stern GESUND LEBEN eBook: Ratgeber Gesundheit: Psyche und Organe / Woran Sie erkennen, ob Ihr Arzt Sie gut behandelt / Kompass: Diagnose und Therapie für 30 häufige Krankheiten
By Stern
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Der Ratgeber Gesundheit von stern GESUND LEBEN gibt ausführliche Antworten und bereitet Patienten bestmöglich auf die nächste Sprechstunde vor. Das eBook bietet Informationen zu 30 weit verbreiteten Krankheiten - von Rückenschmerzen und Sodbrennen über Asthma bis hin zum Herzinfarkt.
Im verständlichen Diagnose- und Therapie-Kompass erfahren Sie zudem, wie Sie selbst zur Heilung beitragen können. Basis des Ratgebers sind die neusten Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften, die regelmäßig auf Basis von Studien überarbeitet werden.
Der Ratgeber Gesundheit erklärt zudem das faszinierende Zusammenspiel von Psyche und Organen. Er gliedert sich in die Kapitel "Herz & Kreislauf", "Muskeln & Gelenke", "Magen", "Darm", "Haut" und "Lunge". Zu jedem Organ werden ausführliche Informationen zur Prävention geliefert und klassische Risikofaktoren erläutert. Denn oft passt die moderne Lebensweise nicht zur Biologie des Menschen.
Das eBook zeigt daher auf, was gesund hält und heilt: Beispielsweise wirkt sich Joggen nicht nur positiv auf Muskeln und Gelenke aus, sondern stärkt auch das Immunsystem und fördert die Anpassungsfähigkeit des Gehirns.
Dieses eBook ist die digitale Ausgabe des 140-seitigen Heftes stern GESUND LEBEN Spezial, das im Frühjahr 2013 erschienen ist.
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stern GESUND LEBEN eBook - Stern
HERZ UND KREISLAUF
Zuverlässig und scheinbar unbeirrbar schlägt unser Lebensmuskel. Doch er ist sensibler, als viele ahnen. Leidet die Seele, gerät auch das Herz oft aus dem Takt
Von MICHAEL STOESSINGER und ASTRID VICIANO
ES GIBT SÄTZE, die wirken für immer nach. „Mama, musst du jetzt sterben?", ist so ein Satz. Gesprochen von einem zehnjährigen Kind an einem feuchtkalten Dezembertag in Hamburg. Adressiert an die 42 Jahre alte Mutter. Eben noch scheinbar unverwundbar und jung, jetzt am Straßenrand zusammengesackt, das Gesicht so weiß. Das Blut gestaut, ein unterbrochener Fluss ins Herz. Nein, man muss nicht sterben am Verschluss eines Herzkranzgefäßes. Wenn schnell genug Hilfe da ist. Aber er muss Folgen haben, muss etwas ändern im Leben. Da hilft so ein Satz.
Ein anderer Satz, der heilsam sein kann: „Sie müssen jetzt mal im Buch Ihres Lebens zurückblättern und schauen, was Sie belastet, Sie müssen Ballast abwerfen." Das sagt der Kardiologe, einen Tag nach dem lebensrettenden Einsatz, nach der Weitung und Stabilisierung des verstopften Gefäßes. Auch dieser Satz bleibt unauslöschbar im Gedächtnis. Und das ist gut so.
Auch das Herz nämlich vergisst nicht schnell. Nicht die verrauchten Tage und Nächte, nicht den bewegungsarmen Trott, nicht die hochkalorischen Belohnungen für die Alltagsmühen. Genauso wenig wie all die familiären und beruflichen Belastungen, den Selbstoptimierungswahn und die Versagensängste. Die Feindseligkeit, die sich in einem anstauen kann, die Trauer nach einer gescheiterten Beziehung.
Oft genug kommen im Leben gleich mehrere Faktoren zusammen – und schaukeln sich verhängnisvoll hoch. Mehr als 40 Prozent aller Todesfälle gingen 2010 in Deutschland auf Herz-Kreislauf-Leiden zurück. Kein anderes Krankheitsbild kostet derart viele Leben. Rund 60 000 Menschen starben an einem Herzinfarkt, mehr als anderthalb Millionen leiden Schätzungen zufolge unter den Vorboten, der koronaren Herzkrankheit. Und noch viele mehr leben mit hohem Herz-Risiko, ohne es zu wissen.
Für einen großen Teil der noch Gesunden ist der Motor des Lebens nicht mehr als ein Hohlmuskel. Eine zentrale Betriebseinheit, die weitgehend wartungsfrei arbeitet, mit 60 bis 100 Schlägen pro Minute, mit drei Milliarden Schlägen insgesamt, wenn das Leben lang genug währt. Nichts als eine grobmotorische Pumpstation, die über das Gefäßsystem jeden Winkel des Körpers mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt.
WER ABER NUR EINMAL auf dem Ultraschall den embryonalen Herzschlag gesehen hat, weiß, was das Lebendige für uns lebendig macht. Das aus sich selbst heraus bewegte Herz, es berührt unser Gefühl, so wie es seinerseits von Emotionen berührt wird. Bis heute spiegelt sich die Bedeutung des Herzens in unserer Sprache wider. Wir tragen das Herz auf der Zunge, oder wir schütten es aus. Wir verschenken es, verlieren es, oder es wird gebrochen. Und manchmal rutscht es uns auch in die Hose.
Die Medizin des 20. Jahrhunderts brachte revolutionären technischen Fortschritt, auch für die Behandlung des Herzens. Mit ihren Transplantationsrekorden und Kathetereingriffen, mit EKG-Präzision und Bypass-operationen retteten Ärzte unzähligen Menschen das Leben. Die Herz-Kreislauf-Erkrankungen auszurotten gelang jedoch nicht. Die Mediziner mussten erkennen, dass die technischen Fortschritte allein nicht reichten. Sie mussten und müssen lernen, dass die Therapie und auch die Vorbeugung nur Erfolg haben können, wenn das Verhalten und die Lebensgeschichte des Einzelnen im Mittelpunkt stehen.
DAS 21. JAHRHUNDERT BRINGT daher den aufgeklärten, den ganzheitlich denkenden Mediziner. Artikel eins des Lebensgesetzes – mens sana in corpore sano, ein gesunder Geist in einem gesunden Körper – wird um einen zweiten Absatz ergänzt: Ein gesunder Geist ist die Voraussetzung für einen gesunden Körper. Nicht nur der Muskel in unserer Brust reagiert nämlich auf unser Gefühlsleben, sondern alle Organe des Menschen: Skelettmuskeln und Lunge, Haut und Magen und auch der schlecht beleumundete Nahrungsverwerter, der Darm.
Lange ist die Körper und Seele verbindende Psychosomatik belächelt worden, galt sie doch als Kontamination der reinen Lehre von den Funktionen des Organismus. Viktor von Weizsäcker, Onkel des ehemaligen Bundespräsidenten, war Arzt und Gelehrter und gilt als der Gründungsvater der psychosomatischen Medizin in Deutschland. Er plädierte schon vor 80 Jahren für eine methodisch strenge Erfassung dessen, was über die schlichte Funktion oder über Defekte einzelner Organe hinausgeht. Weizsäcker vermutete, was heutige Erkenntnisse aus Epigenetik, Psychoneuroendokrinologie und Psychoneuroimmunologie mittlerweile belegen: Die psychische Stabilität hat einen direkten Einfluss auf die körperliche Gesundheit.
Ein Menschenleben später haben die Kernideen der Psychosomatik endlich auch in der Herzheilkunde einen Platz erobert. Die noch junge Wissenschaft der Psychokardiologie ergründet, wie sich das Seelenleben auf Versorgung und Pumpleistung des Herzens auswirkt und umgekehrt. Bei Kardiologie- und Herzchirurgie-Kongressen gehören heute die psychosozialen Aspekte der Herzmedizin dazu.
Es war auch höchste Zeit. 2020 wird die koronare Herzkrankheit Prognosen zufolge den Spitzenplatz unter den chronischen Gebrechen einnehmen, unmittelbar gefolgt von der Depression. Und beide, das wird immer deutlicher, sind miteinander verwoben.
Die Daten der Epidemiologen sind eindeutig: Eine angegriffene Psyche kann die Entstehung oder den ungünstigen Verlauf einer Herzkrankheit zur Folge haben. Angst und Einsamkeit, Misstrauen, Feindseligkeit und Aggressionen gefährden das Herz. Genauso wie die Depression, die offen benannte und jene, die manchmal dahinterliegt, wenn einer von Burnout spricht.
BURNOUT, das klingt besser, und es signalisiert ein Versprechen: Heute habe ich mein schöpferisches Potenzial ausgebrannt, aber morgen wird das schon wieder. Nur: Wenn es weder morgen noch übermorgen noch in einem halben Jahr wieder da ist, dann manifestiert sich womöglich eine depressive Episode – und das bedeutet für den Organismus Stress in der ungesunden, der chronischen Variante. Während „normaler Stress die Alarmsysteme des Körpers nur für eine überschaubare Zeit hochfährt, gibt es bei Dauerbelastung für manche kein Zurück. Die Depression erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass ein ansonsten Gesunder Schaden an den Herzkranzgefäßen nimmt, um mindestens 60 Prozent. Sind die Koronararterien durch einen riskanten Lebenswandel bereits angegriffen, verdoppelt der pathologische Trübsinn das Sterberisiko. „Oft findet sich sechs Monate vor dem Herzinfarkt ein Knick in der Lebenslinie des Patienten
, hat der Epidemiologe Karl-Heinz Ladwig vom Helmholtz-Zentrum München beobachtet.
Aber auf welche Art hängen Schwermut und die Verengung der Kranzgefäße zusammen? Was genau passiert da im Körper, auf der Ebene der Moleküle? Einer, der das herausfinden will, ist der Arzt und Biochemiker Thomas Meyer von der Universitätsmedizin Göttingen. Im hellen Flachbau einer ehemaligen Kinderklinik forscht er gemeinsam mit der Chemikerin Julia Staab in der Arbeitsgruppe für Molekulare Psychokardiologie unter anderem an gentechnisch mutierten Mäusen.
Sein Ausgangspunkt: Viele Forscher haben beobachtet, dass es ein Zusammenspiel zwischen drei Prozessen gibt: zwischen der Arteriosklerose, der Depression und Entzündungen als einer Reaktion des Immunsystems.
Arteriosklerose ist der Fachbegriff für die Verengung und Verhärtung der Arterien. Dabei entstehen an den Innenseiten der Gefäße Ablagerungen: Feine Risse in der Gefäßwand lassen zunächst Fett-Transporter aus dem Blut in die innerste Schicht der Blutgefäße vordringen. Nun kommt ausgerechnet das Immunsystem ins Spiel, dessen Funktion es doch eigentlich ist, unseren Körper zu schützen: Seine Fresszellen folgen nach, um die Fremdkörper wieder zu entfernen, und verursachen auf diese Weise eine Entzündung. Es entsteht eine unheilvolle Plaque aus fetthaltigen Zellen, Bindegewebe und glatten Muskelzellen, die die Gefäßwand verdickt, den Blutfluss einschränkt – und sogar zum Infarkt führen kann, wenn sie aufreißt oder sich ein Thrombus bildet. Immunreaktionen, so viel ist also gewiss, spielen eine bedeutsame Rolle bei der Entstehung von Arteriosklerose.
DIE MÄUSEEXPERIMENTE in Thomas Meyers Labor sollen nun im Detail zeigen, wie zwei andere Faktoren miteinander zusammenhängen: Immunbotenstoffe, die beim Aufbau der Abwehrkräfte im Organismus eigentlich so segensreich wirken, und Depression. Mäuse nämlich, die bestimmten Immunbotenstoffen besonders stark ausgesetzt sind, zeigen Anzeichen von Depression. Kann es also sein, dass es die chemischen Prozesse der Immunreaktionen sind, die gleichermaßen Psyche und Gefäße schädigen? Und wie passt das zu der Erkenntnis, dass die Depression ihrerseits Entzündungen fördert, wie übrigens auch Fettleibigkeit? Der Epidemiologe Ladwig und seine Kollegen konnten jedenfalls beobachten, dass bei Übergewichtigen die Entzündungszeichen im Blut erhöht sind – bei solchen mit Depressionen aber noch viel mehr.
Noch besteht ein gewaltiger Forschungsbedarf, um die Details genau zu entschlüsseln. Sicher aber ist: Es finden sich mehr und mehr Fäden, die Psyche und Herz über Entzündungen und Immunreaktionen auf unheilvolle Weise verknüpfen. Und das nicht nur auf dem direkten Weg der Botenstoffe. Denn unsere Emotionen beeinflussen ebenfalls, wie wir mit unserem Körper umgehen. Menschen zum Beispiel, die langfristig großem Stress ausgesetzt sind und sich überfordert fühlen, gewöhnen sich häufig ein ungesundes Verhalten an, um mit der Situation zurechtzukommen. Wie einer, der in der Wüste viel schwitzt, um nicht zu überhitzen, und deshalb austrocknet. „Die Art und Weise, wie er sich schützen will, wird zum Teil des Problems", sagt Epidemiologe Ladwig.
Um Stress abzubauen, rauchen viele Menschen, essen übermäßig, zu süß oder zu fett. Sie trinken zu viel, um „runterzukommen". Diese Form des vermeintlichen Runterdimmens ersetzt die Bewegung. Metabolisches Syndrom nennen Mediziner die in ihrer Wirkung ineinandergreifenden Risiken, die aus dieser Lebensweise erwachsen – das klingt schon nach Teufelswerk und Teufelskreis, nach Mephisto und seinen Verlockungen. Gemeint ist das Quartett aus Fettleibigkeit, Insulinresistenz, Bluthochdruck und einem zu hohen Cholesterinspiegel – die klassischen Risikofaktoren für einen Herzinfarkt.
DAS WISSEN um ihr todbringendes Wirken ist weniger alt, als wir gemeinhin glauben: Wir verdanken es einem außergewöhnlichen Forschungsprojekt, das 1948 in der kleinen Stadt Framingham bei Boston begann. Zum ersten Mal überhaupt widmeten sich Wissenschaftler damals der Frage, warum manche Menschen einen Herzinfarkt erleiden und andere nicht. Gesunde Bürger der Stadt wurden rekrutiert und seither beobachtet, inzwischen sind es mehr als 15 000 in drei Generationen. Über zehn Jahre dauerte es, bis die Studie erste Ergebnisse lieferte. 1960 machte eine Auswertung das Rauchen als Risikofaktor für Herzerkrankungen aus, später kamen Bluthochdruck und ein hoher Cholesterinspiegel, Übergewicht, Diabetes mellitus und Herzerkrankungen in der Familie als Gefahren fürs Herz hinzu. Mehr als 200 Risikofaktoren kennen Mediziner heute. „Aber Framingham war die Studie aller Studien. Die damals ermittelten Risikofaktoren sind auch heute noch die wichtigsten", sagt Stefan Blankenberg, Leiter der Klinik für Allgemeine und Interventionelle Kardiologie am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf.
Dass überflüssige Pfunde das Risiko für Herzerkrankungen steigern, ist inzwischen weit verbreitetes Wissen. Besonders gefährlich ist dabei das Fett, das sich im Bauch zwischen unseren Organen einnistet. Es entlässt bestimmte Botenstoffe und Fettsäuren in die Blutbahnen, die den Zucker- und Fettstoffwechsel mächtig durcheinanderbringen. So bewirken sie zum Beispiel, dass Körperzellen weniger empfindlich auf Insulin reagieren – jenes Hormon, das nach dem Essen den Zucker aus dem Blut in die Zellen schleust. Als Folge steigt der Blutzucker an, und mehr Insulin wird ausgeschüttet, um den Zuckertransport in die Zellen anzutreiben. Schlimmstenfalls entsteht in der Folge Diabetes mellitus.
Bleibt der Blutzucker dauerhaft erhöht, schadet das der Innenwand der Blutgefäße, treibt Immunreaktionen in den Ablagerungen voran und verdickt zudem das Blut. „Diabetes mellitus ist einer der bedeutendsten Risikofaktoren bei der Entstehung einer koronaren Herzkrankheit", sagt Thomas Meinertz, Vorsitzender der Deutschen Herzstiftung.
UND ER SCHADET NICHT NUR DIREKT, sondern auch auf Umwegen: Als Folge von Diabetes geraten mehr Fettsäuren in die Blutbahn. Vor allem aber schwimmen weniger nützliche und mehr schädliche Fett- Transporteure in den Adern. Übergewicht senkt die Konzentration des nützlichen HDL-Cholesterins, das normalerweise die schädlichen LDL-Partikel aus dem Blut zur Leber abtransportiert. Daher kann sich das LDL-Cholesterin fast ungestört in den Gefäßwänden ablagern und Plaques bilden. Bei Patienten mit Fettstoffwechselstörungen, Diabetes und Übergewicht kommt oft noch ein hoher Blutdruck hinzu. Dieser schädigt ebenfalls die Innenwand der Blutgefäße und beschleunigt das Fortschreiten der Arteriosklerose. Und stellt zusätzlich für das Herz-Kreislauf-System eine große Belastung dar: Das Herz muss stärker pumpen, bis es irgendwann überfordert ist und versagt. Diese Risiken sind umso größer, je höher der Druck dauerhaft liegt. Und der kann nicht nur durch achtlose Lebensführung steigen. In manchen Familien kommt die sogenannte Hypertonie einfach gehäuft vor, ebenso wie koronare Herzkrankheiten. „Bei diesen