gekränkter Eitelkeit verlassen. Er gab Katharina nicht die Schuld an dem, was er soeben gesehen hatte. Der Kerl aus diesem zweitklassigen Lokal hatte seine Frau verführt, um sich ins gemachte Nest zu setzen. Man wusste ja schließlich genau, wie so was ablief. Davon war er in seiner anmaßenden Überheblichkeit überzeugt. Bestimmt hatte er sie auch zu diesem Hauskauf überredet. Er wusste aus eigener Erfahrung, wie leicht seine Katharina zu beeinflussen war. Von allein wäre sie nie auf solche Ideen gekommen. Ein Haus in einem fremden Land zu kaufen und hierher übersiedeln. Alles in Deutschland aufgeben. Ihre gemeinsame Steuerkanzlei, die ihr immer so viel bedeutet hat und auf die sie so stolz war. Ihre gemeinsamen Freunde und vor allem ihn zu verlassen. Sie hätten bestimmt eine vernünftige Lösung gefunden. Es kam ihm nicht der kleinste Anflug eines Gedankens, dass er mit seinen Eskapaden die ganze Lawine erst ins Rollen gebracht und seine Frau aus dem Haus getrieben hatte. Er war überzeugt, dass dieser unbedeutende Kneipenwirt alles eingefädelt hatte. Vermutlich hatte ihm sogar Rosie, die verhasste Freundin seiner Frau, dabei geholfen. Dieser Hexe war alles zuzutrauen. Die hatte ihn nie leiden können. Immer nur so katzenfreundlich und scheinheilig getan. Er brauchte nur an ihren peinlichen und skandalösen Auftritt beim Italiener zu Hause in Deutschland denken. Er hatte gutgelaunt mit Christine, seiner Freundin, beim Essen gesessen, als diese Frau wie eine Furie an ihren Tisch geschossen kam und ihn vor allen Gästen derart blamiert und bloßgestellt hatte. Lauthals hatte sie von seinem Bastard gesprochen, den ihm seine Geliebte unterschieben wollte und seine Zeugungsunfähigkeit in den Raum gebrüllt. Alle hatten sich nach ihm die Hälse verrenkt und an seiner Demütigung geweidet. Es war so peinlich gewesen, er war sich furchtbar entwürdigt vorgekommen. Er hatte sich danach tagelang in seinem leeren Haus verstecken müssen. Das war so erniedrigend gewesen, aber er hatte unmöglich normal weiterleben können. Der Spott der ganzen Stadt wäre über ihm hereingebrochen. Erst vor ein paar Tagen war er wieder im Club gewesen. Jeder der angeblich guten Freunde und Golfpartner hatten so getan, als wüssten sie von nichts. Aber hinter seinem Rücken hatte er das Getuschel gehört und die hämischen Blicke hatte sich beinahe in seinen Körper gebohrt. Dabei war er nicht mal der Einzige, der eine Freundin hatte. Viele seiner Golffreunde fuhren sogar mit ihren Geliebten in Urlaub, ohne dass es die eigenen Frauen mitbekamen. Allerdings musste er fairerweise eingestehen, keine dieser Frauen war schwanger. Jedenfalls war ihm nichts davon bekannt. Er würde diesem Biest niemals vergessen, dass sie ihn so bloßgestellt hatte.

    Mit diesen und noch weit weniger schmeichelhaften Gedanken ging er den Weg bis zum Hotel. Den Blick fest auf die Erde gerichtet. Er wollte keinen Menschen ansehen und die Natur um ihn herum interessierte ihn genauso wenig.

    In der Hotelbar bestellte er sich einen doppelten Cognac, den er in einem Zug austrank.

    »Noch einen Doppelten!«, keifte er ziemlich unfreundlich.

    Der Barkeeper stellte ihm wortlos ein gefülltes Glas vor die Nase. Er hatte Erfahrung mit solchen Herren und würde sich nicht provozieren oder aus der Ruhe bringen lassen. Der Gast war schließlich König und finanzierte außerdem mit den Getränken seinen Job. Er dachte nur beiläufig daran, dass es für ein einsames Saufgelage noch recht früh am Tag war. Die Uhr zeigte gerade mal die Mittagszeit an.

    Dirk kippte auch diesen Drink und noch zwei weitere in einem runter. Er gab sich nicht geschlagen. Er hatte zwar die Schlacht verloren, aber den Krieg noch lange nicht.

    Das wird mir dieser dahergelaufene Habenichts büßen. Erst macht er sich an meine Frau ran und jetzt drückt er seinen Hintern in meinem Haus breit. Solche und ähnliche Überlegungen bevölkerten Dirks Gedanken. Sein Gehirn war völlig umnebelt. Zum einen vom Alkohol auf fast leeren Magen und zum anderen von seinem grenzenlosen Selbstmitleid. Jeder hatte Schuld an seinem Elend.

    Wegen Rosie hatte er keine Geliebte mehr und war in der ganzen Stadt gesellschaftlich zum Gespött geworden.

    Wegen diesem verdammten Kneipenmusikant hatte er keine Frau mehr.

    Mit seiner Mutter grollte er, die hätte ruhig den Mund halten können und sein Problem weiterhin verschweigen können. Das hätte bestimmt keinem geschadet. Dann hätte er eben ein fremdes Kind als sein eigenes anerkannt. Na und!

    Aber das war alles mehr, als er ertragen konnte.

    »Noch einen!«, sein Ton wurde immer aggressiver und so langsam ein wenig unverständlich. Er hatte wirklich genug intus, den Kanal gestrichen voll.

    »Möchten Sie ein Glas Wasser dazu oder vielleicht einen starken Kaffee, auf Kosten des Hauses?«. Er versuchte es immer noch auf die höfliche Art.

    »Lass mich in Frieden, du bist nicht besser als dieser Bastard aus dem Lokal und deinen Kaffee kannst du dir sonst wo hin stecken. Ich will nichts geschenkt haben«. Dirk wurde beleidigend und verlor jegliche Kontrolle über seine Reden.

    »Ihr seid doch alle gleich. Macht euch an reiche und schöne Frauen ran, die hier ihren Urlaub verbringen, verführt sie mit euren scheinheiligen Schmeicheleien und brüstet euch später mit euren sexuellen Eroberungen. Aber nicht mit mir, dass lass ich mir nicht gefallen. Ich hole mir meine Frau zurück!«.

    Zornentbrannt und mittlerweile völlig besoffen schlug er mit der Faust auf die Theke, dass Gläser und Flaschen in seiner Nähe bedenklich klirrten.

    »Sie gehen jetzt besser«, Tom hatte genug und schärfer als beabsichtigt sprach er mit dem Gast. Er gab seinem gegenüberstehenden Kollegen ein Zeichen. Die anderen Besucher hatten diesen Zwischenfall bereits bemerkt und einige schüttelten die Köpfe. Manche Menschen benahmen sich immer und überall daneben. Verfügten über keinerlei Ehrgefühl oder Anstand.

    Aber Dirk kam jetzt erst richtig in Fahrt und schüttelte die Hand des Obers ab, der ihn in sein Zimmer bringen wollte. Er wusste den Namen des Gastes und auch die Zimmernummer.

    »Nimm deine Pfoten von mir weg, sonst verpasse ich dir eine!«.

    Bösartig, mit fast blutunterlaufenen Augen und hochrotem Kopf drehte Dirk sich um und stolperte, mehr als er ging, aus der Bar. Der Alkohol hatte ihn fest im Griff.

    Der junge Mann bugsierte seine Fracht unter Protest und wüsten Beschimpfungen in sein Zimmer. Er hatte Dirks Arm wie mit einem Schraubstock umklammert. Er würde ihm notfalls auch einen Kinnhaken verabreichen, zu seiner eigenen Sicherheit. Aber das war nicht mehr notwendig. Dirks große Klappe wurde immer leiser und endete mit unverständlichem Gebrabbel. Sobald er in seinem Zimmer auf dem Bett lag, war nur noch lautes Schnarchen zu hören. Der Mut hatte Herrn Seeberg sehr schnell verlassen. Es war nur noch ein Berg Elend übrig geblieben. Sein Begleiter versicherte sich noch, dass die Balkontür fest verschlossen war, er wollte den Gast schließlich nicht morgen früh vom Rasen kratzen, und verließ dann mit einem Blick auf den Schlafenden kopfschüttelnd das Zimmer. Der würde später einige Tabletten brauchen, wenn er erst wieder aufwachte.

    Katharina stieg die Stufen zu ihrem Schlafzimmer hoch. Sie musste sich ein wenig am Geländer festhalten. Die Treppe bewegte sich irgendwie merkwürdig, es schaukelte alles so seltsam. Aber es waren natürlich nicht die Stufen, sie hatte ganz einfach einen kleinen niedlichen Schwips.

    Gerade als sie den Reißverschluss ihres hautengen Fummels öffnen und raus schlüpfen wollte, betrat Jure das Zimmer.

    »Liebling, das Kleid sieht umwerfend an dir aus, aber ich glaube auch, es ist bequemer, wenn du es ausziehst. Bestimmt ist dir furchtbar warm. Ich helfe dir beim Aufmachen«.

    Katharina kicherte ein bisschen, er hatte nämlich wieder dieses verräterische Glitzern in seinen Augen und ein Blick auf den Mittelteil seines Körpers versprach ihr einen aufregenden Vormittag.

    Er ging auf Katharina zu, half ihr aus dem Kleid und schälte sich dann ebenfalls aus einer Jeans. Mehr hatte er nicht an und mit nichts als einem strahlenden Lächeln in den Gesichtern fielen beide übermütig auf das Bett.

    »Du hattest einen grandiosen Auftritt, mein Schatz. Das war wirklich eine bühnenreife Leistung. Obwohl du gar nicht viel sagen musstest. Wenn er jetzt nicht begriffen hat, was Sache ist, kann ihm keiner mehr helfen«.

    Lächelnd nahm Jure seine Liebste in die Arme und küsste sie so leidenschaftlich und lange, als wäre es das letzte Mal. Er folgten eine ganze Reihe solcher Zärtlichkeiten und was man sonst noch im Bett so anstellen kann. Sie verschmolzen in inniger Umarmung zu einem Körper und erreichten in Liebe vereint den Regenbogen.

    Am späten Nachmittag erwachten die beiden Turteltauben von den Sonnenstrahlen, die durch die offene Glastür ins Zimmer fielen und ihre Gesichter streichelte.

    »Was wollen wir heute noch unternehmen?«.

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