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Ziemlich Große Gauner - Schreißheim 3: Mit einem Prolog: Die Geschäftsmoral der Deutschen Bank
Ziemlich Große Gauner - Schreißheim 3: Mit einem Prolog: Die Geschäftsmoral der Deutschen Bank
Ziemlich Große Gauner - Schreißheim 3: Mit einem Prolog: Die Geschäftsmoral der Deutschen Bank
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Ziemlich Große Gauner - Schreißheim 3: Mit einem Prolog: Die Geschäftsmoral der Deutschen Bank

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About this ebook

» Das Fressen kommt schon deswegen vor der Moral, weil jeder weiß, was Fressen ist. Fressen in all seinen Erscheinungsformen ist greifbar und fassbar. Fressen ist alles, was schmeckt, befriedigt oder sonst dem Körper gut tut. Bei juristischen Personen heißt das Fressen Gewinn. Gewinn ist ein Synonym für das Wohlbehagen der Aktien-, Handels und Bankgesellschaften. Im Gegensatz zur Moral steht der Gewinn auch in der Bilanz - an der wichtigsten Stelle. Die Moral aber sucht man als Bilanzierungsposten vergeblich.

Üblicherweise denkt man beim Wort Kapitaldelikte an Verbrechen gegen Leib und Leben. Man könnte auch an Straftaten denken, die mit Kapital angerichtet werden. Im Strafrechts-Paragraphen, der vom Mord handelt, ist von "Habgier", "niedrigen Beweggründen" und "gemeingefährlichen Mitteln" die Rede. Das sind Tatbestandsmerkmale, die einem auch bei denjenigen Kapitaldelikten einfallen könnten, die von Banken begangen werden. Man lese! «

Prof. Dr. jur. Heribert Prantl
Chefredaktion Süddeutsche Zeitung
LanguageDeutsch
Release dateDec 1, 2014
ISBN9783864766282
Ziemlich Große Gauner - Schreißheim 3: Mit einem Prolog: Die Geschäftsmoral der Deutschen Bank

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    Ziemlich Große Gauner - Schreißheim 3 - Claus Beckenbach

    Beckenbach

    Vor dem Prolog

    Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

    als ich vor einiger Zeit mit den Recherchen für dieses Buch begonnen habe, wurde ich von verschiedenen Seiten gewarnt; ich sollte also das Buch nicht schreiben. Das Motto war: Wer stört, der wird zerstört. Natürlich können solche Drohungen weder den Verlag noch mich abhalten, ein Buch zu produzieren. Schließlich schreibe ich keine Lügengeschichten. Und die Wahrheit wird man in unserem Rechtsstaat noch publizieren dürfen. Obwohl ich manchmal daran Zweifel habe.

    Es geht nachfolgend um Geld, vielleicht sogar um Ihr Geld. Es geht um Macht, um Politik, natürlich auch um die Justiz und die Banken, die schon oft, besonders auch im Dritten Reich, Steigbügelhalter der Politik waren. Wobei ich jetzt nicht von dem auf den Prolog folgenden Roman spreche; Romane sind meistens erfundene Geschichten.

    Mir und vielleicht auch Ihnen wird sich aber trotzdem die Frage stellen: Hat der Staat die Macht über das Geld oder hat die Macht des Geldes die Kontrolle über den Staat? Und vielleicht sogar über die Justiz?

    Eine schwierige Frage, die, wenn man sich weltweit umschaut, sehr schnell beantwortet ist.

    Und was den eigentlichen Roman anbelangt: Ab Seite 42 beginnt er – es ist und bleibt ein Roman. Sehr wahrscheinlich…

    Im Herbst 2014

    Claus Beckenbach

    „Wer das Geld kontrolliert,

    der kontrolliert die ganze Welt"

    Henry Kissinger

    ehemaliger Außenminister der USA

    Der Prolog

    „Eigentlich ist es gut, dass die Menschen unser Banken- und Währungssystem nicht verstehen. Würden sie es nämlich, so hätten wir eine Revolution noch vor morgen früh."

    Henry Ford, amerikanischer Automobilpionier

    Dieser Vorspann ist ein eigenständiges Element, trotzdem ist er Grundlage für den später folgenden Roman; er ist absolut kein Romanteil, er erklärt auch nicht den Roman, er ist ein mit vielen Mühen und Ärgernissen zusammengetragenes Werk und das ist so recherchiert, wie ich es als Journalist auch verantworten kann. Es geht um wahre Fakten und schlimme Dinge, die sich in den letzten Jahrzehnten zugetragen haben: Es geht um die Deutsche Bank, die an allen möglichen und teilweise furchtbaren Aktionen beteiligt war.

    Allerdings hat es schon immer vermeintlich besonders Clevere gereizt, Nachahmer zu spielen, um so zu schnellen Millionen zu kommen, sehr wohl im Wissen, dass ihnen juristisch so gut wie nichts passieren kann, wenn sie alles geschickt anstellen. Man kann das sehr oft beobachten: In den seltensten Fällen wird beispielsweise ein Banker persönlich bestraft, immer heißt es, dass das Geldinstitut, also die Bank, verurteilt wird. Und diese zahlt mitunter horrende Summen, wobei bei ihr Geld keine Rolle spielt.

    Die eigentlichen Drahtzieher, oder nennen wir sie Verursacher, kommen meistens ungeschoren davon. Und sollte es tatsächlich einmal eine physische Person erwischen, dann muss man an das Hornberger Schießen erinnern; es wurde nie geschossen.

    Klaus Zumwinkel, der ehemalige Postchef, hat beispielsweise massiv Steuern hinterzogen, wurde zu Gefängnis auf Bewährung und zu Geldstrafen verurteilt, die er locker bezahlte. Gisela Friedrichsen, Gerichtsreporterin des ‚Spiegel’, kommentierte, dass der Prozess wie ein abgekartetes Spiel gewirkt habe. Die Richter am Bundesgerichtshof sollen eine Freiheitsstrafe von drei Jahren ohne Bewährung für Zumwinkel für „gut vertretbar gehalten haben. Aber bis zum BGH ging der Prozess nicht. Zumwinkel selbst kündigte an, Deutschland zu verlassen, um auf seinem „Castello di Tenno (Burg am Gardasee) seinen Lebensabend zu verbringen. Er nahm allerdings noch 20 Millionen Euro als Vorauszahlung seiner Altersbezüge mit und das im Jahre 2008, als die Deutsche Post mit Milliardenverlusten abschließen musste.

    Stellen Sie sich einmal vor, ein mittelständischer Handwerksbetrieb lässt sich aus irgendwelchen Gründen etwas zu Schulden kommen und ein Gerichtsurteil ist fällig. Natürlich nicht „die Firma", sondern der verantwortliche Geschäftsführer oder Inhaber wird persönlich verurteilt. Und selbst bei der vielmals geschmähten Politik übernimmt meistens der Minister eines Resorts die Verantwortung und tritt zurück, auch wenn er einen entsprechenden Fehler nicht persönlich begangen hat…

    Aber wenden wir uns wieder der Deutschen Bank zu. Die folgenden Beispiele zeigen in erschreckendem Maße, dass die Justiz oft lächelt und schweigt zu vielen merkwürdigen Aktionen der größten deutschen Bank. Immer wieder hörte man, praktisch bis zum heutigen Tag, dass man bei der Deutschen Bank eine neue Ära einleiten wolle, eine Ära der Sauberkeit und des Anstandes, dass man alles aufarbeiten und im positiven Sinne, rechtlich einwandfrei sowie zum Wohle der Bankkunden, erledigen werde. Nur: Es ist vieles zu erledigen und es wird wohl nie erledigt werden können.

    Die Deutsche Bank ist eine der weltgrößten Investmentbanken – Zielsetzung des Co-Vorstandes Anshu Jain ist, die Nummer eins weltweit zu werden, möglicherweise nach dem Motto: koste es, was es wolle. Er selbst beschrieb seine Ambitionen im Mai diesen Jahres, nachdem die Rivalen UBS und Barclays sich weitgehend zurückgezogen hatten: „…werden wir die einzige wirklich globale Investmentbank mit Sitz in Europa sein. Sein Mitvorstand Jürgen Fitschen schaut in der Maske des Biedermannes ungerührt zu; er behauptet schließlich von sich selbst, ein „ehrbarer Kaufmann zu sein. Immer mehr Wachstum, immer größer und mächtiger, immer mehr Gewinn, vielleicht auch um die drängenden Aktionäre zu befriedigen; auf Dauer kann dieses Prinzip nicht funktionieren.

    Und jetzt hat der Scheich aus dem Herrscherhaus von Katar, Hamad Bin Jassim Bin Jabor Al-Thani mit seiner Investmentfirma Paramount Services 30 Millionen Deutsche-Bank-Aktien gekauft und ist somit mit mehr als fünf Prozent der größte Einzelaktionär der Bank; die Gesamtsumme dieser Aktion liegt bei zirka zwei Milliarden, das sind etwa 25% der von der Deutschen Bank angestrebten insgesamt acht Milliarden, die für die Erhöhung des Eigenkapitals und für noch mehr Aktivitäten benötigt werden. Diese Milliarden möchte man in Aktien „einsammeln", um besser auf dem Weltmarkt agieren zu können.

    Wobei noch zu bemerken ist, dass die Deutsche Bank sich lediglich mit ungefähr vier Prozent ihres Geschäftsvolumens mit originären Bankaufgaben befasst, nämlich große, aber auch mittelständische Unternehmen mit Krediten zu versorgen. Mit anderen Worten: Diese Bank tut mit zirka 96 Prozent Dinge, die mit den Aufgaben einer Bank nichts zu tun haben. Investmentbanking ist das Zauberwort, hier können hochgradige Zockereien stattfinden, enorme Gewinne können eingestrichen werden. Natürlich kann eine Bank ihr Geschäftsmodell selbst bestimmen, aber einen volkswirtschaftlichen Nutzen hat es nicht. Dem Himmel sei Dank, dass es Sparkassen und Genossenschaftsbanken gibt, deren Geschäftsmodell mit Zockereien und ähnlichen Spielarten nichts zu tun hat.

    Paul Volcker, der frühere US-Notenbankchef hat es sehr drastisch ausgedrückt: Nach seiner Ansicht gibt es keine einzige Finanzinnovation in den letzten 30 Jahren, außer der Erfindung des Geldautomaten. Das heißt, es werden Zocker-Geschäfte gemacht, die überhaupt keinen Sinn haben, außer für die Bank, aber mit denen man grandiose Profite machen kann. Solche Geschäfte zu verbieten, wäre durchaus im gesellschaftlichen Interesse.

    Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht gehört zu den prominentesten Kritikern der Finanzindustrie hier in Deutschland; unbestritten macht sie das mit großem Sachverstand. Sie fordert, und das sind sicherlich keine linken Parolen, eine grundsätzliche Reform des Bankwesens und schärfere Kontrollen durch die Politik. Solange die Banken derart groß wären, würden diese nämlich die Politik kontrollieren und eigentlich müsste es umgekehrt sein. Eine Verkleinerung der Banken und striktere Regeln seien dringend notwendig. Sahra Wagenknecht steht mit dieser Forderung nicht alleine: Hochkarätige Wirtschaftführer jeglicher Couleur sind der gleichen Meinung.

    Gravierend hinzu kommt noch, dass die Deutsche Bank als systemrelevant gilt, sie ist also Teil unseres Systems oder too big to fail, grob übersetzt ‚zu groß, um zu scheitern’. Große Konzerne und ähnliche Organisationen, die so systemstabilisierend sind, dass ihr Zugrundegehen das Staatsgebilde auflösen oder zerstören würde, die werden zu Lasten der Gemeinschaft gerettet. Dies gilt insbesondere für den Bankensektor und für sehr große Industrieunternehmen.

    Im Dezember 2012 waren in Deutschland offiziell 36 Banken systemrelevant. 2013 zum Vergleich die Schweiz: Hier waren die UBS, die Credit Suisse sowie die Zürcher Kantonalbank systemrelevant; vermutlich kommt demnächst die Raiffeisengruppe Schweiz hinzu.

    Es gibt allerdings noch eine andere Seite der angesprochenen Systemrelevanz: Für kleinere Institutionen oder Firmen wird ein künstlicher Wachstumsanreiz geschaffen, um in die ‚zu groß um zu scheitern’ Liga zu kommen. Das kann naturgemäß negative Folgen verursachen - genau so wie die dadurch erhöhte Risikobereitschaft (Zockerei) und die verminderte Marktdisziplin unter dem Motto: Was kann uns schon passieren? Der Staat wird uns schließlich retten. Aber: Nicht zu vergessen: Die Zeche zahlt im Endeffekt der Steuerzahler. Wer denn sonst?

    Qualifizierte Fachleute sehen das alles sehr skeptisch und glauben, dass der Tag der Tränen kommen wird. Oder hat der saltatio mortis, der Totentanz, bereits begonnen?

    Die beiden Vorstände der Deutschen Bank, auch Doppelspitze genannt, Herrscher über 100.000 Mitarbeiter weltweit, können den ihnen in ihrem Amt gestellten Anforderungen, aber auch die konsequente Durchsetzung ihrer Politik bei der Führung dieser Menschen, überhaupt nicht Rechnung tragen. Die Verantwortlichkeiten bei diesen vielen Menschen sind dermaßen diversifiziert, dass Kontrollfunktionen fast nicht möglich sind und die Vorgesetzten der unzähligen Mitarbeitenden sind ebenfalls nicht kontrollierbar – es wäre vermessen, diese nicht als geldgierig zu bezeichnen.

    Allein die gegen beide Vorstände angestrengten Staatsanwaltlichen Verfahren und Ermittlungen sowie die enormen Rechtsstreitereien kosten Kraft, Zeit und Energie, sodass für die eigentliche Banktätigkeit verständlicherweise nur wenig Raum bleibt. Auf die Milliarden für Strafzahlungen und Zahlungen für Entschädigungen möchte ich jetzt überhaupt nicht eingehen. Mit solchem Gepäck marschieren zu müssen ist sicher sehr beschwerlich. Also ein circulus vitiosus, ein Teufelskreis, eine Abwärtsspirale, die den Zustand immer weiter verschlechtert.

    Im Jahre 1870, also ein Jahr vor der Gründung des Deutschen Kaiserreiches, wurde die Deutsche Bank in Berlin ins Leben gerufen. Adelbert Dellbrück mit weiteren Partnern war der eigentliche Gründer – außerdem war dieser der Urgroßonkel von Peer Steinbrück.

    Die komplette Minus-Vita der Deutschen Bank bis zum heutigen Tag hier aufzuzeichnen ist nicht möglich. Es gibt hervorragende Bücher, deren Autoren mit viel Mühe versucht haben, eine Gesamtdarstellung zu erarbeiten. Auch die Deutsche Bank selbst hat ein dem Vernehmen nach hervorragendes Archiv – allerdings gibt sie nur ungern Informationen heraus und wenn, dann nur die, die ihr genehm sind. Aber die Ungereimtheiten, die Gaunereien, der Machtmissbrauch und die Betrügereien auf höchstem Niveau ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Deutschen Bank; ein paar möchte ich hier aufzeichnen.

    Ganz besonders und zutiefst berührt haben mich die Vorgänge während des Zweiten Weltkrieges im unseligen Nazireich. Es sind dies keine Geheimnisse, viele Leserinnen und Leser werden wohl darüber informiert sein und auch die heutige Deutsche Bank ist darüber nicht glücklich. Trotzdem möchte ich diese Sequenz nicht unerwähnt lassen.

    Der Untersuchungsbericht des „Office of Military Government for Germany, United States (besser bekannt als OMGUS) der „Finanzkommission der US-Militärregierung in Deutschland von 1946/47 weist auf mehr als 400 Seiten nach, dass die Deutsche Bank zu den wesentlichen Finanziers und Hauptprofiteuren der Hitlerdiktatur und des Zweiten Weltkriegs gehörte.

    Die Deutsche Bank, so ist zu lesen, „benutzte ihre gewaltige Macht in der deutschen Wirtschaft, um bei der Durchführung der verbrecherischen Politik des Nazi-Regimes auf wirtschaftlichem Gebiet mitzuwirken. Die Bank, die während des Zweiten Weltkriegs zur größten in Europa aufstieg, hat das „Reich mit riesigen Fonds für Wiederaufrüstungszwecke versorgt. Sie hat „mit großer Aggressivität ihre Macht auf die von Deutschland annektierten Gebiete ausgedehnt und von der „Arisierung (Enteignung) jüdischen Besitzes profitiert.

    Im Vorwort des OMGUS-Untersuchungsberichts heißt es: „Es wird empfohlen, dass die Deutsche Bank liquidiert wird. Die Vorstandsmitglieder der Deutschen Bank sollten „angeklagt und als Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt werden, die leitenden Mitarbeiter der Deutschen Bank von der Übernahme wichtiger oder verantwortlicher Positionen im wirtschaftlichen und politischen Leben Deutschlands ausgeschlossen werden. [Teile dieser Sequenz sind nachzulesen unter ‚www.rf-news.de’]

    Einer dieser Verantwortlichen war Hermann Josef Abs (späterer Finanzberater des ersten Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer). Am 1. Januar 1938 wurde er in den Vorstand der Deutschen Bank berufen. Abs verfügte über weitreichende Erfahrung mit Auslandsgeschäften und er genoss das Vertrauen der Nazi-Führer, denen er auch finanzielle Mittel zufließen ließ. So erhielt der SS-Chef Himmler jährlich 70.000 Reichsmark von der Deutschen Bank. Vielleicht als Dank für die guten Geschäfte mit den Konzentrationslagern?

    Die Deutsche Bank hat sich mit vollem Wissen ihres Vorstandes an der Finanzierung des Konzentrationslagers Auschwitz beteiligt. Sie vergab unter anderem Kredite für den Bau des Buna-Werks der IG Farbenindustrie, in deren Aufsichtsrat Abs ebenfalls Mitglied war, und für Baustellen der Waffen-SS in Auschwitz. Durch seinen Aufsichtsratsposten bei den IG Farben zog Abs auch Profite aus der Produktion des Gases Zyklon B, das von einer Tochterfirma der IG Farben hergestellt wurde und mit dem Millionen Menschen in den Konzentrationslagern umgebracht wurden. Ferner vergab die Deutsche Bank, und in seiner dortigen Funktion auch Hermann Josef Abs, Kredite an Firmen, die in Auschwitz die Krematorien, Rampen und Baracken bauten. Dabei verdiente die Bank, und mit ihr auch ihre Vorstandsmitglieder, nicht nur an den Krediten, sondern auch an der Ausbeutung von Zwangsarbeitern und dem Verkauf des zu handelsüblichen Goldbarren umgeschmolzenen Zahngoldes von Millionen ermordeter Menschen.

    Hermann Josef Abs hatte enge Kontakte zum Reichswirtschaftsministerium, saß selbst im Beirat der Reichsbank und gehörte verschiedenen Ausschüssen der Reichswirtschaftskammer an. Bei der „Arisierung (im Grunde genommen eine Enteignung) jüdischer Unternehmen im In- und Ausland hatte Abs maßgebend seine Finger im Spiel: Es war ein risikoloses Geschäft! Juden wurden gezwungen, ihr Unternehmen zu einem Bruchteil des tatsächlichen Wertes zu verkaufen. Den Käufern, häufig leitenden Angestellten, gab die Bank die erforderlichen Kredite. Die Bank verdiente zum einen an dem Darlehen, zum anderen gewann sie die nun „arisierte Firma als neuen Kunden.

    Vorstandsmitglieder der Deutschen Bank übten durch Aufsichtsratsposten Kontrollfunktionen in Firmen der Rüstungsproduktion aus wie bei Bosch, Siemens, Krupp, Mannesmann, Daimler Benz und BMW. Abs selbst hatte Aufsichtsratsposten nicht nur bei der IG Farben AG sondern auch bei der Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken AG. Alle diese Firmen beschäftigten zehntausende Zwangsarbeiter. Misshandelt und unterernährt überlebten viele diese Arbeit nicht – grauenvolle und unmenschliche Aktionen, die nie gesühnt wurden. Mit nachträglichen minimalen Entschädigungen, die Jahrzehnte später nur durch Veröffentlichungen in den Medien und entsprechendem Druck von vielen Seiten bezahlt wurden, konnten die Angehörigen der Opfer keine großen Sprünge machen.

    Von 1939 bis 1944 steigerte die Deutsche Bank ihr Geschäftsvolumen um 171 Prozent. Kaum war die faschistische deutsche Wehrmacht in Österreich einmarschiert, reiste Bankier Abs mit einer Schar seiner leitenden Angestellten nach Wien, um sich die Kontrolle über den „Creditanstalt-Bankverein" zu sichern. Nach Bildung des Protektorats Böhmen und Mähren übernahm die Deutsche Bank die Böhmische Union-Bank. Nach dem Überfall auf Polen entstanden Deutsche-Bank-Filialen in Gotenhafen, Bielitz, Teschen, Posen, Lodz und Krakau. Auf diese Art und Weise breitete sich die Deutsche Bank nahezu in ganz Europa aus.

    Abs und die anderen führenden Bankiers wurden nach 1945 nie zur Rechenschaft gezogen. Nach Gründung der Bundesrepublik wurde Abs wieder Vorstand bei der Deutschen Bank und stellvertretender Vorsitzender der „Kreditanstalt für Wiederaufbau" (KfW). Obwohl seine verbrecherische Rolle im Zusammenspiel mit den Nazis historisch belegt ist, wurde Abs am 14. Oktober in Bonn zum 100. Geburtstag durch Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann öffentlich geehrt. Aber vielleicht hat die Oberbürgermeisterin nicht gewusst, mit welchem Zeitgenossen, dem Unrechtsbewusstsein offenbar fremd war, sie es zu tun hatte. Für mich ein ausgesprochenes Trauerspiel.

    Zum Thema Unrechtsbewusstsein: Natürlich kann man die heutige Deutsche Bank nicht dafür haftbar machen, was während des Zweiten Weltkriegs passiert ist. Trotzdem hängt ihr dieser Makel immer noch

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