Hoffnung und Widerstand: Konziliare Versammlung Frankfurt am Main Oktober 2012
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Es war das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965), das in der römisch-katholischen Kirche einen neuen Aufbruch einleiten wollte. Es forderte die Katholikinnen und Katholiken auf, die "Zeichen der Zeit" aufmerksam wahrzunehmen und zugleich in einen offenen Dialog mit der Welt zu treten.
Reformorientierte christliche Gruppen und Initiativen nahmen den fünfzigsten Jahrestag der Konzilseröffnung zum Anlass, in einer eigenen Konziliaren Versammlung vom 18. bis 21. Oktober in Frankfurt am Main nicht nur an dieses große Konzil zu erinnern, sondern auch zu fragen, wie sein gesellschafts- und kirchenpolitisches Vermächtnis heute eingelöst werden kann.
An den Personen und Themen dieser Veranstaltung wurde sichtbar und hörbar, was den Grundton dieser Kirchenvolksversammlung ausmachte: Hoffnung und Widerstand.
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Hoffnung und Widerstand - Publik-Forum Edition
Über dieses Buch
Welches sind die bedrängendsten »Zeichen der Zeit«, auf die Christinnen und Christen mit ihrem Glauben und sozial-politischen Engagement antworten sollten? Wo sind neue Aufbrüche nötig, um die Welt friedlicher, gerechter, mitmenschlicher und ökologischer zu machen?
Es war das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965), das in der römisch-katholischen Kirche einen neuen Aufbruch einleiten wollte. Es forderte die Katholikinnen und Katholiken auf, die »Zeichen der Zeit« aufmerksam wahrzunehmen und zugleich in einen offenen Dialog mit der Welt zu treten.
Reformorientierte christliche Gruppen und Initiativen nahmen den fünfzigsten Jahrestag der Konzilseröffnung zum Anlass, in einer eigenen Konziliaren Versammlung vom 18. bis 21. Oktober in Frankfurt am Main nicht nur an dieses große Konzil zu erinnern, sondern auch zu fragen, wie sein gesellschafts- und kirchenpolitisches Vermächtnis heute eingelöst werden kann.
An den Personen und Themen dieser Veranstaltung wurde sichtbar und hörbar, was den Grundton dieser Kirchenvolksversammlung ausmachte: Hoffnung und Widerstand.
Vorwort
Wozu sind Christinnen und Christen heute herausgefordert? Welches sind die bedrängendsten »Zeichen der Zeit«, auf die sie mit ihrem Glauben und mit ihrem sozialen und politischen Engagement antworten sollten? Wo sind neue Aufbrüche nötig, um die Welt friedlicher, gerechter, mitmenschlicher und ökologischer zu gestalten?
Es war das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965), das in der römisch-katholischen Kirche einen neuen Aufbruch einleiten wollte. Es forderte die Katholikinnen und Katholiken auf, die »Zeichen der Zeit« aufmerksam wahrzunehmen und zugleich in einen konstruktiven und offenen Dialog mit der Welt zu treten.
Am 12. Oktober 2012 jährte sich zum fünfzigsten Mal der Jahrestag der Konzilseröffnung. Dieses Ereignis nahmen reformorientierte christliche Gruppen und Initiativen zum Anlass, in einer eigenen Konziliaren Versammlung vom 18. bis 21. Oktober in Frankfurt am Main nicht nur an dieses große Reformkonzil zu erinnern, sondern auch zu fragen, wie das gesellschaftspolitische und kirchenpolitische Vermächtnis dieses Konzil heute eingelöst werden kann.
Natürlich tauchten auch kritische Fragen auf: Ist das Konzil mit seinen programmatischen Texten und Aussagen heute nicht längst überholt? Wird es in der katholischen Kirche selbst nicht maßlos überschätzt? Ist die Kirchenreform nicht gescheitert? Lohnt sich die Auseinandersetzung mit einer konservativen und reformunwilligen Hierarchie überhaupt noch? Und ist ein solches Konzilsgedenken nicht ein Rückfall hinter ökumenische Selbstverständlichkeiten, weil es sich auf ein »katholisches«, also ein konfessionelles Ereignis bezieht?
Das Zweite Vatikanische Konzil nahm, aus heutiger Sicht betrachtet, eine theologisch vorläufige Ortsbestimmung vor. Dazu gehören die tendenziell westeuropäische Orientierung und ein gewisser Fortschrittsoptimismus; dazu gehört, dass sich die »Kirche der Armen« auf dem Konzil nur schwer Gehör verschaffen konnte; dazu gehört, dass die »Reich-Gottes-Botschaft«, die im Mittelpunkt des Wirkens Jesu von Nazareth stand, die Debatten und Positionsbeschreibungen nur unterschwellig prägte; dazu gehört, dass die überfällige Reform des Katholizismus nur bruchstückhaft angegangen wurde.
Dennoch war das Konzil ein für die Papstkirche »historisches« Ereignis. Weil es einen prinzipiellen Bruch mit dem konstantinischen Modell einer großen Nähe zwischen Staat und Kirche, mit dem Konfessionalismus der tridentinischen Kirche und mit dem Antimodernismus des 19. Jahrhunderts bewirkte; weil es den Weg zu einer kritischen politischen Theologie, zur Befreiungstheologie und zur feministischen Theologie ebnete; weil es überraschende Reformmöglichkeiten in der Kirche eröffnete.
Hier gilt es anzuknüpfen, weiterzudenken und entsprechend kirchen- und gesellschaftsverändernd zu handeln: für eine erneuerte Kirche, die die Welt nicht als einen glaubensfernen Raum wahrnimmt, gegen den sich Christen abschotten müssen; für eine Kirche also, die sich in den Konflikten dieser Welt zu Wort meldet und Partei ergreift für die Schwachen, Unterdrückten und Notleidenden.
Der Protest ist nötig gegen eine römische Kirchenleitung, die bemüht ist, eine innerkirchliche Klassengesellschaft aufrechtzuerhalten, in der die einen reden und die anderen zuhören müssen und gehorsam zu sein haben; in der klerikale Männer den Frauen ihre christliche und kirchliche Würde bestreiten; gegen eine autoritäre Hierarchie, die zwar nach außen die Einhaltung der Menschenrechte reklamiert, dies aber in den eigenen Reihen verhindert und nur »Scheindialoge« veranstaltet. Ob das unter Papst Franziskus anders werden wird, ist eine noch offene Frage.
Die über fünfhundert Dauerteilnehmerinnen und -teilnehmer der Konziliaren Versammlung ließen sich von der Aufforderung des Konzils leiten, die »Freude und Hoffnung, Trauer und Angst« der Menschen, vor allem der Armen und Bedrängten überall in der Welt, wahrzunehmen und – soweit möglich – solidarisch zu teilen. Inspiriert waren sie auch von jenen Bischöfen aus allen Teilen der Welt, die eine »Kirche der Armen« propagierten und die auf dem Konzil vergeblich versucht hatten, ihr Anliegen in die Konzilstexte einzubringen. Sie waren es, die dann den sogenannten »Katakombenpakt« unterschrieben, mit dem sie sich verpflichteten, sich in ihren Bistümern »für eine dienende und arme Kirche« einzusetzen, damit also auch gegen eine herrschaftliche und reiche Kirche.
Zum Kern des christlichen Glaubens gehört es, das Kommen des »Reiches Gottes« zu ermöglichen. Dieser Begriff hört sich heute sperrig an. Es geht um eine grundlegende und umfassende Befreiungsbewegung, die fest daran glaubt, dass eine andere Welt möglich ist (»Reich Gottes«), die im Sinne Jesu die Menschen von jeglicher Herrschaft und Unterdrückung befreien möchte. Der Mann aus Nazareth hat gegen alle Formen religiöser Herrschaft gekämpft, gegen Lüge, Ungerechtigkeit und Gewalt. Er wollte, dass die Menschen ein »Leben in Fülle« leben können. Er selbst wurde Opfer der Gewalt.
Über diesen Grundauftrag des christlichen Glaubens muss in der Kirche selbst immer wieder diskutiert und auch gestritten werden. Denn ihr ureigener Auftrag ist es, missionarisches Werkzeug für diesen Grundauftrag zu sein. Deshalb muss sich auch jede Kirchenreform an diesen grundlegenden Befreiungsoptionen messen.
Die Vorträge, geistlichen Impulse und über fünfzig Workshops der Konziliaren Versammlung in Frankfurt dienten diesem Ziel. Es ist den vielen christlichen Basisinitiativen gelungen, sich – über unterschiedliche inhaltliche Positionen und Anliegen hinweg – selbst zu organisieren und in intensiven Gesprächen wie auch in kontroversen Diskussionen Klärungen und Impulse für das weitere Engagement zu erarbeiten. In einem bewegenden Gottesdienst am Samstagabend wurde die Reich-Gottes-Thematik im Blick auf die weltweite Solidarität unter den Menschen dann noch einmal liturgisch vertieft. Dabei ist das Frankfurter Gallus-Viertel – als Ort eines forcierten sozialen Überlebenskampfes im Schatten der Bankentürme – mit seinen Kirchengemeinden und der Moscheegemeinde zu einer gastfreundlichen Heimstatt geworden.
Zur Eröffnung der Konziliaren Versammlung legte der Theologe und kämpferische Kirchenreformer Hans Küng vor gut tausend Zuhörerinnen und Zuhörern