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Größenwahn und Politik
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Größenwahn und Politik

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Die Autoren des ersten Bandes einer kommenden Reihe der EDITION LINGEN STIFTUNG beschäftigen sich mit dem Phänomen "Größenwahn" in der Politik. Aber es wird auch festgestellt, dass die Medien nicht frei von fehlender Bodenhaftung sind.

Die EDITION LINGEN STIFTUNG hat es sich zur Aufgabe gemacht, unsere heutige Demokratie kritisch zu durchleuchten. Dabei sollen weder Politiker pauschal an den Pranger gestellt noch simple Medienschelte betrieben werden, sondern mutige, offene und ehrliche Diskussionen geführt werden.
Nur so lassen sich unsere bürgerlichen Rechte und Freiheiten sichern.

EDITION LINGEN STIFTUNG - Publikationen für politisch interessierte Bürger
LanguageDeutsch
Release dateMar 27, 2012
ISBN9783941118942
Größenwahn und Politik

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    Book preview

    Größenwahn und Politik - Helmut Lingen Verlag

    Vorwort

    Arnold Kirchner

    Größenwahn

    Dieter Wonka

    Das Trio des deutschen Politiker-Größenwahns

    Hans-Ulrich Jörges

    Zwerge, mit und ohne Buckel

    Christoph Schwennicke

    Gabriele Pauli, Ikara der CSU

    Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler

    Größenwahn und falscher Ehrgeiz

    Theo Waigel

    Vor Fehlern in der Politik ist niemand gefeit

    Karl-Theodor zu Guttenberg

    Im Gespräch mit Graf von Nayhauß: Mit Missverständnissen muss man leben

    Helmut Haussmann

    Wenn die Kontrollen versagen

    Jürgen Rüttgers

    Prominent zu sein, reicht nicht. Wie Inszenierungen die Politik verändert haben.

    Dorothee Bär

    „Dankbar rückwärts, mutig vorwärts, gläubig aufwärts."

    Bernard Nuss

    Sind Politiker Menschen?

    Hajo Schumacher

    Ein Handy für den Chef

    Thilo Sarrazin

    Größenwahn und jüngere Zweitfrau

    Hans Leyendecker

    Größenwahn gab’s schon immer

    Hans Herbert von Arnim

    Der Ehrensold des Präsidenten

    Peter Bachér

    Was moralisch falsch ist, kann politisch nicht richtig sein

    Mainhardt Graf von Nayhauß

    Bodyguards sogar im Wohnzimmer

    Franz-Jochen Schoeller

    Präsidentenwunsch: Orden auch für Frau und Tochter

    Lisa Inhoffen, Rita Klein, Florian Ludwig, Wolfgang Wiedlich

    Das Millionengrab

    Bauprojekte, Prestige und kommunaler Ausverkauf

    Barbara Scheel

    Für Klarheit

    Wolfgang Gerhardt

    Von Torheit, Größenwahn und Borniertheit

    Hans-Peter Schwarz

    Unser neuer Größenwahn: Rettung des Erdklimas

    Peter Scholl-Latour

    Vorsicht „Weltpolitik"! – Bonner Gipfelwahn

    Claus Jacobi

    „Der Weg der Deutschen"

    Literaturverzeichnis

    Impressum

    Vorwort

    „Das Volk versteht das meiste falsch; aber es fühlt das meiste richtig."

    Kurt Tucholsky

    Als im Spätsommer 2011 die Planungen zu einer „Edition Lingen Stiftung konkrete Formen annahmen, waren Aufstieg und Fall des Karl-Theodor zu Guttenberg nicht mehr auf den Titelseiten zu finden. Doch nachdem der mediale Schlachtenlärm verklungen war und sich der Rauch der Wortgefechte und Talkrunden verzogen hatte, drängten sich mit zunehmender Distanz zum Geschehenen Fragen auf, die weit über den bis dahin wohl spektakulärsten Absturz eines Politikers hinausgingen. Die Betonung liegt auf „bis dahin. Denn niemand konnte ahnen, dass in Deutschland nur wenige Monate später das Wort von einer angeblichen „Staatskrise die Runde machen sollte und Bundespräsident Wulff zurücktreten würde. Mit dem vielleicht etwas klareren Blick von außen, den Jürg Dedial in der „Neuen Zürcher Zeitung einnahm, nannte er nicht nur die medialen „Empörungsexerzitien in Deutschland beim Namen, sondern warnte auch vor einer Enthüllungswut, die zum Selbstzweck wird. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Dass Christian Wulff sich „politisch selbst zerstört hat, wie Michael Hanfeld in der FAZ am Tag nach Wulffs Rücktritt schrieb, steht wohl außer Frage. Aber die Selbstgerechtigkeit der Medien lässt nicht nur einen fahlen Nachgeschmack zurück, sie ist auch eine Gefahr für unser politisches System selbst.

    Schon lange vor der „Causa Guttenberg hatte so manches Gespräch mit Helmut Lingen, dem Kölner Verleger und Gründer der gleichnamigen Stiftung, um die Fragen gekreist, ob die meisten Politiker den Kontakt zur Wirklichkeit nicht längst verloren hätten und somit Begriffe wie „Arroganz der Macht und „Politikverdrossenheit nicht zwei Seiten der gleichen Medaille seien. Welche Rolle spielen dabei die Medien, die heute täglich Sensationen liefern müssen? Ist die schwelende Vertrauenskrise in die politische Klasse nicht auch eine Art „Ermüdungserscheinung der Bürger, die permanent mit Enthüllungen und Skandalen konfrontiert werden? Erschöpft sich Pressefreiheit im „Hochschreiben und anschließenden „Niedermachen von Politikern?

    Diese und viele weitere Fragen, die sich heute politisch interessierten Bürgern stellen, gaben den Anstoß, die Debatte mit Publikationen zu begleiten, die dank der Förderung durch die Lingen Stiftung frei von wirtschaftlichen oder politischen Erwägungen sind. Dabei geht es weder darum, pauschal Politiker an den Pranger zu stellen, noch simple Medienschelte zu betreiben, sondern die Probleme mutig, offen und ehrlich anzugehen. Zugegeben, kein leichtes Unterfangen, zumal sich der nun vorliegende erste Band der „Edition Lingen Stiftung gleich dem Thema „Größenwahn und Politik widmet. Es sollte sich dabei als glückliche Fügung für die Edition erweisen, dass Mainhardt Graf von Nayhauß, seit Jahrzehnten einer der besten Kenner des politischen und journalistischen Lebens in Bonn und Berlin, bereit war, die Herausgeberschaft zu übernehmen. Ihm ist es gelungen, Politiker, Journalisten und Publizisten gleichermaßen als Autoren dieses Bandes zu gewinnen. Sie alle kommen zu Wort, können Stellung beziehen und verschiedene Facetten beleuchten: Wo­ran lassen sich „Höhenflüge" festmachen? Was ist Charakterschwäche und wo beginnen Machtmissbrauch und Vorteilsnahme? Wie geht man gegen die unheilige Allianz von Gier und Größenwahn vor, die nicht selten mit gigantischen Steuerverschwendungen einhergeht?

    Während Dieter Wonka, Hauptstadtkorrespondent der Leipziger Volkszeitung, die Frage, ob es überhaupt große Politik ohne Größenwahn gebe, mit einem klaren Nein beantwortet und das Trio „Guttenberg-Westerwelle-Mappus" ins Visier nimmt, hält Hans-Ulrich Jörges dagegen, dass nicht Größenwahn das aktuelle Phänomen unter den politisch Aktiven sei, sondern ganz im Gegenteil „Verzwergung. Die Finanzkrise, so Jörges, habe der Politik „die Flausen fortdauernder Selbstüberschätzung ausgetrieben. Christoph Schwennicke („Cicero") erinnert daran, dass in unserer schnelllebigen Zeit Namen wie die von Gabriele Pauli und Andrea Ypsilanti schon weitgehend wieder dem Vergessen anheim gefallen sind, obwohl diese Politikerinnen mit ihrer Geltungssucht und Selbstüberschätzung einen Freiherrn zu Guttenberg in den Schatten stellen können.

    Mit gleich vier ehemaligen Bundesministern kommen Politikerpersönlichkeiten zu Wort, denen die Gefährdungen des „Höhenrausches" nicht unbekannt sind. Als ebenso einfaches wie wirksames Gegenmittel zitiert Theo Waigel das Motto seines Mentors, des früheren bayerischen Wirtschaftsministers Anton Jaumann: „Bescheiden bleiben und immer wissen, wo man herkommt." Um das richtige Maß und die Urteilskraft, gesunden Ehrgeiz von blindem, krank machendem ­Ehrgeiz zu trennen, geht es der Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler. ­Ex-Bundeswirtschaftsminister Helmut Haussmann sieht ebenfalls in der Rückbindung an Familie und Freunde, an Menschen, mit denen man aufgewachsen ist, eine Art natürliches Kon­trollorgan, das vor Schmeichlern und Ja-Sagern schützt. Jürgen Rüttgers spricht von der Gefahr, durch die Medialisierung unserer Lebenswelt auch die Politik zu bloßem Theater zu degradieren. Aber in der Politik, so Rüttgers’ kritisches Fazit, geht es nicht um Prominenz, sondern ums Allgemeinwohl. Dass der Trend zu medialen Inszenierungen durch das Internet weiteren Schub bekommen und einen „Schnelligkeitswahn" ausgelöst hat, ist ein Problem, auf das die Stellvertretende CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär hinweist. Selbst einen Beitrag zum Thema „Größenwahn" schreiben, wollte Karl-Theodor zu Guttenberg zwar nicht, aber er war zu einem Gespräch mit Herausgeber Graf Nayhauß bereit. Dass die Fotoaufnahme, die zu Guttenberg in großer Pose am Times Square zeigt und die bis heute als „Beweisfoto" seiner verlorenen Bodenhaftung herhalten muss, einen völlig harmlosen Hintergrund hat, zeigt einmal mehr, welche Dynamik und Macht selbst in der medialen Aufbereitung eines Fotos liegen kann. Auch wenn sich Politiker durchaus selbstkritisch äußern, kann dies das Urteil, das sich der Journalist Bernard Nuss, lang­jähriger Leiter der Presseabteilung der Französischen Botschaft gebildet hat, nicht mildern. Nuss rechnet in seinem Beitrag mit den Politikern ab: „Die ­Bürger haben die Politiker satt. Sie ­fühlen sich von ihnen belogen und betrogen – und das mit Recht."

    Hajo Schumacher weist den Journalisten zwar eine wichtige Aufgabe als „Doping-Kontrolleure der Demokratie zu, legt den Finger aber auch in die Wunde mangelnder Glaubwürdigkeit der eigenen Zunft: „Jene porentiefe Sauberkeit, die die professionellen Öffentlichkeits-Hersteller zu Recht von den Volksvertretern verlangen, legen sie selbst nicht immer an den Tag. Thilo Sarrazin stellt mit nüchterner Klarheit fest, sich nicht den Beruf des Politikers auszusuchen, wenn man viel Geld verdienen will, und nur einen Lebensstandard zu pflegen, der auch einen Amtsverlust übersteht. Aus aktuellem Anlass kommentiert Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim in diesem Zusammenhang die Diskussion um den Ehrensold für den zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff. Dass sich Politiker mit Dotationen „gewogen" stimmen lassen, ist nicht neu, aber die Flick-Affäre und die Einflussnahmen der Pharmaindustrie oder Versicherungswirtschaft, an die Hans Leyendecker erinnert, hatten schon „ein besonderes Format. Allerdings hält Leyendecker auch den Wählern den Spiegel vor, denn getrickst, gemogelt und betrogen wird auch im Alltag: „Moralische Schizophrenie ist längst zu einer Lebensform geworden.

    Für Peter Bachér sind es jedoch weniger finanzielle Annehmlichkeiten, denen Politiker erliegen, sondern vielmehr der „köstliche Stoff Aufmerksamkeit, der eine „Rauschgift-Wirkung hat. Es ist wie eine Sucht, der die politischen Akteure verfallen: „Die Minen, auf die sie treten und die explodieren können, heißen Eitelkeit, Eitelkeit, Eitelkeit. Den einzigen Schutz bietet die tägliche Überprüfung, ob man „mit der geliehenen Macht verantwortungsvoll, ja demütig umgeht. Eine Selbstprüfung, die Helmut Kohl offenbar völlig fremd gewesen ist, wenn man den Beitrag von Jürgen Leinemann liest. Ganz im Sinne von Bachérs Rauschgift-Metapher charakterisiert Leinemann das „System Kohl als ein „System von Abhängigkeiten, in dem Machtbesitzstände in jeder Form zu Drogen wurden. Und auch Herausgeber Mainhardt Graf Nayhauß stellt lakonisch fest: „Macht wird zur Gewohnheit, macht außerdem süchtig."

    Wenn man über manche Auswüchse der Mächtigen, von denen der frühere Diplomat Franz-Jochen Schoeller berichtet, nur den Kopf schütteln mag, so verschlägt es einem jedoch schlicht die Sprache, liest man die Recherchen von Lisa Inhoffen, Rita Klein, Florian Ludwig und Wolfgang Wiedlich zum „Millionengrab WCCB in Bonn. Das Millionen-Debakel um die „Erlebnisregion Nürburgring steht dem Bonner Skandal in nichts nach – zwei Beispiele für die Verschwendung kaum vorstellbarer Summen an Steuergeldern. In welchem Maße dies dereinst auch für das Projekt „Stuttgart21" zu beklagen sein wird, mit dem sich Barbara Scheel auseinandersetzt, muss die Zukunft zeigen. Dass der frühere FDP-Vorsitzende Wolfgang Gerhardt von einem Dreiklang aus „Torheit, Größenwahn und Borniertheit" spricht, überrascht kaum noch.

    Jenseits von Verschwendung und Korruption lenkt Hans-Peter Schwarz den Blick auf eine ganz neue Form des Größenwahns, der sich – wie man in Anlehnung an einen populären Schlager sagen möchte – darauf richtet, „nur noch kurz die Welt zu retten". Eine utopisch anmutende Politik, die sich nichts Geringeres als die Rettung des Erdklimas zum Ziel gesetzt hat. Eine Anmaßung, die der Erkenntnis Bismarcks, dass Politik die Kunst des Möglichen ist – woran auch Claus Jacobi mit Nachdruck erinnert – völlig widerspricht. Überspanntheiten ganz anderer Art hat dagegen Peter Scholl-Latour im Blick, wenn er vor größenwahnsinnigen „Amateur-Strategen warnt: Die Überforderung der Kräfte der atlantischen Allianz und das Verschließen der Augen vor machtpolitischen Gegebenheiten lassen Ansätze einer unheilvollen „Weltpolitik erkennen.

    Köln, im März 2012

    Werner Schulte

    Edition Lingen Stiftung

    Arnold Kirchner

    Größenwahn

    Hier geht es um den Größenwahn,

    den man bei uns erleben kann,

    der schädlich war und schaden wird,

    weil Größenwahn fast immer irrt.

    Bist du ein Bass und singst Sopran,

    erkennt es jeder: Größenwahn!

    Bläst sich ein Zwerg auf zum Titan

    ist schwieriger die Diagnose.

    Man merkt erst: Das war Größenwahn,

    sticht man ihm in die Hose.

    Ist dann die Luft raus,

    schrumpft der Riese

    zum Fall für Psychoanalyse.

    Historisch hat der Größenwahn

    den Deutschen schon viel angetan:

    Sie jubelten, begeistert, froh

    beim alten Kaiser Wilhelm Zwo,

    der markig rief: „Am deutschen Wesen

    soll nun die ganze Welt genesen!"

    Am Ende gab es Hungersnot

    und 4 Millionen waren tot.

    Das reichte nicht! – Der Größenwahn

    fing bald darauf von vorne an,

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