Der gestiefelte Kater: Ein Komödie in drei Akten nach dem gleichnamigen Märchen
By Ludwig Tieck
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Der gestiefelte Kater ist eine Komödie von Ludwig Tieck. In seinem Drama verzichtet Ludwig Tieck als einer der ersten Autoren im deutschsprachigen Raum auf den Versuch, seinem Publikum "vernünftige Illusionen" zu liefern. Im Illusionstheater gibt es eine einfache Trennung zwischen Fiktion und Realität: "Gespielt" wird auf der Bühne, und alles, was dort geschieht, während der Vorhang offen steht, ist zuvor eingeübt worden. Das Publikum soll möglichst vergessen, dass das Geschehen auf der Bühne "nur ein Spiel" ist. Im Parkett und auf den Rängen hingegen sitzen Zuschauer, die sich weitgehend ruhig und passiv-aufmerksam verhalten, gelegentlich aber auch spontan reagieren. Zur Inhalt: Die drei Söhne des verstorbenen Müllers teilen in der Bauernstube das Erbe unter sich auf. Gottlieb, der jüngste der drei Brüder, erhält dabei lediglich den Kater Hinze und ist angesichts seiner Situation verzweifelt. Als Hinze aber anfängt zu sprechen, wundert sich Gottlieb über den sprechenden Kater. Sogleich machen sich im Publikum Aufregung über die "unvernünftige Illusion" und Verwirrung breit. Der sprechende Kater wirkt clever und intelligent und gibt sich sehr um Gottlieb besorgt. Gottlieb und Hinze schließen Freundschaft, woraufhin Hinze den Willen äußert, dem unbeholfenen Gottlieb aus seiner Misere zu helfen, wenn dieser ihm ein Paar Stiefel anfertigen lasse. Um Hinzes Bitte nachzukommen, bittet Gottlieb den vorbeigehenden Schuhmacher herein, der, wie nach ihm alle Charaktere der Bühnenhandlung, nicht über Hinze erstaunt ist.
Johann Ludwig Tieck (1773-1853) war ein deutscher Dichter, Schriftsteller, Herausgeber und Übersetzer der Romantik.
Ludwig Tieck
Ludwig Tieck (Berlín, 1773-1853). Formó parte del grupo romántico de Jena junto con Schlegel, Novalis y Schelling. En su comedia El mundo al revés (1798) renovó las estructuras dramáticas tradicionales, orientando su romanticismo hacia lo fantástico y hacia la recreación de las antiguas leyendas de la Alemania medieval. Lo más destacable de su obra lo constituyen sus cuentos satíricos y sus fábulas, como El caballero Barba Azul y El gato con botas, que se publicaron reunidos en Phantasus (1812-1816). En Nórdica ya publicamos sus Cuentos fantásticos.
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Book preview
Der gestiefelte Kater - Ludwig Tieck
Personen:
Inhaltsverzeichnis
Der König
Die Prinzessin, seine Tochter
Prinz Nathanael von Malsinki
Leander, Hofgelehrter
Hanswurst, Hofnarr
Ein Kammerdiener
Der Koch
Lorenz, Barthel, Gottlieb, Brüder und Bauern
Hinze, ein Kater
Ein Wirt
Kunz, Michel, Bauern
Gesetz, ein Popanz
Ein Besänftiger
Der Dichter
Ein Soldat
Zwei Husaren
Zwei Liebende
Bediente
Musiker
Ein Bauer
Der Souffleur
Ein Schuhmacher
Ein Historiograph
Fischer, Müller, Schlosser, Bötticher, Leutner, Wiesener, Dessen Nachbar, Zuschauer
Elefanten
Löwen
Bären
Ein Amtmann
Adler und andere Vögel
Ein Kaninchen
Rebhühner
Jupiter
Tarkaleon
Der Maschinist
Gespenster
Affen
Das Publikum
Prolog
Inhaltsverzeichnis
Die Szene ist im Parterre, die Lichter sind schon angezündet, die Musiker sind im Orchester versammelt. – Das Schauspiel ist voll, man schwatzt durcheinander, mehr Zuschauer kommen, einige drängen, andre beklagen sich. Die Musiker stimmen.
Fischer, Müller, Schlosser, Bötticher im Parterre, ebenso auf der andern Seite Wiesener und dessen Nachbar.
Fischer: Aber ich bin doch in der Tat neugierig. – Lieber Herr Müller, was sagen Sie zu dem heutigen Stücke?
Müller: Ich hätte mir eher des Himmels Einfall vermutet, als ein solches Stück auf unserm großen Theater zu sehn – auf unserm National-Theater! Ei! ei! nach allen den Wochenschriften, den kostbaren Kleidungen, und den vielen, vielen Ausgaben!
Fischer: Kennen Sie das Stück schon?
Müller: Nicht im mindesten. – Einen wunderlichen Titel führt es: Der gestiefelte Kater. – Ich hoffe doch nimmermehr, daß man die Kinderpossen wird aufs Theater bringen.
Schlosser: Ist es denn vielleicht eine Oper?
Fischer: Nichts weniger, auf dem Komödienzettel steht: ein Kindermärchen.
Schlosser: Ein Kindermärchen? Aber ums Himmels willen, sind wir denn Kinder, daß man uns solche Stücke aufführen will? Es wird doch wohl nun und nimmermehr ein ordentlicher Kater aufs Theater kommen?
Fischer: Wie ich es mir zusammenreime, so ist es eine Nachahmung der neuen Arkadier, und es kommt ein verruchter Bösewicht, ein katerartiges Ungeheuer vor, mit dem es fast solche Bewandtnis, wie mit dem Tarkaleon hat, nur daß er etwa statt rot ums Maul, schwärzlich gefärbt ist.
Müller: Das wäre nun nicht übel, denn ich habe schon längst gewünscht, eine solche recht wunderbare Oper einmal ohne Musik zu sehn.
Fischer: Wie? Ohne Musik? Ohne Musik, Freund, ist dergleichen abgeschmackt, denn ich versichre Sie, Liebster, Bester, nur durch diese himmlische Kunst bringen wir alle die Dummheiten hinunter. Ei was, genau genommen sind wir über Fratzen und Aberglauben weg; die Aufklärung hat ihre Früchte getragen, wie sich's gehört.
Müller: So ist es wohl ein ordentliches Familiengemälde, und nur ein Spaß, gleichsam ein einladender Scherz mit dem Kater, nur eine Veranlassung, wenn ich so sagen darf, oder ein bizarrer Titel, Zuschauer anzulocken.
Schlosser: Wenn ich meine rechte Meinung sagen soll, so halte ich das Ganze für einen Pfiff, Gesinnungen, Winke unter die Leute zu bringen. Ihr werdet sehen, ob ich nicht recht habe. Ein Revolutionsstück, soviel ich begreife, mit abscheulichen Fürsten und Ministern, und dann ein höchst mystischer Mann, der sich mit einer geheimen Gesellschaft tief, tief unten in einem Keller versammelt, wo er als Präsident etwa verlarvt geht, damit ihn der gemeine Haufe für einen Kater hält. Nun da kriegen wir auf jeden Fall tiefsinnige und religiöse Philosophie und Freimaurerei. Endlich fällt er als das Opfer der guten Sache. O du Edler! Freilich mußt du gestiefelt sein, um allen den Schurken die vielen Tritte in den gefühllosen Hintern geben zu können!
Fischer: Sie haben gewiß die richtige Einsicht, denn sonst würde ja der Geschmack abscheulich vor den Kopf gestoßen. Ich muß wenigstens gestehn, daß ich nie an Hexen oder Gespenster habe glauben können, viel weniger an den gestiefelten Kater.
Müller: Es ist das Zeitalter für diese Phantome nicht mehr.
Schlosser: Doch, nach Umständen. Könnte nicht in recht bedrängter Lage ein großer Abgeschiedener unerkannt als Hauskater im Palast wandeln, und sich zur rechten Zeit wundertätig zu erkennen geben? Das begreift sich ja mit der Vernunft, wenn es höheren und mystischen Endzwecken dient. – Da kömmt ja Leutner, der wird uns vielleicht mehr sagen können.
Leutner drängt sich durch.
Leutner: Guten Abend, guten Abend! Nun, wie geht's?
Müller: Sagen Sie uns nur, wie es mit dem heutigen Stücke beschaffen ist.
Die Musik fängt an.
Leutner: Schon so spät? Da komm ich ja grade zur rechten Zeit. – Mit dem Stücke? Ich habe soeben den Dichter gesprochen, er ist auf dem Theater und hilft den Kater anziehn.
Viele Stimmen: Hilft? – der Dichter? – den Kater? – Also kommt doch ein Kater vor?
Leutner: Ja freilich, und er steht ja auch auf dem Zettel.
Fischer: Wer spielt ihn denn?
Leutner. Je, der fremde Akteur, der große Mann.
Bötticher: Da werden wir einen Göttergenuß haben. Ei, wie doch dieser Genius, der alle Charaktere so innig fühlt und fein nuanciert, dieses Individuum eines Katers herausarbeiten wird! Ohne Zweifel ideal, im Sinn der Alten, nicht unähnlich dem Pygmalion, nur Soccus hier, wie dort Kothurn. Doch sind Stiefeln freilich Kothurne, und keine Socken. Ich schwebe noch im Dilemma des Zweifels. – Oh, meine Herren, nur ein wenig Raum für meine Schreibtafel und Bemerkungen.
Müller: Aber wie kann man denn solches Zeug spielen?
Leutner: Der Dichter meint, zur Abwechselung –
Fischer: Eine schöne Abwechselung! Warum nicht auch den Blaubart, und Rotkäppchen oder Däumchen? Ei! der vortrefflichen Sujets fürs Drama!
Müller: Wie werden sie aber den Kater anziehn? – Und ob er denn wirkliche Stiefeln trägt?
Leutner: Ich bin ebenso begierig wie Sie alle.
Fischer: Aber wollen wir uns denn wirklich solch Zeug vorspielen lassen? Wir sind zwar aus Neugier hergekommen, aber wir haben doch Geschmack.
Müller: Ich habe große Lust zu pochen.
Leutner: Es ist überdies etwas kalt. Ich mache den Anfang.
Er trommelt, die übrigen akkompagnieren.
Wiesener auf der andern Seite: Weswegen wird denn gepocht?
Leutner: Den guten Geschmack zu retten.
Wiesener: Nun, da will ich auch nicht der letzte sein. Er trommelt.
Stimmen: Still! Man kann ja die Musik nicht hören.
Alles trommelt.
Schlosser: Aber man sollte doch das Stück auf jeden Fall erst zu Ende spielen lassen, denn man hat