Frühförderung für Welpen: Der Züchter hat es in der Hand
By Madeleine Franck and Rolf C. Franck
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About this ebook
Ein guter Züchter will seinen Welpen einen optimalen Start ins Leben ermöglichen. Dabei ist das Wissen über gesundheitliche Aspekte der Hundezucht oft groß. Weniger beachtet wird, dass viele Verhaltensprobleme auf die Kinderstube zurückzuführen sind, und dass der engagierte Züchter durch konkrete Maßnahmen effektiv vorbeugen kann. Wie das geht, erfährt der Leser in diesem Buch, das auch für angehende Welpenbesitzer wertvolle Informationen enthält. Sie können nach der Lektüre erkennen, was sie von einem verantwortungsvollen Züchter erwarten dürfen und wie eine optimale Aufzucht die besten Grundlagen für ein problemfreies Zusammenleben legt.
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Book preview
Frühförderung für Welpen - Madeleine Franck
Der
TRAUMHUND
Ein Traumhund muss individuellen Vorstellungen gerecht werden und zum Beispiel besonders kinderfreundlich sein. Foto: Shutterstock
Für die zukünftigen Besitzer eines Welpen wird dieser eine Hund etwas Besonderes sein. Vielleicht haben sie bestimmte Ziele, die sie mit ihm verwirklichen wollen. Vielleicht haben sie grobe oder sogar genaue Vorstellungen von den Eigenschaften, die er mitbringen soll. Sicherlich haben sie die Hoffnung, dass dieser Welpe zu ihrem Traumhund werden und ihr Leben fortan bereichern wird.
Für den Züchter bedeutet dies, dass er nicht nur einen, sondern gleich mehrere Hunde züchten muss, die den Kriterien eines potenziellen Traumhundes genügen. Egal ob der Züchter in einem Wurf nur drei/vier oder sogar zehn/zwölf Welpen hat – die Erwartungen des einzelnen Welpenkäufers bleiben dieselben. Wer bei der Hundezucht nur die besten Absichten hat, wird sich schon lange vorher Gedanken über die Auswahl der Zuchtpartner machen. Nicht nur die Wurfplanung, auch der Verlauf der Trächtigkeit hat Auswirkungen auf das spätere Verhalten der Welpen. Die Herausforderungen, die den Züchter während der ersten acht Wochen erwarten, steigen außerdem in Abhängigkeit von der Wurfgröße. Je mehr Welpen er betreuen muss, desto mehr wird die Aufzucht zum 24-Stunden-Job. Wofür tut man all das eigentlich?
Wünsche und Vorstellungen des modernen Hundehalters
Die Rolle des Hundes in unserer Gesellschaft hat sich im Lauf der Zeit stetig verändert. Selbst nachdem Hunde längst nicht mehr nur als Wach-, Jagd- oder Hütehunde gehalten wurden oder einen anderen Zweck erfüllten, wurde ihnen noch lange nicht die gleiche Bedeutung zugemessen wie heute.
Früher war es geradezu unspektakulär, einen Hund zu haben. Dass ein Welpe im Stall oder Zwinger geboren wurde, war normal, die Idee einer Welpenschule undenkbar. Bestimmt wurden auch die Hunde vor 50 Jahren schon geliebt, aber sie waren in der Regel weder Kindersatz noch ein „Projekt" ihrer Besitzer.
Heute spielt die Qualität der Beziehung zum Hund eine wichtige Rolle für seinen Menschen. Hunde werden selbstverständlich als Familienmitglieder betrachtet, was den Anspruch an ihr Verhalten erhöht hat. Die Anpassungsleistungen, die Hunde in der modernen Welt vollbringen müssen, sind enorm. Ein durchschnittlicher Hundebesitzer wünscht sich vor allem, dass der Hund sich problemlos und friedlich in den Alltag und das Familienleben integriert. Das bedeutet in der Praxis, dass der Hund
sich Menschen gegenüber freundlich und gelassen verhält.
mit fremden Hunden klarkommt.
stundenweise allein bleibt.
überall mit hingenommen werden kann.
zu Hause ruhig ist.
brav und folgsam tut, was man ihm sagt.
Je nach Lebensbedingungen ließe sich diese Liste endlos fortsetzen – vielleicht muss der Hund im Alltag Straßenbahn fahren, sich im Büro langweilen, Kindergeschrei ausblenden und so weiter. Darüber hinaus hat ein moderner Hundebesitzer den Anspruch, zu seinem Vierbeiner eine tiefe emotionale Beziehung aufzubauen. Er möchte mit ihm schmusen und spielen, für ihn sorgen, sich um ihn kümmern, ihn lieben. Im Gegenzug wünscht er sich, für den Hund wichtig zu sein, von ihm geliebt zu werden und gemeinsam mit ihm eine schöne Zeit zu verbringen.
Sieht man einmal von der beträchtlichen Gruppe naiver Welpeninteressenten ab, die einen Hund möglichst süß, billig und schnell kaufen wollen, haben sich auch die Ansprüche an die Züchter verändert. Je bewusster sich ein Welpenkäufer mit seinen eigenen Zielen für den Hund auseinandersetzt, desto konkreter sind die Wünsche, die er an den Züchter stellt. Wer mit züchterischen oder hundesportlichen Ambitionen nach einem Welpen sucht, wird nicht nur nach einem Rassehund, sondern nach bestimmten Merkmalen schauen. Aber auch diejenigen, die „nur" einen Familienhund suchen, kümmern sich im Vorfeld deutlich mehr als früher.
Für den engagierten Züchter ist dies eigentlich ein Glück: Wer wünscht sich für seine Welpen nicht das bestmögliche Zuhause bei vorinformierten Menschen, die bereit sind, Zeit, Liebe, Energie und Geld in ihren Hund zu stecken?
Welche Zuchtziele verfolgt man als Züchter? Showtitel werden den wenigsten Welpenkäufern wichtig sein. Foto: Stefano Tinti / Shutterstock.com
Ziele des Züchters
Sucht man bei Google nach dem idealen Familienhund, findet sich diese Bezeichnung in den Beschreibungen der unterschiedlichsten Rassen. Was den individuellen Traumhund letztendlich ausmacht, muss also etwas sein, das rasseunabhängig ist.
Wir wissen alle, dass es auch innerhalb von Rassezuchtvereinen viele Züchter gibt, für die der Erlös aus den Welpenverkäufen der ausschlaggebende Grund für die Zucht ist. Ebenso wird es Züchter geben, die außerhalb von Vereinen ohne jede offizielle Überprüfung mit viel Sachverstand aus reinem Idealismus züchten. Wir wollen es uns nicht anmaßen, die Beweggründe des Einzelnen zu bewerten. Ebenso wenig halten wir es für relevant, welche vorrangigen Zuchtziele jemand verfolgt. Unabhängig davon, ob man als Züchter vielleicht das Ziel hat, den perfekten Showchampion oder den nächsten Agilityweltmeister zu züchten, wird sich doch immer im Alltag entscheiden, wie glücklich Mensch und Hund miteinander werden. Neben gesundheitlichen Aspekten sind es also vor allem die Wesensmerkmale beziehungsweise die Persönlichkeit und die Grundeinstellung des Hundes, die es zu beeinflussen gilt.
Dieses Buch wendet sich an alle Züchter, die es richtig gut machen wollen. An alle, die eine bewusste Zuchtauswahl und eine engagierte und informierte Aufzucht leisten wollen. An diejenigen, die das Ziel verfolgen, ihren Welpen den perfekten Start zu ermöglichen, der ein ganzes Hundeleben lang trägt und späteren Verhaltensproblemen vorbeugt.
Was alles schiefgehen kann, offenbart ein Blick in die TV-Shows der Hundeflüsterer oder die Fachbuchregale der Buchhandlungen. Ein ganzer Markt, von Hundeschulen bis hin zu Herstellern diverser Erziehungshilfsmittel, lebt davon, dass Menschen Probleme im Zusammenleben mit ihrem Vierbeiner haben. Selbst wenn der Welpe noch so überlegt ausgesucht wurde, kommt es vielleicht irgendwann zu
Aggressionen gegenüber dem Besitzer, zum Beispiel in Zusammenhang mit der Fütterung, beim Bürsten, Krallenschneiden, Festhalten, Vom-Sofa-Schicken, Wegnehmen von Spielzeug.
Problemen mit Artgenossen wie Begegnungsprobleme auf dem Spaziergang, Aggressionen gegenüber Hunden im gleichen Haushalt.
Ängsten, zum Beispiel vor Geräuschen, Gewitter, Menschen allgemein oder Kindern, bestimmten Situationen, dem Staubsauger
Hetzen und Jagen von Wild, Verfolgen von Joggern und Radfahrern.
Schwierigkeiten beim Alleinbleiben.
übermäßigem Bellen.
unangemessenem Begrüßungsverhalten, zum Beispiel wenn Besuch kommt oder beim Zusammentreffen auf dem Spaziergang.
Erziehungsproblemen wie nicht funktionierender Rückruf, schlechte Leinenführigkeit.
Hyperaktivitätssymptomen wie ständige Unruhe, leichte Ablenkbarkeit, Anspringen, Beißen in Hände oder Leine.
Futterunverträglichkeiten, Durchfall bei Aufregung, Hautreaktionen, Kratzen und Belecken.
Problemen beim Autofahren wie Übelkeit, Nicht-Einsteigen-Wollen, übermäßige Erregung.
Unsauberkeit.
Zerstörung von Einrichtungsgegenständen.
und so weiter.
Nun könnte man glauben, dass diese Entwicklung allein in der Verantwortung des Hundebesitzers liegt. Was hat der Züchter schon für einen Einfluss darauf, ob der Welpe später zuverlässig kommt, wenn er gerufen wird, ob er ein Jagdproblem oder Angst vor Silvesterkrachern entwickelt, ob er Besuch freudig anspringt oder gar bedroht?
Abhängig von der Vorbereitung durch den Züchter kann es der zukünftige Besitzer leicht oder schwer haben, eine Beziehung zu seinem Hund aufzubauen, ihn zu erziehen und Problemen vorzubeugen. Das Ziel eines jeden guten Züchters sollte es sein, der neuen Familie einen Hund zu übergeben, mit dem sie die besten Chancen auf ein unkompliziertes Zusammenleben hat.
Eigenschaften eines Traumhundes
Ein Hund, mit dem sich das Zusammenleben problemlos gestalten lässt, zeichnet sich aus durch
enge Bindungsbereitschaft an seine Bezugspersonen
Nervenstärke in allem Lebenslagen
Weltoffenheit
Freundlichkeit
guten Gehorsam
Acht entscheidende Wochen
Nicht nur Hunde, auch Menschen verfügen über ein recht großes Anpassungspotenzial. An viele Macken des Hundes gewöhnt man sich einfach, andere belasten das Zusammenleben jedoch enorm. Die meisten Verhaltensprobleme sind in erster Linie Erregungsprobleme, das heißt, der Hund reagiert auf bestimmte Reize mit übermäßiger Erregung und verhält sich unerwünscht oder un angemessen. Je größer die Aufregung, desto weniger hat sich der Hund unter Kontrolle, stattdessen reagiert er unbewusst und instinktiv.
Die häufigsten Probleme mit Hunden haben ihren Ursprung bereits im Welpenalter, wenn nicht sogar davor. Von den meisten Züchtern wird völlig unterschätzt, welch enormen Einfluss sie mit jeder Verpaarung, Trächtigkeit und Aufzucht auf das spätere Verhalten und besonders die Erregungsbereitschaft und Stressresistenz der von ihnen gezüchteten Hunde haben.
Wenn wir von „Frühförderung für Welpen" sprechen, mag der eine oder andere wie schon angesprochen an den Frühförderwahn bei Kindern denken. Viele Eltern haben heute das Gefühl, ihr Kind könne später nur dann in unserer Welt bestehen, wenn es schon im Säuglingsalter die richtige Stimulation erhält, den passenden Schwimmkurs besucht und mit Sprachlern-CDs beschallt wird. Wer alles richtig machen will, informiert sich über die neuesten Erkenntnisse der Hirnforschung, redet über Zeitfenster für bestimmte Erfahrungen und wird anfällig für Gurus, die versprechen, den einzig wahren Weg zum erfolgreichen oder glücklichen Kind gefunden zu haben – je nach Ausrichtung. Betrifft dieser Trend nun also auch die Hundezüchter und -besitzer?
Tatsächlich nehmen Hunde für ihre Besitzer heutzutage mehr denn je die Rolle eines Kindes ein. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die gleichen Mechanismen wirksam werden, die auch Eltern bei der Förderung ihres Nachwuchses antreiben: Der Wunsch, dem jungen Lebewesen, für das man verantwortlich ist, nur das Beste zu bieten, und die Angst, etwas falsch zu machen. Genau wie Eltern sind viele Hundebesitzer angesichts der sich widersprechenden Philosophien und Erziehungsansätze oft stark verunsichert.
Bis zu einem gewissen Grad gehen wir