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Der Landkreis Wittlage 1933 - 1972: Nationalsozialismus, Nachkriegsjahre und Wirtschaftswunder
Der Landkreis Wittlage 1933 - 1972: Nationalsozialismus, Nachkriegsjahre und Wirtschaftswunder
Der Landkreis Wittlage 1933 - 1972: Nationalsozialismus, Nachkriegsjahre und Wirtschaftswunder
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Der Landkreis Wittlage 1933 - 1972: Nationalsozialismus, Nachkriegsjahre und Wirtschaftswunder

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1866 fiel das Wittlager Land als Teil des Königreichs Hannover an Preußen, bevor es 1871 zur Gründung des Deutschen Reichs kam. Dessen Kreisordnung vom 6. Mai 1884 schließlich schuf die Grundlage für die Gründung des Landkreises Wittlage, der mit dem 16. April 1885 die Bühne der Geschichte betrat.

Der Landkreis Wittlage war Bestandteil des Regierungsbezirks Osnabrück. Den Sitz der Kreisverwaltung bildete die alte Burg im Kreishauptort Wittlage. Wichtigste Orte des Kreises waren sein Verkehrszentrum Bohmte, die „Sommerfrische“ Ostercappeln sowie der Kurort Bad Essen. Der Landkreis Wittlage entsprach weitestgehend den Territorien der früheren Ämter Hunteburg und Wittlage. Er war wirtschaftlich lange Zeit geprägt von der Landwirtschaft. Industrielle Impulse entwickelten sich erst im 20. Jahrhundert, vor allem seit den 1950er und 1960er Jahren des „Wirtschaftswunders“. Das Buch behandelt die Zeit des Nationalsozialismus, die Nachkriegsjahre und der Wiederaufbau in den 1950er und 1960er Jahren bis zur Auflösung des Landkreises zum 1. Juli 1972.
LanguageDeutsch
Release dateOct 27, 2012
ISBN9783844891775
Der Landkreis Wittlage 1933 - 1972: Nationalsozialismus, Nachkriegsjahre und Wirtschaftswunder

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    Der Landkreis Wittlage 1933 - 1972 - Wolfgang Huge

    Huge

    Der Landkreis Wittlage vor dem Zweiten Weltkrieg

    Wie konnte es zum Einmarsch der britischen Truppen 1945 und der sich anschließenden Entwicklung kommen? Um die Nachkriegsjahre und die Herausforderungen des Wiederaufbaus bis hinein in das deutsche „Wirtschaftswunder der späten 1950er und 1960er Jahre richtig einordnen zu können, wollen wir hier zunächst eine kurze Rückschau halten auf die Vorgeschichte dieser Zeit. Deutschland war 1945 noch eine relativ junge, ungefestigte Nation mit wechselhafter Geschichte, die in kurzer Folge das Kaiserreich, den Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, das „1000-jährige Reich sowie den Zweiten Weltkrieg zu durchleben hatte. 1807 war das Osnabrücker Land noch von den Truppen Napoloens besetzt gewesen und dem Königreich Westfalen zugeschlagen worden, bevor es 1811 kurzzeitig sogar zum Bestandteil des französischen Kaiserreichs selbst wurde. 1813 fiel es dann zusammen mit seinen Ämter Hunteburg und Wittlage zurück an das Königreich Hannover, das sich 1866 Preußen anschloss, bevor es 1871 dann zur Gründung des Deutschen Reichs kam. Dessen Kreisordnung vom 6. Mai 1884 schließlich schuf die Grundlage für die Gründung des Landkreises Wittlage, der mit dem 16. April 1885 die Bühne der Geschichte betrat.

    1.1 Der Landkreis Wittlage und seine Verwaltung

    Der Landkreis Wittlage war Bestandteil des Regierungsbezirks Osnabrück. Den Sitz der Kreisverwaltung bildete die alte Burg im Kreishauptort Wittlage. Wichtigste Orte des Kreises waren sein Verkehrszentrum Bohmte, die „Sommerfrische Ostercappeln sowie der Kurort Bad Essen. Das Kreisgebiet grenzte im Norden an den Landkreis Diepholz, im Osten an den nordrhein-westfälischen Kreis Lübbecke, im Süden an den Landkreis Melle und im Westen an die Landkreise Osnabrück und Bersenbrück. Der Landkreis Wittlage entsprach weitestgehend den Territorien der früheren Ämter Hunteburg und Wittlage. Beide Ämter bestanden seit dem 14. Jahrhundert und wurden seit 1859 als Amt Wittlage gemeinsam verwaltet. So kamen mit der Gründung des Landkreises 1885 neben Bohmte und Ostercappeln auch Hunteburg und Venne zum „Wittlager Land hinzu. Als Bevölkerung im Landkreis Wittlage zählte man 1885 genau 18.353 Einwohner, 1900 waren es 18.090, das Jahr 1925 erreichte mit 19.221 einen vorläufigen Höchststand, und 1933 waren es schließlich 18.970. Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Zahl im Jahr 1946 aufgrund der hinzugekommenen Flüchtlinge und Vertriebenen auf 30.145, um sich bis 1967 bei 27.867 einzupendeln.

    Wittlage selbst kam zwar als Sitz der Kreisbehörden ein besonderes Interesse zu, doch blieb der Ort selbst unbedeutend und wurde noch 1823 als Vorburg Wittlage, aber nicht als Dorf oder als Bauerschaft bezeichnet. Die Wittlager Höfe, soweit sie nicht als Besitzungen der Burgmannen zur Zeit der Erbauung der Amtsburg unter Bischof Engelbert von Weihe (1309—1320) im Niederwald des „Rott" entstanden sind, waren wohl Teil des benachbarten Dorfes, wahrscheinlich von Eielstädt. 1823 zählte man hier 33 Feuerstellen und 248 Einwohner. Wittlage besaß weder eine eigene Kirche noch eine Schule, sondern war auch in dieser Hinsicht zu Bad Essen gehörig. Die Bevölkerung vermehrte sich von 1821 (261 Einwohner) bis 1939 (316) nur wenig. Wohl entwickelte sich das Gewerbe, doch blieb es trotz günstiger Straßenlage auch nach dem Bau der Kreisbahn unbedeutend. Erst durch den Zuzug der Vertriebenen nach Kriegsende wuchs die Bevölkerung bis 1958 auf mehr als das Doppelte an (damals 662 Einwohner). Gleichzeitig brachte die in den letzten Kriegs- und Nachkriegsjahren aus Osnabrück nach Wittlage verlagerte Landmaschinenfabrik Dreyer einen größeren Industriebetrieb dorthin, der die Orts- und Bevölkerungsstruktur damals stark veränderte. Obwohl Wittlage auf Grund einer durch den seinerzeitigen Territorialherrn verursachten Entwicklung Amtssitz wurde und Sitz der Kreisverwaltung, hat dieser Ort nie die Entwicklungsstufe eines Kirch- oder Schuldorfes erreicht. Auch gab es nur wenige persönliche Beziehungen zwischen dem Kreishaus zum Dorf Wittlage. So wohnte ein großer Teil der in Wittlage beschäftigten Beamten und Angestellten nicht am Ort, sondern in Bad Essen oder einem anderen der umliegenden Dörfer. Das Ortsbild setzte sich daher auch aus den erwähnten verschiedenartigen Elementen zu einem lockeren, wenig organischen Mosaik zusammen. Das historische Zentrum bildete zu allen Zeiten die wuchtige Amtsburg mit ihrem aufragenden Turm und den beiden Burggräben. Ihr gegenüber lag das Kreishaus. Entlang der Bundesstraße 65 und der so genannten Kuhstraße fanden sich vereinzelte Geschäfte und Gastwirtschaften zwischen bescheidenen Bauernhöfen. Einige 100m östlich des recht einfachen Bahnhofes erhob sich der Industriehallenbau der Landmaschinenfabrik. Markante Gebäude waren das Kaiserliche Postamt sowie die Gaststätte Gustav Kemnade in der Ortsmitte.

    Von Wittlage selbst gingen neben der reinen Verwaltung nur wenige Impulse aus. Den wohl wichtigsten lieferte am Sonnabend, den 24. September 1892, die erste Ausgabe des von Franz Schlüter herausgegebenen „Wittlager Kreisblatts, das zunächst in Wittlage erschien. Seine Vorstellungen von dem, was die Zeitung leisten sollte, hatte ihr Gründer in der Probenummer, mit der er an die lokale Öffentlichkeit herantrat, deutlich formuliert. Also, was wollen wir und womit hoffen wir die Gunst unserer Leser zu gewinnen und dauernd zu erhalten? Das Wittlager Kreisblatt will zweimal in der Woche, am Mittwoch und Sonnabend, überall im Kreise Einkehr halten in jedem Hause, wo man es haben will. Das Blatt wird zunächst ein amtliches Organ sein, welches den Verkehr der Behörden mit den Kreiseingesessenen vermittelt und erleichtert. Dasselbe wird deshalb alle Gesetze, Verordnungen und obrigkeitlichen Bekanntmachungen bringen, welche sich auf den Kreis oder einzelne Teile desselben beziehen oder für denselben von Bedeutung sind. Sodann wird es mancherlei zu erzählen wissen aus der großen Welt, von Thorheiten und Irrtümern, aber auch von viel Schönem und Herrlichem; es will in jeder Nummer eine Rundschau alles dessen geben, was auf der großen politischen Bühne vor sich geht, und dies will es seinen Freunden so vorführen, das diese wie in einem Panorama alles vor sich vorüberziehen sehen und somit wissen, wohin der Zeiger der Weltuhr weist. In politischer und kirchlicher Beziehung wird sich das Kreisblatt auf einen streng unparteiischen Standpunkt stellen und alles fern halten, was die Gefühle der einzelnen Parteien und verschiedenen Konfessionen verletzen könnte; das Blatt will der Gesamtheit dienen, ohne dem Einzelnen zu nahe zu treten. Das Wittlager Kreisblatt wird ganz besonders auch die kommunalen und wirtschaftlichen Interessen des Kreises im Auge behalten und in möglichst klarer, allgemein verständlicher Weise besprechen; der Landwirtschaft, dieser Nährmutter unseres Kreises wie des ganzen Volkes, soll stets unsere ganze Aufmerksamkeit gewidmet sein …"

    Vom Verwaltungssitz in Wittlage führte der Weg nach Bad Essen entlang der „Leuchtenburg", die später einmal zum Kreisaltenheim werden sollte.

    Vor dem Druckhaus Schlüter an der Lindenstraße 44 in Bad Essen, wo das „Wittlager Kreisblatt" seit 1898 erschien.

    Schlüter hatte sich in Wittlage im alten Wittboldschen Haus, dem Wohnsitz seiner Schwiegereltern, mit seiner Druckerei und Zeitung niedergelassen. Nach dem Umbau wurden Flachdruckpressen aus Offenbach geordert, und die Druckerei nahm ihren Betrieb auf. Als es soweit war, stellte sich das Wittlager Kreisblatt der Öffentlichkeit zunächst in einer Auflage von 800 Exemplaren vor. Als die ersten, mühsamen Aufbaujahre ins Land gegangen waren, verlegte Franz Schlüter seine Druckerei 1898 in die Lindenstraße 44 im aufstrebenden Kurort Essen, der sich damals bereits als kleines Zentrum von Handel und Handwerk präsentierte. Im Laufe der Jahre war die Auflage der Zeitung beständig gewachsen, ohne dass sich die Aufmachung des Blattes geändert hätte. Layout, Umfang und Sparten blieben so erhalten, wie sie bei der Gründung festgelegt worden waren. Die Ausgaben des Wittlager Kreisblatts umfassten jeweils vier Seiten und wurden zumeist mit einem offenbar von Franz Schlüter bearbeiteten und auf der ersten Seite abgedruckten Leitartikel eingeleitet. Auf den weiteren Seiten folgten die Politsche Rundschau sowie der Fortsetzungsroman. Im Inneren des aus einem Druckbogen gefalteten Blattes befanden sich die Rubriken Aus dem Kreis Wittlage mit Notizen und Berichten aus den Ortschaften des Wittlager Landes, Aus der Provinz und Nachbarschaft mit Nachrichten aus dem Regierungsbezirk Osnabrück und angrenzenden Regionen sowie Vermischtes. Den Abschluss der Ausgaben bildete der Anzeigenblock, der je nach Menge und Umfang der Inserate und Amtsnachrichten bis zu 40 Prozent des Gedruckten ausmachen konnte, in der Regel wohl aber mit einer Seite auskam.

    1.2 Großprojekte des Landkreises

    Der regelmäßigen Berichterstattung dieser Lokalzeitung verdanken wir bis heute tiefe Einblicke in die Geschehnisse, die sich seither im Wittlager Land ereignet haben. In seinen Gründerjahren um die Jahrhundertwende hatte der Landkreis Wittlage einige Großprojekte auf den Weg zu bringen. Ziel war es, Anschluss zu finden an die Industrialisierung und Modernisierung, die bis dato noch einen weiten Weg um das Wittlager Land gemacht hatte. Ein erstes Bespiel dafür lieferte die Planung und Verwirklichung des Bahnprojektes „Wittlager Kreisbahn, des wohl größten Investitionsvorhabens des Landkreises. Die Geschichte um die Wittlager Kreisbahn beginnt bereits im Jahr 1891 mit der Gründung eines Eisenbahnbauvereins. Dessen Ziel war die Erschließung des Landkreises Wittlage durch eine Nebenbahn. Doch erst nachdem der Landkreis Wittlage sowie der Kreis Lübbecke insgesamt 750.000 Mark bewilligten, konnte das Projekt Kreisbahn auf den Weg gebracht werden. 1897 beschloss der Kreistag, die Bahn vollspurig zu bauen. 1898 wurde die Wittlager Kreisbahn Aktiengesellschaft gegründet. Fast genau ein Jahr später feierten Initiatoren und Bürger am 01.03.1899 den ersten Spatenstich im heutigen Bad Essen für eine Strecke, die zunächst nur zwischen Bohmte und Holzhausen geplant war. Entsprechend war eine auf 70 Jahre angelegte Lizenz erteilt worden. Und schon am 9. August 1900 ratterte der erste Zug zur feierlichen Eröffnung der Bahn über die Gleise. Zum Zeitpunkt der Betriebsaufnahme gehörten drei Dampfloks mit den Namen „Wittlage, „Preuß. Oldendorf und „Bad Essen zum Fahrzeugbestand der Kreisbahn. Weitere Dampfloks kamen in der fortlaufenden Entwicklung der Kreisbahn dazu. Über eine Streckenlänge von 20,5 Kilometern verband die Kreisbahn seither Holzhausen-Heddinghausen mit Bohmte. Einen Monat vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges, im Juli 1914, wurde die Strecke erweitert. Die Kreisbahn führte jetzt auch bis Damme.

    Geradezu euphorisch wurde der Bahnbau zwischen Preußisch Oldendorf und Hunteburg Ende des 19. Jahrhunderts gefeiert. Große Hoffnungen setzten damals vor allem Handel und Gewerbe in das neue Verkehrsmittel. Die Bahn bescherte der Region wirtschaftlichen Fortschritt und Wachstum und schloss das Wittlager Land an die große weite Welt an. Zudem schuf die Bahn eine Verkehrsader, an der entlang man relativ schnell zwischen den angeschlossenen Ortschaften pendeln konnte. Der Erfolg der Wittlager Kreisbahn hatte vor allem nach dem Ersten Weltkrieg positive Auswirkungen auf die Industrialisierung im Altkreis. Die gute Verkehrsanbindung und die Möglichkeit des Gütertransports auf der Schiene führten zu einer verstärkten Ansiedlung von Industriebetrieben entlang der Strecke. So entstanden in Preußisch Oldendorf und Umgebung unter anderem einige Möbel-, Maschinen- und Zigarrenfabriken sowie Sägewerke und Mühlen. In Rabber und Wittlage wurden Landmaschinenfabriken gegründet. Manche dieser Firmen bestanden bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg oder bestehen noch heute. In Lintorf eröffnete bereits 1907 ein Margarinewerk, und kurze Zeit später zählte auch die Torfverwertungsgesellschaft in Schwege zu den neuen Kunden der Wittlager Kreisbahn. Bis 1965 war die Wittlager Kreisbahn unverzichtbares Element der regionalen Verkehrsstruktur. Dann wurde sie nach und nach durch Busse ersetzt, und der Personenverkehr via Bahn zunächst zwischen Damme und Bohmte, später auch zwischen Bohmte und Holzhausen eingestellt.

    Ein weiteres Großprojekt jener Zeit bildete der „Weser-Ems-Kanal", der den Kreis Wittlage in seiner südlichen Hälfte von Westen nach Osten durchqueren sollte. Er trat an der Westgrenze der Gemeinde Niewedde mit dem Kanal-Kilometer 43,20 in das Gebiet des ehemaligen Landkreises ein und verlief entlang dem Nordhang des Wiehengebirges zunächst bis Bad Essen in südöstlicher Richtung, von wo er sich in einem leichtem Bogen in ostnordöstlicher Richtung vom Gebirge in die Ebene absetzte, um an der Landesgrenze nordöstlich Wimmer bei Kanal-Kilometer 68,55 den Kreis wieder zu verlassen. Seine Streckenlänge innerhalb des Altkreises Wittlage sollte 25,35km betragen. Bereits 1906 war mit dem Bau des Mittellandkanals am Dortmund-Ems-Kanal begonnen worden. Und am 15. Februar 1915 konnte der Verkehr zwischen Bergeshövede und Minden aufgenommen werden. Damals schwammen die ersten Schiffe auf dem Kanal durch das Kreisgebiet zunächst bis Minden, nachdem auch die Verbindung vom Rhein her durch den Rhein-Herne-Kanal kurz vor Kriegsbeginn eröffnet worden war. Im Herbst 1916 konnten die Schiffe vom Rhein und der Ems auf dem Kanal dann auch Hannover erreichen, die Elbe jedoch erst 1938. Der bereits 1934 gestartete Weiterbau mittels einer Kanalbrücke über die Elbe musste 1942 kriegsbedingt eingestellt werden. Aufgrund der politischen Teilung Deutschlands zeugten 50 Jahre lang nur Bauruinen von den letzten Metern des Mittellandkanals. Erst 1998 konnte der Bau der Kanalbrücke über die Elbe ein zweites Mal begonnen und dieses Mal nach fünf Jahren Bauzeit auch vollendet werden, so dass heute ein durchgängier Schiffsverkehr bis Berlin und darüber hinaus möglich ist.

    Ein weiterer Hoffnungsträger der Zeit war die Hannoversche Kolonisations- und Moorverwertungs-AG, kurz „Hakumag", die 1909 im Schwegermoor ins Leben gerufen wurde. Besondere Bedeutung hatte dieses Projekt nicht auch zuletzt deshalb, da es damals keinen größeren Industriebetrieb als Arbeitgeber im Norden des Landkreises Wittlage gab. Angrenzend an Südfelde und Damme war die Hakumag auch für den südoldenburger Raum von großer Bedeutung, etwa bei der Kultivierung des Moores in Campemoor. Lange lieferte die Hannoversche Kolonisations- und Moorverwertungs-AG ein aus dem Schwarztorf gewonnenes Brennmaterial, das sich durch eine für seine Zeit gute Brennbarkeit auszeichnete. Aus dem übrigen Weißtorf hingegen stellte man Torfmull und Torfstreu sowie Torfzellenplatten her, die teils mit Bitumen überzogen, als Isoliermaterial gegen Kälte, Wärme und Schall Einsatz fanden.

    Die Anlage der 1909 gebauten Hakumag, die ursprünglich der Elektrizitätsversorgung des Landkreises Wittlage dienen sollte.

    Der ursprüngliche Plan war es, das Werk auch zur Erzeugung von elektrischem Strom einzusetzen. Aus dem Torf sollte durch Verschwelung schwefelsaures Ammoniak als Stickstoffdüngemittel gewonnen werden. Das bei diesem Verfahren anfallende Gas sollte in einem Elektrizitätswerk verstromt werden. Allerdings schlug der Versuch, hier ein Torfkraftwerk rentabel zu betreiben, aus verschiedenen Gründen fehl. Es war vor allem die geringe Brennstoffproduktion, die für das Scheitern verantwortlich war. Schließlich wurde die Energieerzeugung wieder aufgegeben, und die 1912 gegründete Niedersächsische Kraftwerke Aktiengesellschaft (Nike) übernahm von ihrem neu erbauten Kraftwerk in Ibbenbüren aus die Elektrizitätsversorgung des Wittlager Landes. Unmittelbar nach dem Ersten Weltkriege wurden die Anlagen in Schwegermoor verkauft. Die Hannoversche Kolonisations- und Moorverwertungs-AG, bis 1923 noch in der Unternehmensform einer GmbH, beschränkte sich fortan auf den Abbau und die Verarbeitung des Torfes.

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