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Grundlagen Kreatives Schreiben
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Grundlagen Kreatives Schreiben

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About this ebook

Um gut zu schreiben – also so, dass der Text den Erwartungen seines Autors entspricht und das Schreiben selbst flüssig verläuft – braucht man Fähigkeiten auf zwei Gebieten: Man muss sich erstens mit den Elementen des Schreibhandwerks auskennen, wissen, wie man Figuren lebendig darstellt, welche Auswirkungen die Wahl der Perspektive auf den Text hat, wie man Konflikte einsetzt usw., und zweitens muss man wissen, wie der Schreibprozess verläuft, um ihn gut organisieren und Schreibprobleme beheben zu können.

Der erste Abschnitt beschäftigt sich mit grundlegenden Themen des literarischen Schreibens. Es geht unter anderem um die Figurenentwicklung, die Wahl der Erzählperspektive, Dialoge, Beschreibungen, den Handlungs- und Spannungsaufbau und die Überarbeitung.

Anschließend vermittelt das Buch wie man mit den Herausforderungen, die der Schreibprozess mit sich bringt, umgehen kann. Anfangen, durchhalten, Text beenden – es klingt so einfach und kann doch zu einer schwierigen Hürde werden, wenn Schreibblockaden, Perfektionismus und Selbstzweifel den Autor in ihren Würgegriff nehmen. Doch hier finden Sie Methoden, um Idee zu generieren und zu vertiefen, sowie Techniken, die dabei helfen, weiter und weiter zu schreiben, trotz Deadline, trotz fehlender Deadline, trotz bester Selbstdemontagetechniken, für die Autoren so viel Talent mitbringen.

Abschließend werden noch einige spezielle Textgattungen vorgestellt. Sie erfahren, worauf es beim Schreiben von Märchen, Fabeln, Kürzestgeschichten und Kurzgeschichten ankommt und erhalten eine Reihe von Schreibanregungen und Schreibspielen.
LanguageDeutsch
PublisherXinXii
Release dateJun 8, 2013
ISBN9783955772277
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    Book preview

    Grundlagen Kreatives Schreiben - Pia Helfferich

    Impressum

    Auflage 1, Dezember 2012

    © 2012 Pia Helfferich

    Pia Helfferich

    Herzogstraße 9

    42579 Heiligenhaus

    post@piahelfferich.de

    www.piahelfferich.de

    E-Book Distribution: XinXii

    www.xinxii.com

    Inhaltsverzeichnis

    Einleitung

    Figuren entwerfen

    Erst die Figur, dann die Handlung

    Material sammeln

    Grauabstufungen

    Organisch gewachsen

    Sprechendes Detail

    Ziel und Antrieb der Figuren

    Das Ziel der Figur

    Der Antrieb hinter der Handlung

    Menschliche Antriebe

    Der Antagonist – Den Gegenspieler des Helden erfinden

    Ausgeglichenes Kräfteverhältnis

    Die Faszination des Bösen

    Teuflisches Vorbild

    Der Antagonist: die guten Seiten des bösen Gegenspielers

    Wie sollte der Antagonist beschaffen sein?

    Wie entdeckt man die guten Seiten des Bösen?

    Übung für mehrdimensionale Gegenspieler

    Handlungsaufbau: Die acht Elemente einer Geschichte

    Basis

    Auslöser

    (Lösungs-)Suche

    Überraschung

    Kritische Wahl

    Höhepunkt

    Umkehr

    Auflösung

    Filmtrailer als Übung für die Handlungsstruktur von Geschichten nutzen

    Trailer als Skelett der Geschichte

    Übung fürs Kino

    Beispiel „Der ganz große Traum"

    Der Anfang der Geschichte: Den ersten Satz und Absatz schreiben

    Mittel, um Leser zu interessieren

    Der erste Absatz

    In medias res

    Plastische Figuren und charakteristische Details

    Das Ende der Geschichte: Den Schluss schreiben

    Krise, Höhepunkt und Konsequenz

    Unerwartet und unvermeidlich

    Keine Deutung oder Moralpredigt

    Lineares Ende

    Kreisförmiges Ende

    Offenes Ende

    Ambivalentes Ende

    Konflikte

    Spannend schreiben: Wie man in einer Geschichte Spannung aufbaut

    Informationen vorenthalten

    Spannungsaufbau durch Informationsvorsprung

    Emotionen der Leser ansprechen

    Ein Ziel vorgeben

    Ungewöhnliche Dinge zeigen

    Mit Andeutungen arbeiten

    Verzögerung

    Geschwindigkeit

    Der Spannungsbogen

    Die Balance halten

    Infodumping vs. sinnvolle Beschreibungen

    Was ist Infodumping?

    Wofür ist Infodumping gut?

    An welchen Textstellen kommt es besonders häufig vor?

    Wie kann man die Infoberge abtragen?

    Ausgesuchte, spezifische Details

    Beschreibungen aufsplitten

    Show, don’t tell

    Wahrnehmung des Perspektivträgers

    Sinneswahrnehmungen: Wie man Geruch und Geschmack in Texte einfließen lässt

    Wozu Sinneswahrnehmungen in Texten gut sind

    Wie es funktioniert Sinneswahrnehmungen in Geschichten einzubauen

    Wo man Geschmack und Geruch einsetzen kann

    Ein Milieu darstellen

    Fragen, um sich ein Milieu zu erschließen

    Perspektive des Außenseiters

    Beispiel für eine Milieuschilderung

    Zeigen, nicht behaupten

    Texte mit Sogwirkung schreiben – Wie man Leser in eine Geschichte hineinzieht

    Zeigen, nicht behaupten

    Klischees vermeiden

    Symptomatische Details

    Vorausdeutungen

    Realität und Fiktion verknüpfen

    Die passende Erzählperspektive auswählen

    Die auktoriale Erzählperspektive

    Die personale Erzählperspektive

    Der Ich-Erzähler

    Zweite-Person-Erzählperspektive

    Der objektive Erzähler

    Die Multiperspektive

    Die auktoriale oder personale Erzählperspektive

    Der auktoriale Erzähler als Bescheidwisser

    Der personale Erzähler auf der Suche nach Erkenntnis

    Die Gestaltungsmöglichkeiten der Erzählperspektiven

    Der Ich-Erzähler: Die Erzählperspektive aus der ersten Person Singular

    Die Vorteile des Ich-Erzählers

    Die Nachteile des Ich-Erzählers

    Das Ich als Protagonist oder Nebenfigur

    Mehr als ein Ich: die Multiperspektive

    Der unzuverlässige Ich-Erzähler

    Sonderform des Ich-Erzählers: Rollenprosa

    Die personale Erzählperspektive

    Beispiel für die personale Erzählperspektive

    Einschränkungen des personalen Erzählers

    Beschreibungen des personalen Erzählers

    Wann sich die personale Erzählperspektive empfiehlt

    Die Multiperspektive

    Der Unterschied zum Ich-Erzähler

    Dialoge schreiben: Wie man Figuren reden lässt

    Jede Figur hat ihre eigene Sprechweise

    Der szenische Aufbau des Dialogs

    Die Gestaltung des Dialogs

    Sprecherverben

    Indirekte Rede

    Einen Text überarbeiten – Von der Rohfassung bis zum Feinschliff

    Der Textfriedhof

    3 Phasen

    Kürzen, streichen, weglassen: Texte straffer und dichter machen

    Überflüssige Szenen

    Funktionslose Figuren

    Inhaltliche Wiederholungen

    Erläuterungen

    Überflüssige Details

    Die Einführung

    Blähwörter und Lieblingsausdrücke

    Wortwiederholungen

    Unpräzise Adjektive und Adverbien

    Dialogauszeichnungen

    Das Adjektiv: Freund oder Feind?

    Wertende und sinnliche Adjektive

    Offensichtliches streichen

    Disclaimer

    Höhere Weihen der Adjektivverwendung

    Klischees vermeiden: Abgedroschene Denk- und Redeweisen überwinden

    Klischees verflachen den Text

    Das Körnchen Wahrheit

    Figuren individuell gestalten

    Durch Beobachtung Material gewinnen

    Übung gegen Klischees

    Klischees brechen

    Kitsch beim Schreiben vermeiden

    Trivial statt originell

    Über Gefühle schreiben

    Figuren mit Charakter

    Authentisch sein

    Originell sein

    Sprachliche Klischees vermeiden

    Knappe Andeutungen

    Ambivalenz

    Über den Umgang mit Kritik: Faire Textdiskussionen in Schreibgruppen

    Der Text und seine Funktionsweise

    Faire Kritik

    Die Diskussion diskutieren

    Wie ein Arbeitsjournal das Schreiben unterstützt

    Arbeitsjournal als eigener Schreibcoach

    Kommentare für den Lernprozess

    Fremdkommentare unterstützen den Prozess

    Was in ein Arbeitsjournal gehören kann

    Das Arbeitsjournal von Elizabeth George

    Clustern zur Ideenfindung

    Der Hintergrund

    Der Ablauf

    Ein Beispiel

    Noch mehr zum Kernwort

    Das Buch

    8 Methoden, um Ideen zu entwickeln

    1. Das Notizbuch

    2. Brainstorming

    3. Clustern

    4. Lesen

    5. Die 7ner-Regel

    6. Gegen die Zeit

    7. Zeitschriften plündern

    8. Antennen

    Ideen weiterentwickeln und vertiefen

    Kernsatz wiederholen

    Neue Entwicklungsmöglichkeiten

    Der Schreibfluss hat Vorfahrt

    Nach vorne denken

    Die Verfertigung der Gedanken beim Schreiben

    Platzhalter nutzen

    Freewriting: Wie es geht, was es bringt und warum es funktioniert

    Was ist Freewriting?

    Warum nutzt man Freewriting?

    Wie funktioniert es?

    Directed freewriting

    Loop writing

    Warum funktioniert es?

    Die eigene Schreibstimme nutzen

    Die Summe unserer Ausdrucksfähigkeit

    Den Mensch hinter den Worten zeigen

    Methoden, um die eigene Schreibstimme zu nutzen

    Langwierige Schreibprojekte durchhalten

    Der Motivation auf die Sprünge helfen

    Kurze Etappen

    Zeitmanagement

    Auf der Welle der Faszination reiten

    Unterstützung von außen

    Einen Text zu Ende schreiben – Zeitmanagement für Autoren

    Realistischen Termin finden

    Verpflichtung eingehen

    Kalender

    Zwischenziele einbauen

    Erfolg ausmalen

    Der fiese Einsendeschluss: Wie man mit einer Deadline umgehen kann

    Der ideale Umgang mit der Deadline

    Ziele erreichen

    Soziale Kontrolle

    Für Adrenalinrauschjunkies

    Der realistische Umgang mit der Deadline

    Wie geht es weiter? Wie Beschreibungen helfen können, wenn man im Text stecken bleibt

    Stimmen im Kopf – Wie Autoren sich selbst im Weg stehen

    Wer spricht?

    Kommentare mitschreiben

    Affirmationen

    Dialog zwischen Kritiker und Autor

    Freewriting

    Negative Selbstgespräche

    Den Perfektionismus überwinden

    Vor- und Nachteile des Perfektionismus

    Weniger fordern, mehr erreichen

    Irrationale Ängste

    Konzentration auf den Prozess

    Das schönste Mittel gegen Schreibhemmungen

    5 Wege in die Schreibblockade

    Den Kühlschrank putzen

    Recherchieren

    Aufschieben

    Schuldzuweisungen

    Zweifel

    18 Mittel gegen Schreibblockaden

    1. Es gibt keine Schreibblockaden

    2. Einen persönlichen Bezug zum Thema herstellen

    3. Den Zeitdruck aushebeln

    4. Kleine Schritte planen

    5. Das Erstfassungs-Mantra

    6. Sich schreibend annähern

    7. Regelmäßigkeit

    8. Ursachenforschung

    9. Gemeinschaft suchen

    10. Ortswechsel

    11. Was bisher geschah

    12. Lesen

    13. Die Notizen-Ausrede

    14. Ideen reifen lassen

    15. Schreibratgeber

    16. Schreibübungen

    17. Schreibverbot

    18. Es erwischt immer die Guten!

    Per Belohnung dem Aufschieben entkommen

    Das herkömmliche Belohnungssystem

    Zuckerbrot und Peitsche, Belohnung und Strafe

    Angenehme Bedingungen schaffen

    Belohnung aus dem Schreiben beziehen

    Wie kann man sich besser konzentrieren?

    Positive Einstellung

    Schlaf

    Entspannung

    Pausen

    Bewegung

    Sauerstoff

    Fester Arbeitsplatz

    Geregelte Arbeitszeiten

    Übersicht und Planung

    Essen und Trinken

    Ablenkungen

    Arbeitstechniken

    Rituale

    Sitzball

    Kaugummi

    Liegende Achten

    Zeitspiele

    Märchen schreiben leicht gemacht

    Typen statt Charaktere

    Schlichte Sprache

    Wiederholungen

    Gut gegen Böse

    Kein Ort, keine Zeit

    Geradliniger Aufbau

    Surrealismus in unserer Welt

    Anregungen zum Märchenschreiben

    Ein Date mit einer Figur

    Die Märchenlotterie

    Anekdoten verwenden

    Gegenstände zum Leben erwecken

    Fabeln schreiben

    Beispiel einer Fabel von Äsop

    Eine typische Eigenschaft pro Figur

    Aussage in Handlung übersetzen

    Aufbau der Fabel

    Kürzestgeschichten schreiben

    Was die Kürzestgeschichte charakterisiert

    Kürze, Intensität, Überraschung

    Figuren in der Kürzestgeschichte

    Der Handlungsverlauf in der Kürzestgeschichte

    Literaturempfehlungen

    Eine klassische Kurzgeschichte schreiben

    Handlung einsträngig

    Figuren mit einem ausgeprägten Charakterzug

    Einheit von Ort, Zeit und Stimmung

    Erzählperspektive

    Aufbau

    Eisberg-Theorie

    Ein Reisetagebuch führen

    Das herkömmliche Reisetagebuch

    Das gemeinsame Tagebuch

    Das Skizzenbuch

    Das literarische Tagebuch

    Ich als Figur

    Meine Figur auf Reisen

    Liebesgedichte schreiben

    Was will man sagen?

    Material sammeln

    Inspiration

    Eine Form finden

    Kein Herz, kein Schmerz

    Die Variante für alle Fälle

    Fingerübungen

    Druck und Unterdruck

    Übungen aus dem Alltag

    Übungen am bestehenden Text

    Plotentwicklung

    Sprachregister

    Maßgeschneiderte Aufwärmübungen vor dem Schreiben

    Die Vorteile von Schreibanregungen

    Der Ablauf

    Drei Kategorien

    Schreibanregungen für 7 mal 7 Minuten

    Schreibspiele rund um Weihnachten

    Wichteln

    Ein Krippenspiel schreiben

    Die Kurve kriegen

    Eine seriöse Weihnachtsgeschichte schreiben

    Texte in einer Anthologie veröffentlichen

    Vorteile von Anthologien

    Angebot an Ausschreibungen

    Vorgaben und Formalitäten beachten

    Normseiten

    Kurzvita

    Vertrag und Honorar

    Geduld

    Einleitung

    Das Schreiben einer Erzählung kann man mit einer Reise verglichen. Die Parallelen liegen auf der Hand, denn auch das Schreiben ist immer lohnend und nicht selten mühsam, gewährt faszinierende Einblicke und Ausblicke und egal wie weit man damit kommt, am meisten erfährt man dabei über sich selbst. Wenn also das Schreiben eine Reise ist, dann soll dieses E-Book der Rucksack mit den notwendigsten Dingen sein, die man braucht, um an das Ziel zu gelangen und die Reise gut zu überstehen. Zu einer vernünftigen Ausrüstung gehört Wissen über das Schreibhandwerk, nicht um stupide Regeln zu folgen, sondern um die Strippen wahrzunehmen, an denen man ziehen kann, um die Geschichte wie gewünscht in Bewegung zu setzen. Themen wie Figurenentwicklung, Dialoge, Konflikte, Handlungs- und Spannungsaufbau sind daher im ersten Teil des E-Books zu finden. Sie erfahren, wie der Antagonist beschaffen sein sollte, wie man Kitsch und Klischees vermeidet und was man bei der Analyse von Filmtrailern für den Plot lernen kann.

    Zur Ausrüstung gehört aber auch ein sorgfältig zusammengestelltes Erste-Hilfe-Paket, das in Notfällen wie bei Schreibblockaden, lähmendem Perfektionismus oder dem Würgegriff der Selbstzweifel verwendet werden kann. Hier erfahren Autoren unter anderem, wie das Führen eines Schreibjournals ihre Arbeit unterstützt, wie man die eigene Schreibstimme nutzt und wie ein Zeitmanagement für Autoren aussehen kann.

    Der Proviant besteht schließlich aus Wissenswertem über die Textgattungen Märchen, Fabeln, Kürzest- und Kurzgeschichten. Schreibanregungen und -spiele runden diesen Bereich ab.

    Dieses E-Book geht zurück auf Artikel, die im Laufe der letzten Jahre online und offline erschienen sind.

    Figuren entwerfen

    Die Figuren sind das A und O einer Geschichte. Sind sie langweilig, trivial, unglaubwürdig, kann nichts den Leser noch halten. Positiv formuliert: Nichts ist spannender, als eine komplexe Figur kennenzulernen, einem Charakter nahe zu kommen, ihn zu verstehen, womöglich jemanden, dem man im richtigen Leben so nie nahegekommen wäre (man würde es eventuell auch nicht wollen). Wie bastelt man Figuren, die Leser berühren können?

    Erst die Figur, dann die Handlung

    Wichtig ist zunächst, dass die Figur der Ausgangspunkt der Geschichte sein sollte und nicht die Handlung. Das wird klar, wenn man sich Folgendes verdeutlicht: Die Figur hat einen speziellen Charakter, eine eigene Art die Welt zu sehen und zu handeln. Auf eben dieser eigenen Weise wird sie auf die Konflikte reagieren, denen sie in der Geschichte begegnet und genau das treibt die Handlung voran und formt sie.

    Material sammeln

    Die beiden Möglichkeiten, an Figurenmaterial heranzukommen, sind Phantasie und Realität und für sich allein ist keine dieser beiden Möglichkeiten gut. Beschränkt man sich nur auf das Ausdenken, läuft man Gefahr Klischees zu reproduzieren. Bildet man reale Menschen ab, kann man nicht nur verklagt werden, sondern man verschenkt auch Spielraum. Weder kann man einen Menschen so gut kennen wie eine Figur, noch sind Menschen so zielgerichtet, motiviert, dynamisch wie eine gute Figur. Jedenfalls in der Regel. Ideal ist deswegen eine Mischform. Man denkt sich Figuren aus und verlässt sich nicht komplett auf die Phantasie, sondern setzt sie aus Bestandteilen zusammen, die man an verschiedenen Menschen wahrgenommen hat.

    Auch wenn man „nur" eine Kurzgeschichte schreibt und gar nicht den Raum hat, einen Charakter in seinem ganzen Spektrum darzustellen, sollte man die Figuren doch so genau wie nur irgend möglich kennen. Gelegenheit für ein Hemingway-Zitat:

    „Wenn ein Prosaschriftsteller genug über das weiß, worüber er schreibt, kann er Dinge auslassen, die er weiß, und der Leser wird, wenn der Schriftsteller aufrichtig genug schreibt, ein so starkes Gefühl dieser Dinge haben, als ob der Schriftsteller sie erwähnt hätte."

    Zu den Dingen, die man über eine Figur wissen sollte, gehört ganz offensichtlich: Name, Aussehen, Beruf, Alter, Bildung, charakterliche Eigenschaften, Vorlieben, Abneigungen, Herkunft, Hobbys ...

    Weniger offensichtlich, dennoch wichtig und interessant: die Art zu sprechen, Handschrift, politische Ansichten, Narben, Wohnort und Wohnungseinrichtung, Gesten, Macken, Träume und Albträume, Beziehungen, Spitznamen, Besitz, Lieblingsgegenstand, religiöse Überzeugung, Modegeschmack, ...

    Diese Aufzählung ist nicht als abgeschlossen anzusehen.

    Grauabstufungen

    Wichtig ist es, Schwarz-Weiß-Malerei zu vermeiden. Eine Figur, die durch und durch gut ist, ist auch durch und durch langweilig. Kleine Fehler und Unzulänglichkeiten sind interessant, menschlich und bringen die Figur dem Leser näher. Genauso ist es mit den Bösewichten. Auch zu ihnen muss der Leser eine Beziehung aufbauen. Klar, er soll den eiskalten Serienmörder verabscheuen, er sollte aber gezeigt bekommen, dass dieser Serienmörder sich auch nach dem siebzehnten Mord liebevoll um sein kleines Kind kümmert. Ambivalenz

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