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Der tiefe Graben
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Der tiefe Graben

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About this ebook

„Wie weit bist du bereit, zu gehen?“
Donnernd brach eine gigantische Welle am Bug und bespritzte die beiden Männer mit kalter, salziger Gischt.
„Ich gehe sehr weit, wenn es sein muss und wenn es die Sache wert ist, für die ich es tue“, rief Mikaere und wischte sich Salz aus den Augen.
„Ich will Rache“, schrie Tom zurück.
„Mit dem Gefühl der Rache war noch niemals jemand gut bedient“, antwortete der riesige Maori. Er schien nicht sonderlich überrascht zu sein.
„Ich will es aber! Egal, ob du mir hilfst, oder nicht. Sie werden bezahlen!“

Tom ist zurück. Und er ist wütend!
LanguageDeutsch
Release dateJun 11, 2015
ISBN9783739253213
Der tiefe Graben
Author

Ulrich Lucas

Der Autor, Jahrgang 1965, lebt und schreibt in Nieder-Wiesen.

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    Der tiefe Graben - Ulrich Lucas

    Inhaltsverzeichnis

    Freitag, 24. August, Nordatlantik, 300 Seemeilen vor Tanger, Marokko

    Freitag, 24. August, 21.00 Uhr, Hafen von Tanger, Marokko

    Montag, 27. August, 15.00 Uhr

    Vier Wochen später. 25. September, Anwaltskanzlei Bahisto, Hamburg

    Mittwoch, 30. September, Mayrhofen, Österreich, 12 Kilometer südlich vom Turnerkamp-Massiv

    Freitag, 01. Oktober, Landau, Pfalz

    Montag, 04. Oktober, Kreiskrankenhaus Landau, 21.00 Uhr

    Fünf Stunden später, Turnerkamp-Anlage

    Dienstag, 05. Oktober, 07.00 Uhr, Landau

    Mittwoch, 06. Oktober, 07.00 Uhr Alte Festungsanlage Landau

    Mittwoch, 06. Oktober, 13.00 Uhr, Turnerkamp-Anlage

    Donnerstag, 07. Oktober, Annweiler am Trifels

    Freitag, 08. Oktober, Geschäftszentrum, Landau

    Turnerkamp-Bunker, fünf Stunden später

    Samstag, 09. Oktober, Pension Waldblick

    Montag, 11. Oktober, 22.00 Uhr, Erlangen

    23.30, Baustelle der neuen Bibliothek Erlangen

    Dienstag, 12. Oktober, 03.00 Uhr, Turnerkamp-Anlage

    Dienstag, 12. Oktober, 04.00, Turnerkamp-Anlage

    Dienstag, 12. Oktober, 16.00 Uhr Autobahn 9, Rasthof Hirschberg, 300 Kilometer vor Berlin

    Berlin-Weißensee, 18.30 Uhr

    Mittwoch, 13. Oktober, 14.00 Uhr, Turnerkamp-Anlage

    Mittwoch, 13. Oktober, 15.30 Uhr

    Mittwoch, 13. Oktober 23.00, Montalivet-sur-Bains

    Donnerstag, 14. Oktober, 06.45 Uhr, Montalivet-sur-Bains

    Freitag, 15. Oktober, 15.30, Hamburg-Hafen, Containerterminal Altenwerder

    Ein paar Anmerkungen

    Freitag, 24. August, Nordatlantik, 300 Seemeilen vor Tanger, Marokko

    Das dumpfe, rhythmische Stampfen der Maschinen war in jedem Winkel des Schiffes zu hören und zu spüren. Ein immerwährendes dröhnendes Brummen, das in den Körper drang und, je länger man sich an Bord befand, zur Selbstverständlichkeit wurde. So selbstverständlich, dass es einem fehlte, wenn der Frachter in einem Hafen festmachte, um Ladung zu löschen oder neue aufzunehmen. Je tiefer man in die buchstäblichen Abgründe des Schiffes vordrang, umso intensiver wurden die Maschinengeräusche der Motoren, die die Portland kreuz und quer über die Weltmeere schoben. Hier hörte und spürte man auch die Bewegungen des Schiffes selbst. Wenn es bei hohem Seegang ächzte und knarrte und bei ruhiger See leise, wispernde Geräusche machte, so, als spräche es und erzählte von seinen vielen Reisen rund um die Welt.

    Heute war ein ruhiger Tag. Die See lag wie ein glitzernder, bis zum Horizont und darüber hinaus reichender Teppich aus ewigem Wasser vor der Portland, die ihre Fracht in Kürze im Hafen von Tanger loswerden würde. Gebrauchte Teile einer Maschinenfabrik, die man in Europa billig erworben und nun im nicht gerade von Industrie und Arbeitsplätzen verwöhnten Marokko sehnlichst erwartete.

    Ein kühler Wind, feucht und nach Salzwasser schmeckend, strich über das Oberdeck. Mikaere, der Erste Offizier, ein Hüne von knapp zwei Metern mit enormen Muskelbergen und Händen wie Bratpfannen, zog den Reißverschluss seiner Jacke hoch und sah versonnen nach Achtern, wo gerade die Insel Madeira, die sie vor ein paar Stunden passiert hatten, aus dem Blickfeld verschwand. Die tiefstehende Sonne ließ die mystischen Tattoos in seinem gebräunten Gesicht intensiv hervortreten. Beinahe alle Maoris waren mit den althergebrachten Symbolen ihrer Kultur tätowiert. Zumindest jene, denen ihre Kultur etwas bedeutete. Und Mikaere war mit Leib und Seele Maori. Das Funkgerät meldete sich. Mikaere seufzte und betätigte die Ruftaste.

    „Aye, Käpt’n?"

    „Wir legen in vier Stunden an." Kapitän Abiola sprach mit einem extrem harten, afrikanischen Akzent, der auch nur für Geübte erst nach einiger Zeit zu verstehen war. Mikaere war jedoch schon so viele Jahre der Eins-O auf der Portland, dass er und der Kapitän sich die meiste Zeit allein durch Blicke zu verständigen wussten.

    „Ich geh‘ runter und kümmere mich um ihn", antwortete Mikaere.

    „Ich will keinen Ärger!"

    „Aye, Käpt’n!"

    „Ich verlass‘ mich auf dich!"

    „Aye!"

    Mikaere schob das Walkie-Talkie wieder in die Innentasche seiner Jacke und machte sich auf den Weg. Sein Ziel war eine Kabine tief im Inneren des Schiffes. Eigentlich war es keine Kabine, vielmehr ein fensterloser, düsterer Verschlag, in dem Werkzeug, kleine Ersatzteile und Reinigungsmittel aufbewahrt wurden. Vor etwa vier Monaten hatte Mikaere den Verschlag jedoch in eine Art Kabine umgewandelt, indem er ein Feldbett hineingestellt, das emaillierte Ausgussbecken mit einem Dampfstrahler gereinigt und eine hellere Lampe installiert hatte. Für das meiste Gerümpel hatte man einen anderen Platz gefunden. Seitdem wohnte dort ein extrem seltsamer Gast, der keine Identität zu haben schien, keinen Namen und vor allem keine Stimme. Seit vier Monaten hatte der junge Mann kein Wort gesprochen, wenngleich Mikaere durchaus den Eindruck hatte, dass er verstand, wenn er gefragt wurde. Sein Blick war wach und aufmerksam und er schien trotz seines Zustandes, in dem man ihn aufgefunden hatte, bei recht guter Gesundheit zu sein, was er durch eine geradezu unglaubliche Arbeitskraft tagtäglich unter Beweis stellte. Er schien für jede noch so schwere Arbeit dankbar zu sein, er erledigte jeden noch so schmutzigen Job und Mikaere gewann im Laufe der Zeit den Eindruck, dass er sich in die Arbeit stürzte, um zu flüchten. Oder zu vergessen. Was auch immer. Er fand ihn fast immer in derselben Situation vor, wenn er die Kabine betrat. Der Junge saß aufgrund der Wärme hier unten meistens mit freiem Oberkörper auf dem Feldbett, an die Wand gelehnt und blätterte in einem schwarzen Notizbuch, in dem er hin und wieder mit einem ebenfalls schwarzen Kugelschreiber etwas hineinschrieb oder etwas zeichnete. Einige Male war er so vertieft in seine Notizen gewesen, dass er den Eins-O erst bemerkte, als sein Schatten auf ihn fiel. Er hütete das kleine Buch wie einen Schatz, bei der Arbeit trug er es entweder in der Jacken- oder Hosentasche mit sich herum, wenn er – wie heute, wie jedes Mal, bevor sie einen Hafen anliefen – hinter die Wand musste, packte er es zusammen mit einer Flasche Wasser und einer Taschenlampe in eine speckige Umhängetasche, die er eng am Körper trug. Mikaere klopfte an die Tür und trat sofort ein. Das Bild war gewohnt. Der junge Mann saß auf dem Feldbett und schrieb und sah Mikaere ausdruckslos an.

    „Vier Stunden, sagte Mikaere seufzend. „Ich würde es dir gern ersparen, glaub mir, aber …

    Der Junge nickte. Er stand auf, zog sich ein T-Shirt über und hielt die Tasche mit beiden Händen an die Brust gepresst.

    „Ich find‘ das so Scheiße mit dem Zoll", schimpfte Mikaere, während er vorneweg lief, durch enge Gänge, steile Leitern und Treppen hinab bis zu einer Wand, die nur für Nichteingeweihte eine ganz normale Bordwand war. Der Eins-O nahm aus einer wie zufällig herumstehenden Werkzeugkiste einen akkubetriebenen Schlagschrauber und löste damit sechs dicke Schrauben, bis die Metallplatte sich löste und er sie auf den Boden stellen konnte. Hinter der Wand befand sich ein Hohlraum, gerade groß genug, dass eine erwachsene Person sich liegend darin aufhalten konnte.

    „Du weißt, dass ich das nicht gern mache, ja?"

    Der Junge nickte.

    „Wenn wir immer genau wüssten, wann der Zoll oder die Küstenwache aufkreuzen, müsstest du nicht so lange …"

    Der Junge unterbrach Mikaere mit einer wegwerfenden Handbewegung und kroch in das dunkle Loch, das nur mit ein paar Wolldecken ausgestattet war. Die Luft roch abgestanden, aber von irgendwoher strömte beständig frische nach, so dass zumindest ein Ersticken ausgeschlossen war.

    „Du bist’n komischer Typ", sagte Mikaere. Und der Blick, mit dem der Junge ihn musterte, als er die Platte wieder an ihren Platz setzte, war wie immer.

    Leer und ausdruckslos.

    Freitag, 24. August, 21.00 Uhr, Hafen von Tanger,

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