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Fensterfummeln: Textlicht Band 7
Fensterfummeln: Textlicht Band 7
Fensterfummeln: Textlicht Band 7
Ebook103 pages45 minutes

Fensterfummeln: Textlicht Band 7

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About this ebook

Es ist kein normales Schaufenster, an dem Sie einfach so vorübergehen können, hinter dem mehr oder minder lebensechte Schaufensterpuppen anscheinend angesagte Kleidung präsentieren - Nein, hinter diesem fast bruchsicheren Glas regt sich etwas Lebendiges, etwas, das sich unserem Konsumverhalten widersetzt. Hinter dieser Glaswand fühlen Sie sich von einem Mannequin beobachtet, ein Häufchen Elend klagt Ihnen sein Leid, Mr. Propper erläutert Grundlegendes zur Perspektive des Betrachters und eine Stripperin wird zur Karrieristin - oder war es umgekehrt?
LanguageDeutsch
Release dateJun 1, 2015
ISBN9783903005792
Fensterfummeln: Textlicht Band 7

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    Fensterfummeln - Claudia Tondl

    Eck.

    1. BILD

    Leere.

    2. BILD

    Wenn ich lange genug hinschaue, kann ich eine Idee in der Leere keimen sehen. Vor meinen Augen nimmt die Idee Form an, und die Form entfacht Licht.

    Lichtspot. Umringt von Schwarz leuchtet mitten in der Leere ein Kreis.

    So etwas habe ich noch nicht gesehen. Ich muss blinzeln.

    3. BILD

    Auf dem leuchtenden Kreis mitten im Lichtkegel steht ein Bauleiter mit Baustellenleuchte. Er sieht sich kurz um, stellt die Leuchte dann neben sich auf den Kreis und pfeift unter Zuhilfenahme seiner Zeigefinger schrill.

    Ich halte den Atem an.

    Nichts geschieht. Der Bauleiter sieht sich irritiert um:

    „Was ist? Wo bleiben die Absperrlatten?"

    Unverzüglich fällt der Lichtspot auf eine andere Stelle im leeren Raum und spendet einem überraschten Trupp behelmter Blaumänner kreishellen Boden unter den Füßen.

    Sie gackern wie Hühner, und ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.

    Im Lichtkegel leitet der Bauleiter den Aufbau einer quadratischen Baustelle von etwa einem mal einem Meter an. Zu guter Letzt klatscht er zweimal in die Hände, um die Baustellenleuchte zum Leuchten zu bringen. Freudestrahlend hängt er sie an die errichtete Baustelle, während Lichtspot und Bautrupp schon gemeinsam den Weg durchs Dunkel beschreiten.

    Vor mir hat die Idee Form angenommen.

    4. BILD

    Mitten im Dunkel hängt an einer quadratisch abgesperrten Baustelle von etwa einem mal einem Meter ein Licht.

    Obwohl das Licht leuchtet, kann ich trotzdem nichts sehen. Sind meine Augen geschlossen? Bin ich eingeschlafen? Ich warte eine Weile und als weiter nichts geschieht, nehme ich eine deklamatorische Haltung ein, um der Leere zumindest Goethes Worte zu schenken:

    „Wo viel Licht ist, ist starker Schatten", rufe ich, aber nichts ist zu hören. Ich öffne wieder und wieder meinen Mund, entlasse jedes Wort einzeln nach draußen, schreie, spucke, platze, bis mich plötzlich eine Stimme unterbricht:

    „Egal was gewesen sein wird, ich werde dafür verantwortlich gemacht werden können. Ich bin da. Hier. Ohne mich gäbe es alles nicht. Ohne meine Anwesenheit wäre rein gar nichts zu sehen oder nichts glaubhaft zu Sehendes wahrzunehmen. Würde ich verschwinden oder wäre ich erst gar nicht gekommen, würden Sie das, was Sie hier sehen werden, niemals zu sehen befähigt sein. Vielleicht aber werden wir vorerst gemeinsam sehen, wohin uns diese Erfahrung führt und lassen diese Sinnesdinge auf uns wirken. Sie werden schon sehen."

    Gespannt entscheide ich mich zu bleiben. Der Markt kann warten.

    5. BILD

    Mitten im Dunkel hängt an einer quadratisch abgesperrten Baustelle von etwa einem mal einem Meter ein leuchtendes Licht.

    Ein Mann mit Liegestuhl und ein Lichtkegel betreten aus unterschiedlichen Richtungen kommend das Bild. Beide tappen suchend durch das Dunkel und finden einander schließlich in einem Punkt. In diesem lassen sie sich nieder. Der Mann beginnt umständlich zu hantieren, lange, so lange, bis sein gestreifter Liegestuhl schließlich sachkonform aufgestellt ist.

    „Sieht gemütlich aus", denke ich und sehe weiter dabei zu, wie sich der Mann selbstbewusst Kleidungsstück für Kleidungsstück auszieht, jedes faltet und alles hübsch gestapelt neben seinem Liegestuhl ablegt. Die Unterhose lässt er bis zu den Knöcheln hinunter.

    „Nein, das will ich aber nicht sehen."

    Erschrocken, als hätte er mich gehört, zieht der Mann die Unterhose wieder hoch. Dann schmiert er sich ausgiebig mit Sonnencreme ein, legt sich in seinen gestreiften Liegestuhl, freut sich darüber, dass Streifen schlank machen, und rückt sich gemütlich zurecht.

    Das Licht an der quadratisch abgesperrten Baustelle von etwa einem mal einem Meter beginnt zu blinken.

    6. BILD

    Kaum hat es sich der Mann mit Liegestuhl im warmen Lichtspot unmittelbar neben der blinkenden Baustelle gemütlich gemacht, höre ich ein Schlurfen. Durch das Dunkel nähern sich Schritte. Leises Murmeln setzt ein, und noch ehe ich dem beschwörenden Ton verfallen könnte, ist es wieder still.

    Am Rand des Lichtkegels steht ein alter Mann. Er trägt Arbeitskittel und Wissenschaftskoffer. Konzentriert „hm-end und „oh-end beginnt er, den Kreisumfang entlangzugehen, immer weiter und weiter und weiter. Das nervt den umkreisten Mann im Liegestuhl. Deshalb schimpft dieser auch, bittet den

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