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Still und starr: Kriminalroman
Still und starr: Kriminalroman
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Still und starr: Kriminalroman

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About this ebook

Wohin geht man, wenn man nichts mehr hat? An welchen Ort kann man fliehen, wenn nichts um einen herum mehr sicher scheint, wenn alles zusammenbricht? Marcus Mathei flieht in das Dorf seiner Kindheit, in ein kleines Nest mitten in der Eifel, in dem sein Vater, der Dorfarzt, sich vor Jahren das Leben genommen hat. Mit ihm hält auch der Tod Einzug in der kleinen Ortschaft, die unter der Gluthitze des Sommers stöhnt. Eine übel zugerichtetet Leiche wird gefunden, und es hat den Anschein, als würde dies nicht der einzige Tote bleiben. Mathei macht sich auf die Suche nach dem Mörder und erfährt Dinge, die lange im Verborgenen geschlummert haben. Böse Dinge.
LanguageDeutsch
Release dateApr 1, 2012
ISBN9783954410606
Still und starr: Kriminalroman
Author

Ralf Kramp

Ralf Kramp, geb. 1963 in Euskirchen, lebt in einem alten Bauernhaus in der Eifel. Für sein Debüt »Tief unterm Laub« erhielt er 1996 den Förderpreis des Eifel-­Literatur-Festivals. Seither erschienen zahlreiche Kriminalromane und Kurzgeschichten. In Hillesheim in der Eifel unterhält er zusammen mit seiner Frau Monika das »Kriminalhaus« mit dem »Deutschen Krimi-­Archiv« (30.000 Bände), dem »Café Sherlock«, einem Krimi-Antiquariat und der »Buchhandlung Lesezeichen«. Im Jahr 2023 wurde er mit dem Ehren-­Glauser für »herausragendes Engagement für die deutschsprachige Krimi­szene« ausgezeichnet.

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    Still und starr - Ralf Kramp

    sein.

    Erstes Kapitel

    Es war Sommer.

    Ich glaube, so richtig begonnen hat alles mit diesem starren Blick aus den kleinen schwarzen Augen. Ich hatte das Gefühl, beobachten zu können, wie der Glanz förmlich aus ihnen entwich, wie der Blick brach. Ja, ich denke, daß hier die ganze Sache ihren Anfang hatte. In dem Moment, in dem der Tod über diese kleine Kreatur kam und sie mitten aus dem strahlenden Sommertag herauspflückte, hatte ich beschlossen, noch eine Weile in der Gegend zu bleiben.

    Von all dem, was passieren würde, hatte ich nicht die leiseste Ahnung, als ich den Wagen auf den gewundenen Straßen über die sanften, sonnendurchfluteten Wölbungen der Landschaft lenkte, das können Sie mir glauben. Ich bin kein Mensch mit Ahnungen, ich stolpere arglos in Peinlichkeiten hinein, tappe blindlings in Situationen, die andere bereits meilenweit gegen den Wind gerochen haben. Unbefangenheit dieser Art kann bisweilen durchaus nützlich sein, zumeist ist sie aber einfach nur fatal.

    So wie in diesem Fall.

    Jetzt kommen Sie mir nicht mit der Binsenweisheit, daß man die gleichen Fehler immer wieder macht. Das ist nun wirklich ausgemachter Schwachsinn! Ich würde alles anders machen, vom ersten Moment an!

    Ich würde vermutlich an der nächstbesten Einmündung des nächstbesten Feldwegs die nächstbeste Gelegenheit ergreifen, in weniger als drei Zügen mein Gefährt zu wenden und würde dahin zurückfahren, wo ich gerade herkomme. So aber schoß ich nichtsahnend, zwischen Löwenzahnwiesen und Kornfeldern hindurch in das nächste Tal der Eifel hinab, und verfluchte zum wiederholten Mal in diesem Sommer den Tag, an dem ich mein Cabriolet verkauft hatte.

    Zu diesem Zeitpunkt war ich noch der felsenfesten Überzeugung, daß es eine kluge Idee gewesen war, die Stadt hinter sich zu lassen, die Termine in den Wind zu schießen und sich aufs Land zu verkriechen. Zurück ins Nest, zurück an die Stätte meiner Kindheit, zurück zum kleinen Edeka-Laden mit den bläulich verschossenen Matchbox-Schachteln im Schaufenster, für die ich mir schon vor über dreißig Jahren die Nase plattgedrückt habe.

    Wenn ich auch nur einem einzigen meiner beflissenen Freunde oder in der Werbeagentur in Köln von meinem Abstecher erzählt hätte, wäre unweigerlich irgendwann das Wort »Flucht« gefallen. Und das hätte ich, glaube ich, wirklich nicht gut vertragen können. Also ging das mit meiner Abreise ganz unspektakulär und heimlich über die Bühne. Sollten sie sich doch ruhig ein paar Wochen um mich sorgen, sollten sie mir doch den Anrufbeantworter volljammern.

    In diesem Moment wurden die Bee Gees abgewürgt und das Radio verklappte Werbung: »Zeus-Brot – die tägliche Scheibe Gesundheit!« Ich konnte gar nicht schnell genug den Knopf betätigen, um diesen Unsinn abzuschalten.

    »Ein Brot, wie es die Götter backen! Beim Zeus!« knarzte die Märchenonkelstimme und ein Synthesizer vergewaltigte Beethoven.

    Beim Zeus. Ich mußte an Esch denken. Sollte er mir doch einen Fluch nach dem anderen auf meine Handy-Mailbox brüllen. Der kleine Lautsprecher begann immer vibrierend zu knistern, wenn Esch losdonnerte. Vielleicht würden sie eine Suchaktion starten, weil sie auf die blödsinnige Idee kamen, ich könne meine letzte große Reise angetreten haben, ohne ihnen Lebewohl zu sagen. Vielleicht wurde ich ja schon längst via Verkehrsfunk gesucht. Wer weiß?

    Aber mal ernsthaft: Warum sollte ich mir etwas antun?

    Ganz abgesehen davon, daß einen in der Bruthitze der Großstadt die Depressionen viel härter in die Mangel nehmen als auf dem Land, wo einem an jeder Wegbiegung die Kühe fröhlich mit den Schwänzen zuwinken und einem unter gemütlichem Schmatzen zuzwinkern, als wollten sie einem sagen: »Kopf hoch, Cowboy!« Und mir ging’s wirklich gut. Ein neues Kapitel hatte begonnen, das man getrost überschreiben konnte mit: »Auf zu neuen Ufern!« oder »Hoppla, jetzt komm ich!« oder mit etwas ähnlich Aufgekratztem aus der guten, alten Schwarzweißfilmzeit.

    Chloé, so tröstete ich mich in den Stunden, in denen ich dann doch ab und an dem Trübsinn verfiel, hatte es wesentlich schlechter getroffen als ich. Jetzt war sie verliebt, verschossen, vernarrt und klebte an den Lippen ihres florentinischen Kunstmalers, was vermutlich durchaus wörtlich genommen werden kann. Jetzt war ihnen wahrscheinlich noch jeder Tag zu kurz um herauszufinden, was für herrliche Schweinereien man alles mit dem Körper des anderen und mit Ölfarbe anstellen konnte. Jetzt klebte mit Sicherheit noch die Sommersonne ihre Leiber von früh bis spät mit einem lustvollen Film aus Schweiß aneinander, jetzt waren da noch tiefroter Wein, schwarz funkelnde Augen und lichter Ocker. Aber was würde sein, wenn der feurige Liebhaber irgendwann das Gas mal ein paar Grad herunterdrehen würde, wenn erst mal der Alltag mit seinen grauen Pfoten in dem herrlichen Gemälde herumpfuschen würde?

    Würde Chloé bereuen, daß sie einem Mann in den besten Jahren den Laufpaß gegeben hatte, nur weil ein schlecht rasierter Pinselquäler ihr durch eine Designerbrille hindurch, für deren knifflige Konstruktion aus bunten Drähten und asymmetrischen Gläsern die Kritzeleien eines Anderthalbjährigen Pate gestanden haben mußten, feurige Blicke zugeworfen hatte? Würde sie einsehen, daß …

    Ich betrachtete meine ums Lenkrad verkrampften Hände, sah, wie die Knöchel weiß hervortraten und merkte, wie ich in Gedanken schon wieder laut geworden war. Kennen Sie das? Wenn man seine Gedanken förmlich brüllt?

    Nun, ich kann Ihnen versichern, daß ich mir in diesen Tagen allerhand zusammengebrüllt hatte. In Gedanken, wie auch unter Benutzung meiner Stimmbänder. Die schlimmsten Verwünschungen hatte ich ihr fernmündlich in den sonnigen Süden geschickt. Gegen Fausthiebe und Tischkanten sind diese Telekom-Telefone jedoch erstaunlich widerstandsfähig.

    Und immer wieder hatte sich da etwas in meine Gedankenwelt gedrängt, mir ganz beiläufig auf die Schulter getippt, sich geräuspert und dann unglaublich schmierig und hinterhältig gefragt: »Und wie sieht’s mit deiner Portion Schuld an dieser ganzen verdammten Scheiße aus?«

    Wie bitte? Schuld? Ich? Ein schlechter Scherz!

    Zuerst habe ich so getan, als würde ich es gar nicht hören.

    Später dann wurden die Vorwürfe massiver:

    »Wo warst du denn, als all das passiert ist?« fragte die Stimme mit ätzendem Biß. Und schließlich bekam ich dann irgendwann ungeschminkt die ganze Wahrheit um die Ohren geblasen: »Du hast dich nie um sie gekümmert! Du hast sie behandelt wie deinen Besitz, wie ein erlesenes Schmuckstück, wie etwas, das anspruchslos in deiner Wohnung rumhängt. Du bist wirklich ein verdammtes Arschloch!«

    Wer bin ich, daß ich mir so was von meinem Unterbewußtsein sagen lassen muß?

    Nun, wenn es denn das Unterbewußtsein allein gewesen wäre. Mit dieser mickrigen Kreatur wäre ich schon noch fertig geworden. Aber nein, dann mußten ja auch noch die das Maul aufreißen, die einem sonst nur Honig um dasselbe schmieren: Freunde, Verwandte, Bekannte… Und als zum erstenmal der durchgekauteste, ausgelutschteste, aber dennoch wahrhaftigste Satz aus der Historie der heterosexuellen Zweierbeziehung fiel, der da lautet: »An so was sind immer beide schuld«, da wurde es mir dann doch irgendwann klar: Ich hatte versagt.

    Ich hatte Augen für alles und jeden, nur meine Frau hatte Kopfstände machen müssen, wenn sie das Zimmer betrat, damit ich überhaupt auf sie aufmerksam wurde. Mein Gott, ich glaube fast, diesen Satz habe ich schon mal auf der Bühne gehört.

    Wäre das alles so weit gekommen, wenn wir Kinder gehabt hätten? Noch so ein Satz aus dem Zitatenschatz.

    So war das also. Chloé saß oder vielmehr lag vermutlich in der Toskana, während ich frischen Kuhdung einatmete. Mir standen harte Wochen bevor, ich brauchte Ablenkung, Zerstreuung, war ganz wild darauf, mir in der Dorfkneipe das erste Pils in den Hals zu schütten, und ohne nennenswerte Unterbrechung die nächsten zehn bis zwanzig hinterherzujagen.

    Mein Blick fiel in den Rückspiegel. Es war brütend heiß. Ich war ein wenig aufs Bankett geraten, und mein Wagen zog eine blasse Staubwolke hinter sich her.

    Auf dem Rücksitz erspähte ich ein rötliches Glitzern.

    Bei meinen Bemühungen, unsere Wohnung erst einmal gründlich zu entchloéisieren war ich auf ein Relikt aus meiner Jugendzeit gestoßen: Die alte Hohner!

    Eine Reihe schwarzer und weißer Tasten, die unter dem Griff meiner ungeübten Finger sanft und leise klackend nachgaben, als hätten sie all die Jahre nur auf diesen Augenblick gewartet. Im Inneren des Blasebalgs mußte der konservierte Atem der letzten zwei Jahrzehnte schlummern. Als ich ihn auseinanderzog, schlürfte er mit einem seufzenden Geräusch frische Luft ein. Das erste Zusammenpressen in Verbindung mit einem Akkordgriff, an den ich mich zu erinnern glaubte, schickte einen qualvollen Laut durch meine Wohnung.

    In diesem Augenblick hatte ich beschlossen, in das Dorf zurückzukehren. Klimm würde sich freuen. Sein pralles Gesicht mit den buschigen Augenbrauen tauchte vor meinem geistigen Auge auf. Seine knorrigen Finger sah ich vor mir, wie sie über die Tasten flogen und aus dem alten Akkordeon eine Polka nach der anderen herauszauberten, während sich um ihn herum die Dorfkirmes lärmend, grölend, singend und gläserscheppernd im Kreise drehte.

    Ich schob mir mit dem Zeigefinger meinen Sommerhut in den Nacken.

    Klimm.

    Ich hatte ihn fast vergessen. Wie hatte das nur passieren können?

    Nach der nächsten Wegkehre sah ich das Dorf.

    Es lag, wie von der Hitze ermattet, friedlich und unscheinbar auf einem Hügel in der Mittagssonne. Ein paar alte Bauernhäuser nur, wenige Neubauten am Ortsrand. Verstreute Würfel auf einer Anhöhe. So hatte es früher ausgesehen, und so sah es auch heute noch aus. Hatte sich hier nichts verändert? Etwas unterschied den Ort von den anderen Dörfern und Weilern, die am Wegesrand lagen, oder durch die ich hindurch gefahren war. Es fehlte die charakteristische Erhebung irgendwo im Zentrum, mitten zwischen den Gebäuden. Es fehlte die direkte Verbindung zu der himmlischen Macht hoch über der Eifel. Kein Sendemast der Frömmigkeit, kein mahnender Zeigefinger, weithin über die Felder sieht- und hörbar. Hier gab es keine Kirche. Ein gottloses Kaff ohne Mitte und Anker.

    Es mußte mindestens sieben oder acht Jahre her sein, seit ich das letzte Mal hiergewesen war. Klimms Fünfundsechzigster. Er hatte Akkordeon gespielt.

    Es war einer von den Tagen, an denen ich kurz davor war, Chloé vor versammelter Mannschaft eine zu scheuern. Alle bemühten sich nach Kräften um sie, umwarben sie und bauten der schönen Städterin goldene Brücken, aber sie demonstrierte nur mit unnachahmlich ermüdetem Augenaufschlag gepflegte Langeweile. Sie haßte das Dorf. Sie haßte die Eifel. Sie haßte das Landleben.

    Was machte sie jetzt wohl in der Toskana? Wasser aus dem Brunnen holen? Ziegen melken?

    War das schon wieder Häme?

    Die Eifel ist nicht die Toskana und umgekehrt. Dazwischen lagen mehrere Welten, und das war gut so, denn diese Welten trennten jetzt auch Chloé und mich.

    Es ging in Serpentinen ins Tal hinunter. Nur noch ein paar Kilometer und ich würde da sein.

    Der Wagen tauchte in den kühlenden Schatten des bewaldeten Tals ein, ich ging mit kräftigem Herumreißen des Lenkrads zügig in die engen Kurven.

    An der nächsten Wegbiegung mußte ich unvermittelt bremsen. Etwas war auf der Fahrbahn. Ich trat das Bremspedal so fest durch, wie ich konnte. Der Wagen brach nach rechts aus, und ich brachte ihn auf dem Bankett zum stehen.

    Mitten auf der Fahrbahn war ein junges Mädchen. Sie kauerte.

    Es hatte zunächst so ausgesehen, als liege sie neben ihrem Fahrrad auf dem Boden, aber sie kauerte wahrhaftig. Sie hatte sich über etwas gebeugt, das vor ihr auf dem Asphalt lag, und das ich nicht sehen konnte. Und nachdem ich ausstieg und auf sie zulief, sah ich, was sie veranlaßt hatte, diese gefährliche Position einzunehmen.

    »Es ist tot«, flüsterte sie, ohne sich umzuwenden. Der Mittelfinger ihrer rechten Hand strich sachte über den Hals eines Eichhörnchens. Der kleine rostbraune Körper sah völlig unversehrt aus. Das Maul war verzerrt, die kräftigen Schneidezähne leuchteten gelblich. Ich beugte mich hinunter, und mit dem letzten Zittern seiner Schnurrbarthaare hauchte das kleine Wesen sein Leben aus.

    »Gerade hat es noch gelebt. Jetzt ist es tot. Ich habe es überfahren. Das ist das erste Mal, daß ich ein Tier überfahren habe.«

    Ich legte ihr meine Hand auf die Schulter. »Du mußt von der Straße. Das ist scheißgefährlich.« Ich richtete ihr Fahrrad auf und schob es an den Straßenrand. Jetzt sah ich sie von der Seite. Sie mochte sechzehn oder siebzehn Jahre alt sein. Ihre Augenbrauen hatte sie betrübt zusammengekräuselt. Ihr Haar war kastanienbraun und reichte bis auf die Schultern.

    »Komm da weg!« rief ich.

    Langsam löste sie sich aus ihrer Starre. Behutsam griff sie nach dem kleinen, leblosen Körper und hob ihn vom Boden auf. Es gab kein Blut, keine Wunde.

    »Wir müssen es zu Anna bringen«, sagte sie und sah mich an, während sie auf mich zukam. »Können Sie mich vielleicht mitnehmen? Bis zu Anna ist es nicht weit, aber ich kann es doch nicht auf dem Gepäckträger…«

    »Natürlich nicht. Klar! Steig ein. Dein Fahrrad?«

    »Hole ich später. Wie gesagt: Es ist ja nicht weit.«

    Ich half ihr in den Wagen. Zu beiden Seiten ihrer Hände hingen Schwanz und Kopf des toten Tieres schlaff herunter.

    Wir fuhren los.

    »Wer ist Anna?« fragte ich und verrenkte mir den Hals, um zu sehen, ob die Fahrbahn frei blieb. »Ist sie Totengräberin? Oder sammelt sie tote Eichhörnchen?« War das taktlos?

    »Anna ist Tierpräparatorin.«

    Als wir den Berghang hinauffuhren, brach die gleißende Sommersonne durch das Blätterdach. Das Fell des Tiers auf dem Schoß meiner jungen Beifahrerin flammte rostfarben auf.

    Dann erreichten wir das Dorf. Zwei schmucklose Einfamilienhäuser aus den Fünfzigern zur Linken, auf der rechten Straßenseite der Sportplatz, auf dem sich im Spätsommer während der »Sportwoche« die Fußballer tummelten.

    Ich war zurückgekommen. Vom Straßenrand aus musterte man mein Kölner Nummernschild mit unverhohlener Neugier.

    »Wo wohnt Anna denn?« fragte ich. Mein Blick blieb im Vorbeifahren an den Gesichtern zweier Frauen in Kittelschürze hängen, die am Straßenrand standen. Eine von ihnen glaubte ich von früher zu kennen, und ich versuchte, mich zu erinnern, ob ich auch die andere schon einmal gesehen hatte. Es wollte mir nicht einfallen.

    »Zweite rechts«, sagte das Mädchen auf dem Beifahrersitz und betrachtete gedankenverloren das tote Tier. »Direkt hinter dem Bauernhof geht noch ein kleiner Weg an den Waldrand.«

    »Im alten Forsthaus?«

    »Genau da. Anna ist die Tochter vom Förster.«

    Ein Bild erschien. Schemenhaft und undeutlich. Die Tochter des Försters. Anna. Ich sah braunes Haar. Langes dunkles Haar.

    Das Bild verschwand.

    Der Weg führte talwärts, geradewegs auf die Einfahrt des Forsthauses zu. Zwischen zwei mächtigen, gemauerten Torsäulen erkannte ich das Gebäude, das im Schatten uralter Kiefern stand, die den Waldrand markierten.

    »Sie können mich hier rauslassen.«

    »Wie heißt die Anna mit

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