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Oben ohne
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Oben ohne

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Elf Menschen präsentieren hier ihre wahren Geschichten die berühren, inspirieren und Mut machen wollen einen Weg in eine kleine und persönliche glückliche Arbeitswelt zu finden. Obwohl sich diese unterhaltsamen Geschichten in unterschiedlichen Berufen abspielen und verschiedene Aspekte der Arbeitswelt widerspiegeln, kann man dennoch Gemeinsamkeiten erkennen: Die Autoren erkannten ihre wahren Talente, blieben sich treu und suchten unermüdlich, bis sie ihre individuelle Arbeitswelt gefunden hatten. Sie übernahmen die Verantwortung, statt diese an Eltern, Chefs, der Regierung oder ganz allgemein "die da oben" zu übertragen.
LanguageDeutsch
Publisher110th
Release dateJan 7, 2015
ISBN9783958655065
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    Oben ohne - Wenyue Ding

    werden.

    „Dr. Jekyll & Mrs. Hyde"

    Katja Wörl

    Die beiden Sätze „Frau Wörl bitte zum Diktat und „Mama, du musst meine Jeans waschen unterscheidet eigentlich nur der Wortlaut, beides aber sind Aufgaben, die mir gestellt werden. Unterschiedliche Tatorte und unterschiedliche Personenkonstellationen. Aber von Anfang an:

    1996 war ich außer Mutter von vier Kindern - eines davon zu 100% behindert - NICHTS. Zumindest kam ich mir so vor; ich hatte nur hauswirtschaftliche Aufgaben, mutierte zwar zum Multitalent zwischen Fläschchen, Windeln, Frühförderung und Hausaufgaben, aber fragte mich am Abend zwischen meiner Bügelwäsche immer: „War es das?"

    Je länger ich darüber nachdachte, desto sicherer war ich, ich musste handeln und zwar sofort. Am Wochenende war die Tageszeitung zu studieren wichtiger, als Gemüse zu schälen; wird eben Eingefrorenes gekocht. Bewerbungen zu schreiben war für mich effektiver als die milchglasähnlichen Fenster zu putzen, ich war nahezu besessen, erst einmal einen „Teilzeitjob" im kaufmännischen Bereich zu finden, ich entwickelte einen ungeahnten Eifer zu erreichen, was ich wollte. Ausgebildet war ich allerdings als Zahnarzthelferin.

    Bewerbungen schreiben, nach mehr als 14 Jahren Aschenputteldasein, war auch für mich nicht einfach, die Zeiten hatten sich geändert, das konnte ich an den Stellenangeboten erkennen. Bücher wälzen, Bewerbungsvorschläge durchforsten und dann für das nach stundenlanger Recherche entdeckte Teilzeitjobangebot als „Bürohilfe auf 630-DM-Basis" eine Bewerbung in den richtigen Worten zu verfassen, erschien mir so schwer wie ein Semester als Jurastudent an der Uni. Aber eine halbe Nacht und zwei Kannen Kaffee später hatte ich es geschafft, ich war darauf so stolz wie auf eine Olympiaurkunde. Fertig. Kuvertiert, Briefmarke und den Hund geschnappt, der seit Stunden auf seinen Gassigang wartete, der Brief musste sofort zum Postkasten, auch jetzt um 4.50 Uhr in der Früh.

    Jetzt hieß es warten! Dieses Warten dauerte mehr als drei Wochen. Dann kam endlich Post, zitternd legte ich den verschlossenen Brief auf den Küchentisch und starrte ihn an, als ob er mir seinen Inhalt verraten könnte. OK, aufmachen und aushalten.

    „... freuen wir uns Ihnen mitteilen zu können, dass wir Sie zu einem Bewerbungsgespräch einladen möchten. Ich las diesen Satz sicher mehr als 100 Mal und konnte es doch nicht fassen. Der Termin war in der kommenden Woche genau an dem Tag, an dem meine kleine behinderte Tochter Frühförderung hatte, was nun? Zwischen „Ich muss mit meiner Tochter zur Frühförderung und „Ich muss zu diesem Bewerbungsgespräch" hin- und hergerissen, wusste ich aber auch, ich musste eine Lösung finden. Es sei noch angemerkt, dass ich nach 14 Jahren gewollt alleinerziehend war und nicht den Vorteil hatte, den Partner als meine Vertretung zu verpflichten.

    Es erschien mir allerdings egoistisch, den Frühförderungstermin abzusagen, meine Berufstätigkeit sollte niemals auf Kosten der Kinder gehen. Und so konnte ich den Termin für meine Tochter vorverlegen.

    Nächstes Problem: Frauensache! Was zieht man zum Vorstellungstermin an? Leger, sportlich, elegant, was nur? Schließlich war die Entscheidung gefallen: von jedem etwas, fertig.

    Der Bewerbungstag kam, meine Nachbarin nahm sich der Kinder an, ich hatte ihre ja auch des Öfteren, Kinder gesichert, das Abenteuer „Vorstellungsgespräch" konnte beginnen. Schon zwei Stunden vor dem Termin fuhr ich los, für einen Fahrtweg von ca. 30 Minuten ziemlich früh, aber: Es konnte ja auch ein Unfall einen Stau verursachen und ich wäre mittendrin, oder mein Auto machte gerade jetzt den schon längst erwarteten letzten Schnaufer, sicher war sicher. Gestylt, zitternd, aufgeregt und mit einer scheinbar plötzlichen Blasenschwäche kam ich bei der Adresse an, die ich mir inklusive Routenplan ausgedruckt hatte. Eine Stunde zu früh!

    So, nun Kopf in den Nacken und durch.

    Die Dame am Empfang begrüßte mich freundlich und fragte mich nach meinem Anliegen, ich erklärte ihr, dass ich ein Vorstellungsgespräch bei Herrn Schröder (Name geändert) hatte.

    „Das ist schön, nehmen Sie noch einen Augenblick Platz, Herr Schröder ist gleich für Sie da." Mit diesen Worten bot sie mir einen Platz in einer hocheleganten Sitzecke an.

    Da saß ich nun, eine Mama von vier Kindern, die sich verwirklichen wollte, oder? Zweifel kamen hoch, mache ich hier nicht einen Fehler, steht es mir denn zu, Teilzeit zu arbeiten, obwohl ich Kinder habe? Habe ich nicht genug Arbeit? Schnell verwarf ich die Zweifel, Quatsch, die Kinder sind sicher aufgehoben, die Arbeit ist vormittags, da sind die Kinder in der Schule. Deinen Haushalt und deine Aufgaben müssen nur organisiert werden, dann klappt das auch, der Nebeneffekt, mehr Geld in der Haushaltskasse, kommt auch den Kindern zugute!

    Der Satz „Guten Tag, Frau Wörl, schön, dass Sie hier sind." löste meine Zweifel in Luft auf. Ein Mann mittleren Alters stand im blauen Anzug mit hellblauem Polohemd vor mir und hielt mir seine Hand zum Gruß entgegen. Aus der Nappaledercouch hochschnellend hielt ich ihm auch meine Hand hin, allerdings die linke; mit der rechten Hand hielt ich noch immer meine Autoschlüssel umklammert. Peinlich!

    Der Mann stellte sich als Herr Schröder vor und bat mich, ihm zu folgen, ich folgte. Sein Zimmer lag am Ende eines Flures mit ca. 500 Türen - so kam es mir jedenfalls vor - er hielt mir die Tür galant auf und schloss sie hinter mir. Vor einem rustikalen, sehr großen Schreibtisch bot er mir einen Platz an.

    „Also, Frau Wörl, Sie haben sich für die Stelle als Bürokraft hier in meinem Unternehmen beworben - warum?"

    Wie aus der Pistole geschossen antwortete ich: „Weil diese Stelle etwas ist, das ich ganz alleine mache, ohne Kinder und Putzlappen." Oh Gott, was faselte ich denn da bloß?

    Der Mann lachte. „Das ist aber sehr ehrlich, Frau Wörl." Das schien ihm zu

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