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Signale an der Front: Das geheime Kriegstagebuch von Funker Richard Rommel
Signale an der Front: Das geheime Kriegstagebuch von Funker Richard Rommel
Signale an der Front: Das geheime Kriegstagebuch von Funker Richard Rommel
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Signale an der Front: Das geheime Kriegstagebuch von Funker Richard Rommel

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About this ebook

Als 19-Jähriger kam Richard Rommel an die Front. Er hat den Zweiten Weltkrieg vom ersten bis zum letzten Tag als Soldat miterlebt. Als Funker war er stets ganz vorne im Einsatz und erfuhr mehr als der normale Frontsoldat. In seinem heimlich geführten Tagebuch hielt er nicht nur Kriegserfahrungen fest, sondern beschreibt auch ein bisher wenig bekanntes Netzwerk, das Christen überall rasch miteinander verbunden hat. Die Tagebucheinträge wurden von Hans-Dieter Frauer ausgewählt und erläutert. Mit mehr als 50 Fotos und Karten.
LanguageDeutsch
PublisherSCM Hänssler
Release dateMar 25, 2013
ISBN9783775171441
Signale an der Front: Das geheime Kriegstagebuch von Funker Richard Rommel
Author

Richard Rommel

Richard Rommel, geboren 1920, wurde 1939 zum Arbeits- und bei Kriegsbeginn zum Wehrdienst eingezogen. 1945 geriet er in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Seit 1951 arbeitete er als ev. Pfarrer in Göppingen, Filderstadt und Stuttgart. Er verstarb im Sommer 2012. Seine Erlebnisse als Funker während des Krieges hat er in dem Buch "Signale an der Front" verarbeitet.

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    Book preview

    Signale an der Front - Richard Rommel

    Leben zwischen den Fronten – Geleitwort des Verlags

    Was hat mich mit 18 Jahren beschäftigt und herausgefordert – was sind die Ziele eines 18-Jährigen heute?

    Diese Frage stellte sich mir, als ich vor wenigen Wochen, meistens nachts, das Kriegstagebuch von Richard Rommel las. In grünes Leinen eingewickelt, erlaubt es einen Blick in unsere deutsche Geschichte und in eine Lebensgeschichte. In Stichworten, Sätzen, mit Fotos, Tag für Tag Krieg, sechs Jahre lang, kein Entrinnen.

    Muss man solch ein Buch heute noch in unserem Verlag veröffentlichen? Werden sich Menschen dafür interessieren? Haben wir damit noch etwas zu tun?

    Warum lassen mich diese Fragen nicht in Ruhe? Vielleicht weil ich darin einem normalen jungen Erwachsenen begegnet bin, der so Außergewöhnliches erlebt hat und so außergewöhnlich gelebt hat.

    Einem jungen Menschen, dem eine unbeschwerte Jugendzeit genommen wurde und der mit einer Wucht an Veränderungen, mit Gewalt, Entbehrungen, Angst und dem Tod konfrontiert wird.

    Einem jungen Christen, der in Kaserne und im Krieg nicht seinen Glauben an Jesus Christus versteckt, sondern Verbündete sucht, mit denen er in der Bibel lesen oder einen Gottesdienst (ohne Hakenkreuzfahne auf dem Altar) feiern kann.

    Einem jungen CVJMler, der nicht nur an sich denkt, der für andere sorgt und versucht, das Leben anderer zu retten.

    Einem jungen Mann, der schwere, letzte Nachrichten an die Eltern seiner gefallenen Freunde zu überbringen hat und daran nicht zerbricht.

    Einem jungen Soldaten, der sich über Jahre in Todesgefahr befindet, von dem selbst gefordert wird, zu schießen und zu töten, der dabei mit seiner Angst und mit seinem Gewissen klarkommen muss.

    Einem jungen Heimkehrer, der seine Berufspläne nach dem Krieg aufgibt, weil er sich von Gott berufen lässt, Theologie zu studieren, Pfarrer zu werden, um die Botschaft des Lebens zu verkündigen.

    Diese Gedanken haben mich nicht mehr losgelassen.

    Dann bin ich Richard Rommel und seiner Frau vor wenigen Wochen in ihrer Wohnung begegnet. Wir tauschen uns aus über sein Leben, seine Situation nach dem Krieg, seinen Einsatz für Versöhnung bei Reisen in den Osten und für die Kriegsgräberfürsorge.

    Er ist 92 Jahre alt. Die Ärzte geben ihm noch etwa drei Monate wegen seiner schweren Erkrankung, wie er sagt. Einige Wochen später liegt er auf einer Pflegestation, vom Tod gezeichnet. Er und sein Sohn stimmen einer Veröffentlichung seines Kriegstagebuches zu – ob dies unsere letzte Begegnung ist? Eine Generation, die diesen furchtbaren Krieg überlebt hat, stirbt aus. Darum werden, ja müssen wir dieses Buch machen. Von Menschen wie Richard Rommel möchte ich leben lernen.¹

    Frieder Trommer

    Geschäftsführer der Verlage der

    Stiftung Christliche Medien (SCM)

    [ Zum Inhaltsverzeichnis ]

    Richard Rommel, ein Zeitzeuge – Vorwort des Herausgebers

    Richard Rommel hat den Zweiten Weltkrieg vom ersten bis zum letzten Tag mitgemacht. Nach seinem 1939 abgelegten Abitur hatte er den im »Dritten Reich« seit 1935 für die männliche Jugend vorgeschriebenen Arbeitsdienst abzuleisten. Er dauerte sechs Monate und ging dem Wehrdienst voraus. Rommel war in dieser Zeit am Ausbau des »Westwalls« (einer Bunkerlinie gegen Frankreich) beschäftigt; sein Arbeitsdienst sollte am 30. September 1939 enden. Weil jedoch am 1. September der Krieg mit Polen – und damit der Zweite Weltkrieg – begonnen hatte, wurde der damals 19-Jährige nahtlos in die Wehrmacht überführt. Sein Wehrdienst dauerte bis Kriegsende im Mai 1945, dann kam er in amerikanische, später in britische Gefangenschaft. Aus ihr wurde er am 21. August 1945 entlassen. Es folgte – auch aufgrund seiner dort gemachten Erfahrungen – das Theologiestudium mit anschließender Tätigkeit als Gemeindepfarrer.

    Seine »militärische Karriere« begann Rommel als einfacher Schütze. Zuletzt war er Oberfähnrich, ausgezeichnet sowohl mit dem Verwundetenabzeichen wie auch mit dem Eisernen Kreuz Erster Klasse. Eingesetzt war er bei der Infanterie und hier wieder häufig als (anfangs berittener) Funker und Kartengeograf. Er leitete oft Beobachtungsstellen. So erhielt er – obwohl unmittelbar an der Front eingesetzt – häufig Einblick in Ereignisse, Zusammenhänge und Hintergründe, die dem einfachen Soldaten verborgen blieben. Außerdem bot sich ihm als Funker die von ihm erwünschte Möglichkeit, ganz insgeheim Tagebuch zu schreiben. Darin hat er den Krieg so festgehalten, wie er ihn im Alltag erlebt und erlitten hat. Seine Notizen hat er später ins Reine gebracht und mit Fotos veranschaulicht. Der Wortlaut dieser Tagebucheinträge wurde um ihrer Authentizität willen – bis auf eindeutige sprachliche Korrekturen (nach neuer Rechtschreibung) – beibehalten. In Klammern gesetzte Einfügungen sind nachträglich eingefügt, sie sollen das Verständnis erleichtern. Ehemalige deutsche Ortsnamen wurden wie von Richard Rommel verwendet belassen.

    Rommel wurde am 29. Juli 1927 als viertes Kind einer Weingärtnerfamilie im Remstalort Grunbach geboren. Sein Elternhaus beschreibt er als landeskirchlich und regimekritisch. Er selbst war im örtlichen Kindergottesdienst und später im CVJM aktiv, hin und wieder auch in der örtlichen Gemeinschaft. Der Remstalort Grunbach hatte eine gute evangelische Jugendarbeit: von ihr nennt sich Rommel geprägt und beeinflusst. Über die Jugendarbeit ergaben sich Kontakte zu Arnold Dannenmann, dem späteren Gründer des Christlichen Jugenddorfwerkes Deutschland. Dieser stand dem NS-Regime zunehmend ablehnend gegenüber: Seine Hintergrundinformationen führten dazu, dass der junge Richard Rommel schon früh auf Distanz zum NS-Reich und seiner Ideologie ging. So bewahrte sich der kluge und skeptische Junge eine kritische Einstellung zu den politischen Ereignissen und er kam in seinem Denken und Urteilen zu bemerkenswerter Unabhängigkeit.

    Geprägt vom frommen Elternhaus, der CVJM-Jugendarbeit, dem eigenen kirchlichen Engagement und den Informationen und Ratschlägen Dannenmanns, trat Rommels eigene Glaubensüberzeugung immer stärker hervor. So legte er als neu einberufener oder neu versetzter Soldat immer am ersten Abend eine Bibel auf den Tisch und las darin – entsprechende Ratschläge gaben häufig Gemeindepfarrer an ihre zum Wehrdienst eingezogenen Jugendlichen. Wer sich so als Christ zu erkennen gab, fand oft Gleichgesinnte: So bildeten sich – unter stillschweigender Duldung der Vorgesetzten – immer wieder Bibellese- oder Gebetskreise. Das konnte natürlich auch Nachteile mit sich bringen: bei fanatischen NS-Vorgesetzten etwa. Rommel wurde – auch wegen seiner offen zur Schau getragenen christlichen Überzeugung – nicht zu Fort- und Weiterbildungskursen zugelassen und von einer Offizierskarriere, von Beförderungen und oft auch von Kriegsauszeichnungen ausgeschlossen.

    Rommels Soldatenleben ist von christlichen Netzwerken begleitet und geleitet. In seinen Aufzeichnungen kommen sie häufig vor: Immer wieder traf er junge Männer aus dem CVJM oder einem Bibellesebund. Das brachte ihn zwar einerseits um die von ihm ohnehin nicht angestrebte militärische Karriere, andererseits fand er dort geistliche Heimat und Geleit auch in schwierigsten Zeiten. Das hat mit dazu geführt, dass der begabte Mathematiker und Physiker dann doch nicht einen technischen Beruf ergriff, sondern nach dem Studium ins evangelische Pfarramt ging.

    Über seine Erfahrungen im »Dritten Reich« und über die Machtergreifung Hitlers und ihre Vorgeschichte hat Rommel bereits Bücher veröffentlicht, in denen er selbstkritisch über seine Generation nachdenkt.

    [ Zum Inhaltsverzeichnis ]

    Tagebuch von Funker Richard Rommel

    Krieg gegen Polen 1939

    Polen als Staat entstand neu nach dem Ersten Weltkrieg. Die Siegermächte zogen eine willkürliche Grenze, die umfangreiche deutsche Gebiete einschloss. Der genaue Grenzverlauf wurde erst nach bürgerkriegsähnlichen Aufständen festgelegt; bei Abstimmungen wurden Mehrheiten für einen Verbleib bei Deutschland nicht beachtet. Daher war das Verhältnis zwischen dem Deutschen Reich und Polen von Anfang an belastet. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten entspannte sich das Verhältnis anfangs, ab 1938 spitzte es sich aber krisenhaft zu, weil das erstarkte Deutschland nun auch eine neue Grenzziehung im Osten anstrebte. Die Siegermächte des Ersten Weltkrieges hatten den Anschluss Österreichs und die Zerschlagung der Tschechoslowakei hingenommen, jetzt garantierten sie den Bestand Polens. Nach dem deutschen Einfall in Polen erklärten England und Frankreich Deutschland den Krieg, beließen es jedoch vorerst bei dieser Drohung und griffen nicht in die Kriegshandlungen ein. Die deutsche Wehrmacht besiegte Polen in nur fünf Wochen.

    24. August

    Nach dem halbmilitärischen Ordnungsdienst am Vormittag darf ich Post abholen: Mein älterer Bruder schreibt mir auf einer Karte, er habe sich ein gebrauchtes Auto gekauft, um mit seinem Frischobst den Stuttgarter Markt direkt beliefern zu können; er wolle es am Sonntag ausprobieren und mit mir in Baden-Baden zusammentreffen. Ist ja fabelhaft, die Kameraden werden fast neidisch, als ich am Mittagstisch damit herausrücke. Die Freude war kurz: Nach dem Abendessen im Speisesaal wurde bekannt gegeben: Ausgangssperre für alle wegen der politischen Lage! Die Kameraden versuchen zu beschwichtigen: Der Führer wird die Lage schon meistern.

    Mobilmachung bedeutete Umstellung auf den Krieg. Angehörige des Reichsarbeitsdienstes wurden eingezogen und marschierten (noch hoffnungsfroh) in Kasernen zum Kriegseinsatz.

    Mobilmachung bedeutete Umstellung auf den Krieg. Angehörige des Reichsarbeitsdienstes wurden eingezogen und marschierten (noch hoffnungsfroh) in Kasernen zum Kriegseinsatz.

    25. August

    Nach dem Abendessen im Speisesaal. Alles bleibt hier. Der Abteilungsleiter kommt und gibt bekannt: Allgemeine Mobilmachung! Auf den Stuben bleiben, weitere Befehle abwarten! Das macht die Kameraden ernst und schweigsam. Man packt seine Zivilsachen zusammen, zum Heimschicken.

    26. August

    Wir erhalten – als »Bausoldaten der Wehrmacht« neue Uniformen. Dazu Gewehr und Patronentasche – damit können wir ja noch gar nicht umgehen! Und dann fahren die Lastwagen vor: Wir sollen zusammen mit der Truppe den »Westwall« besetzen. Er soll aus kugelsicheren Betonbunkern bestehen, die als uneinnehmbar gelten. Aber wir kommen in ein Barackenlager weiter südlich. Dort erhalten wir Quartier, Verpflegung und Gasmasken. Und außer dem Exerzieren auch Unterricht am »Karabiner 98«. Nachts langweiliges Wacheschieben. Ein Dorf in der Rheinebene wird unser Arbeitsplatz; es soll eine Rundumverteidigung mit Schützenlöchern, Gräben und Drahtverhau erhalten.

    1. September

    Schon vormittags Arbeitsschluss und Antreten auf dem Lagerplatz: Ein Offizier gibt bekannt, dass unsere Truppen in Polen einmarschieren würden. Später dann Antreten zur Führerrede. Hitler gibt bekannt, dass »seit 5.45 Uhr zurückgeschossen« werde.

    Auch das Banale gehört zum Krieg – etwa das Wacheschieben.

    Auch das Banale gehört zum Krieg – etwa das Wacheschieben.

    3. September

    Schanzarbeiten, trotz Sonntag und schlechtem Wetter. Aber es ist früher Schluss, Lastwagen holen uns ab. Den Grund dafür ruft uns im Vorbeifahren ein ziviler Arbeiter zu: England und Frankreich haben uns den Krieg erklärt! Man rechnet mit unmittelbaren Fliegerangriffen. Niemand von der Führung redet mit der Truppe. Man hat offenbar geglaubt, es bliebe bei einem einseitigen »Einmarsch« – wie im Frühjahr in die Tschechoslowakei! Abends, beim Gasthausbesuch, erfährt man aus dem Radio mehr. Die polnische Kriegsflotte habe man gleich morgens im Hafen erwischt und total vernichtet.

    7. September

    Erste Probe der Gasmasken in der Turnhalle des Lagers. Schwere Gaskonzentration im geschlossenen Raum: Viele von uns kriegen die Maske nicht passend hin, werfen sich in Hustenanfällen zu Boden.

    10. September

    Neuer Arbeitsplatz bis vorne an den Rhein: Stellungen und Beobachtungsplätze müssen getarnt werden, damit sie nicht Ziel eines französischen Trommelfeuers werden. Das aber kommt gar nicht; beide Seiten beobachten einander höchst friedlich. Einmal beobachten wir im großen Fernrohr, wie unsere Gegner auf einem Spielplatz Fußball spielen, und erlauben uns den Spaß, nach jedem Tor, das drüben fällt, in die Luft zu schießen. Es sieht so aus, als könnten – oder gar wollten – die Franzosen ihren polnischen Verbündeten nicht zu Hilfe kommen. Für uns eine Erleichterung!

    27. September

    Wäre der Krieg nicht gekommen, dann wäre ich heute aus dem Arbeitsdienst entlassen! Daraus wird nun nichts, aber manches wird schon wieder friedlicher: mehr Formalausbildung, mehr Wachestehen – und sogar Wochenendurlaube gibt es! Die Polen, denen keiner hilft, sind

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