Die Anatomie des Pferdes: Eine Reise durch den Pferdekörper
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Die Anatomie des Pferdes - Dr. Christina Fritz
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Anatomische Grundlagen
Die Anatomie hat den Menschen schon von alters her interessiert. Der Begriff Anatomie leitet sich aus dem lateinischen „anatemnein ab, was so viel wie „zerschneiden
oder „zergliedern bedeutet. Den größten Teil unserer anatomischen Kenntnisse verdanken wir entsprechend auch denen, die tote Tiere zerschneiden und damit die funktionellen Einheiten sichtbar machen. Aus dem Zerlegen in seine kleinsten Einheiten kommt das Verstehen der Funktionen, der Zusammenhänge und damit das Verständnis für den ganzen Körper. Die Anatomie bildet daher nicht nur die Grundlage für die tierärztliche Therapie – zu verstehen, welcher Körperteil nicht mehr funktioniert, um ihn wieder zu „reparieren
–, sondern ist auch die Basis für eine korrekte Reitlehre.
Die Körperteile des Pferdes. (Zeichnung: Retsch-Amschler)
Reiter- und Tierärztelatein
In diesem Buch werden Ihnen viele lateinische Begriffe begegnen, da Latein seit je die Sprache der Mediziner ist. Aber keine Angst, so schwer ist das alles nicht! Einige dieser lateinischen Namen haben bereits Eingang in unseren Sprachgebrauch gefunden. So kennen viele Reiter den „Longissimus", den langen Rückenmuskel, der wie ein Gummiband die Kraft der Hinterhand auf die Vorhand überträgt. Viele dieser Bezeichnungen sind recht blumig, zum Beispiel das Os sacrale, das Kreuzbein, dessen Name sich von seiner Kreuzform ableitet. Andere wiederum sind aus der vergleichenden Anatomie zwischen den Tierarten entstanden. So kann ein Musculus extensor (wörtlich übersetzt: Streckmuskel) auch eine Beugefunktion haben, je nachdem, wie bei dem jeweiligen Tier die Lage der Gelenke zueinander ist. Nicht alle Tiere sind Zehenspitzengänger wie das Pferd, das ähnlich wie eine Ballerina läuft. Viele sind Zehengänger, beispielsweise die Katze oder der Hund. Oder sogar Sohlengänger, wie der Mensch oder der Dachs. Dennoch hat derselbe Muskel immer denselben Namen.
Durch die lateinischen Bezeichnungen in diesem Buch werden Sie auch in der Lage sein, Ihren Tierarzt oder Ihren Pferdeosteopathen besser zu verstehen, wenn er mit Ihnen über die gesundheitlichen Probleme Ihres Pferdes spricht. An einigen Stellen haben sich nicht lateinische Begriffe im Sprachgebrauch durchgesetzt, die wir hier im Buch auch verwenden werden, beispielsweise Karpalgelenk oder Fesselgelenk. In der Reitersprache haben sich auch Begriffe eingebürgert, die anatomisch nicht korrekt sind, wie zum Beispiel „Vorderknie" für das Karpalgelenk. Hier kann es schnell zu Missverständnissen kommen, wenn der Pferdebesitzer das Karpalgelenk meint, der Tierarzt aber das Knie am Hinterbein untersucht.
Um die Anatomie zu beschreiben, werden Begriffe verwendet, die zum Teil aus der Reitlehre, zum Teil aus der Medizinersprache kommen. Für die Richtungen werden hier nicht die naheliegenden deutschen Begriffe wie „oben oder „unten
verwendet, weil diese Bezeichnungen sich schon ändern, wenn das Pferd beispielsweise für eine Operation auf den Rücken gedreht werden muss. Daher benutzen wir lateinische Bezeichnungen wie „dorsal oder „ventral
. In der Reitlehre verwendet man zusätzlich Begriffe für die Bewegungsrichtung. Adduktion bezeichnet dabei das Heranziehen des Beins zur Mittellinie hin, Abduktion das seitliche Wegstrecken des Beins. Besonders deutlich wird die Adduktions-Abduktions-Bewegung bei der Traversale.
In der Traversale kann man die Adduktions-Abduktions-Bewegung besonders gut erkennen. (Foto: Slawik)
Beim Buckeln wölben Pferde ihren Rücken besonders deutlich in die Flexion. (Foto: Slawik)
Der Rücken dieses Pferdes befindet sich deutlich in Extension. (Foto: Slawik)
Die Flexion des Rückens ist das Ziel jeder Reiterei, das heißt, die Aufwölbung des Rückens nach oben. Dafür muss das Kreuzbein, also das Ende der Wirbelsäule, ebenso wie das Becken in eine „sitzende" Bewegungsrichtung abkippen. Diese Bewegung wird ebenfalls als Flexion bezeichnet. Das Gegenteil, also der weggedrückte Rücken, wird Extension genannt, ebenso wie die Bewegung von Becken und Kreuzbein beim Ausstellen der Hinterhand.
Anatomische Bezeichnungen im Überblick
Regionen:
Vorhand: Alles am Pferd von der Nase bis zur Schulter, auch die beiden Vorderbeine.
Mittelhand: Der Bereich zwischen Vorder- und Hinterhand, also Rücken, Brust- und Bauchhöhle mit den jeweiligen Organen.
Hinterhand: Alles, was hinter der Flanke kommt, also Kruppe und Hinterbeine.
Körperteile:
Sehr ähnlich wie beim Menschen sind die Körperteile beim Pferd benannt: Kopf, Hals, Schulter, Oberarm, Unterarm, Handwurzel, Zehe, Rücken, Bauch, Brust, Hüfte, Oberschenkel, Unterschenkel, Fußwurzel. Der einzige Unterschied ist, dass das Pferd auf vier Füßen läuft, also eigentlich auf Händen und Füßen und noch dazu auf der Zehenspitze. Daher heißt alles, was unterhalb des Karpal- beziehungsweise Sprunggelenks liegt, „Zehe".
Richtungen:
Kranial: vorn oder kopfwärts. Am Kopf spricht man auch von rostral, wenn es Richtung Nase geht, oder von kaudal, wenn es Richtung Ohren geht.
Kaudal: hinten oder schweifwärts.
Dorsal: oben oder rückenwärts.
Ventral: unten oder bauchwärts.
Medial: zur Körpermittellinie hin. Beim Bein ist das die Adduktionsbewegung.
Lateral: seitlich von der Körpermittellinie weg. Beim Bein ist das die Abduktionsbewegung.
Die anatomischen Lagebezeichnungen. (Foto: Slawik)
Am Bein gibt es zusätzlich noch folgende Begriffe:
Proximal: in Richtung Körper.
Distal: in Richtung Fuß.
Palmar: am Vorderbein die Rückseite, also eigentlich die „Handflächenseite".
Plantar: am Hinterbein die Rückseite, also eigentlich die „Fußsohlenseite".
Die Vorderseiten der Beine, also die Handrücken- oder Fußrückenseite, werden wieder mit „dorsal" bezeichnet.
Der Bewegungsapparat
Pferde sind Bewegungstiere. (Foto: Slawik)
Der Bewegungsapparat des Pferdes besteht aus einem passiven Anteil, darunter versteht man Knochen und Gelenke, und einem aktiven Anteil, der die gesamten Muskeln umfasst. Das Zusammenspiel beider Anteile ist notwendig, damit sich das Pferd bewegen kann. Muskeln ohne Knochen können sich zwar zusammenziehen, kommen aber nicht vom Fleck. Ein Skelett ohne Muskeln kann noch nicht mal allein stehen, weil schon für das Stehen die Spannung der Muskulatur notwendig ist. Das Skelett gibt also die notwendige Stabilität und die Ansatzpunkte für die Muskeln, die den Körper dann bewegen.
Die Knochen
Die Knochen haben im