Oh Bumerang: Stories
5/5
()
About this ebook
Related to Oh Bumerang
Related ebooks
Gismo, Frauchen und der Rest der Welt Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsVerborgene Schreie am Vrenelisgärtli: Kriminalroman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDas Blütenstaubzimmer Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsWegen Wersai Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHammer + Veilchen Nr. 1: Flugschriften für neue Kurzprosa Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMärchen-Marie: 13 neue Märchen für Kinder - Band 1 Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHannah: Das Loch in der Welt Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsgeschmackvoll morden: 25 Krimis und Rezepte aus Baden-Württemberg Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHammer + Veilchen Nr. 16: Flugschriften für neue Kurzprosa Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsZwischen den Seiten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAus dem Tagebuch eines Konterrevolutionärs Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDer Geheimbund der Hexen: Dunkles Erwachen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsLand der Mädchen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHerbsttagebuch: Roman Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsIm Schatten der Mutter Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsTeresa hört auf Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsGeschichten aus dem Lockdown Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDer Junggeselle: Erzählungen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMeine kleine Gute Nacht Geschichte: 2: (Für Erwachsene) Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsGuapa Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHämatom: Lila Zieglers zweiter Fall Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDie Jagd – Undercover Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEtwas, das mich glücklich macht: Stories Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMythische Blicke. Weiblich Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsNach(t)Klang: Neue Gute-Nacht-Geschichten für Erwachsene Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsNur von draußen: 16 erzählte Porträts aus der Corona-Zeit Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEmma schneit Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDer Auserwahlte: The Chosen Ones, #1 Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMein Himmel brennt: Die Geschichte einer Kindheit im Münsterland Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsCrash Island Rating: 0 out of 5 stars0 ratings
General Fiction For You
Heinrich Heine: Gesammelte Werke: Anhofs große Literaturbibliothek Rating: 5 out of 5 stars5/51984 Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSchöne neue Welt von Aldous Huxley (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDer Struwwelpeter - ungekürzte Fassung: Der Kinderbuch Klassiker zum Lesen und Vorlesen Rating: 4 out of 5 stars4/5Grimms Märchen: Mit hochauflösenden, vollfarbigen Bildern Rating: 4 out of 5 stars4/5Immanuel Kant: Gesammelte Werke: Andhofs große Literaturbibliothek Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSämtliche Creative Writing Ratgeber: 5 x Kreatives Schreiben Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHans Fallada: Gesamtausgabe (32 Werke und Illustrationen) Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSchneewittchen und die sieben Zwerge: Ein Märchenbuch für Kinder Rating: 4 out of 5 stars4/5Walter Benjamin: Gesamtausgabe - Sämtliche Werke: Neue überarbeitete Auflage Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDenke (nach) und werde reich: Die 13 Erfolgsgesetze - Vollständige Ebook-Ausgabe Rating: 5 out of 5 stars5/5Die Welle: In Einfacher Sprache Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsGesammelte Werke Gustav Meyrinks Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsItalienisch lernen durch das Lesen von Kurzgeschichten: 12 Spannende Geschichten auf Italienisch und Deutsch mit Vokabellisten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDie Edda - Nordische Mythologie und Heldengedichte Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDas Nibelungenlied Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDer Tod in Venedig Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAnnas Tagebuch: A Short Story for German Learners, Level Elementary (A2): German Reader Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHandbüchlein der Moral Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsJames Bond 01 - Casino Royale Rating: 4 out of 5 stars4/5König Artus: Die Geschichte von König Artus, seinem geheimnisvollen Ratgeber Merlin und den Rittern der Tafelrunde Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsGesammelte Werke: Romane, Memoiren, Essays, Novellen und Erzählungen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsGermanische Mythologie: Vollständige Ausgabe Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEin Haus mit vielen Zimmern: Autorinnen erzählen vom Schreiben Rating: 0 out of 5 stars0 ratings
Reviews for Oh Bumerang
1 rating0 reviews
Book preview
Oh Bumerang - Ildikó Noémi Nagy
mir
Epic
Magst du nicht mit mir ins Bett gehen?
Echt? Du meinst: jetzt?
Klar, warum nicht?
Er legt mir die Hand um die Schulter. Dabei sind wir gar nicht befreundet. Nur unsere Eltern. Wir sitzen herum und warten, während sie sich unterhalten. Sex bedeutet nichts. Ein interessanter Zeitvertreib. Trotzdem ist er überrascht. Wir kennen uns seit unserer Kindheit, und er scheint zu meinen, ich sei keine, die so etwas vorschlägt.
Wir fangen an, uns zu küssen. Er schiebt die Zunge in meinen Mund. Sie ist feucht und kalt. Ein Aal. Seine Nähe ist ungewohnt. Seine Hand dringt unter meine Bluse vor. Er küsst schrecklich ungeschickt. Begrapscht mich ohne Zärtlichkeit … Ich kann mich nicht konzentrieren, höre immerzu nur die Musik von Faith No More, die hinter uns auf MTV läuft. Ich ziehe mich zurück.
Willst du’s doch nicht?
Ich weiß nicht. Ich glaub, ich hab’s mir anders überlegt.
Georgie wendet sich dem Fernsehgerät zu.
Toller Clip.
Ich bin also doch nicht so eine. Er ist beleidigt. Ich schaue seinen kahlen Kopf an, die Sommersprossen. Die halb geschlossenen Lider.
Jaja. Die Szene am Ende, wo das Klavier explodiert, ist super.
Soll ich’s erzwingen? Aus Trotz? Ob es beim zweiten Anlauf besser geht? Ich nehme seine Hand. Er lächelt mich an.
Lassen wir das. Du hast Recht. Ist wirklich keine gute Idee.
Wir sitzen auf dem Bett. Starren auf die Mattscheibe. Reden über Bands.
Ich bin gestern Abend nach Hause gekommen, nach Connecticut. Ich bin Rita, die Schläfrigkeit. Ich erkenne meine Eltern auf dem Kennedy an ihrem Duft: Vater Drakkar Noir, Mutter Diorissimo. Drei Stunden Fahrt vom Flugplatz nach Hause. Ich sehe das algenfarbene Display des Radios, die phosphoreszierenden Wegweiser auf der Autobahn, dann schlafe ich ein.
Gebückt stehe ich in der Mitte des finsteren Wohnzimmers. Wie tief die Zimmerdecke ist. Hast du dem Kind das Bett gemacht?, fragt Vater irgendwo in der Tiefe des Hauses.
Im Badezimmer vor dem Spiegel: Meine Haut ist wächsern, das verschmierte Kajal hebt die zwei kleinen Falten unterhalb der Augen hervor. Ich lasse mein professionelles Rezeptionistinnenlächeln aufblitzen. Ich bin dreißig Jahre alt, sage ich laut. Ich bin zu Hause. Warte darauf, dass auf meine Worte hin etwas geschieht. Fußbodenheizung, bordeauxfarbener Badezimmerteppich, das Bettzeug weich und duftend vom Trockner, ein rosafarbenes gestreiftes Nachthemd. Ich brauche zwei Wochen lang nichts zu tun. Ich bin wieder ein Kind.
Ich zwinge mich, an Ungarn zu denken, an die Wohnung, wo in jedem Zimmer eine andere Temperatur herrscht und die Kuckucksuhr des Nachbarn durch die Wand tönt. Gelbe Fliesen auf dem Hausflur. Die Frauen vor dem Wurststand im Kaufhaus Rothschild. Die weiße Lampenreihe des Kaffeehauses Zu den zwei Sarazenen. Der Eislaufplatz auf der Dachterrasse des Westend.
Am Morgen sickert Sonnenlicht durch die erdbeerfarbenen Verdunklungsgardinen, von der Küche her Geschirrklappern. Es riecht nach angebranntem Toast und Kaffee. Bevor sie zur Arbeit gehen, küssen die Eltern mich auf beide Wangen. An den Küsschen fühle ich, dass sie sich schon wegen etwas gestritten haben, leise, in der Küche.
In der ganzen Wohnung herrscht Ordnung, trockenes, weißes Sonnenlicht liegt in den Räumen. Ich berühre das warme Glas der Kaffeemaschine. Ich öffne den Kühlschrank, betätige den Eiswürfelspender in der Tür. Ein gurgelndes Geräusch. Ein paar Würfel kullern auf das Gitter herunter. Ich schlendere in den Wintergarten hinaus. Schaue durch das Glas auf das leere Schwimmbecken. Okay. Ich bin zu Hause. Now what? Ich bleibe in der Küche vor der Spüle stehen. Schaue durch das Fenster, zwei rechteckige Konturen auf dem Schotter. Der Stellplatz der Autos. Ohne Auto existierst du nicht. Ich blicke auf die Anrichte hinunter. Ameisen marschieren in einem dünnen Band auf den Honigtopf zu. Ich setze mich ins Wohnzimmer zum ausgeschalteten Fernseher. Es ist sieben Uhr morgens. Acht Uhr morgens. Neun Uhr morgens. Nichts geschieht. Vollkommene Stille.
Ich betrachte mich im Spiegel des Vorzimmers, als das Telefon läutet. Oh Gott, nur niemand, der mich sucht, niemand, der mich treffen will. Meine Socken auf dem dicken Teppichboden wie Raupen im Gras. Das Telefon versetzt mir einen elektrostatischen Schlag, als ich den Hörer abhebe. Mein Unterkiefer verkrampft sich.
Bist du aufgewacht?
Ja. Wann kommt ihr?
Wir machen um sechs herum Schluss, so sind wir um sieben zu Hause. Du findest chicken im fridge, wenn du das magst, zum Mittagessen.
Ja, okay.
Am Abend fahren wir rüber zu den Szerepis. Kommst du mit?
Ich leere mir einen Löffel Reis auf einen durchsichtigen Glasteller. Dann nehme ich mir mit einem anderen Löffel vom Huhn. Mutter mag es nicht, wenn ich mit demselben Löffel in verschiedene Speisen hineinfahre. Ich stoße die Kühlschranktür mit der Hüfte zu. Dann sitze ich da und starre das Essen an. Meine Hand auf dem karierten Wachstuch. Ich stehe auf und gehe ins Badezimmer. Ich kippe den Teller, das Essen klatscht ins Klo. Wassertropfen auf dem Sitz. Ein amerikanisches WC, ich hasse es. Ich schaue auf die Wassertropfen, auf das aufgelöste Essen im Becken.
Der Tag vergeht, niemand ruft an, mir ist auch nicht nach fraternisieren mit den alten Freunden. Es langweilt mich, wenn sie über sich erzählen, und es langweilt mich noch mehr, wenn ich über mich erzählen muss. Nebenbei schreiben sie SMS. Meine Gedanken schweifen ab, der Satz, den ich angefangen habe, interessiert mich nicht mehr.
Um acht Uhr fangen wir an, uns fertig zu machen. Das Licht aus den Badezimmern und Schlafzimmern schimmert auf den Gang heraus. In der Küche leuchtet der winzige rote Knopf der Kaffeemaschine. Draußen, auf dem Boden des Pools, liegen reglos braune Blätter. Ich spucke ins Waschbecken. Im Mund Kaffeegeschmack, die Zähne sind belegt. Vater rasiert sich, er hört sich die Abendnachrichten an, Mutter „legt sich ihr Gesicht auf". Das Telefon läutet. Mutter hebt in ihrem Zimmer ab.
Hello? Oh, Matthew, hi! Yes, she’s here. Oh, I mean, she’s not in right now, but she gonna call you tomorrow. How’s your Mom? Good! Okay! Bye-bye.
Sie steht da im Halbdunkel, im Büstenhalter.
Du hast Matt gesagt, dass ich zu Hause bin?!
Du rufst ihn morgen an und machst Schluss mit ihm.
Ich erblicke mich in Mutters teakholzgerahmtem Spiegel. Schnell wende ich den Blick ab.
Sie schaltet ihre Lampe mit dem gelblichen Licht an, zieht eine Schublade auf, sucht nach Strümpfen. Ich setze mich auf das Bett und lehne mich zurück. Das ganze Bett bewegt sich. Ich habe vergessen, dass sie ein Wasserbett hat.
Verzeih, dass ich dich angeschrien habe.
Kein Problem. Aber jetzt zieh dich an, wir fahren gleich.
Wir treten aus dem Haus, frisch und duftend, Kaschmir-Pullover, butterweiche Lederjacken, glänzende Haare und saubere Schuhe auf dem knirschenden Kies, das Wetter ist unglaublich schön, wir steigen in den Volvo.
Du warst noch nicht im neuen Haus der Szerepis? Und hast Georgie seitdem auch nicht gesehen, wie? Er hat sich sehr verändert.
Das Auto macht einen kleinen Satz über eine Stuttgarter Schwelle. Ich versuche auf die Landschaft zu achten, auf die Häuser, auf die anderen Autos. Das Kennzeichen des unseren ist in die Ecke der Fenster eingraviert. Ich lasse die Scheibe ein wenig herunter und versuche den Duft des Frühlings einzuatmen, aber mir schlägt bloß Zugluft ins Gesicht.
Die Gegend ist mir unbekannt, Bäume wölben sich über die Straße, die unendlich dahinkurvt. Dann ein einstöckiges graues Einfamilienhaus auf einem Hügel. Davor ein betonierter Vorplatz mit einer Betonmischmaschine, daneben ein ovales Becken, das mit einer Plane abgedeckt ist. Auch drinnen ist alles grau, die Möbel sind alle noch die alten. Ein ausgestopfter Babyhai über dem offenen Kamin, Teller von Endre Szász in der Vitrine, die flimmernde Uhr des Videogerätes. Am Boden vor dem Fernseher liegt eine Playstation.
Es ist kalt, die Ledersitzgarnitur kracht, als wir uns hineinsetzen. Wir unterhalten uns darüber, wie das Leben in Ungarn, in der alten Heimat ist, Herr Gyuri und Frau Erzsi sind schlaff und dick geworden. In meinem Kopf heißen sie noch immer Herr und Frau, ich konzentriere mich auf Gyuri und Erzsi. Erzsi in Pantoffeln. Sie hat hufartige Zehennägel.
Wir essen. Dass Georgie nicht am Tisch sitzt, fällt keinem auf. Für ihn ist gar nicht gedeckt. Nach dem Abendessen gibt es die allgegenwärtigen ungarischen Gerbeaud-Schnitten. Amerika als Hintergrundkulisse für die ungarischen Emigranten, die nach