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Nadelstreif & Tintenzisch: Ein Bestiarium
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Nadelstreif & Tintenzisch: Ein Bestiarium
Ebook252 pages1 hour

Nadelstreif & Tintenzisch: Ein Bestiarium

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Der achtäugige Schlundegel, das Moderlieschen, der Tintenzisch und der Gieraffe; vielleicht aber auch die Klatschstelze, der Schlichte Särgling, der Sitzfleischriese oder die Randerscheinung?

In kongenialer Zusammenarbeit haben Michael Stavaric und Deborah Sengl ein Bestiarium mehr oder weniger fiktiver Tiere geschaffen, die durchaus auch den Mensch im Tier erkennen lassen - schräg, erhellend, einzigartig!
LanguageDeutsch
PublisherHaymon Verlag
Release dateJul 11, 2013
ISBN9783709971291
Nadelstreif & Tintenzisch: Ein Bestiarium

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    Nadelstreif & Tintenzisch - Michael Stavaric

    Tiere

    Übersicht

    Der Rote Zar

    Das Gesellschaftstier

    Der Kleine Hüttengärtner

    Die Lebendfalle

    Der Wolkenkratzer

    Der Gieraffe

    Das Honigmaul

    Die Randerscheinung

    Der Tintenzisch

    Das Pazifische Standwiesel

    Der Sitzfleischriese

    Der Buschmeister

    Der Schattenschreck

    Der Nadelstreif

    Der Gute Heinrich

    Der Schlichte Särgling

    Der Große Hüttengärtner

    Der Achtäugige Schlundegel

    Der Küssende Gurami

    Der Tuk-Tuk

    Die Taf-Taf

    Der Sandhechler

    Die Kratzbürste

    Der Ödlandotter

    Das Biest, das dem Begräbnis folgt

    Die Kamikatze

    Die Piorkowska

    Die Neonröhre

    Der Moorschlank

    Der Berliner Hauer

    Die Schrecklich Behaarte Fliege

    Das Biest, das Skrupel hat zu töten, wenn man galant nach seiner Mutter fragt (BSM)

    Der Glutäugige Schlingel

    Der Faserschmeichler

    Das Aye-Aye (Fingertier)

    Der Bettvorleger

    Das Biest, das vor dem Regen herläuft

    Der Tagalog

    Solche, die das Licht ausmachen und sich nicht umdrehen, wenn die Hunde bellen

    Der Vasilisk

    Der Gürtelschnalzer

    Der Karpatische Stülper

    Der Schlitzrüssler

    Das Moderlieschen

    Der Pigmentlöwe

    Der Zierliche Gottfried

    Die Drittelmaus

    Der Starkstrom

    Der Gemeine Wildfang

    L’anima spicca (Das Herz einer süßen Frucht, das sich mühelos aus dem Fleisch lösen lässt)

    Hüftgold mit Flügeln

    |DER ROTE ZAR.

    Nonenthratum folioliber

    Der Rote Zar war stets ein lebendes Paradoxon: Er liebt (seit jeher) Rotkäppchen über alles, fürchtet allerdings den Erdbeergrouper, Zimtschnecken und Tizians gesammelte Werke. Während des Vietnamkrieges war er ein vorbildlicher Pazifist, spätestens seit dem Golfkrieg macht er sich nichts mehr aus menschlicher Gesellschaft. Das geht so weit, dass er keinem mehr die Hand reicht, er vermeidet jeglichen Augenkontakt und versteckt sich gerne in Tropfsteinhöhlen (oder aufgelassenen Tunnelröhren). Dort leckt er (um sich selbst zu erheitern) den Kalkstein ab, seine Sehkraft lässt dabei allerdings deutlich nach, schon bald fürchtet er sogar den Klang der eigenen Stimme. Urin im Blut wiederum scheint ihm nichts auszumachen. Seine Abendlektüre (Blindenschrift!) besteht aus nachfolgenden Werken: Philosophisch-ökonomische Manuskripte 1844 – die Entfremdungstheorie, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde und Plädoyer für einen zu Unrecht angeklagten Philosophen (allesamt vergriffen).

    Zimtschnecke, männlich, in Drohgebärde (schwedische Abart: Kanelbulle)

    Der Rote Zar ernährt sich mit Vorliebe von Marsriegeln; sind keine zur Hand, begnügt er sich mit in Buttermilch eingelegten Rinderhälften. Nach einigen (einschlägigen!) Therapiesitzungen gelangte er zu der Einsicht, seine Flugangst sei lediglich ein „entbehrliches Konstrukt, eine (ja doch) „ungewollte Schwangerschaft, deren Ursprung im Fortbestand der Art begründet liegt – ergo: Rote Zaren paaren sich niemals in Aufzügen, auf Bergketten, in Stockoder Hochbetten. Selbstverständlich kam jeder Rote Zar bei seiner Geburt nur knapp mit dem Leben davon …

    Sauerstoff stößt ihm, wie nicht anders zu erwarten, sauer auf, seine Vorliebe für Süßstoff ist hingegen legendär. Er kann nicht über seinen Schatten springen, begeistert sich in seltenen Fällen allerdings für Frösche (bzw. Amphibien aller Art) und das allseits beliebte Tempelhüpfen. In Ermangelung eines Hüftgelenks lehnen Rote Zaren jedwedes Balzverhalten ab, nicht selten bleiben sie ein Leben lang Einzelgänger. Der Rote Zar lässt sich nur von einem schwarzen Ziegenbock ins Bockshorn jagen, Krokodilzähne hingegen scheinen ihm nichts auszumachen. Rote Zaren begeistern sich für die Worte „Verunglimpfung, „Lentilka und „zuoberst. Sie verabscheuen allerdings „Rotunde und „Liptauer (bzw. „Litauer, sofern man das Wort gar zu undeutlich ausspricht).

    Roter Zar, nach Pediküre (Hühneraugen!)

    |DAS GESELLSCHAFTSTIER

    Arrogans brachialis

    Das Gesellschaftstier ist als Nostalgiker verschrien, dabei schaut es nur gelegentlich über seine Schultern, das Rückwärtige interessiert es kaum, das Künftige kann ihm gleichfalls gestohlen bleiben, es sei denn, diese (seine) Zukunft ist schaumgedämpft und rosig. Es nimmt vieles zu wörtlich, was daran liegt, dass es in seiner Jugend gerne Bäume bestieg, still den Himmel beobachtete und kategorisch die Sprache als „Geschwätz verweigerte; oft genug manövriert es sich heute (eben dadurch) in kompromittierende Situationen: Etwa wenn es darum geht, „jemandem auf der Tasche zu liegen oder irgendwo „mit der Tür ins Haus zu fallen, gar einer Person „an den Kragen zu gehen. Mit gesellschaftskritischen Anmerkungen, man würde anderes vermuten, kann es erstaunlich wenig anfangen – etwa: „Es ist kein Zeichen von Gesundheit, an eine von Grund auf kranke Gesellschaft angepasst zu sein oder „das gesellschaftliche Recht ist daher ganz und gar kein sittliches Recht, sondern eine bloße Modifikation des tierischen – Formulierungen solcher Natur sind ihm ein

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