Pferde sinnvoll lösen: Praxishandbuch Losgelassenheit
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Die zahlreichen Übungen erfährt der Leser, wie genau er diese nutzen kann und worauf bei der Hilfengebung und Kombination zu achten ist, damit sich die Losgelassenheit einstellt. Dabei lernt der Leser zu deuten, ob und wann er sich auf sondern helfen ihm auch ein besseres Gefühl dafür zu entwickeln, ob und inwieweit sein Pferd sich auf dem Weg zur Losgelassenheit befindet.
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Book preview
Pferde sinnvoll lösen - Katharina Möller
Abbildungsverzeichnis
DANKE
Von links nach rechts: Katharina Möller, Taranis aus der schützenden Hand, Astrid Wagner, Rebecca Schnelle.
Bei der Entstehung dieses Buches wurde ich wie gewohnt von einem großartigen Umfeld unterstützt: Ich möchte mich herzlich bei meinem Mann Eric, meiner Familie und meiner Schwiegerfamilie bedanken, die mir nicht nur immer wieder zusätzliche Zeit zum Schreiben verschafft haben, sondern durch ihren unermüdlichen Einsatz auf unserer gerade neu entstehenden Reitanlage erst dafür gesorgt haben, dass wir überhaupt den passenden Rahmen für losgelassenes Arbeiten mit den Pferden und eine schöne Kulisse für das Fotoshooting hatten! In diesem Zusammenhang danke ich allen beteiligten Pferden sowie ihren Besitzern, meiner Praktikantin Rebecca Schnelle und dem großartigen Team von Neddens Tierfotografie, das die tollen Bilder für dieses Buch gemacht hat.
Von meiner Lektorin Maren Müller wurde ich wie gewohnt hervorragend unterstützt und fühlte mich auch unter dem gewissen Zeitdruck, unter dem dieses Buch realisiert wurde, vom gesamten Cadmos-Team sehr nett betreut.
Für inhaltliche Ratschläge und Recherche danke ich Dorit Ewers von Pferde-gesunderhalten, Tabea Stickdorn von Iwest und Christian Reisenbüchler.
Weiterhin vielen Dank an unsere Sponsoren, deren Equipment wir nun schon eine ganze Weile lang nutzen dürfen: Sabro, Roeckl, Cavallo und allen voran der Firma Barefoot.
Vor allem aber danke ich von Herzen den verschiedenen Pferden, an die ich persönlich denken musste, als ich die Übungen beschrieben habe. Passenderweise habe ich mich in letzter Zeit auch ganz praktisch immer wieder mit dem (Wieder-)Erlangen von Zwanglosigkeit und darauf aufbauender Losgelassenheit beschäftigt und mich selbst dabei weiterentwickelt. Ich danke euch, dass ihr uns jeden Tag aufs Neue (er)tragt und uns zum Loslassen erzieht. Ich wünsche mir, in puncto „los! GELASSENHEIT!" (wie meine Bekannte Ilona Kirsch das Wort auszusprechen pflegt) noch viele Jahre lang dazulernen zu dürfen.
Über die
LOSGELASSENHEIT
Über die Losgelassenheit des Pferdes haben zahlreiche Autoren schon seitenlang geschrieben. Wenn sie auch teilweise abweichend bezeichnet und manchmal unterschiedlich definiert wird, ist mir doch keine Reitlehre bekannt, in der die Losgelassenheit nicht ein zentrales Thema ist. Kundige Fachleute haben das biomechanische Funktionieren des Pferdekörpers bereits erschöpfend erläutert, feinsinnige Reiter ausführlich über die mit der Losgelassenheit verwandten Begriffe „Leichtigkeit, „Gleichgewicht
und „Durchlässigkeit" philosophiert. Im Anhang finden Sie zahlreiche entsprechende Leseempfehlungen.
In der Praxis jedoch fehlt die viel zitierte Losgelassenheit dann leider häufig trotzdem! Mir begegnen bei meiner Arbeit als Reitlehrerin zahlreiche Menschen, die es zwar gut meinen mit der Losgelassenheit und teilweise sogar großes (angelesenes) Wissen darüber parat haben, denen jedoch noch das praktische Handwerkszeug fehlt, um sie tatsächlich zu erreichen. Und ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig es sein kann, die einmal gestörte Losgelassenheit mit seinem Pferd wiederzufinden. Ich schreibe dieses Buch, um Wege zur Losgelassenheit aufzuzeigen. Es soll Ihnen Handlungsanweisungen geben, wie genau die bekannten und auch einige heutzutage leider weniger bekannten lösenden Lektionen geritten werden müssen und wie es sich anfühlt, wenn Sie sich mit Ihrem Pferd auf dem Weg zur Losgelassenheit befinden. Bevor wir zu den praktischen Übungen kommen, lassen Sie uns zunächst die theoretischen Hintergründe und Zusammenhänge kurz zusammenfassen, die später für die Ausführung der Lektionen bedeutsam sind und die Ihnen das Rüstzeug geben, anschließend individuelle Lösungen für eigene Losgelassenheitsprobleme zu entwickeln.
Ein aufmerksamer, aber entspannter Gesichtsausdruck spricht für losgelassenes Arbeiten.
Definitionen der inneren und äußeren Losgelassenheit
In der deutschen Reitlehre (Richtlinien für Reiten und Fahren der FN) heißt es zusammenfassend: „Die Losgelassenheit ist gekennzeichnet durch regelmäßiges An- und Entspannen der Muskulatur, setzt Zwang-losigkeit voraus und beinhaltet innere Gelassenheit."
Es wird also zwischen innerer und äußerer Losgelassenheit unterschieden, wobei beide eng ineinandergreifen und nicht getrennt betrachtet werden können.
Als innere Losgelassenheit wird die psychische Entspannung und gleichzeitige Konzentration des Pferdes auf die gemeinsame Bewegung mit dem Reiter bezeichnet. Es ist also angstfrei und unaufgeregt, und es ist mental mit dem Reiter befasst – nicht unbeteiligt!
Die äußere Losgelassenheit bezeichnet das rhythmische, abwechselnde An- und wieder Abspannen der Muskulatur (jedes Muskels und seines Gegenspielers), das mit taktmäßiger Bewegung einhergeht. Voraussetzung für die Losgelassenheit ist die Zwanglosigkeit. „Der körperliche und seelische Zustand, bei dem das Pferd seine Muskeltätigkeit nur so weit aktiviert, wie es unter Vermeidung von unnatürlichem Kräfteverbrauch für das Fortbewegen seiner eigenen Last (und eventuell der eines Reiters) bedarf (…). Zwanglosigkeit ist angeboren" (Michael Strick). Ein zwangloses Pferd bewegt sich also in seinen natürlichen Gängen, als würde es auf der Wiese herumlaufen. Erstes Ziel im Prozess des Anreitens und auch bei der Korrektur von Pferden ist das (Wieder-)Erlangen dieser Zwanglosigkeit, bei der das Pferd seinen Reiter zunächst ganz passiv entspannt trägt. Daraus entwickelt sich unter Hinzufügen von Energie und durch systematische Arbeit am gemeinsamen Gleichgewicht die Losgelassenheit.
„Zwanglos geht das Pferd auch ohne noch auf den lang hingehaltenen Zügel getroffen zu sein, losgelassen aber erst dann, wenn es, infolge der treibenden Hilfen sich streckend, diesen aufgesucht hat (Waldemar Seunig). Wie wir in den praktischen Übungen sehen werden, führt die Verbesserung der Losgelassenheit also immer zur Verbesserung der Anlehnung: Es entsteht ein weicher, gleichmäßig leichter Kontakt zur Reiterhand, der vom Pferd ausgeht. Dass das Pferd die Anlehnung sucht, ist also ein Zeichen der Losgelassenheit. Weiterhin zeigt das losgelassene Pferd einen zufriedenen Gesichtsausdruck (keine halb geschlossenen Augen und „Sorgenfalten
), einen schwinder schweif des losgelassenen Pferdes pendelt entspannt in der trabbewegung mit. genden Rücken (der sich auf und ab bewegt), einen in der Bewegung pendelnden (nicht kreiselnden oder peitschenden) Schweif, erkennbares Muskelspiel (Oberhals- und Bauchmuskulatur spannen abwechselnd an und ab), ruhige Maultätigkeit bei leichter Kieferbewegung und eine leichte Schaumbildung (benetzte Lippen, keine weißen Schaumflocken), Abschnauben, Fallenlassen des Halses aus dem Widerrist heraus und – allem voran – unaufgeregte und doch konzentrierte Mitarbeit. Ein losgelassenes Pferd bemüht sich, den Wünschen des Reiters zu entsprechen, und kann mit feinen Hilfen zu einem Bewegungsspiel in Dialogform animiert werden.
Der Schweif des losgelassenen Pferdes pendelt entspannt in der Trabbewegung mit.
Ziel ist es, „das Pferd in größtmöglicher Leichtheit und Gehlust zu arbeiten, ohne sich dabei anzustrengen oder anzuspannen (Nuno Oliveira). Leichtheit findet Oliveira „in der Verwirklichung zweier nachfolgender Anforderungen: Aktivität der Hinterbeine, Geschmeidigkeit des Pferderückens, welcher solches erlaubt
. Diese ist durch Beweglichmachung zu erreichen und führt zu Schwungkraft.
Wofür die Losgelassen-heit so wichtig ist
Reiten ist Bewegung, und wie die gemeinsame Bewegung des Menschen mit seinem Pferd ausgeführt wird, ist allesentscheidend: Nur ein losgelassenes Pferd bleibt, trotz der unnatürlichen Nutzung als Reittier, langfristig gesund, weil es das Reitergewicht verschleißarm tragen kann. Nur ein losgelassenes Pferd fühlt sich bei seiner Tätigkeit als Reitpferd wohl, denn nur wenn es sich physiologisch richtig bewegen kann, befindet sich das Fluchttier Pferd mental in Sicherheit. Der Reiter fühlt sich ebenso nur auf einem losgelassenen Pferd richtig wohl, denn auch er erleidet körperlichen Schaden, wenn er auf einem dauerhaft verspannten Pferd herumgeschüttelt wird und das nervöse Tier ständig scheut. Nur ein losgelassenes Pferd lässt sich sicher lenken und wenden, ist trittsicher und insgesamt angenehm zu handhaben. Die Losgelassenheit ist also schon rein für den „Hausgebrauch" eines Reitpferdes von großer Bedeutung und außerdem die Basis, auf der sich weiter spezialisierte oder gar intensive Nutzung (sei es nun die höhere Dressur, der lange Distanzritt oder die Schleppjagd über feste Hindernisse) entwickeln kann.
Losgelassene Pferde sind sichere Begleiter im Gelände.
Die Losgelassenheit ist untrennbar mit dem Takt verbunden, denn nur wenn das Pferd seine Muskulatur rhythmisch an- und abspannt, können sich auch seine Beine im Rhythmus bewegen. Sie hängt außerdem mit gleichmäßig leichter Anlehnung zusammen, denn nur ein losgelassenes Pferd schwingt an die Hand heran – nicht losgelassene Pferde werden allenfalls künstlich, das heißt fälschlicherweise, von der Hand in Form gezogen. Die Losgelassenheit ist Bedingung für den Schwung, denn nur über einen losgelassenen Rücken kann der Bewegungsimpuls vom Hinterbein auf die Gesamtbewegung übertragen werden, und sie ist ebenso Bedingung für die Geraderichtung, denn nur losgelassen arbeitende Muskulatur kann man gezielt dehnen und kräftigen, um die natürliche Schiefe auszugleichen. Die Losgelassenheit, und zwar explizit auch die innere Losgelassenheit, ist schließlich Merkmal und Teil der echten, klassischen Versammlung. Diese Zusammenhänge erweisen sich als verblüffend logisch, wenn man sich ein bisschen in die Materie einarbeitet, etwa mit der im Anhang empfohlenen Lektüre – es lohnt sich!
Mit zunehmender Losgelassenheit wird sich