Nützlingsquartiere: für naturnahe Gärten
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Book preview
Nützlingsquartiere - Monika Biermaier
2012
Lebensraum Naturgarten
(Foto: Monika Biermaier)
Im Frühjahr ertönt ein fröhliches Vogelgezwitscher. Hummeln besuchen frühe Blüten, das Leben der Bienen, Schmetterlinge und Käfer wird immer emsiger. „Summen und Surren" gehört zum Sommer wie der Duft der Holunderblüte und der laue Wind. Im Herbst fallen die reifen Früchte von den Bäumen, Wintervorräte werden angelegt. In Hecken, Stauden und Wiesen nisten sich Insekten und Kleintiere ein. Andere ziehen sich in Baumhöhlen und Erdgänge zurück.
All das macht das Leben im Garten aus.
Paradies „Nützlingsgarten"
(Foto: Monika Biermaier)
Vögel, Bienen, Käfer, Igel und Frösche machen einen Garten erst so richtig lebendig. Diese nützlichen Tiere fühlen sich in abwechslungsreich gestalteten Räumen mit einer Vielfalt an heimischen Pflanzen wohl. Damit sie nicht nur kurze Besucher sind, brauchen sie geeignete Plätze zum Schlafen, zur Futtersuche, zur Fortpflanzung und zum Überwintern.
Ein dichter Efeu-„Pilz" rund ums Haus isoliert nicht nur gut, sondern bietet auch einer Vielzahl an Nützlingen Quartier. (Foto: canaryluc/fotolia.com)
Naturinseln schaffen
In Gärten mit sehr hohen Bäumen, dichten Hecken, Gebüschsäumen und Holz- und Steinhaufen können sich die Tiere in der Natur zurückziehen und in Verstecken ihre Nester bauen. Gräser und Wildkräuter, Wildfruchtsträucher und Bäume, die Früchte und Samen tragen, bieten ihnen das ganze Jahr über Futter. Heimische Pflanzen mit pollen- und nektarreichen Blüten fördern Hummeln, Bienen und Schmetterlinge. Teiche mit flachen Uferbereichen und Sand- und Kiesflächen am Rand ziehen zahlreiche Vögel zum Trinken und zum Baden an. In der Dämmerung stillen Igel ihren Durst oder Fledermäuse jagen über der offenen Wasserfläche nach Insekten.
TIPP Auf kleinstem Raum leisten Kletterpflanzen, Kräuterkisten und Staudenbeete mit ungefüllten Blüten einen wichtigen Beitrag zur Vernetzung der Naturräume.
Der Erhaltung von lockeren Baumbeständen, alten und morschen Bäumen, frei wachsenden Hecken, Dornengestrüpp und Wiesensäumen kommt daher große Bedeutung zu. Gärten mit solch ursprünglichen Lebensräumen stellen kleine Naturinseln dar, die für das Überleben vieler Tierarten notwendig sind.
Funktionierendes Ökosystem
In einem gesunden Garten hält sich die Tier- und Pflanzenwelt im Gleichgewicht. Bienen, Hummeln und Schmetterlinge sammeln Pollen und Nektar von den Blüten, um sich und ihre Nachkommenschaft zu ernähren. Im Gegenzug sorgen sie dabei für die Bestäubung der Blüten und die Fortpflanzung dieser Pflanzenarten. Die Insekten wiederum sind Nahrung für Vögel, Igel und andere Gartenbewohner.
Und wenn sich heimische Pflanzen an standortgerechten Plätzen entwickeln können, haben Krankheiten und Schädlinge wenig Chancen. Kommt es doch einmal zu einer übermäßigen Vermehrung einer Tierart, stellen sich schnell die entsprechenden Fressfeinde ein und weisen die Schädlinge in die Schranken.
Natürlicher Kreislauf
Absterben, Verwelken und Vermodern, Vergehen und wieder neu Entstehen gehören zum Kreislauf der Natur. Abgestorbenes Pflanzenmaterial ist Nahrung für viele Lebewesen. Diese setzen durch den Abbau wieder Nährstoffe für neues Wachstum frei. Pflanzen sind Nahrung für Tiere sowie Behausung, Versteck und Nistplatz. Tiere sorgen für die Zersetzung und Aufbereitung von Nährstoffen, die wieder den Pflanzen zur Verfü-gung stehen. In einem Garten mit einem intakten Naturhaushalt ist leicht nachvollziehbar, wie neues Leben entsteht.
Vorteile des „Nützlingsgartens"
Das zeichnet einen Garten mit vielen Nützlingen aus:
abwechslungsreiche Gestaltung
aufrechtes Ökosystem – Blüten nähren Insekten, Insekten sorgen für Bestäubung, Insekten sind Nahrung für Vögel und andere Kleintiere
gesunder Garten – Tier- und Pflanzenwelt kann sich selbst im Gleichgewicht halten (wenn ausreichend Nützlinge vorhanden, halten sie Schädlinge im Zaum)
gesteigerter Erlebniswert durch Tierbeobachtung
Kreislaufwirtschaft
Insekten sorgen dafür, dass die Pflanzen bestäubt werden und damit die Art erhalten bleibt. (Foto: Monika Biermaier)
Eine Vielfalt heimischer Blütenpflanzen ist wichtig, um Nützlinge im Garten zu halten. (Foto: Monika Biermaier)
Wer ist nützlich, wer nicht?
(Foto: Frank Wohlfeil/fotolia.com)
Ob Nützling oder Schädling ist nicht immer eindeutig. Ein Schädling, der einem Nützling das Überleben sichert, ist vielleicht doch nicht so schädlich, wie es zunächst aussieht.
Sind ein paar Pflanzengallen auf einer Pflanze schädlich? Oder Nahrungsvorrat für Vögel, die darin auch im Winter noch etwas zum Fressen finden?
Sind die ersten Blattläuse auf dem Holunderstrauch im Frühjahr Schädlinge? Oder Starthilfe für Marienkäfer, die damit nach der langen Winterpause das erste Futter finden und dort gleich ihre Eier ablegen?
DER MENSCH DEFINIERT, wer Schädling ist und wer Nützling. Jedes Insekt hat in der Natur seine Funktion, manche davon sind in unseren Augen schädlich, andere nützlich. Schädlich ist, was das natürliche Gleichgewicht nachhaltig stört, was überhandnimmt, was uns als Bedrohung erscheint. So wie manche Wildkräuter „Unkräuter" sind, weil sie sich unmäßig und am falschen Ort ausbreiten.
Eine Störung des natürlichen Gleichgewichts wird im Naturgarten nicht so schnell vorkommen. Im ausgeräumten Garten hingegen, in dem Nützlinge keine Überlebenschance haben, ist ein Ausgleich innerhalb der Tierwelt kaum möglich. Auch eine der Region und dem Klima nicht entsprechende Pflanze wird nicht recht gedeihen, sie ist krankheits- und schädlingsanfällig – und schon sind Schädlinge im Garten.
DIE MENGE MACHT’S Mit einer vielfältigen heimischen Bepflanzung und einer vielfältigen Tierwelt spielt die Frage: „Wer ist Schädling, wer nicht?, nur eine untergeordnete Rolle, solange uns ein Schaden nicht wirklich unangenehm auffällt. Meist geht es um die Menge an Schädlingen und ob das Ökosystem innerhalb des Gartens funktioniert und selbst ausgleichen kann. Der Schaden oder Verlust von ein paar Blättern oder Früchten ist nicht sehr bedeutend – wenn man hier überhaupt von „Verlust
sprechen kann. Was für uns Verlust ist, bedeutet für die Tiere Nahrung und Überleben. Und wenn wir schon davon ausgehen, dass alles in der Natur für uns gedacht ist: Das schädliche Insekt mag wieder Nahrung für den nächsten in der Nahrungskette sein, den Vogel, an dem wir uns erfreuen – so haben wir wieder einen „Gewinn".
Die harmlose Blindschleiche ist ein eifriger Insektenvertilger (Foto: Klaus Vornberger/Wikimedia Commons)