Die Flammenmönche
By Norman Nekro
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Über diese Gruselgeschichte konnte Professor Dr. Johann Jakob Fürchtegott Froebius bislang nur schmunzeln. Bis man ihm eines Tages eine Brandleiche zur Obduktion brachte, die in so ziemlich allen Details die geltenden Naturgesetze auf den Kopf stellte...
Dass die Logik eines kühlen Verstandes alleine den Kampf gegen Geister, Dämonen, Vampire und allem, was sonst noch die Nächte unsicher macht, nicht gewinnen kann, muss Professor Dr. Johann Jakob Fürchtegott Froebius immer wieder widerwillig zugeben. Denn der praktische Arzt aus der Nach-Napoleon-Ära um 1818 ist alles andere als ein passionierter „Geisterjäger“. Er sieht sich als kritischen Wissenschaftler, der nur das akzeptiert, was man mit Formeln berechnen und in Experimenten nachweisen kann. So passt es ganz und gar nicht in sein sorgfältig gepflegtes Weltbild, dass ihn der Bannkreis des Unheimlichen nicht mehr aus den Klauen lässt...
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Die Flammenmönche - Norman Nekro
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Froebius. Zur Person
Professor Dr. Johann Jakob Fürchtegott Froebius (48) ist ein praktischer Arzt, der in der Nach-Napoleon-Ära um 1818 im Herzogtum Nassau eine geschäftlich nur mäßig erfolgreiche Kleinstadtpraxis betreibt.
Den Professorentitel hat Froebius als Dank für seine Tätigkeit als Militärarzt in den preußischen Feldlazaretten während der Befreiungskriege erhalten. Im Zivilleben ist er weder altruistischer Samariter noch raffgieriger Halbgott in Weiß. Als lizensierter städtischer Medicus legt er zwar großen Wert auf ein standesgemäßes Einkommen, behandelt aber trotzdem alle seine Patienten ungeachtet ihres Standes oder Geldbeutels sorgfältig nach bestem Wissen und Gewissen.
In die Parallelwelt der Geister, Dämonen, Vampire und allem, was sonst noch die Nächte unsicher macht, gerät Froebius regelmäßig ohne es zu wollen. Alles andere als ein passionierter »Geisterjäger«, sieht er sich selbst als kritischen Wissenschaftler, der nur das akzeptiert, was man mit Formeln berechnen und in Experimenten nachweisen kann. Im Kontakt mit dem Bannkreis des Unheimlichen muss er aber immer wieder erkennen, dass die Logik eines kühlen Verstandes allein den Kampf gegen die dunklen Mächte nicht gewinnen kann.
I
Reglos und stumm beobachten die drei Männer in den schwarzen Kapuzenkutten, wie der Ziegel von außen in die letzte Lücke geschoben wird. Kein Kratzen und Schaben von Stein auf Stein, kein Schmatzen frischen Mörtels erreicht mehr ihre Ohren. Der Eingang zu dem fensterlosen Gewölbekeller ist mit einer solide gefügten Mauer hermetisch verschlossen.
Für alle Zeiten, sagte man ihnen.
Totenstille breitet sich in dem engen Raum aus.
Die Augen der versiegelten Rundbogenpforte zugewandt, die Arme auf weit ausladende Lehnen gestützt, schmiegen sich die Eingemauerten in hoch aufragende Thronsessel aus sorgfältig behauenem Stein. Im diffusen Licht der wenigen Kerzen erinnern sie an vergessene Herrschergestalten längst vergangener Unterwelten.
Kein Lufthauch weht durch das Gewölbe. Auch das regelmäßige leise Atmen unter den weit über die Gesichter gezogenen Kapuzen bringt die still und friedlich brennenden Kerzenflammen nicht zum Flackern. Ihr sanfter Schein spiegelt sich in einem Berg von goldenen, silbernen und mit kostbaren Edelsteinen besetzten Gerätschaften wider. Hunderte von Kelchen, Kreuzen, Reliquiaren, Monstranzen, Ringen, Halsketten und Münzen sind auf einem Altar aufgeschichtet, der fast die gesamte Breite der rückwärtigen Wand ausfüllt. Trotzdem ist auf der mächtigen Steinplatte kein Fingerbreit Platz mehr frei.
Die drei Männer achten nicht auf das Gleißen und Funkeln hinter ihnen. Damit wird es sowieso bald vorbei sein, denn die Kerzen in den fast mannshohen schmiedeeisernen Ständern sind schon zur Hälfte heruntergebrannt. Keine zwei Stunden mehr, und im Gewölbe herrscht ewige Finsternis.
Niemand spricht ein Wort, niemand verändert die Sitzhaltung. In gefasster Ruhe sehen die Eingemauerten dem Tod entgegen.
Sie wissen, dass sie mit ihrem Auftrag nicht alleine sind.
Nicht jetzt und nicht danach.
Denn irgendwo im Raum lauert ein unsichtbares dämonisches Wesen und wartet auf ihre Befehle. Ob sie von Toten oder Lebenden kommen, ist ihm gleich.
* * *
»Jetzt bitte nicht mehr atmen, Mademoiselle.«
Die pummelige Siebzehnjährige nickte tapfer, schloss die Augen, presste die Lippen zusammen und hielt die Luft an. Den nackten Rücken dem Arzt zugewandt, drückte sie mit verkrampften Fäusten ihr zusammengeknülltes Hemd fest vor die Brust. Es war offensichtlich, dass sich das Mädchen in Grund und Boden schämte.
Mit betont professioneller Sachlichkeit setzte Professor Dr. Johann Jakob Fürchtegott Froebius das Hörrohr vorsichtig in Höhe des linken Lungenflügels an. Ich darf das junge Ding auf keinen Fall noch mehr aufregen, dachte der hagere Endvierziger. Die kippt mir sonst noch um.
Auf der schneeweißen Haut der Patientin zeichneten sich die Druckstellen des Korsetts in bizarren Mustern ab. Der Arzt legte seinen Kopf an die Ohrplatte aus Elfenbein, horchte, klopfte sanft auf die untersuchte Stelle und horchte wieder. Dann schob er den Holztrichter in eine andere Position und die Prozedur begann von neuem.
Froebius war stolz darauf, dass er zu den wenigen Medizinern im Herzogtum Nassau zählte, die bereits mit dieser neuen Erfindung, Stethoskop genannt, arbeiten konnten. Erst vor zwei Jahren hatte ein französischer Kollege das revolutionäre Diagnosegerät entwickelt. Der Professor war einer der ersten gewesen, die es sich angeschafft haben.
Der Arzt hob den Kopf und trat einen Schritt von seiner Patientin zurück. »Danke, das war's. Sie können sich wieder ankleiden.« Das Mädchen warf ihm einen dankbaren Blick zu und verschwand hinter dem vergilbten Paravent, der eine Ecke des altväterlich eingerichteten Sprechzimmers vor neugierigen Blicken abschirmte. Froebius krempelte die Hemdsärmel herunter, schloss die Manschetten und zog wieder seine Hausjacke aus weinrotem Samt an.
»Alles in Ordnung, Madame Schneider«, sagte er zu der Gouvernante, die ebenso stumm wie verbissen auf einem harten Holzstuhl hockte. »Es ist nur eine leichte Sommererkältung. Wenn das junge Fräulein Zugluft und Feuchtigkeit meidet, wird es sich bald wieder wohl fühlen.«
Die grauhaarige, aber mit den ungeheuerlichsten Farbexzessen der aktuellen Empire-Mode ausstaffierte alte Jungfer hatte den Arzt während der Untersuchung nicht einen Moment aus den Augen gelassen. Auch jetzt signalisierte ihr unter dem kanariengelben Schutenhut hervorstechender Geierblick unverhohlenes Misstrauen.
»Naa, dafür hätt's ja wohl net den Dokter gebraucht«, keifte die Alte in der breiten Mundart der Maingegend. »Aber wenn's dem gnädigen Herrn um sei' Töchterche geht, is' ihm nix zu deuer...«.
Missmutig stand