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Der GAU: Roman
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Der GAU: Roman

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About this ebook

Terroranschlag auf ein deutsches Atomkraftwerk?! Polizei und Staatsanwaltschaft bekommen es mit einem der mächtigsten Wirtschaftskartelle zu tun.

Die PaCon, eine verbrecherische Wirtschaftsorganisation, die das Grobe für eines der größten Wirtschaftskartelle erledigt, bedient sich radikaler Mittel. Gemeinsam mit Terroristen planen die Drahtzieher rücksichtslos Anschläge auf Atomanlagen in Deutschland und Frankreich.
Sie nutzen gezielt Schwachstellen, die ihnen in deutschen AKWs bekannt sind, um ihre Ziele zu erreichen ...
Packend und detailreich beschreibt der Roman ein erschreckend realistisches Szenarium und seine Folgen. Di Longo wirft aber auch einen Blick hinter die Kulissen skrupelloser Wirtschaftsnetzwerke und deren Verflechtung mit der Politik.
Polizei, Staatsanwaltschaft und Geheimdienste fahnden nach den Terroristen, den Drahtziehern und deren Helfern. Gleichzeitig versuchen Polizei und Staatsanwaltschaft die Schuldigen in Industrie, Behörden und Politik zur Rechenschaft zu ziehen. ...
Wird das gelingen?
LanguageDeutsch
Release dateJun 20, 2012
ISBN9783936536911
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    Der GAU - Laurenz di Longo

    978-3-936536-91-1

    KAPITEL 1

    DIE FIRMA

    Seit seiner Genesung von der schweren Herzoperation litt Thomas Hansen manchmal unter einem Phänomen, das er in jungen Jahren nicht gekannt hatte, dem Föhn. Einem warmen trockenen Wind, der aus Süden kommend, die Alpen überquerend als stetig wehender Fallwind das Alpenvorland überfällt und bei vielen Menschen Kopfschmerzen oder andere Reaktionen verursacht. Doch im Laufe des Abends war er zu einem lauen Lüftchen abgeflaut, sodass nur noch die Blätter in den Bäumen raschelten. Thomas Kopfschmerzen hatten nachgelassen und damit seine Reizbarkeit, die sich in ihm wegen der Urlaubsunterbrechung aufgestaut hatte. Die Firma hatte ihn aus dem Urlaub zurückgerufen, weil einer seiner Mitarbeiter wegen eines Unfalls ausgefallen war und wichtige Verhandlungen anstanden. Die weißblau schimmernden Berge sah man schon den ganzen Tag über so nahe, als stünden sie am Stadtrand von München. Dieser Anblick hatte bei dem Bergfex ebenfalls zur Besserung seiner Laune beigetragen. Der Rest seiner Verärgerung legte sich schlagartig, als er in der Tageszeitung las, dass ausgerechnet die Maschine über dem Mittelmeer abstürzte, mit der Hedwig und er während des Urlaubs weiter fliegen wollten. Hätte ihn Werner, sein Chef, nicht zurückgerufen, wären er und seine Frau jetzt unter den toten Passagieren.

    Der hochgewachsene Diplom Ingenieur Thomas Hansen wirkte, trotz einer vor zwei Jahren überstandenen Herzoperation verhältnismäßig jung und vital. Die bis auf leichte Geheimratsecken dichten Haare des 59-Jährigen durchzogen da und dort graue Strähnen. Und die braunen, ins Blau schimmernden Augen, in dem fast kantig wirkenden Gesicht, unterstrichen seine eindrucksvolle Erscheinung. Der Leiter der Konstruktion und Prüfgeräteentwicklung, in der Neuaubinger Firma Nuclear Engineering, konstruierte und entwickelte mit einem Team von Spezialisten, Prüfgeräte und Systeme zur ferngesteuerten, zerstörungsfreien Prüfung und Inspektion von Kernkraftanlagen. Der Industriepark im Münchner Stadtteil Neuaubing ist Sitz der Firma. Hier haben sich schon vor Jahren einige Hightech Firmen des Münchner Raumes angesiedelt.

    Hansen hatte sein Haus vor 25 Jahren an den Waldrand von Gräfelfing gebaut, heute steht es inmitten einer Villensiedlung. Seinem Chef, Werner Barosinsky, gehörte das Nachbarhaus. Die beiden Häuser mit nach Südwesten vorgelagerten glasüberdachten Terrassen und Balkonen in den oberen Stockwerken standen in einem gemeinsamen Garten. Barosinsky war nicht nur der Chef von Thomas, beide Männer waren schon seit ihrer Studienzeit an der TU München befreundet.

    Zwischen den Grundstücken der Hansens und Barosinskys lag nur ein lang gestreckter Steingarten, den Hedwig Hansen und Margot Barosinsky liebevoll pflegten. Die beiden Ehefrauen der Freunde hatten ihn mit mehrfarbigem Polsterphlox, Steinkraut, Blaukissen und weißen Schleifenblumen bepflanzt. Kleine Stauden oder die Rispen von Palmlilien unterbrachen das Bild da und dort. Nahe am Haus durchbrach ein schmaler Plattenweg den Steingarten. Nicht nur die Enkelkinder der beiden Familien benutzten ihn häufig, auch die Erwachsenen, wenn sie sich gegenseitig besuchten. Denn zu der Männerfreundschaft gehörten auch ihre Frauen. Hedwig und Margot gehörten schon zur Studienzeit zur Clique.

    Hedwig Hansen, eine recht jung gebliebene sehr gepflegte Frau, wirkte oft melancholisch. Doch wenn sie durch ihre Enkelkinder, Tomi und Margret, abgelenkt wurde, änderte sich ihr Verhalten in fröhliche Ausgelassenheit. Die Kinder und ihre älteste Tochter Katrin wohnten im oberen Stockwerk. Brigitte Hansen, die jüngste Tochter von Thomas, ein junges Mädchen mit 22 Jahren, war Vaters Nesthäkchen. Lang aufgeschossen, etwas mollig, war sie sehr sportlich. Sie spielte seit Beginn des Studiums in der Damenhockeymannschaft der TU-München. Andreas Huber Junior, ihr Verlobter, Oberleutnant der Bundeswehr, gehörte fast schon zur Familie. Thomas Hansen, der sehr viel unterwegs sein musste, hatte im Gegensatz zu Hedwig nur sehr wenig von seinen Lieben.

    Am Abend nach seiner Rückkunft aus Tunis saßen Margot und Werner Barosinsky bei Hansens auf der Terrasse. Sie waren rüber gekommen, um den glücklichen Urlaubsausgang von Thomas und Hedwig zu feiern. Scherzhaft meinte Werner: „Ihr habt heute wohl euren Hochzeitstag? „Nein, aber doppelten Geburtstag nach der Absturzkatastrophe, erwiderte Thomas. Hedwig servierte zum Abendessen T-Bone Steak mit grünem Pfeffer auf heißer Steinplatte. Dazu junge grüne Bohnen und Butterkartoffeln. So richtig ein Schlemmermahl zum Feiern. Thomas spendierte aus seinem Keller eine gute Flasche Wein, die das Essen abrundete. Hedwig hatte sich bei der Zubereitung wieder einmal selbst übertroffen.

    Aus dem Garten hörte man das Zirpen einer Grille. Von irgendwo aus dem Apfelbaum klang der Gesang einer Drossel. Der Wein tat ein Übriges und hob die Stimmung. Sie unterhielten sich über ihre Enkelkinder, die im hinteren Gartenteil Tischtennis spielten. Der warme Sommerabend verlief eigentlich sehr geruhsam und harmonisch, bis Werner nach dem zweiten Glas Wein anfing, vom Kernkraftwerk Leibstadt zu sprechen. Er schilderte Schwierigkeiten in der Anlaufphase der Prüfung und dass es außerdem im Schweizer Kernkraftwerk am Wollensee, Verzögerungen gegeben habe. „Könnt ihr das nicht morgen im Büro besprechen?, murrten Hedwig und Margot. „Muss denn das jetzt sein? Wo wir endlich einmal wieder gemütlich zusammensitzen! Verärgert zogen sich die Frauen ins Wohnzimmer zurück. Schließlich wussten sie aus bitterer Erfahrung, dass die Männer ab jetzt den ganzen Abend nur noch fachsimpeln würden. Dass Thomas wieder in die Schweiz sollte, war Hedwig nach den ersten Sätzen sowieso klar geworden.

    Am nächsten Morgen fuhr Thomas, nachdem er aus dem Büro ein paar Unterlagen geholt hatte, ziemlich zeitig los. Kurz hinter Basel zweigte er ab und machte einen Abstecher nach Leibstadt. Eines seiner Prüfteams war dort vor vier Tagen angereist und hatte Schwierigkeiten gemeldet. Als Thomas dort ankam, hatte sein Team die Anlaufschwierigkeiten schon selbst überwunden. Thomas fuhr deshalb ohne große Unterbrechung weiter.

    Auch im Kernkraftwerk Mühleberg am Wollensee war nach anfänglichen Schwierigkeiten die Prüfung wieder in vollem Gange. Ein Teil des Teams prüfte gerade die Nähte an den Kühlwasserstutzen. Parallel dazu lief die Prüfung der Inneneinbauten, die hinkte seit zwei Tagen hinter dem Zeitplan her. Thomas war nur froh, dass die Ursachen dafür nicht von seiner Firma verantwortet werden mussten. Die Verzögerung hatte das Kraftwerk zu vertreten und würde also für den zeitlichen Mehraufwand zahlen müssen. Die Arbeiten zogen sich hin, denn auch bei der parallel laufenden Innenprüfung ergaben sich Verzögerungen. Sein Team hatte vergrößerte Anrisse im Mantel der Kernumhüllung gefunden und die mussten zweifelsfrei durch Größenbestimmung mit Nachfahrten erhärtet werden. Das waren zwangsläufig Verzögerungen, welche zwar die Kosten erhöhten, für die das Kraftwerk aber aufkommen musste. In der Schweiz fuhr man den Reaktor, obwohl die Risse schon 1990 bekannt waren, mit später angebrachten manschettenartigen Zugankern. Doch jetzt waren die Risse größer geworden, was in Deutschland zu einer sofortigen Stilllegung geführt hätte. Die Schweizer nahmen das nicht so ernst, sie begnügten sich mit Zugankern.

    Schon seit Jahren wohnte Thomas während der Revisionen mit seinem Team im Aarberger Hotel Krone. Täglich fuhren sie die 20 km bis zum Kraftwerk, denn in dessen naher Umgebung konnte man während der Revision, weder Gasthäuser noch Hotels oder Pensionen zu einigermaßen vertretbaren Preisen finden. Zur Revision hielten sich einige Hundert Ingenieure, Techniker- und Mechanikerteams im Kraftwerk auf und mussten in der Umgebung untergebracht werden.

    Die Männer hatten zu Abend gegessen und nun saß die Tagschicht zusammen mit Thomas, ihr Bierchen trinkend, in der Abendsonne vor dem Hotel. Der Marktplatz von Aarberg wirkte wie ein übergroßes, rechteckiges Atrium, umgeben von alten Häusern und Hotels. Die Torbögen an den beiden Stirnseiten des Platzes bereichern die idyllische Kulisse. Wären da nicht die störenden Blechattribute der Neuzeit, hätte man meinen können, jeden Moment zöge eine mittelalterliche Karawane durch den Torbogen in das Geviert und mischt sich in bunter Vielfalt unter das Volk.

    In dem Geviert war es windstill und bis in die Nachtstunden warm. Hotels und Restaurants hatten Tische und Stühle auf den breiten Gehsteig gestellt, sodass der Innenraum des Platzes einem großen Freiluftrestaurant glich. Die Männer saßen bis in den späten Abend vor dem Hotel und genossen die Gastfreundschaft der Eidgenossen, die man sich recht gut bezahlen ließ. Der Abend dämmerte bereits, als sich zwei fesche Schweizerinnen zu ihnen gesellten. Rulis, der griechische Ingenieur, hatte sie am Vorabend im Nachbarort aufgerissen und hierher eingeladen.

    Mit fortschreitendem Abend flossen einige Bierchen durch die Kehlen. Ein paar Monteure und Techniker zogen Rulis wegen der Mädchen auf. Es war zu offensichtlich, dass sein Ferrari-Cabrio die Damen beeindruckt hatte. Die Stimmung stieg, bis der Eine oder Andere am Limit angelangt, sich zurück zog. Irgendwann waren die beiden Mädchen, Rulis und einer der Mechaniker verschwunden. Aber das fiel nur Thomas auf. Doch das Privatleben seiner Mitarbeiter ging ihn nichts an.

    Thomas und Detlef Haller, der Ultraschallspezialist, setzten sich noch eine Weile abseits. Sie diskutierten die Vergrößerung der gefundenen Risse im Kernmantel. Detlef erzählte ihm, dass er inzwischen drei Risse mit beträchtlicher Länge und Tiefe in verschiedenen Schweißnähten gefunden habe. „Kann man das überhaupt verantworten? In Deutschland hatte ein wesentlich kleinerer Haarriss von 60 mm Länge zur Stilllegung des KKW Würgassen geführt. Die Risse hier sind sehr viel länger und haben eine Tiefe von 80 % der Wandstärke erreicht. „Ist das nicht unverantwortlich?, meinte Detlef. „Schon, doch die Schweizer Behörden sehen das viel gelassener. Auch Thomas zog sich jetzt zurück und ermahnte den Rest: „Treibt es nicht mehr so bunt, morgen müsst Ihr wieder fit sein.

    Nach dem Frühstück fuhr das Team zum Kraftwerk. An der Abzweigung, gleich hinter dem Damm des Wasserkraftwerkes, wurde die Straße gesperrt. Zwei Gendarmen wollten Thomas und seine Leute nach Mühleberg umleiten, doch Thomas hielt. Er erklärte den beiden Beamten, dass er und sein Team im Kraftwerk arbeiten und wohl oder übel die einzige Zufahrt dorthin benutzen müssten. Die Polizisten ließen sich ihre Papiere zeigen. Einer rief das Kraftwerk über Funk. Nach einem kurzen Gespräch fragte er Thomas nach der Nummer seines Kraftwerksausweises. Thomas nannte sie ihm und durfte passieren. Genauso erging es seinen anderen Kollegen.

    Am Werkparkplatz wurden sie von einem Uniformierten eingewiesen. Auf dem Weg zur Pforte bot sich Thomas ein kurioses Bild. Vor der Zufahrt zum Werktor stand ein LKW mit den gelb-schwarzen Strahlenwarnzeichen und Transparenten von Greenpeace. Am Tor hatten sich mehrere junge Leute angekettet. Die wurden gerade durch eine andere Gruppe Aktivisten, vom Lkw herunter verpflegt. Quer zur Einfahrt standen mehrere gelbe Tonnen mit dem Strahlenwarnzeichen. Zwei Polizei-Offiziere und ein paar Polizisten standen am Straßenrand, sie beobachteten in aller Ruhe, was sich da vor dem Kraftwerkstor abspielte.

    Die Fremdarbeiter der Frühschicht standen mit einem Herrn der Werkleitung diskutierend abseits, aber alles war frei von Hektik und Aggressivität. Weder die Greenpeace Aktivisten noch die Polizisten waren in Aufregung. Thomas hatte ähnliche Situationen in Deutschland ganz anders erlebt.

    Auf dem Flachdach des Wachgebäudes stand ein gelbes Zelt mit dem Strahlenwarnzeichen und einer Aufschrift. Eine Gruppe Aktiver saßen am Dachrand davor. An der Wand des Wachgebäudes hing ein Transparent vom Dach. Es forderte: „Schließt das Schrottkraftwerk, es gefährdet uns und unsere Kinder." Die Wache stand mit sechs Mann und drei Hunden auf der Innenseite des Tores, dahinter einige Schichtarbeiter, die nach Hause wollten und nicht raus konnten.

    Thomas unterhielt sich mit einem Beamten der Kantonspolizei und fragte ihn, wie das überhaupt geschehen konnte. „Warum hat die Kraftwerkswache die Blockade nicht verhindert? „Ja wissend Sie, der Lkw ist wie ein normales Zulieferfahrzeug in den frühen Morgenstunden vorgefahren. Plötzlich sind einige Männer abgesprungen, haben Keile unter die Drehtüren des Eingangs geschlagen und so die Wache nach außen blockiert. Andere haben das große und kleine Tor mit Ketten am Holm umschlungen und dadurch verhindert, dass es geöffnet werden konnte. Dann haben sich einige Leute an die Tore gekettet. Ein anderer Trupp sprang vom Lkw-Dach, auf das Flachdach des Wachgebäudes und nahm mit dem Transparent der Wache die Sicht nach außen. Eine weitere Gruppe mit einem Schweißgerät hatte die Drehtüren am Bodenblech festgeschweißt, anschließend verschweißten diese Männer Tore und die Kettenverschlüsse. Schließlich haben die Aktivisten in aller Ruhe die Fässer aufgestellt und mit Bolzenschussgeräten im Straßenbelag verankert.

    „Als nach zehn Minuten die ersten, alarmierten Gendarmen ankamen, war schon alles vorbei. Niemand konnte in das Kraftwerk rein oder raus und Gewalt wollten wir nicht anwenden." Dreißig Minuten, nachdem Thomas am Kraftwerk angekommen war, fuhren zwei höhere Polizeioffiziere und Mannschaftswagen der Kantonspolizei aus Bern vor. Gemeinsam mit der Kraftwerksleitung beschlossen die Offiziere, vorerst nichts zu unternehmen. Anfänglich hatte die Wache versucht, die Demonstranten mit starken Wasserstrahlen aus Feuerwehrschläuchen zu vertreiben, aber mit wenig Erfolg.

    Als schließlich die ersten Fremdfirmen-Monteure anfingen zu murren, sie befürchteten Lohnausfall, wollte die Kraftwerksleitung eine Konfrontation zwischen den Arbeitern und den Aktivisten vermeiden. Deshalb schickte man die Frühschicht der Fremdfirmen, zum etwa 400 Meter entfernt liegenden Wasserkraftwerk des Konzerns. Dort wurden die Männer mit Getränken und belegten Brötchen bei Laune gehalten. Später, nachdem ein Sprecher der Kraftwerksleitung verkündete, dass Mitarbeiter von Fremdfirmen keine finanziellen Verluste erleiden würden, sorgte eine Besichtigung der Turbinen und des Kraftwerkmuseums für Beschäftigung. Auch für Thomas und seine Männer boten die Turbinen und Generatoren des Wasserkraftwerkes, die in großen Kavernen der Staumauer standen, interessante Einblicke.

    Gegen Mittag fuhren einige Kleinbusse der Berner Zentrale vor, sie brachten alle Beschäftigten auf Umwegen zum hinteren Teil des Wachgebäudes, wo eine von der Polizei bewachte Leiter an ein Fenster angelegt worden war. Durch dieses Fenster konnten alle, die im Werk arbeiten mussten, einsteigen und abends das Werk wieder verlassen.

    Am nächsten Morgen, als das Prüfteam am Kraftwerk ankam, war der Spuk vorbei. Die Polizei hatte nachts, in einer Blitzaktion ohne Probleme das Gelände geräumt. Die Schweizer Öffentlichkeit erfuhr von dem Vorfall erst, als alles vorbei war. Rundfunk und Fernsehen berichteten über die Aktion mit Bildern, die das Kamerateam der Polizei zur Verfügung gestellt hatte.

    Nach der Ergebnisbesprechung unterhielt sich Thomas mit dem Kraftwerksleiter über den Vorfall. Er erfuhr von ihm, dass sich Kraftwerksleitung, Polizei und die Greenpeace Aktivisten gleich zu Anfang abgesprochen hatten. Man ließ die Aktivisten einen Tag gewähren, wodurch eine gewaltlose Räumung möglich wurde. Die Bilder und Filme des Presseteams konnten ohne provozierenden Inhalt und in bester Qualität von den Medien veröffentlicht werden. Damit hatte Greenpeace erreicht, was es wollte. Durch eine freiwillige Nachrichtenbeschränkung der Medien konnte verhindert werden, dass die Aktivisten plötzlich Zulauf durch Chaoten bekamen.

    Thomas schüttelte nur den Kopf und meinte. „Ich habe Besetzungen durch Kraftwerksgegner auch bei uns schon erlebt. In Deutschland wäre ein friedlicher Verlauf wie dieser, kaum denkbar gewesen. Rundfunk- und Fernsehreporter hätten sich mit Sicherheit auf die Sensation gestürzt und sich an der Berichterstattung nicht hindern lassen. Die Aktion wäre sofort nach der Veröffentlichung und durch schnell anreisende Chaoten und Randalierer aus dem Ruder gelaufen. Eine derartige Demonstration hätte man dann nur noch mit Gewalt und massivem Polizeieinsatz beenden können."

    Nachdem in der Schweiz die Prüfung zur Zufriedenheit weiterlief und keine Komplikationen mehr zu erwarten waren, übergab Thomas die Leitung an Hannes Abeling, seinen Stellvertreter. Thomas musste zurück nach München. Im Büro angekommen, führte ihn sein erster Weg zu Werner. Nach dem Klopfen trat Thomas ein. Werner sah auf und legte die Papiere, die er gerade bearbeitet hatte, zur Seite. Fragend sah er Thomas an. Nach Begrüßung und einigen Anmerkungen zur Fahrt gab Thomas einen kurzen Bericht über die Prüfung im Schweizer Kernkraftwerk. Anschließend meinte Thomas: „Ich weiß nicht, ob ich meinem Gefühl raum geben soll, aber seit meinem Aufenthalt in der Schweiz habe ich das Gefühl ich werde beobachtet. „Du auch? Seit letzter Woche habe ich das gleiche Gefühl, schob Werner nach, „will uns da jemand am Zeug flicken? Wir sollten das weiter im Auge behalten. „Aber bei uns gibt‘s doch nichts zu holen, trotzdem sollten wir vorsichtig sein, erwiderte Thomas.

    Schließlich reichte ihm Werner wortlos das Angebot, das er für das Kraftwerk Schwümme ausgearbeitet hatte. Thomas überflog es und meinte nach einer Weile: „Eine ganze Menge Holz 3,5 Millionen. Sollte ich nicht selbst ins Kernkraftwerk fahren? „Ich glaube, das wäre das Beste, meinte Werner. Am Nachmittag sah Thomas in seiner Abteilung nach dem Rechten, gab Anweisungen und fuhr am folgenden Morgen nach Schwümme. Werner Barosinsky hatte ihn bei Werner Münster angekündigt. Der ist als Ingenieur und Leiter der Qualitätssicherung für die Durchführung der zyklischen Prüfungen zuständig, die innerhalb von vier Jahren an allen Komponenten wiederholt werden müssen.

    Thomas erläuterte das Angebot, soweit das überhaupt erforderlich wurde. Das Kernkraftwerk Schwümme gehörte zur „ATOMSTROM-ERZEUGER AG", (kurz Ato-Strom) dem Betreiber mehrerer Atomkraftwerke. Zu den Verhandlungen wurden die Kaufleute des Konzerns hinzugezogen. Und weil Kaufleute andere Vorstellungen von Notwendigkeiten haben, als Techniker, gestalteten sich die Verhandlungen schwieriger als nötig. Kaufleute wollen den Preis drücken und das Problem des hohen Personalaufwands wegen der radioaktiven Strahlung kleinreden. Möglich werden derartige Arbeiten sowieso nur beim Wechsel der Brennelemente, aber selbst dann sind Aufenthalte an bestimmten Prüforten wegen der hohen Strahlung, täglich nur für wenige Minuten zulässig. Das heißt aber, man benötigt bis zu 6-mal so viel gleich qualifiziertes Personal, das nacheinander die erforderlichen Auf- und Abbauarbeiten der Geräte ausführen kann. Die Geräte selbst laufen nach dem Aufbau ferngesteuert und kameraüberwacht.

    Thomas verhandelte zwei Tage lang um ein ziemlich großes Prüfvolumen bei einem Auftragswert von rund 3,2 bis 3,5 Millionen Euro. Thomas übernachtete deswegen in Schwümme. Abends rief er zu Hause an und erkundigte sich, wie es Hedwig und den Kleinen ging. Vor seiner Herzoperation hatten sich beide Eheleute wegen der Trauer um den Tod ihres vierjährigen Sohnes auseinandergelebt. Das hatte sich jetzt geändert. Seit ihre älteste Tochter Katrin, nach der Scheidung mit den beiden Kindern, zu ihnen in die kleine Dachgeschosswohnung gezogen war, überwand Hedwig endlich ihre Trauer. Tomi und Margret halfen dabei unbewusst mit und retteten so die Ehe der Hansens. Am Vormittag brachte Thomas im Kraftwerk die Verträge unter Dach und Fach und fuhr dann zurück nach München.

    In Neuaubing angekommen, ging er in Werner Barosinskys Büro. Gut gelaunt wedelte er vor Werners Schreibtisch mit einem Packen Aufträge. Denn er brachte nicht nur die Verträge für die Prüfung der Reaktor Inneneinbauten mit, sondern zusätzlich noch drei weitere, für die Außenprüfung von Einschweißstutzen am Reaktordruckbehälter. Die Revisionen sollten parallel zum nächsten Brennelementwechsel laufen.

    Seit Inbetriebnahme dieses Kraftwerks hatte es zum ersten Mal eine Firma geschafft, mit den Preisen der Nuclear Power plant Association (NPA) gleichzuziehen. NPA war der größte Konkurrent von NE bei den Prüfungen und hatte erbittert um diesen Auftrag gekämpft. Doch Thomas hatte, trotz erheblicher Schwierigkeiten, dieses Mal die Verträge an Land gezogen. Er brauchte preislich nicht einmal bis ans Limit zu gehen. In den vorangegangenen Jahren hatten sich Thomas und Werner, aber auch andere Firmen vergeblich bemüht, Aufträge für die Innenprüfung zu realisieren. NPA hatte NE immer wieder unterboten und deshalb auch den Zuschlag erhalten.

    Thomas und Werner hatten dazu ihre eigenen Theorien entwickelt. Werner meinte: „Die Preise von NPA können nicht marktgerecht sein. Ich glaube, dass NPA firmenpolitische Dumpingpreise fährt, um alle Konkurrenten auszuschalten. Und Thomas stimmte ihm zu. „Seit der Basisprüfung haben wir doch immer wieder vergeblich versucht, den Prüfauftrag zu bekommen. Doch dieses Mal war es anders. Wir waren mit NPA preislich annähernd gleich. NPA hatte uns nochmals unterboten, aber Werner Münster ließ sich davon nicht beeindrucken. Obwohl seine Kaufleute anfänglich dagegen waren, hatten sie ihm zustimmen müssen. Münster hatte ihnen die positiven Ergebnisse und Erfahrungen, die er in anderen Kraftwerken des Konzerns mit unseren Geräten gemacht hatte, überzeugend dargestellt, erzählte Thomas. „Da half auch der Bestechungsversuch von NPA nichts. Münster war darüber so verärgert, dass er deren Chefingenieur einfach rauswarf. Du hättest mal sehn sollen, wie Bednarz und einer seiner Kaufleute wie begossene Pudel abzogen."

    Erst viel später sollte Werner und Thomas klar werden, warum NPA selbst dann noch, wenn mit der Prüfung Verluste gemacht wurden, unbedingt den Auftrag haben wollten.

    KAPITEL 2

    DAS KARTELL

    Orwell Wudroff war der mächtigste Mann der sogenannten Panamaconnection (PaCon). Sie war Teil einer der größten Interessengruppen der Wirtschaft. In ihr waren einige Wirtschafts-, Finanz- und Öl-Imperien der Welt, zur „Global Economy Finance Coalition of Oil, Energy and Montan" (GEFCOEM) mit Sitz in Houston zusammengeschlossen. In diesem Imperium ist die Panamaconnection eigentlich die Organisation fürs Grobe.

    Die GEFCOEM entstand aus dem Zusammenschluss von Großkonzernen des süd- und nordamerikanischen Kontinents. Sie kontrollierte bereits die Wirtschaft großer Teile des pazifischen Raumes und beherrschte deren Finanzmärkte. Im Rahmen der Globalisierung wollten sich die GEFCOEM jetzt auch verstärkt um den nordatlantischen Raum, besonders aber um Europa kümmern. Die PaCon diente dabei den ganz großen Konzernbossen als Werkzeug, wodurch sie vermieden, dass ihre Konzerne selbst in Erscheinung traten. Die PaCon wird immer dann eingeschaltet, wenn Dinge durchgeführt werden sollen, die höchst zweifelhaften bis kriminellen Charakter haben und Wudroff war ihr Boss.

    Am gleichen Tag, an dem die Meldung des Flugzeugabsturzes über dem Mittelmeer durch die Ticker lief, saß Wudroff eine Zigarre rauchend hinter seinem riesigen Schreibtisch. Protzig wie ein Despot aus dem Mittelalter, hielt er die dicke Zigarre wie ein Zepter seiner Macht zwischen seinen Fingern. Kurz, wulstig, mit dicken Ringen überladen erinnerten die Finger an Weißwürste. Sein rundes, aufgedunsenes, von Ausschweifungen gezeichnetes Gesicht, gehörte zu einem Kopf, der wie ein massiver Klotz über einen feisten Stiernacken, auf einen gedrungenen Körper drückte. Er lag mehr als er saß, in dem breiten Ledersessel. Die Beine auf der Tischplatte gekreuzt, zeigte er seine nicht gerade vornehmen Art. Die düster dreinblickenden, eng stehenden Augen, deren Brauen sich über der Nase fast berührten, schienen ins Leere zu blicken. Seine zusammengekniffenen Lippen hatte er über dem Kinn nach vorn geschoben. Die schwarzen, mit grauen Fäden durchwirkten Koteletten, verdüsterten seinen Gesichtsausdruck noch zusätzlich.

    Seit einer Weile starrte er aus dem Fenster, das die ganze Breite seines Büros einnahm. In der obersten Etage des Konzerngebäudes gab es den Blick über Panama City frei. Der reichte bis zu den in der Ferne sichtbaren Kanalanlagen, vor denen sich die Schiffe stauten, die langsam zur Schleuse bugsiert wurden. Andere wurden mit der Kanalbahn in die Schleuse gezogen.

    Trotz Klimaanlage rann Wudroff der Schweiß von der Stirn, den er mit einem großen weißen Seidentuch abtupfte. Aus dem Barfach seines Schreibtisches fingerte er ein Kristallglas hervor und goss sich einen kräftigen Schluck Bourbon ein. Eine der wenigen Tätigkeiten, die er selbst erledigte. Schließlich wollte er vermeiden, dass jemand merkte, wie viel er wirklich trank. In Wudroffs Kopf stauten sich unheilvolle Gedanken. Er wandte ihn auf seinem kurzen Stiernacken zur Seite und verfolgte mit düsterem Blick die abwärts weisende Kurve der Gewinne seines Verantwortungsbereichs. Schon seit dem massiven Einstieg der Europäer in den globalen Markt rutschten die Gewinne stetig in den Keller. Schon zum zweiten Mal hatte er von Coolmann, einem der mächtigsten Bosse der GEFCOEM einen bösen Rüffel einstecken müssen. Zwar stiegen die Gewinne, immer wieder einmal etwas an, aber über längere Zeit fiel die Kurve mit beängstigender Konstanz, stärker als sie zwischenzeitlich stieg. So durfte das nicht weiter gehen. „Ich muss etwas unternehmen, knurrte er. „Die Europäer versauen uns unseren Anteil am Weltmarkt und drücken unsere Gewinne. Woran liegt das? Er starrte gegen die massive, getäfelte Mahagonidecke. „Wer konnte denn auch ahnen, dass die Europäer die Globalisierung so ernst nehmen? Die sollte doch hauptsächlich uns weltweit die Märkte öffnen."

    Genau so war es mit den schnellen Spekulationsgewinnen. „Diese Hedgefonds brachten zwar anfänglich hohe Renditen, aber wie sicher waren sie wirklich?, grübelte er. „Entstand da nicht eine riesige Finanzblase, die durch nichts mehr gedeckt war? Wudroff hatte sich lange mit seinem Finanzexperten unterhalten. „Hatte der womöglich recht, als er mir riet, lieber sichere, europäische Werte zu bevorzugen? Man munkelte in Finanzkreisen, dass der Staat immer mehr Geld in Umlauf brachte, und ausländisches Kapital aufnahm, um den Krieg im Irak zu finanzieren. Hinter vorgehaltener Hand hatte ihn einer der zum Kartell gehörenden Banker wissen lassen, er solle seine Risikopapiere von Lehmann Brothers abstoßen und dafür sichere europäische Werte kaufen. „Du wirst sehen, hatte der gesagt, „die Europäer kaufen bei Lehmann wie die Wilden, spekulative Papiere mit hohen Renditen. Sie nehmen dafür Kredite auf und verkaufen gute, sichere Wertpapiere mit niedrigen Ausbeuten oder verpfänden sie als Sicherheit für die Kredite. In Europa kursieren bereits mehr faule Papiere, von Lehmann Brothers, als bei uns in den Staaten. „Und was ist, wenn die platzen? „Dann liegt der ganze Schrott in aller Welt, hauptsächlich aber in Europa. „Und was ist, wenn die Europäer oder Asiaten den Braten riechen und die Papiere wieder verkaufen? „Dann sinkt ihr Wert. Also werden sie diese so lange wie möglich halten wollen. „Und wenn die Hedgefonds nicht genügend Renditen abwerfen? „Dann werden die Zinsen erhöht! „Ja, aber dann kommen doch die Gläubiger mit den Krediten in Zahlungsschwierigkeiten und in diesem Fall auch die Banken, die kriegen ihr Geld nicht zurück, weil die Immobilien im Wert sinken. „Dann müssen eben die Banken Kredite aufnehmen, natürlich zu höheren Zinsen, und so schaukelt sich der Kreislauf immer weiter auf, bis die Blase platzt. „Und dann? „Dann gehen erst ein paar kleinere Banken und dann größere Pleite. Damit aber die ganz großen nicht Pleite gehen, muss der Staat eingreifen. „Nein, nein noch nicht, dann leihen sich unsere Banken erst in anderen Ländern die Gelder gegen das Versprechen hoher Renditen und geben ihnen dafür als Sicherheit wertlosen Schrott. Das merken doch die Anderen. „Eben nicht, diese Konglomerate aus verschiedensten Paketen, aus Hypotheken, Schuldverschreibungen und Beteiligungspapieren sind so bunt zusammengewürfelt, dass sie kein Mensch mehr beurteilen kann. Also werden die Geschäfte auf Vertrauensbasis abgeschlossen. „Und wenn diese Blase platzt? „Dann ist es nicht unser Geld, das verbrannt wird, sondern das der Kleinanleger hier, der Europäer und Asiaten dort. „Das ruiniert doch unsere Volkswirtschaft und ihr Ansehen, es treibt die Steuerzahler auf die Barrikaden. „Nicht wenn es die Regierung clever anstellt. Die wird die Banken, die mit amerikanischem Kapital arbeiten, stützen. Die Banken, die hauptsächlich mit europäischem oder asiatischem Kapital handeln, die wird sie pleitegehen lassen. „Damit zahlen die Anderen die Zeche. „Du hast es begriffen. Warum sind die auch so blöd und fallen auf diesen Trick rein.

    Diese Unterhaltung ging Wudroff durch den Kopf und er beschloss dem Rat zu befolgen: „Ich werde Hedgefonds und Derivate abzustoßen und dafür sichere europäische Unternehmensaktien kaufen. Sollte dabei etwas schief gehen, so werden die europäischen Regierungen diese Papiere oder ihre Wirtschaft stützen müssen." Auf der überdimensional großen Sprechanlage seines Schreibtisches leuchtete das rote Lämpchen der Konferenzschaltung. Nach einer Weile beugte sich Wudroff ächzend vor und drückte einen Knopf. Der Bildschirm flammte auf und zeigte die drei größten Bosse des Zusammenschlusses. Zwangsläufig musste er mit ihnen sprechen. Er war dafür verantwortlich, dass sich europäische Konzerne nicht im Bereich der GEFCOEM einnisten konnten, um Gewinne abzuschöpfen. Wudroff bekam einen riesigen Rüffel und wurde zu einer Konferenz zitiert. Anschließend knisterte seine miese Laune förmlich durch das ganze Gebäude.

    Wudroff hatte kaum aufgelegt da drückte er einen anderen Knopf. „Manuela!, brüllte er ins Mikrofon. Fast augenblicklich öffnete sich die Leder gepolsterte, schalldichte Doppeltür seines Büros. Schreibblock bewaffnet kam die Gerufene, Hüften schwingend durch die Tür. Ihre aufreizenden Formen betonend, stellte sich Manuela provozierend neben ihren Chef. Wudroff, der sonst ihren Reizen nicht abgeneigt war, klatschte ihr mit seiner fleischigen Hand, wie bei seinen Pferden auf den Hintern, dass es knallte. Manuela schrie beleidigt auf! „Zieh deinen perversen Arsch ein und setz dich, wir haben zu tun!, brüllte er. „Schreib!" Konsterniert setzte sich Manuela und zog die Lippen zu einem beleidigten Flunsch. Dann legte sie ihre Beine übereinander und begann mit den Fußspitzen wippend zu schreiben.

    Wudroff diktierte ein Fernschreiben, das alle wichtigen Mitglieder des Kartells nach New York zur Konferenz rief. „Und lasse es verschlüsseln." Wudroff, der sich in New York öfter aufhielt als in Panama, hatte dort eine ständige Suite im Panama Ressort. Das Panama, eines der größten Vergnügungshotels für gestresste Manager, gehörte natürlich auch dem Konzern. Anschließend ließ er sich mit dem Schweizer, dem für Europa zuständigen Leiter des Bereichs ‚Ausland Aufklärung‘, verbinden und beauftragte ihn, für diese Sitzung entsprechendes Anschauungsmaterial vorzubereiten. Er wollte die vorbereiteten Charts noch vor der Konferenz sehen und erläutert bekommen. Deshalb bestellte er den Schweizer erst nach Panama und anschließend nach New York zur Konferenz.

    In der GEFCOEM, dieser fast die ganze Welt umspannenden Organisation, drehte sich fast alles um Erd-Öl, -Gas, Edelmetalle, Geld, Rohstoffe und Macht. Oft ging es um Drogen, Waffen und Kriegsgerät. Häufig auch um Geldwäsche oder Ähnliches. Diese Art der Geschäfte wurde dann etwas diffiziler gehandhabt und zusammen mit anderen illegal verlaufenden Aktionen durch die PaCon wahrgenommen. Dabei galt es immer die Interessen und Belange der beteiligten Großkonzerne zu beachten, um gefährliche Konflikte mit Regierungen zu vermeiden. Konnte man sich, je nach eigener Interessenlage, anpassen? Dann war das O. K. Lief etwas den eigenen Vorstellungen entgegen, dann musste auch manchmal nachgeholfen werden. Politiker wurden durch Lobbyisten beeinflusst, manchmal durch Finanzierung ihrer Wahlkämpfe, auch durch Bestechung oder Erpressung. Egal wie, Hauptsache sie vertraten, anschließend die gewünschten Interessen, der jeweiligen Konzerne. Wenn es gar nicht anders ging, wurden sie eben aus dem Verkehr gezogen. Die Belange des eigenen Volkes, Landes oder gar einzelner Menschen, scherte die Connection wenig. Am allerwenigsten dann, wenn es sich nicht ums eigene Volk handelte. Schließlich verdiente man sich ja an Konflikten goldene Nasen. Man war immer bereit, Konflikte zu schüren. Dem Kartell und seinen Machern war es dabei völlig egal, wie viele Menschen dabei drauf gehen oder zugrunde gerichtet werden.

    Nicht nur die Großindustrie, weltumspannende Konzerne und Großbanken, eifern um die Vormachtstellung in der Welt, sondern auch Regierungen. Sie liefern sich hinter den Kulissen, in aller Stille Schlachten, ohne Rücksicht auf Verluste. Dabei geht es um nicht weniger als um Macht und Einfluss auf allen Gebieten. Die dazu eingesetzten Mittel spielten dabei eine untergeordnete Rolle und stehen außer jeder Kontrolle, wenn nur der zu erwartende Erfolg stimmt. Die Konzerne machten große Anstrengungen, um auf eigene Politiker und auf die anderer Staaten Einfluss zu nehmen. Die Waffenlobby ist in erster Linie an möglichst vielen, großen Konflikten interessiert, denn gerade in Spannungs- und Kriegsgebieten braucht man Waffen, Munition und anderes Kriegsmaterial. Es wurde nur immer schwieriger und kostspieliger, die amtlichen Hemmnisse zu umgehen. Trotzdem waren die wenigsten Auftraggeber der PaCon am Frieden interessiert. Am Frieden konnte man nicht genug verdienen. In diesem Zwielicht mischen nicht nur Politik und Geheimdienste mit, sondern auch private Dienste im Auftrag ihrer Geldgeber.

    Sie treiben Spionage und Gegenspionage sowohl, auf politischem wie militärischem Sektor, als auch wirtschaftlich. Wobei heute die Wirtschaftsspionage auf

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