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Social Media in der Internen Kommunikation
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Ebook516 pages7 hours

Social Media in der Internen Kommunikation

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Wir kommentieren, "liken" und informieren uns von zu Hause, aus dem Bus und im Supermarkt. Social Media gehören längst zum Alltag - zum privaten. Trotz steigender Erwartungen sind Social Media im Berufsalltag jedoch noch keine Selbstverständlichkeit.

Zwar sind viele Unternehmen bereits mit Blogs, einem Twitter-Account oder Profilen auf Facebook und Google+ im Social Web aktiv, jedoch sprechen sie dort hauptsächlich externe Bezugsgruppen an. Warum aber die Vorteile und die längst vertrauten Kommunikationswege nicht auch für die Interne Kommunikation nutzen? Viele Mitarbeiter und gerade der Nachwuchs - die "Digital Natives"- erwarten auch am Arbeitsplatz freien Zugriff auf Informationen, Vernetzung mit Kollegen und kurze Kommunikationswege. Das Management sieht in Social Media das Potenzial für effizientere Arbeits- und Informationsprozesse.

Die Erwartungen an eine Interne Kommunikation 2.0 sind ebenso groß wie die Bedenken. Transparenz, Motivation, Sicherheitsrisiko oder Ablenkung sind Stichworte, die in diesem Zusammenhang oft fallen. Social Media als Wundermittel oder vorhersehbare Katastrophe? Immer mehr Unternehmen planen die Integration von Social Media zur Optimierung ihres Wissensmanagements, zur Partizipation und Kollaboration sowie als Mittel gegen die E-Mail-Flut. Social Media können jedoch kein Allheilmittel sein und müssen zum Unternehmen und
dessen Kultur passen. Für die Interne Kommunikation bedeuten Social Media mehr als nur die Einführung eines neuen Instrumentes im Medienmix, das sofort von allen Mitarbeitern angenommen und genutzt wird. Die Implementierung zieht neue Aufgaben und Rollen nach sich. Enterprise 2.0 ist für viele interne Kommunikationsmanager Ziel und Herausforderung zugleich.
LanguageDeutsch
Publisherscm verlag
Release dateSep 15, 2012
ISBN9783940543189
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    Book preview

    Social Media in der Internen Kommunikation - scm verlag

    Stichwortverzeichnis

    Kapitel 1

    Einführung und Trends

    1.1 7 Regeln, wie die Einführung von Social Media im Unternehmen garantiert ein Misserfolg wird

    Stefan Donat

    1. Alles wollen

    Verstehen Sie das bitte nicht falsch. Das ist keine Aufforderung „einfach mal so loszulegen". Es gibt wirklich ausgefeilte und erprobte Prozesse für die Entwicklung von IT-/ Software-Projekten, und die sollte man auch befolgen. Aber wenn Sie mit der Planung schon länger als ein Jahr benötigen, dann sollten Sie lieber wieder neu anfangen. Keine Planung ist so flexibel, dass sie alle Veränderungen berücksichtigen kann. Und es gibt immer Veränderungen, in jedem Unternehmen. Mal in kürzeren, mal in längeren Abständen.

    Schaffen Sie einen Rahmen, der für das gesamte Unternehmen Bestand hat und realisieren Sie innerhalb dieses Rahmens verschiedene, kleine Projekte, die den Anwender bei einer bestimmten Aufgabe effektiv unterstützen. Auch wenn es etwas abgegriffen ist, immer wieder Apple als Vorzeigebeispiel zu verwenden, aber warum glauben Sie, ist das App-Konzept von Apple so erfolgreich? Trotz der vielen Restriktionen, welchen die Entwickler unterliegen?

    Das App-Konzept von Apple ist ein stabiler, einfach zu nutzender und einen gewissen Qualitätsstandard gewährender Rahmen, der bestückt ist mit einer Vielzahl von Apps – kleinen Programmen, die den Anwender mit einer ganz begrenzten Anzahl von Funktionen bei einer bestimmten Aufgabe sehr effektiv unterstützen. Von jeder App gibt es mindestens drei Varianten. Die App, die den Anwendern gefällt, wird häufig genutzt, die anderen werden wieder gelöscht. So einfach ist das.

    2. Keine Ziele setzen

    Jedes Projekt kostet Ressourcen – Zeit, Geld, Mitarbeiter. Ohne Ziele ist die Zeit verschwendet, das Geld vergeudet und die Mitarbeiter sind frustriert. Wie immer müssen Ziele klar definiert, messbar und erreichbar sein. Ein Ziel wie „die Kommunikation im Unternehmen verbessern" hilft nicht – aber ein Ziel wie „die Kommunikation im Unternehmen verbessern, indem wir eine soziale Software einsetzen, welche

    a) die Funktionsbereiche unseres Unternehmens abbildet,

    b) den Mitarbeitern ermöglicht, mit einzelnen Personen, Gruppen oder dem gesamten Unternehmen zu komunizieren, das heißt Daten, Informationen und Wissen zu teilen,

    c) Kommunikation einfach, schnell und transparent ermöglicht,

    d) unabhängig vom Arbeitsplatz ist, das heißt auf mobilen Geräten nutzbar ist.

    Damit wollen wir die Anzahl von internen E-Mails um 30 Prozent reduzieren – und den Zeitaufwand für die Suche nach Dokumenten, Informationen oder Expertenwissen um 50 Prozent reduzieren." Solch ein Ziel ist klar definiert, messbar und erreichbar.

    3. Nicht wissen, was die Anwender wirklich interessiert und nutzen

    Die Mitarbeiter Ihres Unternehmens sind die Anwender. Und Anwender nutzen etwas, wenn es für sie einen Nutzen hat. Da unterscheidet sich ein Social Media-Projekt überhaupt nicht von anderen Softwareprojekten. Die Unterschiede sind lediglich, dass Daten, Informationen und Wissen transparenter veröffentlicht und unter den Kollegen ge-/ verteilt wird und dass aus „push ein „pull wird. Das heißt, dass die Mitarbeiter nicht nur das konsumieren, was von oben in das Intranet „reingestellt wird oder per E-Mail an den vermeintlich richtigen Verteiler gesendet wird, sondern dass jeder Mitarbeiter selber seinen Beitrag leistet – dass er beispielsweise selber in seinem Profil beschreibt, wo er/sie sich gerade befindet, wie er/sie erreichbar ist, an welchem Thema er/sie gerade arbeitet, welche besonderen Kompetenzen er/sie hat usw. Noch wichtiger als die Statusmeldungen im Profil ist die Erkenntnis, dass jeder Mitarbeiter über Daten, Informationen und Wissen verfügt. Jeder Mitarbeiter kann etwas für die Gruppe, für das Unternehmen beitragen. Deshalb der Begriff „social. Sozial, das heißt für die Gruppe. Und Social Media Software soll das Teilen und zur Gruppe Beitragen so einfach wie möglich machen.

    Damit es für die Anwender nicht zur Belastung wird, sondern einfach und schnell, muss man bei der Konzeption des Social Media-Projektes natürlich berücksichtigen, wie die realen Arbeitsprozesse der Anwender gestaltet sind, welche Fragestellungen während der Arbeit auftreten und welche Funktionen es ermöglichen, dass die Mitarbeiter ihre Arbeit schneller und einfacher erledigen können.

    4. Keine Pilotgruppe/-anwendung installieren

    Eine Pilotgruppe mit einer Pilotanwendung soll den Zweck erfüllen, dass Erfahrungen zu einem Zeitpunkt gewonnen werden, an dem man das Gesamtkonzept noch korrigieren oder ergänzen kann. Will man z.B. keine Inhouse-Lösung, so bietet es sich an, zwei bis drei Softwareanbieter innerhalb der Pilotgruppe für einen definierten Zeitraum zu vergleichen. Oft ergeben sich für das Unternehmen spezifische und relevante Anforderungen erst auf den zweiten Blick, das heißt nachdem die Pilot-Anwender eine Weile mit der Software gearbeitet haben. Außerdem wichtig: Wie stabil läuft die Software? Wie funktioniert der Support? Lassen sich Schnittstellen zu anderen, bereits im Unternehmen befindlichen Softwaresystemen schaffen? Parallel dazu können Sie sogenannte Social Media Guidelines erarbeiten, die dafür sorgen, dass Ihr Social Media-Projekt mit den strategischen Zielen Ihres Unternehmens verknüpft ist und interne Prozesse und Verantwortlichkeiten festlegen.

    5. Die Mitarbeiter sich selbst überlassen

    Auch wenn die meisten der am Markt verfügbaren Softwarelösungen relativ einfach und intuitiv nutzbar sind, so benötigen die Anwender doch eine Einweisung. Bieten Sie zweistündige Einweisungstermine an, erklären Sie kurz die Funktionalität der Software und beantworten dann ausführlich die Fragen der Anwender. Es gibt immer Fragen. Wer sieht welche Daten in meinem Profil? Kann man einen Beitrag löschen? Werden meine Aktivitäten ausgewertet? Kann man einen Beitrag auch so veröffentlichen, dass nur bestimmte Personen darauf Zugriff haben? usw. Schaffen Sie Vertrauen bei den Anwendern, indem Sie diese Fragen offen und ehrlich beantworten.

    Außerdem…eine Social Media Software ist ein „lebendes" System. Das heißt, es muss beobachtet und gepflegt werden. Jede Gruppe sollte einen Verantwortlichen und Moderator haben, der die ersten Inhalte einstellt, der die anderen Gruppenmitglieder z.B. durch die Umfragefunktion zur Mitarbeit anregt und entstehende Diskussionen moderiert. Das kann am Anfang etwas Zeitaufwand bedeuten, reduziert sich aber schnell auf wenige Minuten pro Tag herunter.

    6. Das Top-Management nicht einbinden

    Das Top-Management hat eine Vorbildfunktion für alle Mitarbeiter im Unternehmen. Wenn dort etwas befürwortet und vor allem auch genutzt wird, dann wird es auch von allen anderen Mitarbeitern genutzt. Wenn die Vorstände oder Geschäftsführer jedoch niemals im sozialen Unternehmens-Netzwerk aktiv sind, dann ist die Social Media Software deshalb nicht gescheitert, aber es wird auf jeden Fall schwerer, die Zögerlichen oder Misstrauischen unter den Mitarbeitern zur aktiven Teilnahme zu überzeugen.

    Versuchen Sie das Top-Management davon zu überzeugen, dass es durch die Social Media Software die einzigartige Möglichkeit erhält, direkt den Puls des Unternehmens zu spüren. Dort werden Themen behandelt oder Fragen gestellt, die das operative Geschäft betreffen. Dort kann durch eine Umfrage sehr schnell ein Meinungsbild unter den Mitarbeitern eingeholt werden. Und dort finden sich Informationen über Wettbewerber, die von allen Mitarbeitern zusammengetragen wurden.

    Außerdem sehr wichtig… die Social Media Software ist in ihrer Hauptfunktion ein Kommunikationsmittel. Und jedes Top-Management hat immer wieder etwas an die Mitarbeiter zu kommunizieren. Jedes Top-Management möchte eine „Message unter den Mitarbeitern verbreiten. Nutzen Sie diese Möglichkeit, diesen „sozialen Kanal, um die Mitarbeiter zu erreichen.

    7. Erfolge (auch kleine) nicht kommunizieren

    Was für viele Bereiche des privaten und beruflichen Lebens gilt, ist natürlich auch hier gültig. Ehrlich gemeintes und zeitnahes Lob ist ein gutes Führungsinstrument. Wer also möchte, dass sein Social Media-Projekt ein Erfolg wird, der sollte die Beteiligten, die freiwillig ihr Wissen teilen oder besonders hilfreich die Fragen der Kollegen beantworten, auch loben. Das kann im privaten Gespräch stattfinden oder öffentlich vor der Gruppe oder innerhalb der Social Media Software – sichtbar für alle Mitarbeiter des Unternehmens.

    Die Mitarbeiter, die sowieso schon aktiv sind, werden es weiterhin sein und die anderen Mitarbeiter werden zukünftig aktiver werden.

    Auch das Verbreiten/ Teilen von Erfolgsnachrichten gehört dazu. Ein Projekt, das durch die Social Media Software besonders schnell realisiert werden konnte; ein gewonnener Auftrag, bei dem die entscheidenden Informationen von einem Kollegen aus einem anderen Bereich kamen, mit dem man sonst nicht in Kontakt ist; eine Idee zu einem Produktfeature, die besonders schnell umgesetzt wurde, weil durch die Beteiligung vieler Kollegen an der Diskussion die Wichtigkeit des Features klar wurde. Es gibt viele Beispiele für Erfolgsnachrichten.

    Zusammenfassend wird klar, dass für die erfolgreiche Einführung einer Social Media Software für Ihr Unternehmen neben den notwendigen Ressourcen eine gute Planung, Fachwissen und ein gutes Projektmanagement mit entsprechendem Durchsetzungs- und Kommunikationsvermögen wichtig sind.

    Dafür erhalten sie die Möglichkeit, die Kommunikation und Zusammenarbeit innerhalb Ihres Unternehmens auf ein neues Niveau zu heben. Dass mehr Miteinander und Füreinander entsteht und dadurch die Zusammengehörigkeit und die Identifikation mit dem Unternehmen gestärkt wird. Letztendlich ist das alles wichtig, damit die Mitarbeiter schneller und einfacher ihre Arbeit erfolgreich erledigen und damit das Unternehmen als Ganzes profitabler und erfolgreicher und zukunftssicherer wird.

    Stefan Donat

    ist Gründer von immer-uptodate.net, einer Softwarefirma für cloud-basierte Unternehmenssoftware mit den Schwerpunkten Kommunikation und Zusammenarbeit.

    Er ist auch Gründer eines Unternehmens, das Sensorik-Technologie entwickelt und diese erfolgreich an Konzerne in Asien und USA vermarktet. Er hat an über 30 patententierten Innovationen mitgewirkt und mit diesem Unternehmen mehrere Innovationspreise gewonnen.

    Zuvor hat er für ein US-Softwareunternehmen die deutsche Tochtergesellschaft in München aufgebaut und war acht Jahre Stabstellenleiter bei einer Tochtergesellschaft der Thyssen Krupp AG.

    Donat ist Diplom-Ingenieur und in Berlin geboren.

    1.2 Das soziale Intranet und die Wurzeln des Networking

    Lutz Hirsch

    Warum muss sich ein Unternehmen Gedanken zu Social Media für die Interne Kommunikation machen? Welche Bereiche sind davon betroffen und wie geht man die Sache dann an? In den folgenden Abschnitten sollen hierzu einige Einblicke aus Theorie und Praxis gegeben werden.

    In einer Zeit, in der über 10 Prozent aller Menschen weltweit Mitglied bei Facebook sind, die Kommunikation vernetzter, interaktiver und mobiler geworden ist, reichen die traditionellen Instrumente der Unternehmenskommunikation nicht mehr aus, um gerade die jüngeren Mitarbeiter zu erreichen und in einen Dialog einzubinden. Die Kommunikation über soziale Plattformen wie Facebook oder Google+ geht heutzutage vor Mobilfunk und Mailverkehr. Aber woher kommt diese Entwicklung? Sitzt man nur einer Modewelle auf oder ist Substanz dahinter? Dazu kurz ein Einblick in die Vernetzungstheorie der Sozialwissenschaften.

    Ein wenig Theorie zu Beginn

    1908 hat der Sozialwissenschaftler Georg Simmel begonnen, das bis dahin herrschende Paradigma der „Interaktion gesellschaftlicher Gruppen durch die Sicht auf „Netzwerke zu erweitern. Die Analyse der sozialen Netzwerke wurde dann ab den 1950er Jahren durch unter anderem Elisabeth Bott und Clyde Mitchel stärker formalisiert und um Kenngrößen angereichert. Auf einige dieser Kenngrößen werden wir gleich noch zu sprechen kommen. Es wird hier aber schon deutlich, dass die Interaktion im Netzwerk ein Grundverhalten des Menschen ist, das heute durch elektronische Werkzeuge verstärkt wird und dadurch deutlicher zu Tage tritt. Vernetzung ist ein grundlegendes Naturphänomen, das sich kleinste Zellen, Menschen und Gestirne zu eigen machen. Wir sind also weit entfernt von einer Übergangserscheinung. Auch der Kontext des Begriffes „sozial wird damit deutlich. „Sozial heißt hier „vernetzt und „interaktiv und damit „in Bezug zu anderen". Was macht dieses Netzwerk nun grundlegend aus, welche Beschreibungsgrößen können dafür herangezogen werden? Die Sozialwissenschaften liefern dazu:

    Den Umfang als Anzahl der Köpfe in einem Netzwerk,

    die Dichte als Maß für die direkte Verbundenheit der Teilnehmer des Netzwerkes untereinander,

    die Ziele der einzelnen Netzwerkteilnehmer (das Netz an sich hat kein gemeinsames Gesamtziel),

    die Qualität der Beziehungen im Netzwerk in der Ausprägung:

    Dauer, die ein Mitglied mit anderen Teilnehmern verbringt,

    Grad der Intimität,

    Grad der Vertrautheit,

    Qualität der ausgetauschten Leistungen.

    Die Visualisierung eines persönlichen Netzwerkes in Abbildung 1 zeigt, dass um das Zentrum des Netzes herum sehr dichte Verbindungen bestehen und nach außen die Kontakte der Teilnehmer untereinander deutlich geringer werden. Das Netz wird hier offener – ein wichtiger Befund bei der Diskussion eines Social Intranet für Unternehmen.

    Ein solches Netzwerk transportiert Impulse, neue Ideen und fördert die individuelle Weiterentwicklung, es gewährt Sicherheit und Unterstützung (supportive Valenz).

    Abbildung 1. | Visualisierung eines persönlichen Netzwerkes.

    Der Aufbau eines solchen Netzwerkes war traditionell (ohne Internet) stets mit hohem Aufwand und damit auch mit Kosten verbunden (Reisen, persönliche Einladungen, Telefonate über große Entfernungen hinweg etc.). Intensives Networking war damit beschränkt auf wenige. Heute können Netzwerke über Facebook & Co. für den Einzelnen deutlich einfacher und nahezu ohne Mehrkosten aufgebaut werden. Daher verbreiten sich diese Plattformen so schnell und werden von so vielen Menschen unterschiedlichster Herkunft und Bildung genutzt.

    Warum aber betrifft dies jetzt Unternehmen, und in welcher Form? Die erste Frage ist oberflächlich schnell beantwortet: Weil auch ein Unternehmen ein Teil der Gesellschaft ist, aus deren Mitgliedern besteht und sich damit dem grundlegenden Kommunikationsverhalten nicht entziehen kann. Tiefergehend stößt man aber auf eine weitere Theorie (versprochen: es ist die letzte in diesem Artikel).

    Der US-amerikanische Sozialwissenschaftler Mark Granovetter hat 1973 die Theorie der losen Bindungen entwickelt (siehe Abbildung 2). Diese besagt, dass die direkten Kontakte im unmittelbaren persönlichen Umfeld überwiegend der Abwicklung des Tagesgeschäftes dienen und kaum neue Ideen und Anregungen liefern. Die wahren Schätze im Netzwerk sind die losen Kontakte und wiederum deren Kontakte. Diese liefern im eigenen Wissensbereich neue Erkenntnisse und transportieren Impulse von außen. Sie besitzen Wissen, das neu für mich ist, mir bei aktuellen Problemstellungen helfen kann und Innovation fördert.

    Abbildung 2. | Theorie der losen Bindungen nach Mark Granovetter.

    Und genau hier liegt der Knackpunkt für Unternehmen. Wenn Mitarbeiter zu Ihrem Wissens- und Arbeitsgebiet in Dialog mit losen Kontakten und darüber hinaus treten können (und das zu geringen Kosten), werden Ineffizienzen reduziert und die Entwicklungskraft wird deutlich gefördert.

    Und die Plattform dazu ist? Sie erahnen es schon: Das soziale Intranet mit einer modernen Vernetzungs- und Kommunikationsplattform (sozusagen „Facebook intern").

    Social Media in der Unternehmenskommunikation

    Für Unternehmen bietet ein soziales Intranet ein wichtiges Instrument, um von einer Top-Down-Kommunikation auf einen echten Dialog umzusteigen.

    Uwe Berlinghoff, Senior Vice President Communications bei airberlin, argumentiert, dass gerade das fliegende Personal der Fluggesellschaft klare Ansprüche an die Unternehmenskommunikation stellt: Weil die Mitarbeiter an verschiedenen Stationen arbeiten, möchten sie transparent über die Organisation informiert werden, mit Kollegen stärker interagieren können, Feedback zu Arbeitsabläufen und Praxiserfahrungen geben – und dafür bieten sich „facebookartige" Lösungen innerhalb des Unternehmens an. Social Media werden in der externen Kommunikation von airberlin bereits intensiv genutzt, viele Mitarbeiter sind selbst in sozialen Netzwerken aktiv. Das soziale Verhalten auf diesen Plattformen spiegelt sich zunehmend auch in der Internen Kommunikation wieder und verändert deren Rolle und Aufgaben. Damit gehört airberlin zu einer Gruppe von Unternehmen, die Social Media schon früh in ihre Kommunikationsstrategie eingebunden haben. Diese Organisationen sind gekennzeichnet durch eine junge Belegschaft, einen starken Bezug des Geschäftsmodells zur Online-Welt und einen schnellen Zuwachs neuer Mitarbeiter innerhalb weniger Jahre. Neben der selbstverständlichen Nutzung von Webplattformen fördert der Bedarf an Netzwerkbildung innerhalb des Unternehmens in hohem Maße die Einbindung sozialer Online-Funktionen.

    Unternehmen mit einem stark „klassisch geprägten Geschäftsmodell und langer Betriebszugehörigkeit der Mitarbeiter werden Social Media intern eher behutsam einsetzen. Xenia Sarigiannidis (Unternehmenskommunikation Vorwerk) führt hier die über lange Jahre gewachsenen internen Beziehungen zwischen den Mitarbeitern an. Zwei Anrufe genügen meist, und schon ist der gesuchte Ansprechpartner gefunden oder die wichtige Information eingeholt. Eine „Social Networking-Funktion im Intranet würde hier eher langsam angenommen werden. Dennoch ist es für Vorwerk wichtig, diese anzubieten. Etablierte Offline-Netzwerke brechen auf Grund des demografischen Wandels in den nächsten Jahren schnell in sich zusammen und nachrückende, jüngere Mitarbeiter müssen sich dann in der Unternehmensorganisation aufwändig neu orientieren – und hier ist gelernte Praxis, „Freunde zu finden, „Circles zu teilen und Rundrufe im digitalen Geflecht zu starten.

    Allen Unternehmen gemeinsam ist der Wunsch, über soziale Funktionen Distanzen zu anderen Bereichen zu überbrücken und Menschen zum Erfahrungsaustausch miteinander in Kontakt zu bringen (siehe Abbildung 3).

    Abbildung 3. | Mit der Distanz zum Arbeitsplatz reduziert sich das Wissen über andere Bereiche.

    Die Zeit der aufwändigen und komplexen Wissensmanagement- und Redaktionssysteme scheint daher vorbei zu sein. Im Vordergrund stehen Plattformen für den schnellen Austausch im Netzwerk (Microblogs, Chat) und die einfache Erstellung und Weiterleitung von Inhalten (Blogs und Wikis).

    Wichtig ist daher nicht, ob Social Media für die Interne Kommunikation eingesetzt werden. Vielmehr muss jedes Unternehmen für sich beantworten, wann und in welcher Ausprägung diese neuen Kanäle bedient werden.

    Kommen wir noch einmal zu airberlin zurück: Um den Mitarbeitern eine schnellere Kontaktaufnahme untereinander zu ermöglichen, plant airberlin im Intranet die Einführung eines interaktiven Personenprofils mit Vernetzungsfunktion. Dadurch sollen Skills von Mitarbeitern unternehmensübergreifend leichter gefunden werden, um interne Ressourcen optimal zu nutzen und auch schneller auf Kunden- und Marktanforderungen reagieren zu können. Über eine Kommentar- und Feedback-Funktion zu Arbeitsmaterialien soll ein Rückkanal zu den Mitarbeitern aufgebaut werden. Social Media stehen hier also ganz im Zeichen der Flexibilität, Schnelligkeit und kontinuierlichen Verbesserung.

    Abbildung 4. | Beispielhafte Startseite eines sozialen Intranets.

    Das Beispiel zeigt, dass klassische, rein redaktionell erstellte Intranets in Zukunft immer weiter an Bedeutung verlieren werden. Prognosen der Nielsen Norman Group gehen davon aus, dass in Zukunft bis zu 2/3 aller Intranet-Inhalte durch Nutzer-Interaktion bereitgestellt werden und damit „User Generated Content" sind. Die Startseiten der Intranets aggregieren sich daher zunehmend aus Blog-Inhalten und Activity Feeds des eigenen Netzwerkes und werden immer weniger redaktionell aufbereitet. Auf der beispielhaften Startseite in Abbildung 4 zeigt sich dies in der prominenten Anzeige der Netzwerkaktivitäten im rechten Content-Bereich. Unternehmensnachrichten sind hier in der linken Spalte „nur noch" ein Trigger-Punkt neben dem Hinweis auf prominente Blogs und neue Video-Botschaften.

    Unternehmenskommunikation im Wandel

    Die Interne Kommunikation ist in einem solchen Umfeld stark gefordert. Die Sichtbarkeit einer Unternehmensnachricht muss neu ausgehandelt werden und die Aufgaben der Online- und Print-Redaktion müssen durch ein Management des virtuellen Netzwerkes erweitert werden.

    Dadurch, dass Informationen in einem hochgradig vernetzten Umfeld überwiegend zwischen den Teilnehmern und nicht innerhalb der Hierarchien ausgetauscht werden, müssen Botschaften des Unternehmens klar als solche positioniert werden und attraktiv in das Netzwerk hineingegeben werden. Man muss zwar erkennen, dass es sich um eine verlässliche und verbindliche Information handelt, darüber hinaus wird die Nachricht aber auch zunehmend an den Redakteur gebunden. Der Mitarbeiter hat z.B. einen Online-Redakteur zu seinem Netzwerk hinzugefügt und erhält dessen neue Blog-Beiträge und Kommentare in seinen Activity Feed eingespeist. Anspruch der Unternehmenskommunikation muss es daher sein, den Redakteur als wichtige Person im Netzwerk zu positionieren und nicht die Mitarbeiter zwangsweise über Nachrichten-Startseiten zu führen.

    Weiter findet Interaktion an den einzelnen Informationsobjekten statt. Nachrichten werden kommentiert oder bewertet, in Blogs und Communities werden Fragen diskutiert (und auch beantwortet). Hier bietet sich für das Unternehmen eine hervorragende Gelegenheit, Themen authentisch zu setzen und einen viel engeren Kontakt zu den Mitarbeitern zu erhalten. Auf dieser Ebene entsteht der digitale Dialog, in den weite Teile des Unternehmens aktiv und passiv eingebunden sind. Allerdings muss dieser Dialog (sozusagen der digitale Flurfunk) auch gehört und moderiert werden. Die Unternehmenskommunikation nimmt daher mehr und mehr die Rolle des Trend Scoutings und der Moderation ein und muss sich von einem Top-Down-Ansatz und einer 1:n-Kommunikation verabschieden.

    Die sich eröffnenden Chancen wiegen jedoch alle Risiken deutlich auf:

    Mitarbeiter können durch die Nutzung von Netzwerkeffekten schneller und authentischer informiert werden

    Der Aufwand für layouterische Arbeit sinkt durch die Nutzung von Blogs und Kommentarfunktionen drastisch, die Arbeit an der Nachricht rückt (endlich!) stärker in den Vordergrund

    Das Verständnis zu Unternehmensnachrichten und -entscheidungen kann durch den Dialog und den direkten Feedback-Kanal deutlich und schneller gesteigert werden

    Informationsflüsse können besser kanalisiert werden, der „Information Overflow" wird durch aktive Abonnement- und Filteroptionen reduziert

    Eine oft leidenschaftlich geführte Diskussion sei an dieser Stelle nicht vergessen: Sind damit Mitarbeiterzeitungen, Aushänge und Flyer obsolet? Die klare Antwort ist: Nein! Jedes Medium hat eine wichtige Bedeutung für die Kommunikation zu den Mitarbeitern und steigert die Wahrnehmung der verbreiteten Inhalte. Neu hingegen ist, dass die Medien geschickt miteinander kombiniert werden sollten und der persönliche Aspekt stärker berücksichtigt werden muss. Aktuelle Diskussionen in der Intranet-Community können gründlich recherchiert in der Mitarbeiterzeitung aufgegriffen und vertieft werden. Diese Sichtbarkeit adelt die beteiligten Mitarbeiter und spornt die Feedback-Kultur im Intranet an. In der Print-Ausgabe wiederum können z.B. Erfolgsgeschichten aus der Online-Welt die Nutzung der Social Networking-Funktion hervorheben und die Vernetzungsquote steigern. Die Unternehmenskommunikation sollte daher Inhalte, Medien und Formate genau abwägen und in einem ‚sozialen Kommunikationsplan’ hinterlegen.

    Erfolgskriterien von Social Media im Unternehmen

    Die Einführung eines sozialen Intranets steht und fällt mit dem Erreichen einer kritischen Masse an Mitgliedern. Wissenschaftliche Untersuchungen legen nahe, dass mindestens 10 Prozent aller Mitarbeiter von der Idee des Social Networkings begeistert werden müssen, bevor die Community sich aus sich selbst heraus trägt und unternehmensweit weiterentwickelt (Social Cognitive Networks Academic Research Center 2011).

    Wenn diese kritische Masse jedoch erreicht ist, zeigen die Nutzer sich deutlich aktiver als z.B. in traditionellen Foren. Auch hier sind wieder Zahlen der Norman Nielsen Group im Vergleich mit Untersuchungsergebnissen aus unseren Projekten (siehe Abbildung 6) interessant. In traditionellen Communities sind in der Regel 90 Prozent der Nutzer passiv (lesend), 7 Prozent sporadisch beitragend und 3 Prozent aktiv schreibend. Reichert man diese Community mit sozialen Funktionen an (Vernetzung der Teilnehmer, Activity Feeds, Bewertung und Empfehlung von Inhalten), steigt die Partizipation deutlich an. Die stark beitragende Gruppe wächst um über das Doppelte auf 8 Prozent, der sporadisch beitragende Anteil wird nahezu verfünffacht!

    Abbildung 5. | Partizipationsquote „klassisch und „sozial.

    Diese kritische Masse zu erreichen ist jedoch nicht alleine Aufgabe der Unternehmenskommunikation. Vielmehr ist das „soziale Intranet" eine Gemeinschaftsarbeit der HR-, Marketing- IT- und UK-Abteilungen. Social Media sind immer in der Schnittmenge zwischen Employer Branding, Kollaboration, Wissensmanagement und Kommunikation zu finden. Es ist ein IT-, Kommunikations- und Organisationsprojekt, das im Unternehmen auf eine breite Basis gestellt werden sollte. Wichtige Themenfelder, die interdisziplinär angegangen werden müssen sind:

    Wandel in der Kommunikationskultur und Akzeptanz der Transparenz der Kommunikation im Netzwerk

    Wandel in der Führungskultur durch Schärfung der Moderationsfähigkeit des Managements

    Wandel in der Ablauforganisation durch Anreicherung von Prozessen mit Interaktions- und Feedback-Elementen

    Wandel in der digitalen Arbeit durch gezieltes Coaching zur Verbesserung der Selbstorganisation des Informationsarbeiters

    Wie können Social Media intern nun am besten eingeführt werden?

    Hier lassen sich zwei Extreme beobachten, die die Pole für den individuellen Weg vorgeben: Der klassische Weg mit ausführlicher Analyse, Konzeption, technischer Umsetzung und Einführung auf der einen Seite und agiles, auf Standardfunktionen und Feedback aufbauendes Vorgehen auf der anderen Seite. Das klassische Verfahren untersucht das Kommunikationsverhalten der Mitarbeiter und stimmt die Funktionen der Plattform genau darauf hin ab. Das agile Verfahren stellt Funktionen in einer Standardausprägung bereit und analysiert parallel zur Nutzung, welche Module angenommen werden und welche Inhalte sich welche Kanäle suchen. Beide Wege führen zum Erfolg. Unsere Erfahrung zeigt, dass jedes Unternehmen die für seine Kultur passende und bewährte Methodik wählt.

    Fazit

    Soziale Vernetzung ist eine grundlegende und eine lebensnotwendige Erscheinung in der menschlichen Gesellschaft. Auf modernen Internet-Plattformen wie Facebook oder Google hat sich gerade die jüngere Generation eine Kommunikations- und Vernetzungskultur geschaffen, die deutlich von den gelebten Standards in den Unternehmen abweicht. Kommunikation ist schneller, mehr auf Inhalt als auf Form ausgerichtet, und die Partizipation ist gegenüber klassischen Online-Plattformen deutlich höher. Unternehmen können diese Entwicklung aufgreifen und die neuen Möglichkeiten für eine agilere und dialog-orientiertere Informationsvermittlung nutzen.

    Zu guter Letzt möchte auch noch ein gut gehegtes Missverständnis aus dem Weg geräumt werden: Der oben angesprochene Wandel der Kommunikation und der Organisation wird nicht initial durch den Einsatz von Social Media verursacht. Es ist genau umgekehrt. Weil sich durch demografische und soziale Einflüsse die Kultur und das Kommunikationsverhalten ändern, wird Social Media eine wichtige Infrastruktur werden und diesen Effekt verstärken.

    Es ist also nicht die Frage, ob Social Media intern eingeführt werden oder nicht. Die Frage ist: Wie stellt sich ein Unternehmen auf den Wandel ein, der spätestens durch die nächste Einstellungswelle von jungen Absolventen in die Organisation hineingespült wird?

    Literatur

    Granovetter, Mark S.: The Strength of Weak Ties. American journal of sociology. 78(6) 1973: 1360–1380.

    Xie, Jierui et al.: Social consensus through the influence of committed minorities. In: Physical Review E. 22. Juli 2011.

    Lutz Hirsch

    ist Executive Partner bei Hirschtec und seit 1996 in der IT- und Internetbranche aktiv. Nach Stationen bei d.d. synergy (Bereichsleiter Intranet/Groupware) und der IBM Global Services (Principal Consultant) gründete er 2003 die Firma Hirschtec Infoarchitects. 2009 wurde ihm ein Lehrauftrag an der FH Brandenburg im Fachbereich Wirtschaftsinformatik zum Thema „Web 2.0 in der Unternehmenspraxis" erteilt. Lutz Hirsch ist Mitglied des Information Architecture Institute. Außerdem ist er seit Oktober 2010 Mitglied im Aufsichtsrat der HanseSafe AG.

    1.3 Das Innen wird zum Außen – soziale Medien neu interpretiert

    Sean MacNiven

    Wir können es noch so sehr versuchen und uns die Haare darüber raufen – wir werden nie in der Lage sein, andere in unsere Köpfe schauen zu lassen, damit

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