Heiraten schön trinken: Kurze Geschichten zum Ewigen Bund
By Austrofred, Jan Off, Tex Rubinowitz and
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About this ebook
Schön trinken geht weiter! Diesmal befassen wir uns mit einem Thema, das wohl keinen kalt lässt. 23 originelle Geschichten erzählen von kuriosen Erlebnissen auf Hochzeiten, Polterabenden, am Standesamt, beim Brautklau etc. Doch auch Praktisches kommt nicht zu kurz: ein Standesbeamter wird von seiner Arbeit berichten, kuriose Brautmoden, Hochzeitstorten und neueste Wedding-Planner-Trends werden vorgestellt. Wie kleidet sich die türkische Braut? Wie poltern die Serben? Was ging Fürstin Charlène bei ihrer Hochzeit durch den Kopf? Welche sind die 10 besten Hochzeitsfilme und -bücher? Vorsicht: Sie werden gleich heiraten wollen.
Beiträge von: Austrofred, Cornelia Travnicek, Hans Platzgumer, Nora Gomringer, Manfred Gram, Tex Rubinowitz, Jan Off, Paul Pizzera, Dominika Meindl, Katinka Buddenkotte, Mario Tomic, Peter Zimmermann, u. v. m.
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Book preview
Heiraten schön trinken - Austrofred
Schodl
VORWORT
der Herausgeber
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir begrüßen Sie sehr herzlich zum einzigartigen literarischen Heiratsführer »Heiraten schön trinken«.
18 Autorinnen und Autoren haben ihr Bestes gegeben, um sich dieses universellen Themas anzunehmen, herausgekommen ist dabei eine witzige und unterhaltsame Sammlung an Geschichten, die Ihnen und Ihren Freundinnen und Freunden das Eheleben versüßt. Das ideale Mitbringsel für den Gabentisch der Brautleute, Punkt 1 auf jeder Hochzeitsliste – die literarische Aussteuer für sie und ihn.
Damit auch wichtige Informationen zum Thema Ehe nicht zu kurz kommen, finden Sie verschiedene erhellende Rankings im Buch, damit das Poetische nicht zu kurz kommt, flotte Gedichte für den feierlichen Anlass. Einfach auswendig lernen und jede Hochzeitsgesellschaft damit zum Brüllen bringen. Zudem die ideale Einstiegshilfe in den Polterabend – verbringen Sie ihn besser lesen als saufend, Ihr Partner wird beeindruckt sein. Wir auch.
Trauen Sie sich!
Mit launigen Grüßen
Vanessa Wieser und Markus Köhle
Es ist natürlich die Geschichte der zweiten Eheschließung meines Bruders, die ich beschreiben möchte. Die Geschichte einer liebevoll auf Brautpaar und Gäste abgestimmten Feier, die meine Brüder aus nah und sogar amerikafern anreisen und zum Ende des Abends tanzen ließ. Es soll und darf die Schönheit meiner neuen Schwägerin, die das Kleid einer griechischen Kore trug und meinen kleinsten Neffen mit der Sanftheit einer Göttin handelte, mit Rosenworten ausgestaltet sein. Alle Freunde wurden liebevoll umsorgt und zu einem Fest geladen, das seinen eigenen Ort – einen Sandstrand an einem See, seinen eigenen Food-Designer, eine durchdringende Durchdenkung erlebt hatte. All das will ich natürlich in Ihrem Verständnis für die Szenerie fest installiert wissen, auf dass Sie verstehen können, wie herrlich seltsam, wie schräg und ganz und gar unpassend, wie nötig bei gleichzeitiger Unnötigkeit das Hereintreten des nun folgenden Mopses in dieses Ereignis war.
Canis ex machina erschien mit einem glitzernden Halsband, eiligen Schrittes, leicht japsend und – soweit sich das für mich beurteilen ließ – in hoher Stimmung. Mops kam. Mops hatte Hochzeitslaune. Vor allen anderen Gästen wurde ich seiner gewahr und begann sofort in die Knie zu gehen und die Worte »Mops, Mops« zu quieken, ganz wie es mir entspricht, wenn der Anblick von Teilen der Erdenschöpfung die Areale meines Gehirns aktiviert, die für Verzückung verantwortlich sind. Ich nenne dann alles beim konkreten Namen, gerne wiederholt und voller Glück. (»Auto, Auto!«, »Baby, Baby!«, »Wohnung, Wohnung!« etc) In der Tat war ich selig, die Hochzeitsgesellschaft von diesem besonderen Gast bereichert zu sehen und wähnte das Tier den Besitz eines Gastes. »Mops, wem gehörst du?« war die erste Investigativfrage, die ich dem Tier stellte. Eine weit ausgefaltete rote Zunge konnte in einem hechelnden Mund weder Vokale noch Konsonanten bilden und so musste eine Erklärung zunächst ausbleiben. Meiner Hand sehr zutraulich, wandte sich das Tier mit seinem Kopf vertrauensvoll nah an mich heran, und meine kluge Mutter, die wahrgenommen hatte, daß ich so schnell nicht wieder wie ein gut erzogenes Mädchen am Tisch sitzen würde – schließlich war »Mama! Ein Mops im Raum!« –, begann, mir bei der Befragung des Tiers indirekt behilflich zu sein. Als wäre es abgesprochen, rollte sie zügig einen aufgeteilten Fleischklops über den Tisch auf meinen Teller, wo ich ihn auch von meiner knieenden Warte aus greifen und dem Tier anbieten konnte. Mops fraß mit Wonne. Seine vorstehenden Augen glänzten, wir bandelten an. Dem einen Fleischklops folgten weitere, meine Mutter hielt die Versorgungskette am Laufen. Mops fraß und fraß, während ich mein Glück kaum fassen konnte, so viel wertvollen Kontakt zu ihm hergestellt zu haben – zwar durch Bestechung, aber immerhin. »Mops, wo ist dein Herrchen? Na? Mops, seit wann bist du da? Ich habe dich gar nicht wahrgenommen bis gerade eben. Bist du schon lange hier?« All diese Nichtigkeiten sagte ich allen Ernstes und unterbrach mich selbst hie und da in meinem Fragenkatalog, um aufzuschauen auf Tischkantenhöhe und einen Gast der Feier auszumachen, der in meiner Vorstellung wie Mops’ Besitzer aussah. Mops besaß die volle Autorität des schweigenden Tieres, wackelte mit seinem Hinterende, das keinen Schwanz führte, aber offensichtlich voller hocherfreuter Seele steckte. Mops’ Halsband war fünfreihig mit kleinen Strasssteinen besetzt. Mops war chic. Das Halsband war edel, kein Ramsch. Für Mops gemacht? Fragte ich mich. Eine Hundemarke fand ich nicht daran. »Mops« blieb vorerst »Mops«.
Weil dies ein Tag der Wunder war: ein Eheversprechen, meine Familie an einem Tisch, sogar der Onkel mit seiner Familie nahezu vollzählig vor Ort, war es ganz selbstverständlich, dass mit einem Mal der Leipziger Maler, ja der Weltstar der Malkunst Neo Rauch durch die Glastür zu uns hereintrat, von niemandem außer mir im Trubel der Fröhlichkeit wahrgenommen. »Neo Rauch, Neo Rauch!« – da war sie wieder: die Verzückung. Etwas zu auffällig, um als unauffällig zu gelten, zischte ich meiner Mutter noch einmal die Doppelnamensnennung zu und wies mit meinem Tischkantenhöhenkopf in seine Richtung, immerhin kniete ich noch, um so viel Bodenhaftung und Körperkontakt wie möglich zu Mops halten zu können. Meine Mutter, ebenfalls zu expressiv, um noch als »fein« zu gelten, grimassierte mir ein Fragezeichengesicht entgegen und zischte zurück: »Glaub ich nicht. Sieht er so aus?« Dabei dehnte sie das O, und ich – Neo Rauch nur aus dem Internet, dem Fernsehen, und aus Fotostrecken in Magazinen kennend, aber sicher nicht leibhaftig –, ganz Kopf-über-Kante, nickte wild, überzeugungswillig. Mops leckte meine Fleischklopshand. Meine Welt war knallbunt, die Hochzeit übertraf längst all meine Erwartungen.
Neo Rauch blickte suchend im Raum umher. Wann immer ich Menschen in solch suchender Haltung sehe, summt es inwendig in mir: »Schwiegermutter, leuchte mal, es ist ne Maus im Saal«, und es mag dieses Singzitat meiner Mutter und ursprünglich wohl meiner Großmutter sein, das meinen Geist Mops, Mops’ Ankunft, Mops’ Neugier, Mops’ Anspruch, Mops’ Hetze, Mops’ Herrchen zusammenfinden ließ. Neo Rauch suchte seinen Mops. Das Tier mit dem edlen Halsband, der freundlichen Miene, dem gesunden Appetit und der fröhlichen Lebhaftigkeit gehörte dem Malerfürsten, und so bot sich mir – die ich immer noch das Privileg der Erkenntnis allein innezuhaben schien: »Also, wenn ihr ihn alle nicht erkennt … das IST Neo Rauch, menno« – die Chance, Hund und Herrchen zusammenzuführen, als Heldin in Neo Rauchs neuestem Gemäldezyklus verewigt, auf immer eine Mopsträgerin zu sein mit wehendem Haar und etwas Hehrem im Blick. Ich hob Mops auf. Das war nicht einfach. Mops war ein Freund der Bodenhaftung. Er grollte mir, vielmehr sein ganzer Mopskörper, der gerade noch gefüttert ward, zog sich grollend in seine Fellfalten zurück. Aber es gelang. Beim Aufheben wurden mein Vater und überhaupt alle am Tisch, die mir gegenüber gesessen und dann nur bemerkt hatten, dass ich quietschend vom Tisch abgerückt und mich auf dem Boden herumgedrückt hatte, zum ersten Mal des Tieres ansichtig. Mops fand Applaus, neue Komplimente. Mops schnaufte. Auch Neo Rauch sah nun seinen Mops. Ich, anlässlich der Hochzeit herausgeputzt in meinem Petticoat-Kleid, schritt Mops-in-Armen auf Rauch zu. Es waren vielleicht im Ganzen sieben Schritte, die mir aber Zeit gaben, einen Satz zu üben: Ich denke, das ist Ihr Mops, Herr Rauch. Geradezu silbisch sprach ich den Satz vor mich hin. Es kam, wie es kommen musste: Bei Sicht- und Begrüßungskontakt brachte ich folgende, unfreiwillige Variation des Satzes hervor: »Ich habe Neos Mops berührt.«
Der Maler sah mich mit einer Mischung aus Erleichterung, Abscheu und großer Irritation an, übernahm sein Tier, das sich sichtlich freute, wortlos und scheu lächelnd und verschwand schnellen Schrittes hinaus aus dem Partyareal auf den davor liegenden Sandstrand.
Mops mit ihm.
Beide waren sie wohl getrennt worden, als Mops die Hochzeitsgesellschaft samt Buffetangebot erkunden wollte und der Maler einen anderen Plan verfolgte. Es war die Scheuheit des Erkannten, die Neo Rauch stumm auf mich blicken ließ. Und auch die Erleichterung des Suchenden. Mops war sicherlich an die 20 Minuten unter unserem Tisch gehockt. Ich werde seinen Namen wohl niemals erfahren, es sei denn die Gala macht eine Homestory über den Maler in seinem Atelier und die Bildunterschrift klärt mich auf. Auch werde ich wohl nie in einem Rauchbild erscheinen. Was also bleibt?
Natürlich die Erinnerung an ein rauschendes Fest, ein ehrliches. Bei dem es Befremdung und sehr rührende Momente gab, als beispielsweise meine Mutter eine Rede auf ihren jüngsten Sohn hielt, seine Frau quasi vor ihm warnte, ihr Mutterstolz aber auch Dankbarkeit buchstabierte. Dankbarkeit für Kinder, die kaum Drogenprobleme, kaum Problemfreunde und kaum Freude an Gesetzesüberschreitungen haben. Mein Bruder und seine Frau wurden am 24. Mai 2013 in einer schwimmenden Kirche auf einem See nahe Leipzig getraut, bevor sich diese Mopsepisode in dem langen Tageslauf ereignete. Wir waren glücklich für ihn und über uns. Eine Familie, groß und zerfasert, ablenkbar bereits durch ein kleines Tier, aber beisammen und elastisch genug, einander und damit alles zu ertragen. Und wir saßen, aßen und feierten mit allen anderen Gästen des Festes, nahezu unerkannt wie normale Menschen. Wir waren allesamt und im Ganzen ausgezeichnet. Und ja, ich wiederhole es: glücklich.
Unterm Strich kann man sagen, dass Hochzeiten der beste Weg sind, um seiner Verwandtschaft den Lebensabschnittspartner, dessen Verfallsdatum man a priori überdurchschnittlich hoch eingestuft hat, kostenpflichtig vorzustellen. In konservativeren, ländlichen Kreisen wird sich das Versprechen auf die ewige Liebe immer noch nahezu ausschließlich vor Gott gegeben, da dieser landläufig als bester Pate und Richter für selbiges