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Die Seligpreisungen als Weg zum Glück: Ein systemisch-seelsorglicher Zugang zu Jesusworten
Die Seligpreisungen als Weg zum Glück: Ein systemisch-seelsorglicher Zugang zu Jesusworten
Die Seligpreisungen als Weg zum Glück: Ein systemisch-seelsorglicher Zugang zu Jesusworten
Ebook264 pages3 hours

Die Seligpreisungen als Weg zum Glück: Ein systemisch-seelsorglicher Zugang zu Jesusworten

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About this ebook

Glück ist möglich. Das ist die zentrale These dieses Buches. Allerdings lässt sich Glück nicht erlangen, indem man sich verkrampft darum bemüht. Ein glückliches Lebensgefühl stellt sich häufig dann ein, wenn man sich um scheinbar ganz andere Dinge kümmert. Dieses "Prinzip des Umwegs" hat Jesus schon vor zweitausend Jahren erkannt. Und auch heute noch ist das der beste Weg zu echtem Lebensglück.
Diesen Weg beschreibt dieses Buch - anschaulich und mit vielen Übungen. Ein praktischer Lebensbegleiter für alle, die sich um ein tiefes und langanhaltendes Glück bemühen.
LanguageDeutsch
Release dateSep 24, 2013
ISBN9783848227020
Die Seligpreisungen als Weg zum Glück: Ein systemisch-seelsorglicher Zugang zu Jesusworten
Author

Tilman Gerstner

Jg. 1968, verh., 1 Kind, dipl.theol., Diplom in Betriebswirtschaftslehre und ganzheitl. Management (sgd), Systemischer Einzel-, Paar- und Familientherapeut (SG), Supervisor (SG), umfangreiche Seminartätigkeit im Bereich Lebensziele, Stress- und Zeitmanagement, Sinn und Lebensglück. Tätig als Paar- und Familienberater, Supervisor, Coach, insbesondere im Karriere- und Gesundheitscoaching. Qualifikationen im Bereich NLP, TA, Psychodrama, Existenzanalyse, Hypnotherapie. Über 10 Jahre Beratungs- und Seminarerfahrung. Alles vereint in diesem Buch.

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    Die Seligpreisungen als Weg zum Glück - Tilman Gerstner

    SEPT

    1

    Bilder, die glücklich machen

    Glück – allein bei diesem Begriff mögen beglückende Bilder in uns aufsteigen: eine glückliche Kindheit, Glück in der Liebe, Millionen im Glücksspiel und daraus folgend ein sorgenfreies Leben, geglückte Begegnungen mit einem nahen Menschen oder in einem fernen Land, glückliche Stunden draußen in der Natur oder bei rauschenden Festen.

    Glücklich „sein"

    In diesem Buch möchte ich freilich nicht von denen reden, die Glück haben. Denn das „Glück haben" entzieht sich gewöhnlich unserem Einfluss. Es geht um die, die glücklich sind – oftmals trotz schwieriger Lebensumstände. Auf solche Glücksgefühle haben wir Einfluss.

    Glück als positive Grundeinstellung

    Was aber meint solches Glück, das wir uns selbst ermöglichen können? Glück ist eine grundlegend positive Einstellung der Welt und sich selbst gegenüber. Es ist die Bereitschaft, Vieles dankbar als Geschenk anzunehmen. Und dazu gehört auch eine heitere Gelassenheit den schwierigen Dingen gegenüber. Sorgen und Nöte sind vergessen. Die Gesetze der Zeit scheinen in Glücksmomenten ausgehebelt. Ein Glücklicher lebt ganz im Hier und Jetzt. Er vergisst, was war und was sein wird. Und er vergisst meist auch sich selbst. Er nimmt nicht mehr wahr, dass er ist. So sehr verschmilzt er mit dem, womit er sich beschäftigt, dass in ihm der Eindruck entsteht: Ich und das Universum sind Eines. Er ist ganz gegenwärtig und lebt in dem, was er wahrnimmt. Und wenn es gut läuft, dann werden in diesem Zustand von Präsenz und Selbstvergessenheit Glückshormone ausgeschüttet. Lachen liegt näher als Weinen. Und die ganze Welt erscheint in einem hellen und freundlichen Licht.

    Jeder hat schon Glück erlebt

    Ich behaupte, dass jeder Mensch irgendwann in seinem Leben einmal zumindest glückliche Momente erlebt hat. Oft müssen wir weit zurückgehen in unserem Leben, um uns an solche Stunden vollendeten Glücks zu erinnern. Nicht selten liegen solche Glücksmomente in der frühen Kindheit oder in begeisterten Stunden der Jugendzeit. Natürlich wird nicht jeder Mensch alle Facetten des oben beschriebenen Glücks für sich persönlich erlebt haben. Aufgrund schwieriger Umstände in Kindheit und Jugend mögen sich manche Glücksgefühle auch damals schon nur unter gewissen Vorbehalten eingestellt haben. Trotzdem wird wohl jeder Mensch eine Ahnung davon haben, was wirkliches und vollkommenes Glück bedeuten kann.

    Glück lässt sich nicht herbeizwingen

    Allerdings wird jeder Mensch auch die andere Erfahrung kennen und gemacht haben: Glück ist flüchtig. Kaum wurde uns unser Glück bewusst, schon ist es vorbei. Und wollen wir auch nur die Glücksgefühle eines vergangenen Tages wieder herstellen, so erscheinen sie alt und modrig und faul. So wenig wir nach den Sternen greifen können, so wenig scheint das Glück in unserer Verfügung zu stehen. Ja, es scheint wie bei den Ketten der Häftlinge: Je mehr wir nach der beglückenden Freiheit streben, umso enger schlingen sich die Ketten harter Realität um uns. Nichts ist schlimmer als das Einladungsschreiben zu einem Fest, auf dem steht: Bitte gute Laune mitbringen. Hier scheint die schlechte Stimmung geradezu vorprogrammiert. Es mag verschiedene Lächerlichkeiten bei diesem Fest geben. Aber Glück lässt sich nicht auf Knopfdruck machen. Und auch durch einen noch so festen Willensentschluss lässt sich das Glück nicht herbeizwingen. Glück ist niemals da, wann ich es will.

    Wer die Suche nach Glück aufgibt, gibt sich selbst auf

    Viele haben deshalb die Suche nach Glück aufgegeben. Sie sagen: Es ist verlorene Liebesmüh, nach Glück zu streben. Das Leben ist schon schwer genug – warum nach etwas suchen, das doch nur so selten eintritt. Sie predigen geradezu, dass es zur Lebenskunst gehöre, sich mit weniger als dem Glück abzufinden. Kann man nicht zufrieden sein, wenn man mit sich und der Welt zufrieden ist? Ist die Suche nach Glück vielleicht das größte Unglück des Menschen? Greift der Mensch dabei vielleicht zu hoch, sucht das Falsche und verfehlt sein Leben?

    Ist es Sünde, Glück zu suchen?

    Manche sehen diese Fragen durch die Bibel begründet. Denn schon auf den ersten Seiten der Bibel verfehlt der Mensch sein Leben, indem er zu hoch hinaus will. Adam und Eva können sich nicht mit dem zufrieden geben, was sie im Paradies haben. Sie wollen vom Baum der Erkenntnis essen, dessen Früchte ihnen ausdrücklich verboten worden waren. Und dieses ihr Streben wird ihnen zum Verhängnis (1. Mose 3).

    Ist die Suche nach Glück womöglich das, was den Menschen an echten Glücksgefühlen hindert? Entsteht echtes Glück nicht erst dann, wenn der Mensch seine verzweifelte Suche nach Glück aufgibt?

    Das Glück der Zufriedenheit

    Diese Einwände sind nicht ganz von der Hand zu weisen. Wir werden auf unserem Weg zum Glück sehen, dass es immer wieder sinnvoll ist, die Ansprüche an das eigene Glück zurückzuschrauben. Zum wahren Glück gehört auch die Gabe der Zufriedenheit. Wer immer nur auf das Glück starrt, der könnte es verlieren.

    Glück ist nicht die Abwesenheit von Leiden

    Und trotzdem hat gerade der christliche Glaube kein anderes Ziel vor Augen als das Glück des Menschen. Ja, die Bibel träumt sogar von einem Glück, das größer ist, als sich mit allen Mitteln und Methoden dieser Welt erlangen ließe. Wenn die Philosophen vom Glück des Menschen reden, dann ist dieses Glück manchmal mit der Abwesenheit von Leiden gleichzusetzen. Nach Glück zu streben hieße dann, Leiden zu vermeiden. Glücklich ist, wer schnell vergisst. Ich möchte so etwas einen negativen Glücksbegriff nennen. Denn es wird ja nur beschrieben, was alles nicht sein darf, wenn der Mensch glücklich sein will.

    Die Bibel hat demgegenüber eine positive Vorstellung von Glück. Glück ist etwas, das den Menschen erfassen und ergreifen und tief von innen heraus verändern kann, etwas, das alle menschlichen Vorstellungen von Glück übertrifft. Es ist mehr als das, was wir uns in den kühnsten Träumen erträumt haben. Es ist so groß, dass auch die Bibel nur in Bildern und Vergleichen davon reden kann.

    Die Bibel vergleicht Glück mit dem Finden eines Schatzes…

    So vergleicht die Bibel etwa das Glück des Glaubenden mit dem Gefühl des Schatzfindens: „Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen im Acker, den ein Mensch fand und verbarg; und in seiner Freude ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker" (Matthäus 31,44). Ein Glück wird hier beschrieben, das wertvoller als alles andere erscheint. Es versetzt den Menschen in freudige Bewegung.

    … und dem Lachen, als hätte man zu viel Wein getrunken

    Immer wieder wird in der Bibel das Glück der Glaubenden auch mit der Feier eines rauschenden Festes verglichen. Als der verlorene Sohn zu seinem Vater zurückkehrte, da waren die Klänge der Freude bis weit hinaus ins Land zu hören (Lukas 15,25). Und als die erste Gemeinde am Pfingsttag vom Heiligen Geist ergriffen wurde, da waren die Menschen nicht nur begeistert. Sie lebten ihr Glück in solch ausgelassener Freude, dass andere wähnten, sie seien betrunken (Apostelgeschichte 2,13). Offensichtlich konnten sich die anderen Menschen gar nicht vorstellen, dass man so glücklich sein könne, ohne Drogen zu nehmen.

    Doch nicht nur das herzhafte Lachen und das ausgelassene Feiern gehören zum Glück des Glaubens dazu. „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen" (Psalm 18,30). Man mag mit einstimmen, wenn selbst die Bäume in die Hände zu klatschen beginnen (Jesaja 55,12). Immer wieder beschreibt die Bibel singende und tanzende Menschen (2. Mose 15,20). Und die Jünger erleben auf dem Berg der Verklärung eine derartige Verzückung, dass sie am liebsten immer dort bleiben würden (Markus 9,5).

    Glück ist Lebensfreude

    Vielfach wird der Gedanke des Lebensglücks in der Bibel unter dem Begriff der Freude gleichgesetzt. Da wird in den Psalmen erzählt, dass diejenigen, die mit Tränen säen, mit Freuden ernten werden (Psalm 126,5). Die Propheten verheißen der Tochter Zion und damit einem ganzen Volksstamm nahende Freude (Sacharja 9,9). Nach Jesu Geburt wird den Hirten auf dem Felde große Freude angekündigt (Lukas 2,10). Und der Apostel Paulus meint sogar, von einer immerwährenden Freude sprechen zu können (Phil 4,4).

    Glück und Freude gehören zu den Grundbegriffen der Bibel. In diesen Worten steckt der weltliche Wert der christlichen Botschaft überhaupt.

    Die Kirche – ein Spaßverderber?

    Ich finde es darum schade, dass gerade die Kirche sich mit diesen Zielen schwer tut. Sie reiht sich unter jene ein, die sich mit der Zufriedenheit zufrieden geben wollen. Ihre Räume und Gottesdienste sind zunehmend zu Orten geworden, die von diesem Glück der ersten Christenheit nicht mehr viel erahnen lassen. Und sie behauptet auch noch, für diese Tristheit gute Gründe zu haben: Der Glaube sei eine ernste Sache. Ein glückliches Christentum könne dem Ernst der Todesstunde Jesu nicht gerecht werden. Glück sei allenfalls etwas, das in einer fernen Welt auf den Menschen warte. In dieser Welt gelte es, dem Beispiel Jesu zu folgen und seine Lasten auf sich zu nehmen.

    Jesus lässt sich keine Festlaune verbieten

    Jesus selbst scheint hier allerdings anderer Meinung zu sein. Nicht nur hat er selbst in rauschenden Festen glückliche Stunden erlebt (Johannes 2). Insbesondere ermöglicht er anderen Menschen, dass sie echtes Lebensglück erleben und dieses zu teilen beginnen (Lukas 19,8). Und er ist der Meinung, dass allen Menschen der Zugang zu solchem Glück möglich ist.

    Die Seligpreisungen sind eigentlich Glückseligpreisungen

    Darum beginnt er auch seine wohl bedeutendste Rede – die Bergpredigt – damit, dass er den Menschen Glück verheißt. Leider kommt das in den meisten heutigen Übersetzungen gar nicht mehr richtig zum Ausdruck. Denn viele Bibelausgaben übersetzen das griechische Wort „makarios noch immer mit „selig. Das war für den mittelalterlichen Menschen gut verständlich. Denn „selig bedeutete damals nichts anderes als „glücklich. Und das ist eben auch genau der Sinn von dem griechischen Wort, das der Evangelist verwendet hatte. Durch die „unglückliche" Übersetzung denken wir Menschen heute allerdings eher an der Seele Seligkeit – als hätte Jesus von nichts anderem zu reden. Nein, Jesus spricht konkret vom Glück des Menschen mitten in dieser Welt. Er verheißt uns Glück – jenen vollkommen zufriedenen Einklang mit allem Sein, jenes dankbare Lachen über das, was ist, das zu guter letzt mit doch nichts anderem als der Seele Seligkeit zu vergleichen ist.

    Man kann nicht auf Befehl glücklich werden

    Für mich ist das Besondere an den Seligpreisungen – oder wir müssten nun genauer sagen: an den Glückseligpreisungen – dass sie nicht einfach nur das Glück als irgendeine ferne Zukunft beschreiben. Sie beschreiben vielmehr auch den Weg dorthin. Sie tun das allerdings nicht auf eine platte Art und Weise. Sie sagen nicht einfach: „Lach doch etwas mehr, dann wirst du schon glücklicher werden." Wir haben bereits gesehen, dass das sowieso nicht funktioniert. Mit dem Glück ist es oft so wie mit dem Schlaf: Je mehr wir uns vornehmen zu schlafen, desto weniger ist es uns möglich, es zu tun. Auch Schlaf finden wir oft eher, indem wir an etwas ganz anderes denken – entspannende Gedanken, schöne Erinnerungen oder sogar auch langweilige Arbeiten. So auch das Glück: Es stellt sich gerade dort ein, wo wir es nicht suchen.

    Der kürzeste Weg zum Glück ist der Umweg

    Und so sind auch die Seligpreisungen zu lesen: Auf den ersten Blick scheinen sie gerade ins Gegenteil führen zu wollen. Sie reden vom Leiden und von geistlicher Armut. Alles Dinge, die wir nicht unbedingt in Verbindung mit dem Glück gebracht hätten. Und doch scheint gerade über diese Umwege der Weg zum Glückzu verlaufen. Der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten ist nicht immer die Gerade, lässt Bertold Brecht seinen Galilei sagen. Der beste Weg zum Glück ist der Umweg.

    Darum sind die Seligpreisungen oft schwer verständlich. Es gibt Brüche und Widersprüche. Es gibt Provokationen und querstehende Gedanken.

    Aufgrund dieser Brüche und Widersprüche hat man auch immer wieder angenommen, die Seligpreisungen seien gar nicht aus einem Guss. Sie seien vielmehr eine Sammlung unterschiedlichster Jesusworte, die beliebig zusammengestellt wurden.

    Die Seligpreisungen sind eine Einheit …

    Über die genaue Entstehungsgeschichte der Seligpreisungen vermag ich nicht zu urteilen. Dafür sind andere Experten zuständig¹. Wohl aber vermag ich zu erkennen, dass die Seligpreisungen in der heutigen Form in sich eine geschlossene Einheit darstellen. So deutet der gleichbleibende Anfang „Glückselig sind geradezu auf eine poetische Form hin, wie wir sie in Gedichten oder an Höhepunkten einer Rede finden. Auch die zweiten Satzhälften sind ähnlich formuliert und enthalten Verheißungen einer besseren Zukunft. Gerade innerhalb dieser Verheißungen gibt es eine auffallende innere Logik und Dramaturgie: Die erste Seligpreisung verheißt das Himmelreich. In der Vorstellung Jesu beginnt das Himmelreich klein wie ein Samenkorn (Matthäus 13,31) – und das heißt wohl im Inneren eines Menschen. Auch der Trost, der in der zweiten Seligpreisung verheißen wird, bezieht sich auf das Innere des Menschen. Mit dem Besitzen des Erdreichs (oder der Verheißung einer Zukunft, s.u. Kapitel 4) öffnet sich zwar der Blick nach außen, bleibt aber ganz auf den Einzelnen, nämlich den „Besitzer dieser Zukunft bezogen. Erst mit der Verheißung der Sättigung mit Gerechtigkeit und der Erfahrung von Barmherzigkeit öffnet sich der Blick auf die anderen Menschen. Schließlich reden die Seligpreisungen davon, dass die Selig-Gepriesenen Gott schauen und Gottes Kinder heißen werden. Nach der Veränderung des Inneren und der umgebenden Welt wird damit auch eine veränderte Gottesbeziehung verheißen. Dieser inneren Logik folgend legt sich die Vermutung nahe, dass mit der zweiten Nennung des Himmelreiches am Schluss der Seligpreisungen noch etwas ganz anderes, nämlich etwas Jenseitiges gemeint ist. Wenn also die zweiten Satzhälften eine derartige innere Logik aufweisen, könnte es dann nicht sein, dass auch die Satzanfänge eine innere Logik haben? Diese Frage stellte ich mir schon seit vielen Jahren.

    … denn Widersprüche gehören dazu

    Ich muss zugeben, dass mir diese innere Logik erst auffiel, nachdem ich mich eingehender mit dem Systemischen Ansatz befasst hatte. Der Systemische Ansatz hat seine Ursprünge in der Familientherapie und beweist bis heute gerade in der Arbeit mit komplexen Gruppen seine besondere Stärke. Im Umgang mit unterschiedlichsten Gruppen zeigt sich aber immer wieder: Widersprüche, Brüche und Konflikte müssen nicht unbedingt das System einer Gruppe gefährden. Sie erhalten vielmehr Gruppen und Familien flexibel und lebendig. Widersprüche und Konflikte sind also auf die lange Sicht gesehen sogar nützlich.

    Was also, wenn auch die inneren Brüche der Bergpredigt Sinn ergäben? Wenn wirklich ein Weg zum Glück beschrieben wäre – allerdings ein Weg über Brüche hinweg?

    Der Weg ist gangbar …

    Heute bin ich der Überzeugung, dass es in den Seligpreisungen eine innere Logik gibt. Jesus beschreibt hier einen Weg zum Glück. Dieser Weg ist gangbar - zumindest für den, der sich auf die Aussagen Jesu selbst in ihrer scheinbaren Widersprüchlichkeit einlässt.

    … aber manchmal schwierig

    Das vorliegende Buch ist eine Einladung, diesen Weg zum Glück zu gehen. Oft mag dieser Weg steinig erscheinen. Das oben beschriebene Glück der ersten Christen mag sich nicht bei jedem sofort einstellen. Es gibt Durststrecken, Absacker und Rückfälle. Alles das ist völlig normal. Selbst mit diesem Buch in der Hand mag man manchmal auf Irrwege geraten, die einer Korrektur bedürfen. Man muss sich immer wieder neu ausrichten auf diesem Weg. Dazu sind die verschiedenen Gedanken und Anregungen in diesem Buch da. Manche Wegabschnitte muss man auch zweimal oder gar öfters gehen. Deshalb mag es sich lohnen, das eine oder andere Kapitel nochmals zu lesen und manche der Übungen zu wiederholen – vielleicht sogar zuweilen mitten im Alltag, wenn man gerade wieder einmal dabei ist, sich in alten Gedankenstrukturen zu verhaken. Ans Ziel gerät man nicht wie von selbst. Der Weg muss Schritt für Schritt selbst begangen werden.

    Wege muss man selbst gehen

    Ich wähle bewusst das Bild des Weges, weil in diesem Bild ein gewisses Maß eigener Aktivität angelegt ist. Wege muss man selbst gehen. Wohl mag es Hilfsmittel geben: gutes Schuhwerk, Wanderstöcke (heute nennt man das natürlich walking-sticks), Karte und Kompass. Und wenn das zu unmodern erscheint, von mir aus auch Fahrrad, Inline-Skaters, Moped, Auto oder Liegewagen. Alles das sind Möglichkeiten, um voran zu kommen. Nur eines kann man nicht: sich vom einen Punkt zum anderen kurz „hinüberbeamen", so sehr wir uns das auch in manchen Träumen wünschen mögen. Wege brauchen Zeit. Sie verlangen eine gewisse Anstrengung – und sei es auch nur das bisschen Mühe, sich ins Auto zu setzen und Gas zu geben. So lange nicht der Fall von Entführung, Verschleppung oder völliger Verwirrung vorliegt, wird kein erwachsener Mensch aus reinem Zufall den Weg von A nach B zurücklegen. Jeder Mensch trägt selbst die Verantwortung, wo er hinwill und wie er dorthin kommen will. Darum müssen auch Sie als Leserin und Leser die Verantwortung für Ihren Weg zum Glück übernehmen. Ich kann allenfalls Anregungen und Hilfestellungen geben, wo der Weg langgeht und wie er gelingen kann. Ich kann nur aufzeigen, wie Jesus den Weg zum Glück beschreibt. Gehen müssen Sie den Weg selbst. Sie sind es, die darüber entscheiden, wann, wo und wie Sie sich auf diesen Weg machen.

    Auch der religiöse Mensch ist für seine Wege verantwortlich

    An dieser Stelle ist noch ein Wörtchen über die Religion zu verlieren. Religionen neigen dazu, den Menschen aus der Verantwortung zu nehmen. Gott wird dann zu dem, der über alles und jeden zu entscheiden hat – und damit auch über das Glück oder Unglück eines Menschen. Religionen entsprechen damit möglicherweise einem Urbedürfnis des Menschen, sich einfach nur hinzusetzen und zu hoffen, dass alles gut wird. Gott wird dabei zu einem, der die frühkindliche Erfahrung einer alles umsorgenden Mutter ersetzen soll. Natürlich ist diese Vorstellung bequemer, als wirklich Verantwortung und damit auch Anstrengungen für das eigene Glück zu übernehmen. Aber der Preis ist hoch. Denn wir entmündigen uns dadurch selbst und machen uns zu Opfern irgendwelcher Schicksalsmächte.

    Gott will uns nicht entmündigen …

    Die Vorstellung der Bibel ist hier aber eine andere. Gott ist nicht einfach die Verlängerung unserer frühkindlichen Wünsche. Wäre er das, dann wäre er wohl wahrlich Opium fürs Volk, wie es Karl Marx genannt hatte. Gott will uns Menschen vielmehr als ein erwachsenes und selbständiges Gegenüber. Deshalb hat er uns nach dem

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