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L wie Liebe (Staffel 3)
L wie Liebe (Staffel 3)
L wie Liebe (Staffel 3)
Ebook318 pages4 hours

L wie Liebe (Staffel 3)

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About this ebook

Die Ereignisse spitzen sich zu: Marlene treibt sich weiter in der Pornoindustrie herum und vergisst über den ganzen Sexszenen, dass sie eigentlich LKW-Fahrerin ist. Dafür sind Carolin und Rebekka jetzt ein (fast) glückliches Paar, während Sabrina und Chris, die zu Anfang das Traumpaar waren, erst einmal wieder zueinanderfinden müssen.

Auf Melly wartet eine Überraschung, und Thea schwankt weiterhin zwischen Männern und Frauen. Mit Mellys Schwester Sylvia hingegen meint es das Schicksal nicht gut. Und schließlich lernen wir, dass Professorinnen und Studentinnen nicht nur im Hörsaal Gemeinsamkeiten haben ...
LanguageDeutsch
Publisherédition eles
Release dateApr 29, 2013
ISBN9783956090219
L wie Liebe (Staffel 3)

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    L wie Liebe (Staffel 3) - Ruth Gogoll

    Ruth Gogoll

    L WIE LIEBE

    Staffel 3

    Originalausgabe:

    © 2010

    ePUB-Edition:

    © 2013

    édition el!es

    www.elles.de

    info@elles.de

    Alle Rechte vorbehalten.

    ISBN 978-3-95609-021-9

    1. Kapitel

       Peep Peep   

    Marlene stand vor dem schäbigen Gebäude im Bahnhofsviertel und betrachtete die Fotografien in den Schaukästen am Eingang.

    Bilder grell geschminkter Frauen, deren ursprüngliche Gesichter man kaum noch erkennen konnte. Gut, das sah sie jeden Tag, wenn sie beim Dreh war, das war nichts Besonderes.

    Allerdings waren diese Frauen hier keine Kolleginnen, jedenfalls nicht direkt, weshalb sie sich von ihnen etwas mehr . . . Anregung erhoffte. Da hatte Carmen recht gehabt, die fehlte ihr wirklich in letzter Zeit, die Anregung, die tatsächliche Erregung, nicht die für andere vor der Kamera gespielte.

    Ein Bordell kam für sie als Frau nicht in Frage, die ließen sie gar nicht rein, aber eine Peepshow – da konnte ihr niemand den Eintritt verweigern.

    Sie ging durch einen dunklen, gekachelten Tunnel, der so roch, wie es halt riecht, wenn Männer den Weg zur Toilette nicht mehr finden, nach hinten zum Eingang des ehemaligen Kinos, das jetzt die Kabinen für – üblicherweise – Männer beherbergte, die sich gegen ein paar Euro Entgelt die intimen Körperteile einer Frau näher betrachten wollten.

    Marlene musterte die Türen der Kabinen. Die meisten standen offen, es war noch früh am Tag. Sie suchte sich eine aus und ging hinein. Selbst sie verzog bei diesem Geruch das Gesicht. Nach Sperma und männlichen Ausdünstungen roch es auch im Studio, wenn sie drehte, aber hier, in dieser Enge, war der Geruch noch mehr verdichtet, eigentlich unerträglich. Er hing in jeder Faser.

    Aber sie war ja hart im Nehmen. Sie setzte sich auf den Stuhl, der vor der jetzt noch durch eine Jalousie verdeckten Scheibe stand. Der Stuhl klebte, aber davon ließ sie sich nicht abhalten.

    Sie zog ihr Portemonnaie aus der Hosentasche und sammelte ein paar Euro zusammen. Obwohl es ja eigentlich widersinnig war, ihr bei den Pornos verdientes Geld hier auszugeben, steckte sie eine Münze in den Schlitz.

    Die Jalousie fuhr hoch. In der Mitte der Präsentationsfläche spreizte eine Frau gerade ihre Beine vor einem der Fenster. Marlene sah nur ihren Rücken. Die Frau hörte hinter sich die Jalousie von Marlenes Kabine hochfahren und drehte sich um.

    Sie tanzte gespielt wollüstig auf Marlenes Fenster zu, spreizte erneut ihre Schenkel und präsentierte ihre Mitte der glitzernden Scheibe.

    Dann drehte sie sich um, präsentierte ihr Hinterteil und zog von hinten ihre Schamlippen auseinander, so dass Marlene fast in sie hineinsehen konnte.

    Marlene öffnete ihre Hose und glitt mit ihrer Hand in ihren Slip. Plötzlich erstarrte sie. Die Frau hatte sich vor ihr Fenster gesetzt, und nun konnte sie ihr Gesicht sehen.

    Carmen.

    Das war also der Zweitjob, von dem sie gesprochen hatte.

    In diesem Moment fuhr die Jalousie herunter, die Zeit war um.

    Marlene saß da, mit ihrer Hand in der Hose, reglos und auch ein wenig fassungslos. Sie war hierhergekommen, um andere Frauen zu sehen, und nun sah sie die, mit der sie ohnehin schon jeden Tag –

    Sie schüttelte heftig den Kopf, als müsste sie erst wieder zu sich kommen.

    Wie eine Marionette nahm sie dennoch die nächste Münze und warf sie in den Schlitz.

    Die Jalousie fuhr erneut hoch. Carmen hatte sich mittlerweile wieder abgewandt, weil ein anderer Kunde gekommen war. Anscheinend fing das Geschäft jetzt an zu laufen. Sie konnte sich nicht mehr so intensiv um jeden einzelnen kümmern und versuchte in der Mitte der Fläche zu bleiben und sich dort zu drehen, so dass alle etwas sehen konnten.

    Marlene beobachtete sie, aber die Hand in ihrer Hose blieb still. Sie kannte jeden Zentimeter von Carmens Körper zu genau. Nicht der kleinste Teil war ihr unbekannt. Und sie hatte all diese Teile weit tiefgehender erforscht, als es ihr hier möglich war.

    Sie zog ihre Hand aus der Hose und schloss den Reißverschluss. Das war wohl ein Schuss in den Ofen. Warum hatte Carmen ihr das nicht sagen wollen? Da war ja nun wirklich nichts dabei. Es war in der Tat viel harmloser als das, was sie so oft im Studio taten.

    Sicherlich würde Carmen die Show irgendwann an eine Kollegin abgeben, aber Marlene hatte keine Lust, so lange zu warten. Und ohnehin war ihr die Lust vergangen.

    Ein ganz neues Gefühl für sie, dem sie seit einiger Zeit so oft ausgesetzt war. Sie atmete tief durch und verzog erneut das Gesicht wegen des Geruchs, der ihr nun sehr viel störender erschien als am Anfang.

    Früher hätte sie sich so etwas nie träumen lassen. Sie hatte immer Lust gehabt, mehr als Frauen, die sie befriedigen konnten. Sie konnte von jetzt auf gleich auf hundert sein, wenn es nötig war . . . wenn es schnell gehen musste.

    An Tankstellen auf der Autobahn hatte sie oft nicht viel Zeit gehabt. Der Plan war eng. Die Toilette der Raststätte oder die Kabine ihres Sattelschleppers hatten gerade mal ein paar Minuten herhalten müssen. Die Kellnerin – oder wer immer es war – kletterte herein, zog sich noch nicht einmal aus, legte nur die entscheidenden Teile frei, und Marlene hatte ihre Befriedigung innerhalb kürzester Zeit.

    Erneut atmete sie tief durch und seufzte. Das waren wirklich schöne Zeiten gewesen. Nicht zu vergleichen mit heute. Viel Sex, keine Befriedigung. Einfach nur verkehrte Welt.

    Sie zog die Nase kraus. Der Geruch war mittlerweile so widerlich geworden, dass sie entschied, sich hier nicht mehr länger aufzuhalten. Sie warf noch einen letzten Blick auf Carmen, und als die Jalousie herunterfuhr, verzichtete sie darauf, eine weitere Münze zu verschwenden.

    Sie stand auf und ging.

    2. Kapitel

       Funkeln im Dunkeln   

    »Kleiderordnung in der Firma . . . du hast keinen besonderen Job, sitzt den ganzen Tag nur im Büro . . .« Carolin hob strafend einen Finger. »Meine Güte, hast du mir einen Bären aufgebunden . . .«

    »Stimmt doch«, wehrte sich Rebekka. »Ich sitze fast den ganzen Tag im Büro. Am Schreibtisch – oder in irgendwelchen Besprechungen. Und das Kostüm . . . na ja, das muss ich schon tragen.«

    »Weil du die Chefin eines Riesenfamilienunternehmens bist«, stellte Carolin tadelnd fest. »Nicht, weil dein Boss es von dir verlangt.«

    »Was ist der Unterschied?« fragte Rebekka. »Ich kann hier nicht in Radlerhosen sitzen, so oder so.«

    Carolin schüttelte lächelnd den Kopf. Dann setzte sie sich auf Rebekkas Schoß und schaute sie zärtlich an. »Mir wäre es völlig egal, wie du angezogen bist. Ich liebe dich in jeder Verpackung.« Sie beugte sich vor und küsste Rebekka sanft auf den Mund.

    Rebekkas Augen glitzerten im Licht der Schreibtischlampe. »Tu mir so was nicht an«, sagte sie leise. »Ich muss noch arbeiten.«

    »Und ich halte dich davon ab.« Carolin stand auf. »Wie immer.«

    »Tut mir leid . . .« Rebekka schluckte. »Du weißt –«

    »Ich weiß.« Carolin seufzte. »Deine Sekretärin ist schon vor Stunden nach Hause gegangen, und ich bin hergekommen, nachdem ich Überstunden gemacht habe noch und nöcher . . ., aber du sitzt immer noch hinter deinem Schreibtisch und findest das normal.«

    »Es ist . . . so viel zu tun«, wehrte Rebekka sich schuldbewusst.

    »War der romantische Mondaufgang nur eine Ausnahme?« fragte Carolin. »Um mich herumzukriegen? Und nun machst du weiter wie vorher?« Als sie Rebekkas Blick sah, glitt sie wieder auf ihren Schoß. »Entschuldige«, flüsterte sie und nippte an Rebekkas Lippen. »Ich wollte das nicht sagen. Aber ich sehe dich fast nie. Du fehlst mir.«

    Rebekka schluckte erneut. »Du fehlst mir auch«, erwiderte sie rau. »Jede Minute, die ich dich nicht sehen kann, ist eine Qual für mich. Aber was soll ich machen? Ich habe keine Wahl.«

    »Du wirst noch zu unserer Hochzeit zu spät kommen . . . falls sie je stattfinden sollte«, bemerkte Carolin. »Denn ich fürchte, du kannst sie nicht in deinen vollen Terminplan einbauen.«

    »Das kann ich.« Auf einmal lächelte Rebekka. »Oder meine Sekretärin kann es. Sie wird das schon hinkriegen. Und Termine halte ich immer ein.« Vorsichtig fuhr sie mit einer Hand über Carolins Brust. »Ich würde jetzt so gern aufhören zu arbeiten«, wisperte sie sehnsüchtig.

    »Dann tu es doch.« Carolin wisperte zurück und drängte sich an Rebekka.

    »Ich kann nicht«, flüsterte Rebekka. »Aber vielleicht . . . eine kleine Unterbrechung.« Sie hob Carolin auf den Schreibtisch.

    Carolin schloss die Augen. »Bitte nicht auf dem Schreibtisch, Rebekka. Bitte nicht . . .«, hauchte sie. Plötzlich sah sie wieder Ina vor sich, wie sie dasselbe versucht hatte. Es brachte Erinnerungen zurück, die sie lieber verdrängen wollte.

    Rebekka betrachtete nachdenklich ihr Gesicht. »Das bringt auch alle meine Papiere durcheinander. Du hast recht«, sagte sie dann. Sie lächelte und strich zärtlich über Carolins Wange.

    Carolin öffnete die Augen. »Es tut mir leid.« Sie schluckte. »Es hat nichts mit dir zu tun, ich habe nur –«

    Rebekka legte einen Finger über ihre Lippen. »Scht. Du musst mir nichts erklären.«

    Carolin umarmte sie und schmiegte sich an sie. »Ich liebe dich so, Rebekka«, wisperte sie, »aber es ist noch nicht so lange her, dass –«

    Erneut unterbrach Rebekka sie. »Das verstehe ich sehr gut«, erwiderte sie leise. Sie streichelte Carolin sanft. Dann schob sie sie leicht von sich, so dass sie vom Schreibtisch gleiten konnte. »Ich habe etwas für dich«, sagte sie und zog eine Schreibtischschublade auf. »Bitte, wirf es mir nicht vor die Füße. Das wäre schade.« Sie nahm ein kleines Schächtelchen heraus und reichte es Carolin. »Mach es auf.«

    Carolin schaute skeptisch auf die Schachtel. Nach kurzer Überlegung öffnete sie sie aber doch. Sie starrte hinein. Dann blickte sie auf. »Hat den deine Sekretärin ausgesucht?« fragte sie mühsam. »Du hast doch gar keine Zeit für so etwas.«

    Rebekka verzog belustigt die Lippen. »Nein, das war nicht meine Sekretärin. Es ist der Verlobungsring meiner Mutter. Sie hat ihn mir gegeben – für dich.«

    »Sie ist wahnsinnig«, hauchte Carolin mit einem erneuten Blick auf den Ring. Dann schaute sie Rebekka an. »Du bist wahnsinnig«, fügte sie etwas fester hinzu. »Ihr beide. Der ist doch ein Vermögen wert.«

    »Er war sicherlich nicht billig, als mein Vater ihn gekauft hat«, gab Rebekka zu. »Aber darum geht es nicht. Ich hätte dir auch einen Ring aus dem Kaugummiautomaten schenken können. Aber dieser hier ist angenehmer zu tragen.« Sie schmunzelte.

    »Ach, nur deshalb . . .« Carolin musste lachen. Wieder betrachtete sie den Ring auf dem blauen Samt. »Er ist wunderschön«, sagte sie leise. Ihr blieb fast die Stimme weg. »Unglaublich schön.«

    »Acht Karat«, sagte Rebekka. »Etwas Größeres hätte meine Mutter wohl nicht angenommen.« Sie lächelte. »Aber er ist absolut lupenrein.«

    Carolin war immer noch fassungslos. »Ja sicher, nur acht Karat.«

    »Und auf einzigartige Weise geschliffen«, fuhr Rebekka fort. »Mein Vater hat ihn damals extra vom besten Diamantenschleifer in Amsterdam schleifen lassen, auf eine ganz spezielle Art. Es gibt keinen zweiten Ring wie diesen auf der Welt.«

    Carolin betrachtete den Ring erneut, schloss die Schachtel und gab sie Rebekka zurück. »Ich kann das nicht annehmen, Rebekka. So viel verdiene ich im ganzen Jahr nicht, was der kostet. In mehreren Jahren.«

    »Du musst ihn ja nicht bezahlen.« Rebekka schaute sie bittend an. »Es ist nur eine Geste. Ich möchte dir damit zeigen, wie . . .«, sie schluckte, »wie wichtig du mir bist.«

    »Eine sehr teure Geste«, entgegnete Carolin. »Das geht nicht, Rebekka. Ich kann nichts von dir annehmen, was ich nicht auch selbst bezahlen könnte. Sonst käme ich mir vor wie –«

    Rebekka atmete tief durch und drehte die Schachtel in ihren Händen. »Wie eine der Frauen, die ich kannte und die diesen Ring mit Freuden angenommen hätten«, setzte sie fort. Sie seufzte. »Es ist wirklich nicht einfach mit dir.« Sie öffnete die Schachtel. »Auch wenn du ihn nicht haben willst, ich würde . . . ich würde ihn dir so gern einmal anstecken«, sagte sie leise. Sie verzog unsicher das Gesicht. »Nur um zu sehen, wie er aussieht. An deiner Hand.« Sie nahm den Ring heraus und hielt ihn in den Fingern. »Bitte . . .«

    Carolin zögerte. Dann überwand sie sich. »Na gut«, sagte sie. »Aber danach legst du ihn wieder in deinen Schreibtisch zurück.«

    »Versprochen«, sagte Rebekka. Sie nahm Carolins Hand, streichelte sie und schob den in Gold gefassten Brillanten langsam über den Ringfinger.

    Carolin hatte das Gefühl, sie würde gleich in Ohnmacht fallen. So etwas hatte sie noch nie empfunden. Sie wusste nicht, warum. Es war doch nur ein Ring.

    »Passt«, sagte Rebekka. »Wie für dich gemacht.« Sie lächelte Carolin an.

    Carolins Knie gaben nach, sie konnte nichts dagegen tun, sie sank auf den Teppich.

    »Oh Gott . . .« Rebekka kniete sich schnell neben sie. »Was ist los? Ist dir schwindelig?« Sie schaute Carolin besorgt an.

    »Das hast du gewusst.« Carolins Stimme war nur wie ein Hauch. Sie räusperte sich. »Du hast gewusst, was das bewirkt.« Sie hob die Augenbrauen.

    Rebekka lachte erleichtert auf. Anscheinend war Carolin nichts geschehen. »Nein«, sagte sie. »Mir hat noch nie jemand so etwas geschenkt, und die Frauen, die ich bisher kannte –« Sie brach ab. »Nein«, wiederholte sie. »Ich hätte nicht im entferntesten ahnen können, was für eine umwerfende Wirkung das auf dich hat.«

    »Umwerfend im wahrsten Sinne des Wortes«, seufzte Carolin. »Wie peinlich.«

    »Aber nein.« Rebekka beugte sich über sie und hauchte einen Kuss auf ihre Lippen. »Süß. Es ist einfach nur süß.« Sie lächelte. »So wie du eben bist.«

    Carolin schüttelte leicht den Kopf. »Und du bist unmöglich.« Sie hob einen Arm und legte ihn um Rebekkas Nacken. »Unwiderstehlich unmöglich«, fügte sie flüsternd hinzu und zog Rebekka zu sich heran.

    Rebekka ließ sich leicht auf sie sinken. »Ist der Teppich weich genug?« fragte sie sehr leise. Ihre Augen musterten Carolins Gesicht.

    »Ja«, flüsterte Carolin. »Weich genug für alles.«

    Rebekkas Hände wanderten über ihren Körper und begannen sie auszuziehen.

    3. Kapitel

       Verlorene Tage   

    »Ich bin schwanger, Chris.« Sabrinas Stimme schwebte tonlos von der Tür zu Chris herüber.

    Chris blickte auf. Sie war so überrascht, dass sie nichts sagen konnte.

    Sabrina legte die Hände ineinander und sah sie an. »Ich . . . ich – Wenn du willst, gehe ich. Ich kann nicht von dir verlangen, dass du – Nicht noch einmal.« Sie drehte sich um und ging schnell ins Wohnzimmer zurück.

    Chris, immer noch sprachlos, sprang auf und folgte ihr. »Sabrina, ich . . . nein . . . von wem . . .?« stammelte sie endlich.

    Sabrina setzte sich auf die Couch, die sie nun als Bett benutzte. »Ich habe keine Ahnung«, antwortete sie gehaucht, fast unhörbar.

    »Du hast . . . keine Ahnung?« Chris schluckte.

    Sabrina blickte auf und machte ein abschätziges Geräusch. »Was denkst du jetzt? Dass es so viele waren, dass ich nicht einmal mehr weiß, wer der Vater sein könnte?«

    Chris starrte sie erneut sprachlos an.

    Sabrina atmete tief durch. »Vielleicht hast du recht«, sagte sie. Noch einmal stieß sie die Luft aus. »Wahrscheinlich«, fügte sie nüchtern hinzu. Sie stand auf. »Ich kann dir das nicht zumuten«, sagte sie. »Ich dachte, wir könnten – Aber es geht wohl nicht.«

    »Ich . . . Sabrina . . .« Chris ging auf sie zu und machte eine Geste, als wollte sie sie in die Arme nehmen.

    Sabrina wich zurück. »Nicht, Chris«, sagte sie leise. »Ich kann das nicht.«

    »Warum nicht?« Chris blieb stehen und schaute sie gequält an. »Was ist passiert?«

    Sabrina schloss die Augen, öffnete sie wieder und warf einen fast uninteressierten Blick auf Chris. »Was schon?« erwiderte sie kühl. »Das, wobei ein Kind herauskommt.«

    »Du hast doch früher nie . . . mit Männern . . .« Chris war erschüttert.

    »Dann habe ich es mir wohl anders überlegt«, sagte Sabrina. Sie stieß in einer endgültigen Geste die Luft aus. »Lass uns nicht mehr darüber reden. Mit dir hat das ja – offensichtlich – nichts zu tun.«

    »Auch nicht mit Anna«, sagte Chris.

    »Nein, auch nicht mit Anna. Ich muss selbst damit fertigwerden.« Sabrina schien auf einmal sehr unbeteiligt. »Weder sie noch du könnt mir dabei helfen.«

    »Was . . . was willst du tun?« fragte Chris. Sie fühlte sich völlig aus der Bahn geworfen.

    »Abtreiben«, antwortete Sabrina teilnahmslos, als hätte sie diese Entscheidung schon vor langer Zeit getroffen. »Etwas anderes kommt wohl nicht in Frage.«

    »Aber . . . aber – Es war immer dein größter Wunsch, ein Kind zu haben.« Chris setzte sich auf einen Stuhl. Sie wusste nicht, wie Sabrina das schaffte, aber sie selbst hatte keine Kraft mehr.

    »Mit dir«, erwiderte Sabrina. »Nicht –«

    »Hast du es deshalb getan?« Chris blickte sie verständnisvoll an. »Weil es so schwierig für uns gewesen wäre, ein Kind zu bekommen?« Sie betrachtete Sabrina fragend, aber die sagte nichts, stand nur da. »Das würde ich verstehen«, fügte Chris sanft hinzu. »Du musst deshalb nicht –«

    »Ich muss mich nicht schämen, meinst du?« Sabrina fiel geradezu höhnisch ein. »Weil ich mit einem Mann geschlafen habe – oder mit vielen Männern – um dieses Ziel zu erreichen? Das, was wir uns so lange gewünscht haben?«

    »Sabrina . . .« Chris stand auf. Sie wollte Sabrina jetzt unbedingt berühren, in den Arm nehmen, aber sie wusste, dass das nur zu noch mehr Schwierigkeiten führen würde. Also blieb sie einfach stehen. »Es ist der einfachste Weg.«

    Sabrina lachte hohl auf. »Ja, Millionen Frauen tun das jeden Tag, nicht wahr?«

    »Ja«, erwiderte Chris ruhig. »Millionen Frauen tun das jeden Tag. Es wäre nichts dabei.«

    Sabrina legte hoffnungslos den Kopf zurück, schloss die Augen, verharrte einen Moment so und schaute Chris dann wieder an. Sie senkte ihr Gesicht, legte es in ihre Hände. »Aber wir sind nicht wie diese Millionen Frauen«, erwiderte sie dumpf.

    »Aber . . . wenn . . .« Chris schluckte. »Wenn wir es gemacht hätten, hättest du dich auch . . . befruchten lassen müssen«, brachte sie mühsam hervor.

    Sabrina schaute sie an. »Denkst du wirklich, das ist dasselbe?«

    Chris senkte den Kopf. »Nein«, sagte sie leise. »Wohl nicht.« Sie hob den Kopf wieder und musterte Sabrinas Gesicht besorgt. »Mach dir nicht schon wieder Vorwürfe«, sagte sie. »Bitte nicht . . .« Sie streckte eine Hand nach Sabrina aus, ohne sie zu berühren. »Das führt doch zu nichts.«

    »Oder zu schrecklichen Dingen«, ergänzte Sabrina so geistesabwesend, als wäre Chris gar nicht da.

    »Welche . . . schrecklichen Dinge?« fragte Chris schluckend.

    Sabrina schien wie aus einem Traum zu erwachen. »Oh, nichts«, sagte sie. »Zu einer ungewollten Schwangerschaft zum Beispiel. Mehr wollte ich nicht sagen.«

    »Sabrina . . .« Chris trat einen Schritt auf sie zu, immer noch ohne sie zu berühren. »Seit du . . . zurückgekommen bist, haben wir nie mehr miteinander gesprochen. Nicht richtig. Es ist heute das erste Mal, dass wir überhaupt über etwas anderes sprechen als den Einkauf. Willst du, dass es so bleibt? Ist das dein Wunsch? Warum bist du dann zurückgekommen?«

    Sabrina schaute sie lange an. »Ich weiß es nicht«, sagte sie dann. »Ich weiß ja noch nicht einmal, wie –« Sie schwankte.

    Chris sprang auf sie zu und fing sie auf. Sabrina wehrte sich nicht, als sie sie berührte. Sie hing in ihrem Arm wie eine leblose Puppe, aber sie war nicht ohnmächtig.

    »Es hat ja alles keinen Sinn«, flüsterte sie schwach.

    »Doch.« Chris ließ sie langsam auf die Couch hinuntersinken. »Es hat einen Sinn. Mein Sinn im Leben ist, dass ich dich liebe . . . dich lieben darf. Und früher –«

    »Früher.« Sabrina schaute sie von unten herauf an. »Was früher war, ist vorbei, Chris. Es kommt nie mehr wieder.«

    »Nie mehr?« Chris sah gequält auf sie hinunter.

    »Nie mehr«, wiederholte Sabrina hoffnungslos. »Es ist zu viel passiert.«

    »Du liebst mich nicht mehr?« fragte Chris mit toter Stimme.

    Sabrina drehte den Kopf zur Seite. »Chris«, flüsterte sie erstickt. »Oh mein Gott, Chris, warum fragst du mich das?«

    »Hast du dich das nicht selbst schon oft gefragt?« entgegnete Chris. »Warum bist du sonst gegangen? Warum gab es einen Grund für dich zu gehen?«

    »Weil ich schwach war«, hauchte Sabrina. »Viel zu schwach, um dir gerecht zu werden.«

    Chris schüttelte den Kopf. »Du bist mir immer gerecht geworden, mehr als das. Wie kommst du nur auf so einen Gedanken?« Sie schluckte. »Vielmehr hatte ich immer das Gefühl, ich könnte . . . dir nicht gerecht werden. Du bist so eine . . . wundervolle Frau. Viel zu wundervoll für mich.« Und wenn ich ihr gerecht geworden wäre, hätte sie ja auch nicht zu Anna gehen müssen, dachte sie. Das war der endgültige Beweis, dass ich nicht gut genug für sie war.

    »Ich weiß, dass du . . .«, Sabrina drehte den Kopf zu ihr zurück, »mich liebst«, sagte sie sehr leise. »Aber ich bin . . . dieser Liebe nicht würdig. Das siehst du jetzt ja endgültig.«

    »Verdammt, Sabsi!« Chris hielt es nicht mehr aus. Ihr Innerstes explodierte vor Verzweiflung. »Hör auf damit, zum Teufel noch mal!« Sie lehnte sich zu Sabrina hinunter und nahm sie an den Schultern, schüttelte sie.

    Sabrina erstarrte, wurde steif wie ein Brett, schien sich in sich zurückzuziehen, wehrte sich nicht.

    Chris ließ sie los. »Entschuldige«, flüsterte sie betroffen. Sie richtete sich auf und fuhr sich durch die Haare. »Das wollte ich nicht. Bitte verzeih mir.« Sie schaute auf Sabrina hinunter, setzte sich neben sie auf die Couch, erneut ohne sie zu berühren. Sie betrachtete ihr verschlossenes, abwesendes Gesicht. »Wir dürfen nicht aufgeben«, sagte sie und versuchte ihre Stimme ermutigend klingen zu lassen, obwohl sie sich selbst nicht so fühlte. »Es war alles so leicht – seit wir uns

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