Leitfaden vegetarische Ernährung
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Dieses Gesundheitsapostel-Image hat mit der Realität der Menschen, die sich für eine fleischlose Ernährung entscheiden, wenig zu tun. Ob die vegetarische Gesinnung nun durch ein neues Ernährungsbewusstsein motiviert ist oder ethische Gründe hat: Tatsache ist, dass die wenigsten Vegetarier ein Leben ohne Fleisch mit asketischer Entbehrung gleichsetzen. Stattdessen finden viele in ihrer Lebenseinstellung die Motivation, eine kulinarische Welt abseits des Mainstreams zu erforschen, Neues auszuprobieren, zu experimentieren, zu kreieren. Die Vielfalt der Küchenkreationen, die sich ohne tierische Zutaten erschaffen lassen, ist schier grenzenlos und so ist auch das Angebot von vegetarischen Rezeptsammlungen heutzutage größer denn je.
Das vorliegende Buch soll Ihnen, lieber Leser, ein wertvoller Ratgeber in der Welt der fleischlosen Genüsse sein. Ob Sie bereits langjähriger Vegetarier sind, erst jüngst den Sprung in die rein pflanzliche Ernährung gewagt haben oder einfach nur offen für Neues und Außergewöhnliches sein sollten - in diesem Leitfaden lassen sich für jeden Leser Tipps und Ratschläge finden, wie eine ausgewogene vegetarische Ernährung aussehen kann.
Viel Spaß bei der Lektüre und vor allem "Guten Appetit"!
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Leitfaden vegetarische Ernährung - Dr. Maria Langwasser
Redaktion
1. VEGETARISCHE ERNÄHRUNG – WAS IST DAS?
Was haben Buddha, Leonardo da Vinci, Wilhelm Busch, Richard Gere und Madonna gemeinsam? Sie ahnen die Antwort sicher schon. Alle vier gehören in den Kreis der Vegetarier. Die vegetarische Ernährung kann also auf eine lange Tradition zurückblicken. Schon unsere Urahnen wussten ihren Nährwert zu schätzen. Und auch das Volk der Maya bezog die Energie für die Schaffung seiner Hochkultur aus der Pflanzenkost.
Die moderne vegetarische Ernährung hat ihren Anfang in der Mitte des vorigen Jahrhunderts. Damals fanden sich in der Reformbewegung Menschen zusammen, die durch eine natürliche Ernährung einen Ausgleich zu den von der beginnenden Industrialisierung bestimmten Lebensbedingungen zu finden hofften. Daraus entwickelten sich die unterschiedlichsten Strömungen und Schulen, von denen hier die Ordnungstherapie des Schweizers Max Bircher-Brenner (richtig, der Müsli-Erfinder!), die Anthroposophen unter Rudolf Steiner und die Intensivkost des Zahnarztes Dr. Schnitzer Erwähnung finden sollen.
Die Hauptgruppen der heutigen Vegetarier sind
Die Ovo-Lakto-Vegetarier
Sie essen neben pflanzlichen Lebensmitteln auch Milchprodukte und Eier.
Die Lacto-Vegetarier
Sie verzichten neben Fleisch und Fisch auch auf Eier.
Die Veganer
Sie ernähren sich rein pflanzlich und lehnen auch tierische Produkte wie Lederschuhe und -bekleidung ab. Ihre Nahrung besteht aus Gemüse, Getreide, Nüssen und Samen.
Hartnäckig hält sich die Annahme, die vegetarische Ernährung sei identisch mit der Vollwertkost. Das stimmt nur bedingt. Die vegetarische Ernährung kann zwar aus Vollwertprodukten bestehen, muss es aber nicht. Umgekehrt kann Vollwertkost vegetarisch sein, wird aber oft auch mit Fleisch aus biologischer Landwirtschaft ergänzt.
Unabhängig von einer Entscheidung für oder gegen Vollwertprodukte ist für alle der erwähnten Gruppen eine gesunde Ernährung möglich. Allerdings erfordert eine rein pflanzliche Ernährung eine Menge Wissen über den menschlichen Organismus um eine ausreichende Versorgung mit lebenswichtigen Nährstoffen zu garantieren. Generell gilt, je größer die Palette ist, aus der wir unsere Lebensmittel zusammenstellen, desto einfacher ist es, eine nicht nur gesunde, sondern auch schmackhafte Ernährung zusammenzustellen. Ganz ohne theoretisches Wissen geht es aber in keinem Fall. Deshalb wollen wir im Folgenden einen kleinen Ausflug in die Ernährungswissenschaft unternehmen.
2. ALLES, WAS EIN MENSCH BRAUCHT
Proteine, Spurenelemente, Ballaststoffe… Jeder hat diese Worte schon gehört. Aber was geht eigentlich wirklich in unserem Körper vor? Und was braucht er zum Wohlfühlen?
2. 1. DIE KALORIE
Dieses Schreckgespenst der modernen Ernährung hat schon so manchen Diätwilligen um den Schlaf gebracht. In Wahrheit ist sie nichts weiter als eine harmlose Maßeinheit zur Berechnung des täglichen Energiebedarfs eines Menschen.
Vielleicht erinnern Sie sich aus dem Physikunterricht noch an die bekannte Formel:
Eine Kilokalorie ist die Wärmemenge, die benötigt wird um 1 Liter Wasser um 1 Grad Celsius zu erwärmen.
Übertragen auf den menschlichen Körper bedeutet das: Für die ausreichende Grundversorgung mit Energie benötigt unser Organismus pro Stunde ca. eine Kilokalorie pro Kilogramm Körpergewicht. (Die von der Wissenschaft eingeführte Bezeichnung Joule konnte sich im alltäglichen Sprachgebrauch bislang nicht durchsetzen. 1 kcal. entspricht 4,18 kj.)
Diese Werte steigen natürlich bei körperlicher oder geistiger Betätigung. Für eine schwere körperliche Arbeit brauchen wir mehr Energie als für eine leichte im Sitzen ausgeübte Tätigkeit. Zwischen Büro und Baustelle liegen daher ca. 1500 kcal. Ebenso beeinflusst das Alter den Energiebedarf. So steigt der Kalorienbedarf bis zum achtzehnten Lebensjahr kontinuierlich an um dann langsam aber sicher um ca. 15–20 % zu sinken. Dieser Entwicklung wird in der täglichen Ernährung häufig zu wenig Rechnung getragen. Wir essen über Jahrzehnte hinweg nach alter Gewohnheit und wundern uns, dass der Körper immer mehr Rundungen zeigt. Eine dem Alter und den Lebensumständen angepasste Ernährung lässt die überflüssigen Pfunde nicht nur kurzfristig verschwinden, sondern hält den Körper in seinem ganz persönlichen Wohlfühlgewicht. Dazu bedarf es einer ausgewogenen Kombination von Nährstoffen.
2.2 DIE NÄHRSTOFFE
2.2.1. KOHLENHYDRATE
Ihr Baustoff ist der Zucker. Aneinander gereiht werden die Zuckerteilchen vom Einfachzucker Glucose und Fructose über den Zweifachzucker, unserem Haushaltszucker, zum Vielfachzucker, der Stärke. Diese Energiespender mit einem Brennwert von 4,1 Kal. pro Gramm dürfen bis zu 60 % unseres Kalorienbedarfs decken. Allerdings sollte man dabei nicht auf zwei Tafeln Schokolade zurückgreifen, sondern sich lieber mit einem Stückchen davon begnügen und den Rest in Form von Obst und Kartoffeln oder Getreideprodukten zu sich nehmen. Denn eine konzentrierte Energieaufnahme – der Kohlenhydratanteil im Haushaltszucker beträgt z. B. 100 % – vermag uns zwar kurz in Hochleistungslaune versetzen, aber genauso schnell auch wieder auf den Tiefpunkt zu bringen.
Für die Verwertung der vor allem in Getreide und Kartoffeln vorkommenden Stärke braucht unser Organismus erheblich mehr Zeit, sichert uns aber eine kontinuierliche Energiezufuhr. Zudem ist Zucker, auch wenn er sich in Limonade oder Gebäck versteckt, der beste Freund von Karies. Mit Stärke kann der Zahnbewohner hingegen wenig anfangen.
2.2.2. FETT
Der zweite Energielieferant hat mit 9,3 Kal. pro Gramm mehr als doppelt soviel Kalorien wie die Kohlenhydrate. Der Tagesverbrauch sollte nicht über 30 % des Gesamtbedarfs liegen. Die empfohlene Ration von maximal 70 Gramm wird jedoch viel zu häufig überschritten.
Fett besteht aus Glycerin und Fettsäuren. Dabei unterscheidet man zwischen gesättigten, einfach ungesättigten und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Die gesättigten Fettsäuren sind nicht nur in tierischen Nahrungsmitteln zu finden, sondern haben den Vorteil, vom Körper selbst gebildet werden zu können. Eine Aufnahme von außen ist nicht nur überflüssig, sondern führt auf Dauer auch zu einem erhöhten Cholesterinspiegel. Denn auch diese fettähnliche Substanz wird vom Menschen ausreichend produziert. Von einer durch fleischliche Nahrung zugeführten Extraportion ist also dringend abzuraten.
Anders sieht es bei den ungesättigten Fettsäuren aus. Hier versagt die Eigenproduktion und der Organismus ist auf die Fremdzuführung angewiesen. Als Bestandteil der Zellstruktur und des Nervengewebes haben sie eine unersetzliche Funktion. Hochwertige Lieferanten sind kalt gepresste Pflanzenöle, die im Unterschied zu den in Wurst, Fleisch und auch Käse verborgenen Fetten reich an der für den Organismus wichtigen Linolsäure und anderen mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind. Nicht zu vergessen ist auch ihre gewissenhaft erfüllte Aufgabe als Träger von fettlöslichen Vitaminen.
2.2.3. EIWEISS
Der dritte Hauptnährstoff wird wissenschaftlich auch als Protein bezeichnet. Als Brennstoff ist seine Leistung mit 4,1 Kal. pro Gramm so hoch wie bei den Kohlenhydraten. Wichtiger ist aber seine Funktion als Bausubstanz des Körpers. Haut und Haar, Muskeln und Knochen, Organe oder Blut, alle bestehen sie zu großen Teilen aus Eiweiß. Zur Nachschubversorgung werden täglich ca. 0,8 g Eiweiß pro kg Körpergewicht benötigt.
Die Proteine selbst setzen sich wiederum aus den Aminosäuren zusammen. Diese kleinen Bausteine – gerade mal 20 an der Zahl – sind in unterschiedlichen kettenartigen Verbindungen verantwortlich für sämtliche in der Natur vorkommenden Proteine. 12 von ihnen kann der Körper selbst aufbauen, der Rest muss durch Nahrung zugeführt werden. Da scheint es sich gut zu treffen, dass Fleisch genau die uns fehlenden 8 Kostbarkeiten in sich trägt. Die an sich ideale Konstellation kann aber den Körper leicht überfordern, während er pflanzliches Eiweiß direkter verwertet. Die Pflanzenproteine müssen sich zum Erreichen der für den Körper optimalen biologischen Wertigkeit zwar zu Mehreren oder auch mit Milchprodukten zusammenschließen, das ist für uns aber zum einen schmackhafter als ein einsames fleischliches Kraftpaket, zum anderen ist die Gefahr einer Überdosis ausgeschaltet.
Pflanzliches Eiweiß findet sich vor allem in Getreide, Soja, Hülsenfrüchten, Kartoffeln und Nüssen. Miteinander kombiniert stehen sie dem fleischlichen Eiweiß in nichts nach. Auch eine Verbindung mit Eiern oder Milchprodukten ist eine Möglichkeit, von der ein Großteil der Vegetarier Gebrauch macht.
2.2.4. BALLASTSTOFFE
Die irreführende Bezeichnung dieser Untergruppe der Kohlenhydrate stammt aus einer Zeit, in der ihre Unverdaulichkeit als Manko empfunden wurde. Dabei übersah man die Nützlichkeit der in den pflanzlichen Fasern und Schalen beheimateten Stoffe. Stattdessen wurden Getreide, Reis und auch Obst sorgfältig geschält und damit einer wichtigen Funktion beraubt.
Man könnte die Ballaststoffe auch als die Putzfrauen des Körpers bezeichnen. Sie dienen der Zahnerhaltung, denn Vollkornbrot und Obst muss gut gekaut werden. Sie schonen die Magenwände, indem sie überschüssige Magensäure binden. Sie bringen den Darm in Schwung, wodurch giftige Stoffe schneller aus dem Körper befördert werden oder gar nicht erst entstehen. Zusätzlich sorgen sie für die Konstanz des Blutzuckerspiegels und die Senkung des Blutcholesterinspiegels. Letztes Argument für die Ballaststoffe: Sie halten schlank. Denn der Körper verwandelt ihre Kalorien nicht in Energie um, sondern setzt seine Energie ein, um sie wieder loszuwerden.
Angesichts einer solchen Liste an Vorzügen könnte so manches Schnitzel vor Neid erblassen. Man sollte nun aber nicht losstürzen und ein ganzes Vollkornbrot auf einmal essen. Gerade wenn der Magen nicht daran gewöhnt ist, empfiehlt es sich, ihn schonend auf seine neuen Freunde vorzubereiten. Es reicht für eine gesunde Ernährung völlig aus, den normalen Bedarf an Grundnahrungsmitteln in der vollwertigen Variante zu sich zu nehmen. Aber auch wenn Sie den Vollkornprodukten nichts abgewinnen können, brauchen Sie auf Ballaststoffe nicht zu verzichten. In Gemüse und Obst sind sie reichlich vorhanden. Nur der Fleischesser bekommt leider nichts ab vom Kuchen…
2.2.5. MINERALSTOFFE UND SPURENELEMENTE
Sie sorgen als Bestandteile von Enzymen oder auch für sich allein für einen funktionierenden Stoffwechsel, die Blutbildung, die Regulierung des Wasserhaushalts und den Aufbau von Knochen und Zähnen.
Mineralstoffe sind:
Kalzium: zuständig für den Knochen- und Zahnbau und beteiligt an der Reizübertragung. In allen Getreidearten, Gemüsen und Milchprodukten.
Magnesium: ebenso wie Kalzium wichtig für die Muskel- und Nervenreaktion. In allen grünen Gemüsen, Obst, Salat und Getreide.
Phosphat: zuständig für den Knochenbau und die Reizübertragung. In Getreide, Milch und Milchprodukten.
Natrium: reguliert den Wasserhaushalt. Als Bestandteil von Kochsalz in sämtlichen salzhaltigen Lebensmitteln.
Spurenelemente sind
Eisen: zuständig für den Sauerstofftransport im Blut, Bestandteil des roten Blutfarbstoffes. Für Vegetarier zu beziehen aus Kräutern, Salat und Vollkornprodukten. Begünstigt wird die Aufnahme durch Vitamin C.
Fluor: Bestandteil von Knochen und Zähnen. In Trink- und Mineralwasser.
Kobalt: zuständig für die Zellbildung und den roten Blutfarbstoff. In Milch und Erbsen.
Jod: als Bestandteil der Schilddrüsenhormone wichtig für die Gehirnfunktion. Am besten durch die Verwendung von Jodsalz zu erhalten.
2.2.6. DIE VITAMINE
Vitamine sind fleißig. Sie sorgen für einen funktionierenden Stoffwechsel. Sie helfen bei der Energiegewinnung, stärken das Immunsystem, regulieren den Mineralstoffhaushalt und unterstützen den Zahn- und Knochenaufbau sowie die Zell- und Blutkörperchenbildung.
Man teilt die Vitamine in zwei Gruppen. Die fettlöslichen A, D, E und K und die wasserlöslichen B1, B2, B3, B5, B6, B12, C, Folsäure und Biotin.
Ein Vitaminmangel ist bei der vegetarischen Ernährung kaum zu befürchten, denn Obst und Gemüse sind die Könige unter den Vitaminspendern. Einzig das Vitamin B 12 ist nur auf dem Umweg über die Milchsäuregärung zu erhalten. Daher empfiehlt sich der gelegentliche Verzehr von Sauerkraut, Gemüsesäften und Sprossen.
Vitamine sind lichtscheue Gesellen. Daher sollte