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Die Gedichte
Die Gedichte
Die Gedichte
Ebook765 pages2 hours

Die Gedichte

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Als Rainer Malkowsi 1975 mit dem Band "Was für ein Morgen" debütierte, war es die Zeit der neuen Subjektivität in der Lyrik. In seinen Gedichten wird aber die Aufmerksamkeit für das Alltägliche und Gewöhnliche in die philosophische Frage nach dem Wesen der Dinge gewendet und verharrt nicht in der Subjektivität. Indem Rainer Malkowski jede bedeutungsvolle und metaphernreiche Rede vermeidet, dringt er tiefer zum Wahrheitskern seiner Beobachtungen vor. Zwar sind seine Gedichte ein vehementer Einspruch gegen die Anmaßungen der Wissenschaft und die Entzauberung der Welt, sie sind es jedoch nicht aus radikaler Subjektivität, sondern durch ihre Präzision. In seinen Gedichten ist jedes Wort durch den sinnlichen Eindruck gedeckt. Rainer Malkowski hat zu Lebzeiten neun Gedichtbände veröffentlicht. Das gesamte lyrische Werk des 2003 verstorbenen Autors, der einer der erfolgreichsten Werbetexter der Bundesrepublik war, wird hier in einem Band vorgestellt. Ein kluges und einfühlsames Nachwort des Lyrikers und Essayisten Nico Bleutge beschließt den Band.
LanguageDeutsch
Release dateJul 22, 2013
ISBN9783835324596
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    Die Gedichte - Rainer Malkowski

    Rainer Malkowski

    Die Gedichte

    Mit einem Nachwort

    von Nico Bleutge

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet

    diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

    detaillierte bibliografische Daten sind im Internet

    über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    Zweite Auflage 2012

    © Wallstein Verlag, Göttingen 2009

    www.wallstein-verlag.de

    Vom Verlag gesetzt aus der Stempel Garamond

    Umschlaggestaltung: Susanne Gerhards, Düsseldorf

    Druck und Verarbeitung: Hubert & Co, Göttingen

    ISBN (Print) 978-3-8353-0523-6

    ISBN (E-Book, pdf) 978-3-8353-2458-9

    ISBN (E-Book, epub) 978-3-8353-2459-6

    Inhalt

    Was für ein Morgen (1975)

    Einladung ins Freie (1977)

    Vom Rätsel ein Stück (1980)

    Zu Gast (1983)

    Was auch immer geschieht (1986)

    Das Meer steht auf (1989)

    Ein Tag für Impressionisten und andere Gedichte (1994)

    Hunger und Durst (1997)

    Die Herkunft der Uhr (2004)

    Nachwort von Nico Bleutge

    Verzeichnis der Gedichttitel und -anfänge

    Inhalt

    Was für ein Morgen

    Für Margarete

    Laufende Untersuchung

    Mein Schrank kann nichts dafür

    meinem Tisch kann ich keinen Vorwurf machen

    auch Stühle und Sessel

    sind außerhalb jeder Verantwortung

    sollten aber Pfannen und Töpfe

    schuld daran sein

    daß ich nicht mehr leben mag in meinem Haus:

    ich werde es schon noch herausfinden.

    Schlechter Esser

    Stockige Luft,

    in der zwei mal zwei vier ist.

    Die eiserne Klammer um meinen Kopf.

    Wenn ich sie löse,

    zerplatzt er.

    Und schneller

    als mein Nachbar über der Suppe

    erstaunen kann,

    sind alle meine Gedanken

    in zwanglose Winde zerstreut

    – und ich mit ihnen:

    unauffindbar

    unter zufälligen Planeten.

    Auf der Strecke

    Mäßiges Schnitzel vor Ulm.

    Im Zwielicht

    die entzündeten Augen eines Signals,

    das auf Rot steht.

    Wir alle

    müssen einmal sterben,

    sagen die Überlebenden.

    Der Zusammenstoß war laut

    und vermeidbar.

    Nur der Familienvater mit der

    Verbundscheibe im Hals

    sah verwundert aus.

    Aber, nicht wahr:

    so sind die Lokomotivführer heute.

    Alles wissen sie,

    und es hilft ihnen nichts.

    Wüßte ich einen

    Dies ist ein Morgen

    zu schön

    um nicht an den Tod zu denken.

    Die fabelhaft indirekte

    Beleuchtung,

    die Wolkenschollen

    locker im Blau.

    An einem Morgen wie diesem

    fuhr ich durch Simmering;

    sah Grabmal und Küchenkraut.

    Sah die erbitterte Steinmetzfrau

    staubwischen

    auf den Schultern der Engel.

    Wüßte ich einen –

    ich gäb ihm meinen Tag

    unbenutzt.

    Ausgrabung

    Gestern haben sie hier ein antikes

    Theater ausgegraben,

    fast zweitausend Jahre alt.

    Aber das ist nicht das Erstaunlichste:

    auf der untersten Steinstufe

    fanden sie

    ein nahezu vollständiges Skelett.

    Offensichtlich ein Zuschauer, der sich weigerte,

    zu glauben,

    daß alles aus ist.

    Leichenzug

    Gleichschritt.

    Die Frau, die ins Schweigen

    ihr Taschentuch verliert.

    Die Delle in der Tuba.

    Die schaufelnden Schuhspitzen

    des Pfarrers –

    Wär ich so jung

    wie der picklige Meßbub vorn.

    Er kämmt mit den Fingern

    gelangweilt den Scheitel.

    Kinderfoto

    bis an die Hüfte reicht

    das Gras dem Knaben

    er sieht den Vögeln zu

    wer darum weint

    wird der nicht Flügel haben

    der Knabe geht

    mit einem Traum zur Ruh

    Wollte ich heute sein wie am Anfang

    Am Anfang hatten sie keinen Teller für mich,

    denn ich war ihnen nicht ähnlich.

    Da begann ich mich zu verstellen.

    Ich lernte die Suppe zu löffeln wie sie.

    Jedes Jahr wurde ich ihnen ähnlicher,

    und eines Tages

    heiratete ich die Tochter des Kochs.

    Wollte ich heute sein wie am Anfang:

    ich müßte mich wieder verstellen.

    Erst wenn der Schlüssel verlegt ist

    wenn die Tür Rost ansetzt in den Angeln

    wenn Radio und Fernsehen gesperrt sind

    und natürlich das Telefon

    wenn der Briefträger nicht mehr klingelt

    wenn die Freunde verreist sind

    wenn die Nachbarn sich abgewöhnt haben

    nach dir zu fragen

    erst dann

    dann vielleicht

    wird sich herausstellen

    was du bist

    ein Ruf

    oder ein Echo

    und ob dein Ohr fein genug ist

    das zu entscheiden.

    Ich trete meine Uhr in den Sand.

    Ich will mir den Baum nicht merken,

    unter dem ich meinen Anzug ablege.

    Und wenn ich hinausschwimme,

    höre ich nichts als den Wind.

    Unablässig

    durchwühlt er die Zweige nach seinem Namen.

    Verlassene Wallfahrtskirche

    Dieser Platz, groß genug

    für zehn oder zwölf Busse:

    jetzt

    mit toten Blättern bedeckt.

    Im Pfarrhaus drüben

    eine fleischige Hand an der Gardine.

    Was ist zu halten von Bittgängern

    außerhalb der Saison?

    Die eisenbeschlagene Tür

    ruckt zögernd ins Schloß;

    unsicher über das Maß

    an Stille, das mir zumutbar ist.

    Ob Gott an mich glaubt?

    Ich zähle die Rautenfliesen

    im Mittelgang.

    Es ist sehr weit

    zu den Gesichtern der Heiligen

    und dem Altartuch, das steif

    vor Kälte

    um den Marmorblock steht.

    Wo Raum ist

    Nicht in Häusern, nicht in Worten,

    nicht unter Händen im Dunkeln –

    wo der Horizont mitwandert,

    wo alle Ziele gleich weit sind,

    wo Raum ist

    und keine Herberge, wo kein Strauch

    die Unendlichkeit bedeckt,

    da ist Zuflucht.

    Ich trage meine Unruhe über die Felder,

    und sie steigt auf mit den Krähen.

    Versuch mit Zürich

    Hier, im Goldenen Winkl,

    wurde Gottfried Keller geboren.

    Leberli

    ißt man in der Reblaube vorzüglich.

    Darf ich Ihnen mehr zeigen?

    Vielleicht den schwimmenden Käfig

    der Frauenbadeanstalt.

    Oder möchten Sie die patriotischen

    Brunnen besehen?

    Ich habe sie gezählt

    an einem leeren Novembertag.

    Meine Zufälligkeit,

    abgespiegelt in den Scheiben

    honetter Juweliere und Confiserien,

    zwingt mich zur Präzision.

    Wenn es auch wenig hilft,

    diese oder eine andere Stadt

    auswendigzulernen

    gegen das Fremdsein.

    Stilleben

    Der Mond scheint

    auf die halbleere Bierflasche

    vor mir.

    Wie lange schon?

    Irgendwann diese Nacht

    ging der Ofen aus.

    Irgendwann diese Nacht

    hörte die Uhr auf zu ticken.

    Irgendwann diese Nacht

    hatte ich eine Verabredung mit mir

    und bin nicht gekommen.

    Stadtrand vor Tag

    Hundertstimmig schreien die Vögel

    in den verlassenen Gärten den Tag herbei.

    Dir bleiben noch drei Stunden Schweigen.

    Dann werden die Brötchen vor die Tür gelegt,

    der Nachbar läßt sein Auto an:

    du gehst von dir fort

    und lebst.

    Morgende gibt es

    leicht weiß

    da

    scheint alles möglich.

    Gestern abend, zum Beispiel,

    habe ich lange daran gedacht.

    Einmal, auf einem Sandberg

    Einmal, auf einem Sandberg,

    an einem heißen Sommertag an der Havel,

    habe ich einen gelben Vogel erfunden

    als ich noch jung war.

    Der flog nur für mich

    und meine Freunde

    und starb im Schilf bei Lindwerder

    am Abend des Tags.

    Nun weide ich ihn aus.

    Pfadfinder rückwärts

    Immer wieder die Rucksäcke,

    die man als Junge

    keuchend über Chausseen trug,

    alte Kähne im Spreewald,

    das Oberschenkelreißen

    in zu enger Schulbank.

    Die Lucies und Marions

    auf Kellertreppen

    und unter Kirschbäumen.

    Krankenzimmer, Schläge,

    Hoffnungen,

    in eine Tapete geritzt.

    Der erste Schreibtisch, Verse,

    eine Silbe, die nicht auf der Zunge zerging.

    Ich sagte, er sagte,

    wir taten, wir unterließen:

    dieses ganze verdammte

    Wiederkäuen der Vergangenheit bis

    sie immer schmackhafter wird.

    Sonnenaufgänge

    und -untergänge,

    die kühle Zwiesprache,

    nachts,

    mit dem Brunnen in Goslar.

    Reisen, Räusche

    und hastig abgeworfene Bettdecken.

    Pfadfinder rückwärts –

    immer

    über die eigene Fährte gebeugt.

    Ja, da ist einer gegangen und also

    lebt er.

    Lebt er auch heute?

    Heute, ein Tag,

    der verdeckt

    geschieht.

    Morgen, das ist

    die Zeit bis zum Tod.

    Kartographie

    Frag mich

    oder frag mich nicht –

    mein Lindos

    wirst du nicht finden.

    Anders die Krüge,

    anders die Schwellen

    und anders,

    später,

    werden die Läden

    gegen die Mauer geschlagen

    für eine kurze Spanne Tanz

    und Gelächter

    hinter dem Rücken

    der Ewigkeit.

    Frag mich

    oder frag mich nicht:

    kein Ort, an dem wir

    wirklich

    gewesen,

    ist auf der Karte verzeichnet.

    Nach Art der Familienfotografen

    Ganz schön von Zeit zu Zeit

    den Finger auf die Karte legen

    und sagen zu können: hier

    war ich.

    Weißt du noch – Attersee?

    Der Auspuff war kaputt.

    Wir warteten in dem Gasthof,

    in dem Gustav Mahler drei Sommer lang –

    oder waren es vier?

    Magda Schneider

    saß unter den Kastanien

    und wehrte mit dem Bierfilz

    die Wespen ab.

    Mir fiel eine ins Glas.

    Kurz darauf,

    mittags, feuriges Geläut

    über dem Feld.

    All das am Rande.

    Du kennst ja die ungeschickte Art

    der Familienfotografen.

    Ganz vorne ein Bootssteg, ein Dampfer

    und irgendwo hinten

    der,

    auf den es ankommt:

    ein schwer erkennbarer Mensch

    mit Brille und Hut.

    Lektüre bei Schnee

    Es führt keine Spur zu mir

    durch den Schnee.

    Wen könnte ich herbeiwünschen?

    Die Wirklichkeit

    ist eine fremde Erzählung auf meinen Knien.

    Selbst die Fabelwesen in ihr

    leben.

    Tagebuch

    Wir verstehen uns nicht,

    das ist gut.

    Lange glaubte ich,

    es gäbe vielleicht eine Brücke

    von dir zu mir.

    Ich schlief unruhig.

    Ich hoffte mich krank.

    Nun schneide ich mir Weiden

    und pfeife

    im Dickicht des Ufers.

    Mit deinen Augen

    Einmal war ich dir nah.

    Ich durchwuchs dein Fleisch.

    Ich legte meine Lider

    genau unter deine.

    Zusammen schlugen wir die Augen auf

    und ich sah:

    drei Schritte weiter ein Korbstuhl,

    darin ein Mann,

    der Zeitung las.

    Schwere Zigarre

    Schon seit zwei Jahren

    möchte ich ein Gedicht über eine Zigarre machen.

    Aber eher

    spießt man die flüchtige Liebe aufs Wort

    als daß mit Silben

    eine 70er Fehlfarbe gelingt, eine veritable,

    verstehen Sie, eine mit Rauch

    und Effekt:

    genußvoll nimmt sie der Leser

    meinem Gedicht aus der Hand.

    Die Liebe, denkt er und zieht mal:

    na, ich weiß nicht,

    aber die Fehlfarbe hier

    brennt verläßlich und gut.

    Wir zwei

    Sie und ich zusammen in einem Raum

    das sind zwei Personen.

    Sie allein in einem Raum

    und ich allein in einem Raum

    das sind zwei andere Personen.

    Sie allein in einem Raum

    und ich allein in keinem Raum

    oder umgekehrt oder anders

    oder früher oder später –

    wir zwei

    sind nicht zu zählen.

    an eine die nicht gemeint ist

    du bist schön

    du bist hochbeinig

    glatthäutig im blauen Tuch

    ich bin

    zu jeder Vokabel bereit

    hilf

    meiner ermatteten Sehnsucht

    hilf ihr weit

    über dich hinaus

    zu mir

    Auf dem Friedhof St. Margarethen

    Wange an Wange sehen wir:

    im Beinhaus die Schädel

    der Ungeliebten.

    Hüftknochen, um die

    nie zärtliches Fleisch war.

    So sicher urteilen

    über die Lieblosigkeit der Liebe

    die Liebenden.

    Mitten in einen Vers

    Mitten in einen Vers

    über die Vergeblichkeit menschlicher Beziehungen

    klingelt das Telefon.

    Sollen wir kommen? fragen die Freunde.

    Ja, rufe ich erleichtert, ja!

    Und der Vers bleibt auf dem Schreibtisch liegen,

    wo er eine Weile verstaubt.

    Was ist mit denen

    die unbeschwichtigt ausfahren

    nur für eine Stunde

    und sie kommen nicht zurück?

    Und was mit denen die

    warten

    das Wort auf der Zunge?

    Die Zeit wird fleckig

    auf ihren Händen.

    Ach, sagen sie:

    so viele Jahre vergingen?

    Und erleichtert

    zerfallen sie zu Staub.

    Was geht er mich an?

    Wie wichtig ist ihm, was

    mir

    wichtig ist?

    Und doch schreckt mich, er könnte

    entmutigt stehenbleiben –

    er,

    da drüben,

    auf der anderen Straßenseite,

    der sich wie ich

    stemmt gegen den Novemberwind.

    Dame im Museum

    Das ist ein Tag, wie sie ihn liebt:

    Stille und ein schwacher Geruch

    nach Bohnerwachs.

    In den Akazien draußen

    stoßweise Wind.

    Der Wächter auf seinem Stuhl

    ist eingeschlafen.

    Keine Schulklasse heute.

    Niemand da, der sie stört,

    wenn sie sich von den alten Meistern

    Stunde für Stunde

    dasselbe Rätsel aufgeben läßt.

    Sommer

    Spiegelnde Chaussee

    unter der Julisonne.

    Mein Schritt

    klopft Nägel in die Luft.

    Ein Fenster schlitzt

    erschrocken den Mittag.

    Im Schatten der Kammer

    schlägt die Bäuerin das Kreuz.

    Ihr träumte,

    es hätte der letzte Mensch

    die Erde

    schon gestern verlassen.

    Dorfstraße,

    von den Schatten verlassen.

    Der zögernde Schritt einer Katze

    erprobt

    die Dehnbarkeit der Zeit.

    so einfach ist das

    ein Stuhl eine Blume

    ein gefüllter Teller

    ein geschlossener Mund

    eine Hand die sehr weiß ist

    ein Bild ein Baum

    eine Note

    dies alles will nichts und

    heißt nicht

    und segelt lautlos durch den Tag

    Vor Würzburg ohne Posaunen

    Der Main

    stellt Pappeln auf und

    strömt

    gegen die Fahrtrichtung.

    Aber der Wind

    faltet die Bäume zusammen.

    Erzähl mir nicht,

    es sei

    etwas jenseits des Flusses

    außer Campingwagen

    und flatternder Wäsche.

    Die Welt,

    eben noch zugfenstergroß,

    geht klanglos unter

    mit dem sinkenden Lid.

    Meistens gebe ich mir vorher

    ein Pensum auf.

    Aber wenn ich den verwachsenen Jagersteig geh,

    vergesse ich,

    was ich herausfinden will.

    Denke nur: die Häuser

    liegen so klein im Tal.

    Und bin sonderbar getröstet

    über die Richtigkeit dieser Banalität.

    Später

    raste ich in einem Holzschlag.

    Döse,

    höre: die Schafe

    schellen über den Berg.

    Was für ein Morgen

    Was für ein Morgen!

    Die Sonne kam

    als wir sie schon nicht mehr auf unserer Rechnung hatten.

    Jetzt den Rücken hinhalten

    und stillsein.

    Carl Philipp Emanuel Bach ist an der Reihe.

    Er begleitet uns zu Honig auf Toast

    und schwarzem Kaffee.

    Sonata d-Moll. Es geht uns zu gut

    für gebotene Präferenzen.

    Erleichtert,

    mit triumphierend geschlossenen Augen

    nehmen wir Abschied von allen Plänen.

    Jeder für sich:

    auf glückliche Weise

    verschollen in seinem Stuhl.

    Samstag, Bahnhofstraße

    Welche Erleichterung auf einmal,

    samstags, im Menschengewühl

    der Bahnhofstraße,

    wenn der Blick auf die steinernen Züge

    der Brunnenfigur fällt.

    Unbewegt

    lächelt die Nymphe ins Leere;

    keinem Ziel ergeben,

    das läppisch ist.

    Die ist nicht von mir.

    Die las ich bei Becker.

    Die Geschichte des Mannes,

    der ein Jahr lang nichts anderes

    tat

    als den Baum

    vor seinem Fenster zu fotografieren.

    Ich finde, das ist

    eine gute Geschichte.

    Einer erzählt sie dem andern

    und schweigt dann und wünscht

    sich auch

    für soviel Hingabe

    einen Gegenstand.

    Interview zum Neunzigsten

    70 Jahre Arbeit – unbeirrt:

    ein schwerer Stand für den Reporter,

    einen Mann im Alter

    der Absichtserklärungen.

    Die Schmetterlinge, Käfer und Bienen

    in den Glaskästen an der Wand

    geben sich für eine Anklage nicht her.

    Sie verlassen das Arbeitszimmer.

    Gehen im rauchenden Morgen

    den privaten Uferweg.

    Haben Sie sich nie

    für Politik interessiert?

    Nein, sagt der alte Mann.

    Aber glauben Sie nicht,

    daß eine solche Haltung der Professoren

    den Nationalsozialisten die Machtübernahme

    erleichtert hat?

    Möglich, sagt der alte Mann.

    Sie steigen ins Boot,

    und der Alte rudert den Jungen

    höflich über den See.

    duldsamer Himmel

    der da selig in sich

    über das Feld stolpert

    den brockigen Acker

    der Ausflügler an Föhntagen

    im jungen November

    unter einem Himmel der postkartenblau

    ist und duldsam

    aus sehr großer Höhe –

    der Einzelne der nichts

    beiträgt

    zur Lösung der Fragen

    die in

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