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Operation Centaurus: Ein streng geheimes Projekt. Eine Intrige auf höchster Regierungsebene. Und eine Supermacht, die zu allem entschlossen ist.
Operation Centaurus: Ein streng geheimes Projekt. Eine Intrige auf höchster Regierungsebene. Und eine Supermacht, die zu allem entschlossen ist.
Operation Centaurus: Ein streng geheimes Projekt. Eine Intrige auf höchster Regierungsebene. Und eine Supermacht, die zu allem entschlossen ist.
Ebook411 pages5 hours

Operation Centaurus: Ein streng geheimes Projekt. Eine Intrige auf höchster Regierungsebene. Und eine Supermacht, die zu allem entschlossen ist.

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About this ebook

Seit Monaten bereitet die CIA in einer abgelegenen Forschungsstation ein streng geheimes Projekt vor: Operation Centaurus. Plötzlich wird die Station von einer Reihe mysteriöser Todesfälle erschüttert. Luc Sadène, ein begnadeter Wissenschaftler, der wegen seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten auch für die CIA tätig ist, gerät unter Mordverdacht. Der Wissenschaftler erkennt schnell, dass er das Opfer einer intelligent eingefädelten Intrige ist, in der ein unsichtbarer Gegner die Fäden zieht. Bei seinen Nachforschungen kommt er einem unglaublichen Komplott auf die Spur und begibt sich damit selbst in tödliche Gefahr. Denn der Gegner sitzt ganz weit oben ...

"Operation Centaurus" ist ein kühner und anspruchsvoller Thriller. Der Bezug zur Gegenwart ist unübersehbar. Die aktuelle Auseinandersetzung zwischen der amerikanischen evangelikalen Rechten und dem Islam findet sich dort ebenso wieder wie die zum Teil hochbrisante Zusammenarbeit der Machtblöcke und ihrer Geheimdienste mit dem Vatikan. Die skizzierte Vision könnte durchaus Realität werden. Die Idee, das "Problem China" in einer politischen Dystopie aufzugreifen und die sich daraus ergebenden möglichen Schreckensvisionen mit der real existierenden Bedrohung des Jihad zu verbinden, gibt einen sehr brisanten und packenden Stoff ab. Hochspannung ist garantiert!
LanguageDeutsch
Release dateMay 4, 2011
ISBN9783844873931
Operation Centaurus: Ein streng geheimes Projekt. Eine Intrige auf höchster Regierungsebene. Und eine Supermacht, die zu allem entschlossen ist.
Author

Hubert Schulte Kellinghaus

Hubert Schulte Kellinghaus ist seit vielen Jahren erfolgreich als Unternehmensberater tätig. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Töchter. In seiner Freizeit schreibt er oder komponiert. Sein Konzert für Klavier und Orchester wurde bei einem internationalen Kompositionswettbewerb prämiert und 1989 in Granada uraufgeführt. Erschienen sind bisher die beiden Politthriller „Operation Centaurus“ und „Der Bengalion Code“, der postmoderne Roman „Belleville“ sowie die Liebeskomödie „Die Schule der Frauen“.

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    Book preview

    Operation Centaurus - Hubert Schulte Kellinghaus

    sehen.«

    Achtzehn Monate später …

    Erster Tag

    Freitag,

    14. Juni 2030

    Enceladus, Forschungsstation

    Die neurologische Abteilung war nicht beleuchtet. Und das ISIS- Hologramm gegenüber dem Eingang war so hoch angebracht, dass es nur einen trüben grünlichen Schimmer verbreitete. Es herrschte Stille.

    Dr. Shawn Faraday, die Psychologin in der Forschungsstation, lag entspannt in ihrem Sessel und bereitete sich auf die wöchentliche Nachtsitzung mit Dr. Sadène vor. Sadène war seit drei Monaten ihr Patient.

    Er war ihr Kollege und ihr Patient. Er war erst einundvierzig und der einzige Nobelpreisträger unter den Wissenschaftlern auf Enceladus. Dass ihm diese höchste Auszeichnung schon als Achtunddreißigjähriger verliehen worden war, lag an einer Reihe bedeutender Entdeckungen auf dem Gebiet der Quantenphysik.

    Nach fünfzehn Minuten fühlte sie sich sicher genug, um die Sitzung abhalten zu können. Sie beugte sich vor und holte tief Luft. Dann erhob sie sich und machte Licht.

    Ihr Geist war nun klar und weit – aufnahmebereit für eine Sitzung mit Dr. Sadène.

    Sie verließ den Raum, durchquerte das Foyer und gelangte schließlich über einen Seitengang zu Sadènes Abteilung.

    Sie fand ihn allein in seinem Arbeitszimmer vor. Er saß mit geschlossenen Augen hinter seinem Schreibtisch und machte einen entspannten Eindruck. Ihr Blick flog prüfend über sein Gesicht. Was sie sah, beruhigte sie.

    »Luc?«

    Er öffnete die Augen.

    »Sind Sie bereit?«, fragte Dr. Faraday.

    Sadène nickte.

    Er folgte ihr in ein halbdunkles Labyrinth von Gängen, an deren Ende das hell erleuchtete Behandlungszimmer von Dr. Faraday lag.

    »Wie wollen Sie das Licht, Luc?«

    »Lassen Sie es so, wie es ist.«

    »Okay.«

    Dr. Faraday gab den Code in die Konsole ein und holte die kleine blaue Mappe hervor, in der sie sich ein paar handschriftliche Notizen für den Ablauf der heutigen Sitzung gemacht hatte.

    Sadène hatte sich inzwischen auf der Couch der Länge nach ausgestreckt, die Arme parallel zum Körper. Sein Kopf ruhte auf einer Vorrichtung, die seine Hirnströme abtastete und in den Computer übertrug.

    Die Psychologin ließ ihm ein paar Minuten der Entspannung. Dann rückte sie ihren Stuhl zurecht und nahm in einiger Entfernung von ihm Platz.

    »Vielleicht klappt es heute ja besser als beim letzten Mal«, sagte sie. Ein leichtes Lächeln huschte über ihr Gesicht.

    Mit einem raschen Blick auf das Enzephalogramm vergewisserte sie sich, dass sich ihr Kollege auch wirklich in einem veränderten Bewusstseinszustand befand.

    »Haben Sie das Chironin eingenommen?«, fragte sie.

    »Ja.«

    Sie erhob sich von ihrem Stuhl und starrte ihm zur Sicherheit in die Augen. Seine Augen brannten tief und schwarz – ein zuverlässiges Anzeichen dafür, dass er das Chironin auch wirklich eingenommen hatte. Bewusstseinsexperimente ohne die vorherige Einnahme von Chironin konnten schnell einen tödlichen Verlauf nehmen.

    »Luc, was soll ich nur mit Ihnen anfangen?«, sagte sie nach einer Weile. »Ich bin da, um Sie zu unterstützen, aber wie kann ich das, wenn Sie mich belügen?«

    »Ich belüge Sie nicht, Shawn.«

    »Sie sind der wichtigste Wissenschaftler in unserer Station … Sie sind der wichtigste Wissenschaftler auf Enceladus. Lehnen Sie mich vielleicht als Arzt ab? Wollen Sie einen anderen Doktor?«

    »Nein, bestimmt nicht, nein.«

    »Nun, was ist es dann, was unser Verhältnis so schwierig macht?«

    Sadène gab keine Antwort.

    Dr. Faraday wiederholte ihre Frage.

    Schweigen.

    Sie war wütend, weil er schon wieder den Code gewechselt hatte. Sie hatten das vorher nicht vereinbart.

    »Was empfinden Sie jetzt?«, fragte Dr. Faraday.

    »Ich habe ein Gefühl … als ob sich mein Kopf in die Vergangenheit erstrecken würde … und in die Zukunft … Jahrhunderte … Jahrtausende …«

    Der Rechner lieferte eine Reihe makelloser Hologramme.

    Dr. Faraday starrte wie gebannt auf die Botschaft, aber ihren Sinn verstand sie nicht.

    Nach drei Minuten brach der Computer die Sitzung ab. Sadène sprang von der Couch. Die offizielle Realität hatte ihn wieder.

    »Wie war ich?«

    »Sie haben zwischendurch den Code gewechselt«, sagte Dr. Faraday. Der vorwurfsvolle Unterton in ihrer Stimme war nicht zu überhören. »Haben Sie eine Vorstellung davon, was Sie da übermitteln wollten?«

    »Keine Ahnung, jedenfalls hatte ich den Eindruck, dass meine neurologische Struktur viel zu langsam war, um den neuen Code wirklich sicher zu beherrschen … Gut, lassen Sie uns für heute aufhören.«

    Dr. Faraday sah ihn ungläubig an. »Aufhören? Aber Luc … und die Aufzeichnung?«

    Der Physiker lächelte. »Die sehen wir uns nach dem Essen an. Ich habe Ihre Einladung nicht vergessen, Shawn.«

    Dr. Faraday tippte sich verlegen an die Stirn. »Ah, richtig – das Karibikdinner bei Kerzenschein, das ich Ihnen versprochen habe. Ich hoffe, Dazouk und Jazzine haben alles arrangiert.«

    »Das hoffe ich auch. Ich habe nämlich einen gesunden Appetit«, lachte Sadène.

    »Auf geht’s, Professor. Lassen Sie uns die Sitzung auf einer etwas leichteren Ebene der Kommunikation fortführen.«

    Sadène sah auf die Uhr. »Geben Sie mir bitte noch eine halbe Stunde. Ich muss erst noch bei Daley vorbei. Wegen morgen.«

    »Okay.«

    Die Psychologin wusste, was er damit sagen wollte. Für morgen wurde hoher Besuch von der Erde erwartet. Michael Hendry, der Präsident von ISIS International, hatte sich mit seinem Stab angekündigt.

    Die privaten Gemächer der Psychologin boten einen bizarren Anblick. Tropische Flora, exotische Fische und Kriechtiere von einer poetischen Vielfalt und Schönheit, wie sie in dieser Konzentration selbst auf der Erde kaum ihresgleichen hatten, verliehen dem fünf Meter hohen Wohnzimmer den Charakter einer riesigen Bühne. Hinter dem Panoramafenster schwieg der Weltraum wie ein Grab.

    Shawn Faraday war kaum zur Tür hereingetreten, als sie ein Schrei von Dazouk zusammenfahren ließ.

    »Vorsicht, Dr. Faraday, die Skorpione!«

    Die Psychologin hatte die Situation mit einem Blick erfasst.

    Dazouk hatte während ihrer Abwesenheit das Terrarium geöffnet und sämtliche Giftschlangen und Skorpione in der Wohnung ausgesetzt. Es machte ihm einen Heidenspaß, sich mit abgeschalteten Lichtsensoren in der Wohnung umherzutasten und sich von ihnen beißen und stechen zu lassen.

    »Noch ein einziges Mal, und ich werfe dich auf den Müll«, schalt sie ihn, während sie mit verschränkten Armen zusah, wie er sich alle Mühe gab, die ausgesetzten Tiere wieder einzufangen. »Ich bekomme gleich Besuch, Dazouk. Ich nehme jetzt ein Bad. Wenn ich fertig bin, erwarte ich eine ordentlich hergerichtete Wohnung und ein romantisches Dinner für zwei Personen. Verstehen wir uns, Dazouk?«

    »Wir verstehen uns, Dr. Faraday.«

    Dazouk war ein besonders hübsch geratener Sam-4-Androide von Shinshuo, ausschließlich für leichte Hausarbeit programmiert, aber die Programmierer auf Enceladus hatten sich offensichtlich einen Spaß daraus gemacht, ihn mit zusätzlichen Fähigkeiten auszustatten.

    Der Hauscomputer hatte unterdessen das Gehirnwellenmuster ihrer augenblicklichen Stimmung abgetastet und die passende Musik ausgewählt. Shawn stöhnte auf. Eine unendlich schöne Landschaft entfaltete sich vor ihr.

    Das Badezimmer lag am Ende eines mit vier Türen bestückten Flurs. Schon auf dem Weg dorthin entledigte sie sich zur Hälfte ihres Overalls, zog ihn im Schlafzimmer ganz aus und ging, nur mit einem knappen Slip bekleidet, beschwingt weiter.

    Feuchtwarme Luft schlug ihr entgegen.

    »Oh … Dr. Faraday«, stammelte das Mädchen mit aufgeregter Stimme.

    Es war Jazzine, ihr zweiter Sam-4. Jazzine hatte es sich in ihrem Whirlpool bequem gemacht. Auf dem feuchten Boden rekelten sich zwei gefährliche Vipern.

    »Ich hätte nicht gedacht, dass du diesen Unsinn mitmachst«, schimpfte sie. »Dazouk!! Komm sofort her und fang die Schlangen wieder ein!«, rief sie in den Flur hinaus.

    »Entschuldigen Sie bitte, Dr. Faraday. So früh haben wir Sie nicht zurückerwartet«, sagte Jazzine. »Sonst kommen Sie doch immer erst nach Mitternacht.« Sie erhob sich zögernd aus den Schaumkronen und sah ihre Herrin schuldbewusst an.

    Dazouk eilte herbei. Seine geschickten Finger hatten sich im Handumdrehen der beiden Vipern bemächtigt, die sich völlig verschreckt in einer Ecke verkrochen hatten. Mit einem zweideutigen Grinsen stahl er sich aus dem Raum.

    »Warte, ich brause dich ab«, sagte Shawn, während sie das Wasser abließ. Sie griff nach der Brause und sah interessiert zu, wie sich der wohlgeformte Mädchenkörper aus den Schaumpaketen schälte.

    Als wenn sie sich mit dieser Geste etwas zu weit vorgewagt hätte, hielt sie plötzlich inne, legte die Brause wieder in ihre Halterung zurück und sagte mit leicht barschem Tonfall: »So, fertig. Hier sind die Tücher. Wenn du dich abgetrocknet hast, gehst du zu Dazouk und hilfst ihm.«

    Jazzine griff hastig nach ihrer Kleidung und eilte hinaus.

    Während sich der Whirlpool mit frischem Wasser füllte, warf Shawn einen kritischen Blick in den großformatigen Spiegel, der sich auf beliebige Vergrößerungen einstellen ließ.

    Was sie sah, beruhigte sie. Trotz ihrer zweiundvierzig Jahre hatte sie den durchtrainierten Körper einer Mittzwanzigerin. Sie kämmte sich ihr blondes halblanges Haar hinter das Ohr und stellte den Spiegel auf achtfache Vergrößerung. Die kleinen Fältchen unter den Augen waren fast verschwunden.

    Das ganze Bad war aus herrlichem Enceladus-Gestein gehauen. Der Whirlpool bestand aus einem besonders schönen Stück mit farbigen Furchen und nebligen Einschlüssen. Griffe und Armaturen waren von innen erleuchtet.

    Während das heiße Wasser in den Whirlpool sprudelte, streifte sie sich ihren Slip ab und stieg langsam die Stufen hinab. Das Wasser tat ihrem Körper unendlich gut. Ihr Kopf sank auf eine Nackenrolle, dann schloss sie die Augen. Ein zufriedenes Lächeln legte sich auf ihr Gesicht. Sie streckte sich weit aus und fühlte sich wie eine Göttin.

    Als sie ihre Augen wieder öffnete, fiel ihr Blick auf die Projektionsfläche unter der Decke. Es waren Bilder der Enceladus-Oberfläche, angereichert mit ein paar wissenschaftlichen Daten.

    Sie ertappte sich dabei, wie sie plötzlich voller Unruhe in diese zerklüftete Welt aus Fels und Eis hinausstarrte, als lauerte dort draußen irgendeine unbekannte Gefahr. Doch sie wagte nicht weiterzubohren. Schnell schloss sie die Augen, seufzte tief auf und zog sich wieder in einen schützenden emotionalen Dämmerzustand zurück.

    Er kam kurz vor Mitternacht. Sie überprüfte gerade ihren Lippenstift, als der Sensor brummte.

    »Mach ihm schon mal auf, ich komme sofort!«, rief sie zu Jazzine hinüber, aber Dazouk begrüßte den Gast bereits. Sie hörte ihn eintreten. Sie legte die Haarbürste aus der Hand und ging ihm entschlossen entgegen.

    Er begrüßte sie mit einem strahlenden Lächeln. Ihre Reize waren wirklich nicht zu übersehen. Obwohl sie beide fast gleichaltrig waren, sah sie wesentlich jünger aus als er. Ihr eng anliegender schwarzer Overall machte sie noch begehrenswerter.

    Sie führte ihn ins Wohnzimmer.

    »Das ist ja einfach fantastisch!«, rief er aus.

    Die grandiose Inszenierung einer virtuellen karibischen Kulisse hatte auf Anhieb seinen Blick gefesselt. Das von vier starken Shinshuo-Projektoren erzeugte HoloVideo verlieh dem ohnehin schon riesigen Raum eine zusätzliche Tiefe von mehreren Hundert Metern.

    »Ich hatte keine Ahnung, dass wir hier über solche Möglichkeiten verfügen.«

    »Freut mich, wenn es Ihnen gefällt.«

    »Es ist wirklich umwerfend!«, sagte Sadène.

    Die Vollmondidylle unter Palmen, der warme, von sanften Wellen überspülte Strand und das leicht aufdringliche Zirpen der Insekten wirkten absolut echt.

    Während sie zu dem mit Kerzen gedeckten Tisch hinaufschritten, fragte Shawn: »Hat die Wirkung des Chironins nachgelassen?«

    »Ich denke schon. Die Dosis war ja nur sehr gering.«

    »Okay. War nur ’ne Frage. Wir wollen schließlich keine unerwünschten Nebenwirkungen. Im Übrigen glaube ich, dass die letzten Übungen Ihr Gehirnmuster inzwischen so weit verändert haben, dass Sie künftig möglicherweise ganz ohne Chironin auskommen werden, was meinen Sie?«

    »Oh, ich verlasse mich da ganz auf Ihre ärztliche Autorität.«

    »Sie scherzen, Luc.«

    Er lachte.

    Im nächsten Moment standen sie im Sand, um die unbewegte Luft einzuziehen. Unter den Palmen war die Luft heiß und stickig, aber am Wasser, wo sie der gedeckte Tisch erwartete, regte sich eine leichte Brise. Sie schlenderten eine Weile am virtuellen Strand entlang, und Sadène war stark beeindruckt von der Authentizität dieser Erfahrung.

    Dazouk und Jazzine standen in Erwartung weiterer Anweisungen unbeweglich neben dem Tisch.

    Sadène war nie ganz wohl, wenn er diesen Androiden bei der Arbeit zusah, mit ihrer doppeldeutigen Natur, nicht ganz Mensch und nicht ganz Ding. Er wusste, dass sich ein Großteil der Wissenschaftler diese künstlichen Diener nur als sexuellen Notbehelf hielt. Das schien aber auch verständlich. Enceladus konnte einfach nicht mit jener Vielfalt von Reizen aufwarten, die einem renommierten Wissenschaftler auf der Erde geboten wurden. Es gab Kollegen, die sich als Ausgleich für die fehlenden Anreize auf diesem Mond eine völlig durchprogrammierte sexuelle Umwelt geschaffen hatten. Er selbst hatte ebenfalls zwei Androiden in seinen Diensten, Catoul und Anathe. Sie hielten seinen Haushalt in Ordnung.

    Sie beschlossen, ihren Krabbencocktail am Strand einzunehmen. Sadène wartete, bis sich seine Kollegin ebenfalls auf dem warmen Sand niedergelassen hatte.

    »Luc! Die Aufzeichnung!« Die Spontaneität der Psychologin war geradezu sprichwörtlich. »Wir wollten doch noch prüfen, ob Sie in ein neues Muster eingedrungen sind!«

    »Bon.« Er zog eine Minikonsole aus der Brusttasche seines Overalls und startete das Programm.

    Ein dünner Faden aus grünem Neon schlitzte die Karibikkulisse auf. Die Projektoren öffneten ein neues Datenfenster. Der Faden blähte sich in alle Richtungen auf, bis er die Form eines grün schimmernden Würfels angenommen hatte. Das neue Holo schwebte etwa zwanzig Zentimeter über dem Strand und zeigte Shawns Behandlungszimmer.

    Sadène lag tief entspannt auf der Couch. Sein Gesicht wirkte wie eine Maske. Die Psychologin warf einen prüfenden Blick auf das leere Datenfenster und nannte den Eröffnungscode. Sadènes Enzephalogramm baute sich mit einem kurzen Blitz auf.

    Shawn stutzte – das war doch nicht das Original!

    Die Farbe ihres Behandlungszimmers sah irgendwie verändert aus. Die Wände, der Boden, die Instrumente hatten einen orangefarbenen Schimmer angenommen und wirkten irgendwie unwirklich. Die blauen Augen der Psychologin lächelten rätselhaft, ihre Nüchternheit schmolz dahin. Aus ihrem Blick sprach unverhüllte Sehnsucht. Sadène öffnete die Augen und sah sie mit dem gleichen rätselhaften Blick tiefen Verstehens an.

    Sie zog den Reißverschluss ihres Overalls langsam auf

    Dann kam sie langsam auf ihn zu …

    In der offiziellen Realität hatte Shawn plötzlich das Gefühl, in einem Fahrstuhl zu stehen, der mit großer Geschwindigkeit auf und nieder sauste. Das gesamte Spektrum ihrer Empfindungen schien sich in einem einzigen Augenblick zu entladen. Gebannt und ungläubig starrte sie auf dieses Wesen, das sie war und doch nicht war.

    »Und das habe ich wirklich getan?«

    »In einer parallelen Wahrscheinlichkeit – ja«, antwortete Sadène.

    Sie spürte, wie ihr Hals in Sekundenschnelle austrocknete. Sie nahm einen großen Schluck aus ihrem Glas und bemühte sich, das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken.

    »Sicher?«

    »Absolut sicher.«

    Sie überlegte kurz, ob die Möglichkeit bestand, dass Sadène ihr diese Bilder nur suggerierte. Sie ließ diesen Gedanken schnell wieder fallen. Seine Integrität als Wissenschaftler war über jeden Zweifel erhaben. Die Szenen, die sie soeben gesehen hatte, waren nur ein weiterer Beweis dafür, wie wenig sie im Grunde über das menschliche Bewusstsein wusste.

    Der Computer hatte die Bilder einer anderen, aber ebenso gültigen Realität festgehalten, einer Realität, in der sie sich deutlich nähergekommen waren. Einen Augenblick lang war sie wütend und enttäuscht darüber, dass es gültige Realitäten gab, an denen ihr Bewusstsein offiziell keinen Anteil hatte. Dann versuchte sie sich klarzumachen, dass solche Emotionen im Grunde dumm und unbegründet waren und dass ihre Aufgabe nicht darin bestand, einen Nobelpreisträger mit ihrer stillen Wut aus der Fassung zu bringen. Michael Hendry hatte sie auf den Saturnmond geholt mit der klaren Aufgabe, einen der bedeutendsten Wissenschaftler der Welt psychologisch zu betreuen. Und dafür konnte sie – praktisch zum Nulltarif – die Möglichkeiten des menschlichen Bewusstseins erforschen.

    Die Aufzeichnung war zu Ende. Das Video zerschmolz zu einem dünnen Faden – und auch der löste sich in nichts auf. Schweigen senkte sich auf die beiden Wissenschaftler herab.

    Shawn lauschte diesem heiligen Schweigen mit ganzer Hingabe. Der feuchte Wind, der die riesige Kulisse durchwehte, trug das Zirpen der Insekten und das Rauschen der Palmen an ihr Ohr und versetzte sie noch einmal an den Ort ihres Bewusstseinsexperiments zurück. Jetzt endlich wurde ihr klar, warum sie am Ende der Sitzung so extrem nervös gewesen war. Irgendeine nicht näher lokalisierbare Instanz in ihrer Seele hatte um diese Parallelsphäre gewusst. Und nun kam es ihr so vor, als schwappten wirklich starke erotische Gefühle aus der Parallelwelt zu ihr herüber.

    Während sie ihn betrachtete, vom Kerzenlicht leicht rötlich und warm strahlend, fühlte sie sich plötzlich unwohl. Es war einfach lächerlich, dass Mr Hendry sie für seine psychologische Betreuung ausgewählt hatte. In diesem Spiel war eindeutig er der Psychologe. Was hatte sie denn erwartet? Irgendeine klassische Verführung wie bei einem gewöhnlichen Mann? Sadène war durch und durch Wissenschaftler. Er war Nobelpreisträger. Er sah blendend aus. Er konnte jede Frau haben, die er haben wollte. Und sie? Sie hatte die einmalige Chance erhalten, mit dem Besten der Besten zusammenzuarbeiten. Sie hatte keine Lust, diese Chance aufs Spiel zu setzen.

    Sie löschte zuerst die Kerzen und dann die karibische Kulisse. Ein kurzes lilafarbenes Nachglühen auf der Netzhaut, dann wogte ihnen Dunkelheit entgegen.

    Sadène hörte, wie sich seine Gastgeberin mit gespielter Gelassenheit aus ihrem Sessel erhob. Er setzte das leere Glas ab, als sie sich entschuldigend über ihn beugte und nach dem Schalter für das riesige Panoramafenster tastete. Er roch die Entschlossenheit, die ihrem muskulösen Körper entströmte.

    Das Kristallgitter sprang auf maximale Durchlässigkeit. Die unendlich schwarze Weltentiefe lag vor ihnen wie das Requiem von Mozart. Die kalte, atmosphärelose Enceladus-Welt ließ die Sterne ungewöhnlich groß und hell erscheinen.

    Die Sonne war inmitten dieser schwarzen Unendlichkeit nur eine schwach leuchtende, ferne Scheibe. Anderthalb Milliarden Kilometer waren sie von ihr entfernt. Das war zehnmal mehr als der Abstand der Erde von der Sonne. Die verborgene Präsenz des Saturns breitete sich halbkreisförmig zu ihren Füßen aus.

    Shawn hielt vor Ergriffenheit den Atem an. Ihre Stimme bebte. »Mir ist, als sähe ich in einen tiefen See.«

    Sadène lächelte leise. Und nach einem Moment tiefsten Schweigens sagte er: »Wir blicken gewissermaßen in das Innere eines Gedankens.

    Die Neuronen, aus denen unser Bewusstsein seine Gedanken formt, sind in einem höheren Bezugsrahmen Sterne, unvorstellbar weit voneinander entfernt, und doch ist jeder Stern mit jedem anderen Stern verbunden. Von jedem Planeten, von jedem Stern führt eine dunkle Spur in unser Innerstes. Jede Sternengeburt, jede Supernova, jede Verschiebung von Kräften da draußen hat ihre geheime Entsprechung hier drinnen.«

    Shawn warf einen verstohlenen Blick auf sein in weiche Schatten gehülltes Gesicht. Seine Worte berührten sie seltsam.

    Sie beugte sich über ihn und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Sie fröstelte. Es war diese merkwürdige Aura, die ihn umgab …

    Zweiter Tag

    Samstag,

    15. Juni 2030

    An Bord der Semineth ISIS

    Die Besatzung an Bord der Semineth ISIS war bester Dinge. Die beiden Hauptcomputer schwenkten das riesige Schiff in die Saturn-Umlaufbahn und parkten es zielgenau in zwanzigtausend Kilometer Höhe über dem Enceladus-Nordpol.

    Michael M. Hendry wartete geduldig im Prunksaal des Oberdecks auf die Nachricht des Ersten Offiziers.

    Hendry war ein seltsamer Kauz. Seine höchst lukrativen Geschäfte mit dem Pentagon hatten ihn in den Neunzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts zu einem der reichsten Männer der USA gemacht. Er hielt Mehrheitsbeteiligungen an vielen bedeutenden Hightechkonzernen. Darüber hinaus war er an den größten Goldminen der Welt beteiligt. Da er alle seine Beteiligungen über eine Vielzahl von Strohleuten hielt, trat er grundsätzlich nie unter seiner wahren Identität in Erscheinung. Wenige Menschen – darunter der Präsident der Vereinigten Staaten und die Chefs der Geheimdienste – wussten, wer er wirklich war. Kurioserweise hatten seine wahren Interessen immer auf dem Gebiet der Erforschung der Möglichkeiten des menschlichen Bewusstseins gelegen. Er hatte astronomische Summen in diesen Forschungszweig investiert, und in gewisser Hinsicht konnte man ihn als den Vater aller Bewusstseinstechnologen bezeichnen.

    Trotz seines hohen Alters war er noch immer ein Vorbild, ein lebendes Denkmal für die Wissenschaftler auf Enceladus.

    Die Hände auf dem Rücken verschränkt, trat er langsam vor das große Panoramafenster. Ein weiß-gelber Saturn goss sein Licht in den Saal. Hendry warf einen fast wehmütigen Blick auf die riesige Narbe, die das Ringsystem auf die Rinde des Planeten malte.

    Die Anweisung, das Schiff gerade in dieser Position zu parken, war von Hendry persönlich ergangen, denn sie würde ihm bereits morgens beim Aufstehen einen erhabenen Blick auf die hunderttausend Ringe des Saturns gewähren. Eine näher an Enceladus gelegene Parkposition hätte ihm nicht diesen majestätischen Anblick geboten, da die Umlaufbahn dieses Mondes exakt auf der Ringebene des Saturns lag.

    Die Semineth ISIS war das größte Schiff der ISIS-Flotte. Es hatte eine Länge von neunhundertfünfzig Metern, eine Breite von zweihundertfünfzig Metern und eine Basishöhe von rund hundert Metern. Zählte man die in Modulbauweise eingehängten Shuttle-Decks und die beiden wabenförmigen, für mehr als vierhundert Familien konzipierten Wohnkomplexe unterhalb des Schiffsrumpfes mit hinzu, kam man auf eine Gesamthöhe von zweihundertdreißig Metern.

    Drei gewaltige Fotonentriebwerke beschleunigten das Schiff auf über zehn Millionen Stundenkilometer. Die Entfernung zum Saturn wurde so in gut sechs Tagen bewältigt.

    Oberhalb der Frachträume mit ihren zehn Millionen Kubikmetern Fassungsvermögen lag das verwunschene Reich des Multimilliardärs. Auf 240 000 Quadratmetern waren ein provenzalischer Garten, ein Barockschloss und eine Pariser Straße untergebracht. Gerade mit dieser Straße hatte es seine besondere Bewandtnis. Es war nämlich nicht irgendein Straßenzug, sondern die berühmte Rue St-Honoré. Im würdigen Gedenken an seine erste große Liebe im Paris des Jahres 1969 hatte er einen hundert Meter langen Abschnitt dieser Straße auf seinem Raumschiff kurzerhand nachbauen lassen. Hunderttausende von zeitgenössischen Aufnahmen waren aus den Datenbanken zusammengetragen worden, um die Nachbildung so realistisch wie möglich zu gestalten. Jedes Bistro, jeder Tabakladen und jeder Pflasterstein entsprach nun fast exakt seinem Original vor einundsechzig Jahren.

    Wenn man den alten Hendry in seinem Lieblingsbistro sitzen sah, den Figaro vor sich ausgebreitet, einen gemessenen Blick auf die vielen Statisten werfend, die eben jenen Straßenzug zum Leben erwecken mussten, dann bekam man einen Eindruck von wirklicher Macht: Dieser Mann konnte sich buchstäblich alles leisten.

    Die Worte des Ersten Offiziers drangen an sein Ohr: »Parkposition erreicht. Station Enceladus erwartet Sie, Mr Hendry.«

    Um 11.30 Uhr Ortszeit bestiegen Michael Hendry und vier Mitglieder seines Stabes den Präsidenten-Shuttle. Er schnallte sich an und warf einen ernsten Blick auf die fast unwirkliche Welt da draußen. Tief in seinem Herzen wusste er, dass sein bisheriges Leben beendet war. Es war an jenem Tag beendet worden, als er einem Priester des Mandatum Cordis begegnet war.

    Enceladus, Forschungsstation

    Nach fünfzehn Minuten landete die Maschine sicher auf dem Shuttle-Deck der Forschungsstation. Der Pilot stellte die Triebwerke ab und wartete, bis sich die luftdichten Metalltore des Einflugfensters hinter ihnen geschlossen hatten. Sechs Kompressoren füllten das Deck in Sekundenschnelle mit Frischluft.

    Als sich die beiden Metallschleusen auf der gegenüberliegenden Seite des Einflugfensters öffneten, wartete dort bereits ein Komitee von Wissenschaftlern, um den Präsidenten in Empfang zu nehmen. Sadène eilte voran und reichte ihm als Erster die Hand.

    Nachdem er auch die anderen Wissenschaftler begrüßt hatte, hielt er einen Moment inne, um sein blühendes Wüstenreich in sich aufzunehmen. Es duftete von Rosen, Hyazinthen, Jasmin und Geranien. Unter einer gigantischen Kuppel aus Panzerglas blühte die Station wie eine einzige funkelnde Rose, wie ein funkelndes Juwel. Es war wirklich eine Stätte von großer Schönheit und tiefem Frieden.

    »Ich habe gehört, dass Sie sich sehr gut mit Dr. Faraday verstehen. Ahnt sie etwas von Operation Centaurus?«

    »Ich glaube nicht.«

    Sie hatten eine Weile in einer der hinteren Ecken des großen ovalen Pavillons gesessen, als Hendry sich plötzlich erhob und an das riesige Fenster trat. Er sah auf die grüne Oase hinaus, in der ein paar Studenten jäteten und hackten, die Sträucher beschnitten und die prachtvollen Blumenfelder pflegten.

    »Die meisten Forscher, die dem Einfluss Saturns so unmittelbar ausgesetzt waren, mussten einige grundlegende Veränderungen ihres Standpunktes und ihrer Anschauungen erfahren.«

    Sadène horchte auf. »Niemand kann auf Enceladus leben und unverändert daraus hervorgehen«, sagte er. »Er wird für immer die Zeichen der Wüste tragen. Dieser Mond kann einen grausamen Zauber ausüben.«

    Hendry wandte sich langsam um und sah ihm tief in die Augen. »Was sind Ihre eigentlichen Ziele, Sadène?«

    Der Physiker formulierte seine Antwort ruhig und klar: »Sehen Sie, Mr Hendry, wir versuchen beide, die Natur der Realität zu verstehen. Ich hatte das Glück, ein halbes Jahr mit Ihnen auf das Engste zusammenarbeiten zu dürfen. Ich war Ihr persönlicher Assistent. Ich kenne Ihre Organisation, ich weiß, wie ISIS arbeitet, und ich kenne ihre Ziele.

    Aber die Regierung hat auch ein Ziel. Und die Erfüllung dieses Ziels ist der eigentliche Grund meines Hierseins. Ich habe Sie in diesen sechs Monaten im höchsten Maße schätzen gelernt. Ich habe außerordentliche Dinge von Ihnen lernen können. Aber das eigentliche Ziel, Mr Hendry, befindet sich jenseits unserer persönlichen Ziele. Es wird uns beide überdauern.«

    Sadène hatte einen Unterton in der Stimme, der Hendry nicht behagte. Er beschloss, ihm nichts von seinem tief greifenden inneren Wandel zu sagen, bevor er keine endgültige Gewissheit über ihn hatte. Und Sadène wusste ohne den geringsten Zweifel, dass ihm sein Chef von nun an misstraute.

    Eine junge Frau trat herein und brachte ihnen etwas Tee und Gebäck. Hendry ging an seinen Platz zurück und setzte sich.

    »Gut, kommen wir zum geheimen Teil … Sie wissen, dass Operation Centaurus alles Bisherige in den Schatten stellen wird?«

    »Ja, Mr Hendry.«

    »Der Direktor der CIA will zweihundert Projektoren aufstellen lassen. Verteilt über die gesamte Erde.«

    »Hochleistungsprojektoren …«

    »Ja. Im entscheidenden Moment werden diese Projektoren dann aktiviert. Alle gleichzeitig …« Hendry schloss die Augen und atmete tief ein. Seine Stimme zitterte leicht, als er weitersprach: »Und dann werden die Projektoren dieses gewaltige dreidimensionale Kreuz am Himmel erscheinen lassen …«

    »Milliarden von Menschen werden es sehen.«

    »Es wird der letzte Aufruf zur Umkehr sein. Das letzte Zeichen eines liebenden Gottes … Und dann …«

    »Und dann?«, fragte Sadène, obwohl er die Antwort ganz genau kannte.

    »Dann wird der Messias höchstselbst erscheinen, Sadène. Und dieser Messias werden Sie sein …«

    Clyde Waterman saß sichtlich nervös vor seinem Computer. Der achtundzwanzigjährige Texaner gehörte seit knapp drei Monaten zum engeren Kreis um Sadène. Der promovierte Bewusstseinstechnologe galt als ausgezeichneter Programmierer. Hendry persönlich hatte ihn rekrutiert, und das hieß, dass der Erwartungsdruck entsprechend groß war.

    Er war äußerst nervös, weil ihn der Präsident für sechzehn Uhr zu einer Unterredung bestellt hatte. Er hatte also noch knapp vier Stunden Zeit. Das Dechiffrierprogramm, das er schreiben sollte, lief immer noch nicht einwandfrei. Warum hatte er sich von Sadène auch ständig mit lauter nebensächlichen Arbeiten zuwerfen lassen? Sadène würde wie immer das Lob einheimsen, und er selbst würde dem Boss nur mit halben Sachen gegenübertreten können.

    »Verflucht«, entfuhr es ihm. Er wischte sich eine blonde Haarsträhne aus der Stirn. Die Zeit drängte.

    Moment. Er pfiff durch die Zähne. Arouet hat doch …

    Hastig sprang er auf und lief auf den Flur hinaus.

    Mit einem einzigen Blick registrierte er, dass Sadène nicht in seinem Arbeitszimmer war, aber das Datenfenster offen gelassen hatte. Er hätte sicher nichts dagegen einzuwenden gehabt, wenn sein Kollege für ein paar Minuten seinen Kanal benutzte. Sadène hatte ihm ohnehin eine baldige Erweiterung seiner Nutzungsrechte versprochen. Was sprach also dagegen?

    Waterman verschaffte sich einen ersten Überblick und war überzeugt, dass er sich rasch zurechtfinden würde. Aber etwas machte ihn stutzig. Warum liefen Sadènes Programme nicht über das normale Betriebssystem von Altair, das alle hier in der Station benutzten? Warum benutzte Sadène ein anderes? Es musste einen Grund dafür geben.

    Neugierig ging er in das fremde Betriebssystem und spürte, wie seine Hände plötzlich kalt wie Marmor wurden.

    Gigantisch. Das ist einfach gigantisch. Der Schweiß trat ihm auf die Stirn. Noch nie hatte er ein solches Betriebssystem gesehen. Es war ein Meer von erlesener

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