Mühlenmärchen
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Inge Grohmann
Inge Grohmann, geboren 1942, lebt in der Kreuzmühle bei Heldburg, in der sie geboren wurde und aufgewachsen ist. Ihr Vater war der letzte Müller in der Kreuzmühle. Die Autorin ist bekannt durch zahlreiche Veröffentlichungen zur regionalen Geschichte und des Brauchtums in ihrer südthüringischen Heimat. Bücher: „Märchenschloss“ – Lesebuch zur Geschichte der Veste Heldburg 2000, Veste Heldburg – Kleiner Kunstführer, 1994, Mitautorin diverser Bücher/Kataloge/Publikationen.
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Book preview
Mühlenmärchen - Inge Grohmann
Kobolde
Die große Tanne
Am Mühlgraben stand eine alte, ehrwürdige Tanne. Ihre langen Äste neigten sich nach unten und bedeckten die Erde wie ein langer, dunkler Mantel.
Gleich hinter der Mühle dehnte sich ein großes Waldstück aus. Es gehörte dem fürstlichen Herrn. Niemand durfte dort Tannenzapfen oder abgefallene Äste sammeln. Holz konnte man nur von der Herrschaft kaufen, und dies war sehr teuer.
Nun war aber ein bitter kalter Winter ins Land gekommen, und die Müllerleute hatten kein Holz mehr zum Heizen. Der Sommer war sehr trocken gewesen und es gab kein Korn. Daher hatte der Müller nicht genug Geld, um sich das teure Holz zu kaufen.
Da überlegte er, ob er nicht die große Tanne fällen sollte. Eigentlich war sie die Zierde des Anwesens, und er war stolz auf sie. Aber was wollte er machen, wenn er und seine Familie nicht erfrieren sollten? So beschloss er, sich von dem schönen Baum zu trennen.
Das Reisig würde gut zum Anheizen dienen, und die starken Äste wie auch der Stamm gäben ein schönes Feuer, so dass die Stube gut warm gehalten werden könnte. Den Wipfel würde er als Weihnachtsbaum nehmen. Die Zapfen waren ja sowieso immer ins Wasser gefallen, ohne dass man sie hatte aufsammeln können.
Als er mit Axt und Säge der Tanne zu Leibe rücken wollte, hörte er ein Wimmern und Klagen: „Halt ein, tue es nicht, bitte!"
Wer war das? Der Müller wunderte sich sehr. Niemand war zu sehen. Da kamen aus einem Erdloch drei kleine Wurzelmänner heraus. Sie wohnten schon viele, viele Jahre unter der Tanne, und niemand hatte sie bisher bemerkt. „Lass uns unsere schöne Unterkunft und den schönen Baum, wir wollen gerne für dich nützlich sein!", flehten sie den Müller an.
„Was wollt ihr schon für mich ausrichten, ihr kleinen Wichtel!", lachte der Müller.
„Schneide dir ein paar Zweige von der Tanne ab und stelle sie in deine Stube. Du kannst daran Zuckerzeug für deine Kinder hängen und weiße Lichterkerzen aufstecken. Das ersetzt dir den Weihnachtsbaum. Im Frühling wird unsere alte Tanne ihre Blüten austreiben, das sieht aus, als ob tausend Kerzen angezündet sind. An diesem Anblick kannst du tagelang deine Freude haben! sagte der erste Wicht. Und der zweite fügte hinzu: „Außerdem werden wir dir alle Tannenzapfen aufsammeln, die kannst du zum Anheizen deines Ofens nehmen. Wir passen auf, dass keine mehr in den Bach fallen.
„Wir werden dir so viel Brennholz bringen,